Wulff, Großbritannien, Ukraine / Russland, Überwachung, Piraten & Tim Renner

Rehabilitation eines falsch beratenen Präsidenten Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist rehabilitiert. Er kann nun ein zweites Leben beginnen. Das Ausscheiden aus dem Amt war dennoch gerechtfertigt. Sein Fehlverhalten war kein juristisches. Die Welt

Der Geschmähte erhält eine neue Chance Christian Wulff hat sich durch eigenes Verhalten um alles gebracht, was ihm wichtig war: Amt, Familie und Reputation. Der Freispruch kann für Wulff ein Neuanfang sein. Dazu müsste er allerdings anfangen zu verstehen, warum sein Rücktritt als Bundespräsident unvermeidlich war. Süddeutsche Zeitung

Die Kunst des Rücktritts Wulff, Friedrich oder Oppermann mögen juristisch unbescholten sein. An ihrem politischen Verschulden ändert das nichts. Konsequent ist nur, wer nicht wartet, bis die Justiz ihn verfolgt. Frankfurter Rundschau

Nur Verlierer Juristisch ist Christian Wulff vollständig rehabilitiert. Der Freispruch war absehbar und nach dem Verlauf des Prozesses unabdingbar. Somit steht einem Neuanfang im Leben des Alt-Bundespräsidenten eigentlich nichts mehr im Weg. Eigentlich. Denn trotz des Erfolges vor Gericht ist Wulff kein Gewinner. Bonner General-Anzeiger

Politiker Wulff nicht rehabilitiert Der Freispruch für Christian Wulff war unvermeidlich, denn die Anklage stand von Anfang an auf tönernen Füßen. Was bleibt, ist: Als Bundespräsident verspielte er Vertrauen mit Halb- und Unwahrheiten. Anstoß, der Kommentar. Kölner Stadt-Anzeiger

Ritter von der traurigen Gestalt Ex-Bundespräsident Christian Wulff hat für seine Ehre gekämpft und gewonnen. Ein Gewinner ist er dennoch nicht – genauso wie alle Beteiligten in diesem unwürdigen Verfahren. Handelsblatt

Peanuts, Schlagzeilen und die eigene Moral Nach dem Freispruch von Christian Wulff bleibt der Eindruck, dass mancher Vorwurf in den Medien zu scharf vorgetragen war. Wir alle müssen uns deshalb fragen: Werden wir den moralischen Ansprüchen gerecht, die wir an unsere politischen Eliten anlegen? Tagesspiegel

Großbritannien

Merkels Vorlesung in Europa-Realismus Sie schlägt keine Türen zu, bleibt jedoch vage: In ihrer Rede vor dem britischen Parlament skizziert Bundeskanzlerin Merkel ein Europa, das sich ändern muss – aber nicht so stark, wie der britische Premier Cameron das gerne möchte. Süddeutsche Zeitung

Kanzlerin Jein Großer Auftritt für Angela Merkel in der „Royal Gallery“ in London. Sie nutzte die Gelegenheit, Premierminister Cameron zu signalisieren, dass sie ihm nichts signalisiert. FAZ

Geliebter Feind Eine Dienstreise führte Kanzlerin Merkel nach England. Dort sind die Deutschen immer beliebter. Dennoch ist die Insel ein Tummelplatz für Polemiker – getrieben von Misstrauen über Deutschlands Stärke. Handelsblatt

Von Waterloo bis Merkel Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Besuch in London Großbritannien zu einem Verbleib in der Europäischen Union aufgerufen. Zugleich zeigte sie sich zur britischen Forderung nach einer umfassenden Reform der EU zurückhaltend. Berliner Zeitung

Ukraine / Russland

Last auf Jazenjuks Schultern Viele Profis, ein paar Aktivisten: Die ukrainische Übergangsregierung des neuen Premiers Jazenjuk muss sowohl die Reformwünsche des Auslands erfüllen als auch die Demonstranten auf dem Maidan für sich gewinnen. Eine nahezu unlösbare Aufgabe. Süddeutsche Zeitung

Explosive Lage auf der Krim Nach dem Machtwechsel in der Ukraine spitzt sich die Situation auf der Krim weiter zu. Bewaffnete besetzten das Parlament in Simferopol, dort stimmten die Abgeordneten für ein Referendum über eine Unabhängigkeit von Kiew. FAZ

Eine Keule gegen Kiew Anspannung auf der Krim: Die Angst vor einer Abspaltung von der Ukraine wächst. Prorussische Demonstranten bedrängen das Parlament mit Waffengewalt. ZEIT

Europa ist gefordert In der Ukraine sind Strukturreformen nötig, damit das Land mittelfristig prosperieren kann. Die Kraft dazu kann die neue Führung nicht allein aufbringen. NZZ

Die Ukraine hat die Freiheit gewählt Der tapfere Protest auf dem Maidan nährte sich aus der Zivilgesellschaft. Der russische Faschismusvorwurf ist zynisch. NZZ

Marina Weisband warnt vor Rechtsradikalen in der Ukraine Tagelang twitterte die gebürtige Kiewerin und Piraten-Politikerin Marina Weisband aus Kiew. Jetzt zieht sie eine Bilanz des Umsturzes – und warnt vor der Bedrohung der friedlichen Revolution durch Rechtsradikale. Tagesspiegel

Umsturz moderieren In Sachen Ukraine gibt die viel gescholtene Außenpolitik der EU kein ganz schlechtes Bild ab. Das hat auch damit zu tun, dass die anderen Mitspieler ihrerseits nicht gerade glänzen. Bonner General-Anzeiger

Gefährlicher Realitätsverlust Der abgesetzte Präsident der Ukraine sendet absurde Botschaften aus Moskau. Für die fragile Vielfalt seines Landes könnte das gefährlich werden. taz

Unglaubwürdiges Säbelrasseln Russland verurteilt den Umsturz in der Ukraine aufs Schärfste. Dennoch wird sich der Kreml mit der neuen Situation arrangieren, sie kann ihm sogar nützlich sein. NZZ

Säbelrasseln auf der Krim Die Ängste der ukrainischen Übergangsregierung sind mit den Worten des frisch gekürten Regierungschefs Jazenjuk auf den Punkt gebracht: „Fangt keinen Krieg mit uns an, Russen!“ WAZ

The February revolution Can Ukraine find any leaders who will live up to the aspirations of its battered, victorious but sceptical protesters? Economist

Crimean Punishment Why Russia Won’t Invade Ukraine Foreign Affairs

Russia’s Crimean Shore? In his 1979 novel The Island of Crimea, Vasily Aksyonov imagined the region’s flourishing independence from the Soviet Union. But Aksyonov’s prophecy has been turned on its head: Today’s Crimea does not want independence from Ukraine; it wants continued dependence on Russia. Project Syndicate

Überwachung

Sie haben die Kontrolle Der britische Geheimdienst GCHQ überwacht massenhaft Videochats. Was vor wenigen Jahren noch Science Fiction war, ist nun Realität. Jetzt geht es nicht mehr darum, ob sich die Kameras zurückdrängen lassen, sondern darum, wer sie kontrollieren darf. Süddeutsche Zeitung

Britischer Geheimdienst überwachte Millionen Videochats Der britische Nachrichtendienst GCHQ spionierte Videochats von Yahoo-Nutzern aus. Die Daten stammten aus der Massenüberwachung durch die NSA. FAZ

Briten zapfen Yahoo-Videochat an Die Enthüllungen durch Edward Snowden nehmen kein Ende: Der „Guardian“ vermeldet, dass Geheimdienste auch Webcam-Übertragungen mitgeschnitten haben. Betroffen sind demnach Yahoo-Nutzer. Handelsblatt

Total nackt Millionenfach hat der britische Geheimdienst ohne jeden Verdacht Videochats überwacht. Intimstes wurde aufgezeichnet. Höchste Zeit, Großbritannien unter Druck zu setzen. ZEIT

Big Brother’s webcam Who has the world’s biggest collection of internet pornography? Britain’s spy agency is apparently one of the contenders Economist

Piraten

Bomber-Harris-Aktion wühlt Piraten auf „Thanks Bomber Harris“ – dieser Spruch, gemalt auf den nackten Oberkörper eines Mitglieds, sorgt seit Tagen für Unruhe in der Piratenpartei. Einige wollen Anne Helm aus der Partei haben. Die Piraten sind aufgebracht und wieder mal orientierungslos. Berliner Zeitung

Eine Partei stirbt Sie zerfleischen sich auch, wenn keiner hinguckt: Ausgelöst durch einen umstrittenen Nacktprotest legen sich die Piraten vielleicht endgültig selbst lahm. ZEIT

Zerreißprobe für die Piraten Eine Piratin und Femen-Aktivistin hat durch Nacktprotest einem lange schon schwelenden Richtungsstreit zum Ausbruch verholfen: Wie weit links soll die Piratenpartei stehen? FAZ

Tim Renner

Projektemacher für die Stadt der Kreativen Rohstoff, Treibstoff, Rammstein und Radialsystem: Der Musikproduzent Tim Renner wird neuer Berliner Kulturstaatssekretär – auch wenn er schon länger nicht mehr in der Oper war. FAZ

Ein Staatssekretär zwischen Barenboim und Berghain Tim Renner, einst Wunderkind der Musikindustrie, hat als Manager Bands wie Rammstein groß gemacht. Nun wird er Berlins neuer Kulturstaatssekretär. Ein Portrait über den Mann, mit dessen Benennung Klaus Wowereit eine echte Überraschung gelungen ist. Berliner Zeitung

Tim Renner – eine absichtsvolle Fehlbesetzung Tim Renner wird Berlins neuer Kulturstaatssekretär. Mit ihm, diesem Quereinsteiger, hat Klaus Wowereit eine absichtsvolle Fehlbesetzung vorgenommen. Ein dialektischer Coup. Tagesspiegel

…one more thing!

Umverteilung hilft nicht Es stimmt nicht, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden. Trotzdem muss es für die Politik eine zentrale Frage sein, wer wie viel besitzt. Es geht dabei aber vor allem um die Verteilung von Geld zwischen Bürgern und Staat. Tagesspiegel

Leitartikel

Urteil ohne Nachhall Der Wulff-Prozess hat nicht das geleistet, was sich manche neben einem Urteil erhofft hatten: eine Grenzziehung zwischen erlaubtem Netzwerken und unerlaubtem Gemauschel. Der Absturz Wulffs zeigt, dass ein Bundespräsident von einer breiten Mehrheit getragen werden muss – und nicht aus taktischen Gründen nominiert werden sollte. Süddeutsche Zeitung

Die zurückgewonnene Ehre des Christian Wulff Christian Wulff hat vieles falsch gemacht. In 35 Jahren Politik verlor er den Kompass dafür, was ein Politiker tun darf und was nicht Bild

Jura und Moral Jetzt also Freispruch. Na bitte, sagen jetzt viele und allen voran Christian Wulff: Da sieht man mal, dass das ganze Verfahren falsch war. Nein, eben nicht. AZ München

Dem Hasardeur Renzi muss man Erfolg wünschen Männer machen die Geschichte. In Italien jedenfalls lässt es sich derzeit beobachten. Matteo Renzi ist der Politiker der Stunde. Ob er Erfolg hat? Wer weiß es? Gute Voraussetzungen dafür gibt es. Die Welt

Auf der Grenze In der Ukraine wird Moskau vermutlich nicht, wie in Georgien, mit einer militärischen Intervention ein Exempel statuieren. Aber Putin sendet ein starkes Signal an die sich formierende neue ukrainische Regierung und an den Westen. FAZ

What’s gone wrong with democracy Democracy was the most successful political idea of the 20th century. Why has it run into trouble, and what can be done to revive it? Economist

Putin’s Ukraine gambit The U.S. must counter Russia’s neo-colonialism Washington Post

No Big Deal Talks are stalled on an international trade deal, thanks to negotiating difficulties abroad and bipartisan skepticism at home. But that’s O.K. New York Times

Libertarians Plan to Sit Out the Coming Collapse of America…in Chile Welcome to the new Randian paradise! (Never mind the socialist president, mandatory health insurance, and strict gun laws.) Mother Jones