Europawahl, NSA-Affäre, Ukraine, Ägypten, US-Außenpolitik & Katholikentag

Die doppelte Angela Merkel Beim Poker um Amt des Kommissionspräsidenten mischt Angela Merkel gleich doppelt mit – als Parteipolitikerin und als deutsche Regierungschefin. Das macht die Suche nach einem neuen Präsidenten der EU-Kommission nicht einfacher. Frankfurter Rundschau

Der Machtkampf wird als Kuhhandel enden Die Behauptung, die EU-Wahl entscheide über den Kommissionsvorsitz, war geschwindelt. Denn Europa ist kein Bundesstaat. Das Scheitern des Vertrags von Lissabon steht dafür, dass die Macht in der EU immer noch bei den Regierungschefs liegt. Tagesspiegel

Europa hat die größte Soft Power der Welt Was sind die Lehren aus der Europawahl? Sicherlich nicht die kopflose Forderung nach mehr Europa. Wir brauchen eine intelligentere Union. Die Welt

Pures Gift für Jobs und Wohlstand Weniger Einwanderer, mehr Schutz für heimische Konzerne, weniger Einmischung aus Brüssel: Die Rezepte rechter Populisten bedienen die Sehnsucht nach einem besseren Früher, das es nie gab. Eine Politik der Abgrenzung kostet Jobs und Wohlstand. Das können sich Europas Staaten nicht leisten. Süddeutsche Zeitung

Zur Freude Putins Die Wahl ist vorbei, der Streit über ihre Konsequenzen aber hat erst begonnen: Er geht nicht nur um Personalien, sondern auch um den künftigen Kurs der EU. FAZ

Der Fuchs im Hühnerstall Der Aufstieg der Ukip ist ein Warnschuss für die Classe politique in Grossbritannien zu einer Zeit, in der auf das Land folgenreiche Entscheidungen zukommen. NZZ

Schade um die Fünf Sterne Beppe Grillo brüstet sich, eine starke Rechte in Italien verhindert zu haben. Jetzt scheint er mit UKIP-Chef Nigel Farage auf einer Wellenlänge zu funken. taz

Kurzsichtige Kampagnen Befürworter und Gegner der Unabhängigkeit Schottlands argumentieren mit statistischen Staatshaushalts-Berechnungen. Wichtiger ist, ob London oder Edinburg die bessere Wirtschaftspolitik machen würde. NZZ

NSA-Affäre

Verblüffung über einen jungen Mann Das Opfer, das Edward Snowden für seine Überzeugungen gebracht hat, liegt für alle Welt zutage. Kläglich wirken dagegen die Diffamierungen seiner Person durch Barack Obama oder John Kerry. Im Interview mit NBC hat Snowden nun dagegengehalten. FAZ

Edward Snowden erklärt sich zum Patrioten „Ich würde gern nach Hause kommen“: Erstmals spricht NSA-Enthüller Edward Snowden im US-Fernsehen über das Leben in Russland und seinen Patriotismus. In Sachen Putin hat er etwas zurechtzurücken. Spiegel

Snowden, der doppelte Kronzeuge Die Hürden, Snowden nach Deutschland zu holen, sind hoch. Die Regierung und der Generalbundesanwalt wollen ihn nicht. Käme er, müsste er gleich doppelt befragt werden. Zeit

BKA testet Datenabgleich mit USA Trotz der NSA-Affäre wollen Deutschland und die USA automatisiert Fingerabdrücke austauschen. Das BKA startet erste Tests für den so genannten biometrischen Datenabgleich. Kritik gibt es an den Plänen von den Grünen. Frankfurter Rundschau

Ukraine

Der Alptraum von Donezk Im Osten der Ukraine droht neue Gewalt: Ständig wird unerwartet geschossen. In Donezk droht eine weitere dramatische Eskalation. Herrscht tatsächlich Krieg in der Ostukraine? Frankfurter Rundschau

Erinnerung an das Gemeinsame Der neue Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, soll an den Feierlichkeiten zum D-Day teilnehmen. Das würde auch die historische Rolle der Ukrainer aufwerten. Berliner Zeitung

Hollandes kluger Schachzug in der Normandie Frankreich lädt Ukraines Präsidenten Poroschenko zu den Feierlichkeiten in der Normandie ein. Eine bedeutsame Geste – denn nicht allein Russland hat gegen die Deutschen gekämpft. Die Welt

Wie Donezk den Alltag meistert Die Beamten in Donezk arbeiten in notdürftig hergerichteten Büros, seitdem Separatisten die Verwaltung besetzt haben. Unter widrigen Umständen müssen sie nun den Alltag eines Gebiets mit mehr als vier Millionen Einwohnern organisieren. Den Finanzverkehr tasten die prorussischen Kräfte bewusst nicht an. Süddeutsche Zeitung

Von Tschetschenen und anderen Reisenden Die ukrainische Regierung beschuldigt Moskau, Kämpfer in die Krisengebiete zu entsenden, um die Lage dort weiter zu destabilisieren. Russland wehrt sich mit anderen Vorwürfen. FAZ

Europe’s Ukrainian LifelineEurope’s voters recently expressed their dissatisfaction with the way the EU currently functions, while Ukraine’s people demonstrated their desire for association with the EU. European leaders and citizens should take this opportunity to consider what that means – and how helping Ukraine can also help Europe. Project Syndicate

Ägypten

Ägyptens neuer Präsident ist ein „Mubarak light“ Fast alles auf Null in Ägypten: Der überragende Sieger der Präsidentenwahl, Abdel Fattah al-Sisi, ist wieder ein Ex-General, ein Etatist, ein militärisch denkender und handelnder Apparatschik. Die Welt

Sisi, ein Idol ohne Anhänger In Ägypten ist Wahl und keiner geht hin. Wurde der Ex-Militär Sisi noch vor wenigen Wochen kultisch verehrt, verweigern ihm nun die Wähler ihre Stimme. Das sieht zunächst nach politischem Frust aussieht – doch dahinter steckt mehr. Tagesspiegel

Al-Sisis Zauber verblasst Markus Symank In Ägypten siegt der ehemalige Armeechef mit 97 Prozent – doch viele Wähler blieben zu Hause. Badische Zeitung

Die Königsmacher und Henker beim ägyptischen Fernsehen Wall Street Journal

Brotherly Love Why Sisi’s Win is Good for Al Qaeda Foreign Affairs

US-Außenpolitik

Obama-Doktrin Obamas Rückzugs-Rede dürfte die Zweifel an Washingtons Führungskraft und Verlässlichkeit nicht entkräftet haben. Vielleicht sind sie noch größer geworden. FAZ

Metapher fürs Geschichtsbuch US-Präsident Barack Obama will eine neue amerikanische Außenpolitik. Große Ankündigungen hat er schon öfter gemacht. Nun müssen auch Taten folgen. Berliner Zeitung

Die Sicht des Hammers Nach außen ist Obamas Botschaft klar: Die USA sind weiter die Supermacht, nicht mehr aber die Weltpolizei. Doch das ist eine innenpolitische Gratwanderung – Kritiker wittern bereits Schwäche und Hilflosigkeit. Handelsblatt

Zu Hause ist es am schönsten Erst verkündet Obama einen raschen Abzug aus Afghanistan. Dann verteidigt er seinen Weg, auf dem Amerikas Außenpolitik vor allem eines will: Fehler vermeiden. FAZ

Obamas Mittelweg 2017 geht der außenpolitisch vorsichtigste amerikanische Präsident seit Ende des Kalten Krieges in Pension. Bush, der Ältere, zog in den ersten Golfkrieg. Bonner General-Anzeiger

Doktrin der Zurückhaltung In Syrien oder der Ukraine wird man nicht glücklich sein über Barack Obamas Grundsatzrede: Wer gehofft hatte, die USA würden sich auf ihre Rolle als Weltpolizei besinnen, hat sich getäuscht. Das Land ist kriegsmüde und hat Obama zweimal für sein Versprechen gewählt, die Truppen heimzuholen. Badische Zeitung

The Obama Doctrine He takes a page from Eisenhower. Washington Post

He’s Like Ike Haunted by war and skeptical of heroic foreign policy, Obama’s doctrine echoes Eisenhower’s. The Atlantic

Katholikentag

In Theologie sollte sich Gauck nicht einmischen Überflüssige Ratschläge: Joachim Gauck rät den Kirchen zu mehr Gemeinsamkeit. Doch das ist nicht seine Aufgabe. Das deutsche Staatsoberhaupt hat sich nicht in theologische Fragen einzumischen. Die Welt

Brücken bauen Brücken bauen will der 99. Deutsche Katholikentag, der am Mittwochabend in Regensburg festlich eröffnet worden ist. 30 000 Dauerteilnehmer und 10 000 Tagesteilnehmer werden bis zum Wochenende das größte katholische Laientreffen mit über 1000 Einzelveranstaltungen besuchen, für die das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verantwortlich zeichnet. Bonner General-Anzeiger

Präsidiale Mahnungen Bundespräsident Joachim Gauck spricht auf dem Katholikentag in Regensburg. Er ermutigt die katholischen Christen, sich in die Debatte über die Zukunft ihre Kirche einzubringen und aktiv zu werden. Stuttgarter Zeitung

…one more thing!

Spätfolgen Für eine „Spätfolge des milden Winters“ hält der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, die ausgefallene Frühjahrsbelebung auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Mai. Da es witterungsbedingt zu Jahresanfang weniger Entlassungen als üblich gegeben habe, würden nun eben auch die Einstellungen ausbleiben. Es gebe ja nichts zu „beleben“. Börsen-Zeitung

Leitartikel

Zwischen Panik und Gelassenheit CDU und CSU haben erstmals seit langem wieder das, was der SPD seit Jahren Probleme macht: Konkurrenz im eigenen Lager. Noch ist es aber keine existenzielle Frage. Frankfurter Rundschau

Wir sind alle Briten Nach der Europawahl sind sich auf einmal viele einig: Die EU sei zu abgehoben, sie müsse wieder Kompetenzen abgeben. Die Briten sagen das schon seit Jahren, aber auch deren Regierungen haben Fehler gemacht. Die Welt

Juncker muss Präsident werden Jetzt steht unser Verständnis von Demokratie auf dem Spiel. Zur Wahl standen zwei Kandidaten: Juncker und Schulz. Bild

Kollektive Depression Eine tiefe Identitätskrise hat in Frankreich den Erfolg des Front National Marine Le Pens beflügelt. Die Franzosen fühlen sich abgehängt. Die Schuld dafür geben sie der EU und Deutschland. FAZ

Pflegereform: Richtig, aber klein Die Richtung stimmt, der Schritt ist allerdings eher klein. AZ München

Merkels Politik nutzt nur dem Kapital Thomas Pikettys Buch trifft offensichtlich einen Nerv. Die Reichen werden reicher und die Armen ärmer. Doch die Politik macht alles nur noch schlimmer. Angela Merkels Krisenpolitik nutzt dem Kapital – und die Rettung des Euro bezahlen am Ende die Armen. Tagesspiegel

Der Nimbus bröckelt Seit Jahren verspricht Apple immer wieder neue, großartige Produkte – um dann doch nur Weiterentwicklungen bekannter Geräte zu präsentieren. So schrumpft der Abstand zu den Wettbewerbern, und dem Konzern droht das Wichtigste abhandenzukommen. Süddeutsche Zeitung

Bucked off Europe’s leaders need to cut the power of Brussels in many areas, but in some they need to extend it Economist

Rise of the Euroright What fueled the anti-E.U. push. Washington Post

Snowden’s Odd Email to the NSA Deepens the Mystery What was he thinking? Mother Jones

Cutting Back on Carbon Saving the planet would be a lot cheaper than you’d think. New York Times