Sondierungsgespräche, Nationalfeiertag, Wahlachlese, Italien, Lampedusa, USA & Energiewende

Schwarz-Rot? Nur mit Sigmar Gabriel als Therapeut Sieht man von der üblichen Windbläserei ab, so sind die Chancen auf eine Koalition zwischen SPD und Union nicht schlecht. Tiefe ideologische Gräben gibt es nicht, dafür viel Professionalität. Die Welt

Union und SPD sind wie ein altes Ehepaar Der Drang in eine große Koalition steckt Union und SPD mittlerweile auch in den Genen. Denn sie brauchen einander, vor allem weil Deutschland ein Bundesstaat ist. Auch deshalb fremdeln Union und SPD mit den kleineren Parteien, selbst wenn diese die natürlichen Partner sind. Tagesspiegel

Wer zuerst zuckt, hat verloren Union und SPD schauen, ob eine große Koalition nochmal klappen könnte. Die taz liefert die Gebrauchsanleitung für den Koalitionspoker. taz

Welchen Königsweg die neue Koalition gehen muss SPD und Grüne wollen die Steuern erhöhen – die Union verspricht, genau dies werde nicht passieren. In einer künftigen Koalition stecken die Parteien in einem Dilemma. Wenn sie ihre Wahlversprechen nicht brechen wollen, gibt es nur einen Ausweg: eine große Steuerreform. Süddeutsche Zeitung

So kann Schwarz-Rot das Land voranbringen Die große Koalition könnte zum Segen für das Land werden – ohne dass die SPD von Angela Merkel geschwächt würde. Denn die Sozialdemokraten haben das Vertrauen ihrer Wähler. Die Welt

Es gibt einen Mindestlohn-Kompromiss Vertreter von Union und SPD wollen heute ausloten, ob beide Seiten ausreichend Gemeinsamkeiten für Koalitionsverhandlungen erkennen. Als Knackpunkt gilt der Mindestlohn. Unionsvertreter signalisierten: Diese Hürde ist überwindbar. FAZ

Steuererhöhung? Ja, bitte! Politiker und Medien schießen sich pauschal auf das böse S-Wort ein. Das ist ärgerlich und vergiftet das Klima: Bürger erscheinen als Melk-Esel, Politiker als Gangster. ZEIT

Warum wir keine Steuererhöhungen brauchen Wenn SPD und Union in ihre Sondierungsgespräche starten, sollten die Sozialdemokraten nicht auf Steuererhöhungen bestehen. Denn die Probleme Deutschlands liegen ganz woanders. stern

Streitfall Maut Die anhaltende Diskussion über eine Maut für Autofahrer stellt die richtige Reihenfolge der Diskussion auf den Kopf. Erst muss darüber gesprochen werden, wofür zusätzliche Einnahmen benötigt und verwendet werden. Zu klären ist auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Bonner General-Anzeiger

Deutschland, reiches Schlagloch-Land Der reichste Staat Europas lässt Straßen, Schienen und Wasserwege seit Jahrzehnten vergammeln. Ist jetzt Abhilfe in Sicht? Frankfurter Rundschau

Pkw-Maut wird und muss kommen Deutschland braucht eine intakte und zeitgemäße Verkehrsinfrastruktur. Die kommende Bundesregierung muss daher für eine drastische Aufstockung der Investitionen sorgen. Das muss auch bezahlt werden. Über kurz oder lang wird die Pkw-Maut kommen. WAZ

Wo sich die Roten schwarz ärgern Union und SPD wollen sondieren, ob die Aufnahme von Koalitionsgesprächen überhaupt sinnvoll ist. Der Ausgang des Abtastens ist offen. Es gibt viele Differenzen, aber auch Möglichkeiten zur Verständigung. Ein Überblick. Handelsblatt

Zerrbilder von Gerechtigkeit Fernsehen soll Politik anschaulich machen. Die Einzelschicksale aber, die uns in Talkshows präsentiert werden, zeichnen das Zerrbild eines Landes mit immer ungerechteren Verhältnissen. FAZ

Nationalfeiertag

Gauck macht der Politik Dampf Der Bundespräsident fordert in seiner Rede zum 3. Oktober von der neuen Regierung rasche Reformen. Besonders in den Bereichen Bildung, Pflege, Einwanderung und Datenschutz sieht Joachim Gauck Nachholbedarf. Berliner Zeitung

Mehr Mut zu Europa Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen: Diese Forderung von Bundespräsident Gauck ist unbequem – aber mit Blick auf Europa richtig. Viel zu lange haben wir uns auf unsere gemütliche Grundhaltung der alten Bundesrepublik zurückgezogen. Gerade in der Euro-Krise ist das ein großer Fehler. SPIEGEL

Deutschland muss alle Kraft in Europa investieren Joachim Gauck kritisiert Berlins Außenpolitik als unsichtbar. Doch ein Land, das sich auf Europa konzentrieren muss, kann nicht überall mitmischen. Mehr außenpolitische Debatten braucht es trotzdem. Die Welt

Die Deutschen schauen nicht mehr nur auf sich selbst Die Reden von Präsident und Kanzlerin am Tag der Einheit kann man so deuten: Wir schauen am Jahrestag nicht mehr vor allem nach innen und danken denen, die die Einheit möglich gemacht haben, sondern Deutschland hebt den Blick – um den Nachbarn und dem Rest der Welt in die Augen zu sehen. Tagesspiegel

Alle Jahre wieder Zu behaupten, der 3. Oktober habe sich in den Köpfen oder gar Herzen der Deutschen festgesetzt, ginge zu weit. Der Tag der deutschen Einheit ist ein Feiertag – keine Frage. Aber er ist ein willkürlich gewählter Tag. Bonner General-Anzeiger

Vom digitalen Zwilling Erstmals stellt ein Bundespräsident das Ringen um das digitale Ich in den Mittelpunkt einer Rede. Gaucks Ansprache ist ein Appell an die deutsche Politik, die Neudefinition von Freiheitsrechten nicht allein den Konzernen zu überlassen. FAZ

„Datenschutz muss so wichtig werden wie Umweltschutz“ Der ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, der die Gesinnungsschnüffelei der DDR im Detail kennenlernte, sieht die freiwillige Offenbarung junger Menschen im Internet skeptisch. FAZ

Wahlachlese

Das Elend der deutschen Neoliberalen Nach dem Rauswurf aus dem Parlament ergoss sich viel Hass und Häme über die FDP. Woher kommt das? Der Grund liegt mehr als dreißig Jahre zurück: Damals sind die Liberalen neoliberal geworden. FAZ

Und wer kämpft jetzt noch für die Freiheit? Die FDP ist erledigt, der Liberalismus kommt ins Museum. Doch die Freiheit bleibt bedroht. Wir dürfen sie nicht aus Bequemlichkeit verspielen. ZEIT

Joschka, der Unerhörte Joschka Fischer warnt die Grünen vor dem Schicksal der FDP. Im Fußball wäre das ein besonders schlecht angesehenes Foul – übles Nachtreten. Berliner Zeitung

Links sein ist out Eine grosse Koalition ist in der SPD unbeliebt. Doch wenn die Partei nicht an der Macht ist, merkt das Publikum nur umso eher, wie wenig sie sonst vorweisen kann. NZZ

Linken-Chefin wirbt um Basis von SPD und Grünen In Berlin beginnen die Sondierungsgespräche – nicht dabei sind die Linken. Deren Chefin Katja Kipping wirft SPD und Grünen nun im SZ-Interview vor, den Willen ihrer Basis zu ignorieren. Die Ko-Parteivorsitzende hat die Hoffnung auf Rot-Rot-Grün noch nicht ganz aufgegeben – und einen Rat für ihre Wunsch-Koalitionspartner. Süddeutsche Zeitung

Italien

Der Kaiser wechselt, das System bleibt Enrico Letta stellte im Parlament die Vertrauensfrage – und gewann. Mit ihrem Ja zu Letta haben die Abgeordneten des PdL klar gemacht, dass sie keine Lust haben, für ihren Herrn, Silvio Berlusconi, zu sterben. Der mag nun am Ende sein – aber ist es der Berlusconismus auch? Tagesspiegel

Die Farce des Populisten Italien und das Ausland schauen mit ungläubigem Staunen auf Berlusconis politischen Amoklauf. Der Auftritt signalisiert den Anfang vom Ende seiner Karriere, mehr noch als die Verurteilung wegen Steuerbetrugs. Ganz am Ende ist Berlusconi aber noch nicht. Frankfurter Rundschau

Das politische Ende des Cavaliere Silvio Berlusconi verlässt endgültig die politische Bühne. Die Abgeordneten seiner Partei haben, gegen die Absicht ihres Parteichefs, der Regierung von Enrico Letta das Vertrauen ausgesprochen. Am 4. Oktober wird der Senat zudem entscheiden, ob Berlusconi sein Mandat verlieren wird. La Stampa Turin

Enrico Letta gewinnt und verliert zugleich Der Mittwoch bringt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Die italienische Regierung ist nach den Attacken Berlusconis gerettet. Und die schlechte? Es ist nicht klar, für wie lange. Die Welt

Tragische Komödie Der letzte Schachzug Silvio Berlusconis, sein plötzliches Umschwenken auf den Regierungskurs,muss nachdenklich machen. Seine Präsenz fördert Unmut bei den Sozialdemokraten, die sich zu früh über seinen Abgang gefreut haben. Sie stehen vor einer erneuten Geduldsprobe. Diese könnte schwieriger werden als gedacht. Bonner General-Anzeiger

Lampedusa

Flüchtlingsdrama erschüttert Italien Tränen, Fassungslosigkeit und Wut: Nach dem Flüchtlingsdrama mit mehr als 100 Toten sitzt der Schock in Italien tief. Jahr für Jahr erreichen Tausende Flüchtlinge das Land – nun wird der Ruf nach Konsequenzen wieder lauter. Berliner Zeitung

Eine Tragödie mit Ansage Die Toten vom Lampedusa sind nicht die Ersten und sie werden wohl nicht die Letzten sein. Zu einträglich ist das Geschäft skrupelloser Schlepper. ZEIT

Europa trägt Mitschuld an Toten von Lampedusa Dutzende Leichensäcke liegen aufgereiht am Strand von Lampedusa. Schon wieder. Die Flüchtlingswelle brandet weiter heftig an Europas südliche Küste Märkische Oderzeitung

Routiniertes Entsetzen Thomas Fricker Kann man sich an einen Albtraum gewöhnen? Weit über hundert Flüchtlinge sind im Mittelmeer ertrunken. Wieder einmal – und die Prognose sei gewagt: Es werden nicht die Letzten gewesen sein. Badische Zeitung

Shutdown

Unruhe stiften im Stillstand Die Märkte reagieren ruhig auf Amerikas Haushaltsstreit. Aber das passt Obama nicht: Die Wall Street solle sich mehr Sorgen machen, fordert er. Denn die Extremisten der „Tea Party“ seien zu allem bereit. FAZ

Politische Verkrampfung Weiter keine Einigung zwischen Demokraten und Republikanern, der Haushaltsstreit in den USA eskaliert. Vorsicht ist angebracht: Wenn die USA interne Konflikte nur noch nach Westernmanier löst, hat das globale Folgen. Handelsblatt

Lady Liberty und Mr. Empire State auf getrennten Wegen Die Freiheitsstatue im New Yorker Hafen ist seit vorgestern geschlossen. Da sich der amerikanische Kongress nicht auf ein Haushaltsbudget einigen kann, gibt es für einen grossen Teil der Bundesangestellten kein Geld mehr, auch nicht für den National Park Service, der unter anderem für Lady Liberty zuständig ist. Damit prangt derzeit vor einem der weltweit bekanntesten Symbole für Freiheit und dem Wahrzeichen Amerikas das Schild: Closed. NZZ

„Die Regierung kann man sowieso nicht kontrollieren“ Die große Mehrheit der Amerikaner merkt vom Stillstand der Bürokratie nicht viel. Das öffentliche Leben geht fast unberührt seinen normalen Gang. Und auch Touristen nehmen die Situation gelassen. FAZ

No, the House GOP Isn’t Standing Up for Kids With Cancer The National Institutes of Health has become a symbol of the shutdown. But the GOP’s preferred budget enshrines massive cuts. Mother Jones

Who do we blame? Democrats haven’t compromised. Washington Post

Shutdown: Why There’s No End in Sight As Day 3 dawns, nothing has made Democrats or Republicans rethink their strategies. The Atlantic

Shut Down and Print Up With the US Federal Reserve set to maintain its monetary stimulus, and congressional deadlock forcing the US government to shut down – and, worse, raising the prospect of default – America has become the wildcard of the global economy. Project Syndicate’s contributors assess the domestic and international implications of America’s polarizing economic policies and dysfunctional politics. Project Syndicate

Energiewende

Klimaforscher dürfen debattieren, Politiker müssen handeln Beim Klima gibt es keine Gewissheit. Das zeigt einmal mehr der jüngste IPCC-Bericht. Doch für die Regierungen der Welt darf das keine Ausrede sein. Sie müssen handeln. ZEIT

Unangemessener Sicherheitszuschlag Die Betreiber von Kernkraftwerken sollen höhere Beiträge in die Fonds für die Stilllegung und Entsorgung einzahlen. Das würde die Verbraucher in der Grundversorgung einseitig belasten NZZ

Wie Dänemark die Welt retten will In Sachen Energiewende eilt Dänemark Deutschland weit voraus: Öl- und Gasheizungen sind verboten, Windturbinen erzeugen ein Drittel des Stroms. Sogar Industrie und Energieversorger ziehen mit. Was machen die Nordländer besser? manager magazin

Lieber nur kleine Schritte Es sind nicht immer die grossen Investitionen und staatliche Eingriffe notwendig, um einen starken Effekt zu erzielen: Plädoyer für schnelles Handeln beim Klimaschutz. NZZ

…one more thing!

Sudan in Aufruhr Die Demonstrationen gegen das sudanesische Regime bringen Präsident Baschir in Bedrängnis. Sein Land befindet sich zumindest wirtschaftlich im freien Fall. FAZ

Leitartikel

Die Politik bewegt sich nicht schnell genug Datenschutz war ein zentrales Thema von Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit. Er ist der erste Politiker von Rang, der fordert, die Menschen vor dem Zugriff des Staates zu schützen. Berliner Zeitung

Das Projekt Schwarz-Grün Die Anzeichen verdichten sich, dass Schwarz-Grün ernsthaft ins Auge gefasst wird. Jetzt haben es die Parteioberen in der Hand, das Projekt „reif“ zu machen. FAZ

Wer bei den Steuern lügt, dem glaubt man nicht Die Union hat beim Thema Steuern keinen Spielraum, falls sie Wort halten will. BILD

Aus Paris droht Gefahr In Frankreich bilden die extreme Rechte und die radikale Linke eine unheilige Allianz gegen Europa, den Euro und die Bundesrepublik Die Welt

Vor dem Tabubruch Die Sorge um die Konsequenzen der Haushaltskrise in den USA ist berechtigt: Demokraten und Republikaner sind sich spinnefeind, die Republikanische Partei ist tief gespalten. Und Präsident Obama? Zeigt seine immensen Schwächen im Umgang mit dem Kongress. Washington hat die Fähigkeit zum Kompromiss verloren. Süddeutsche Zeitung

Siegt die Vernunft? „Berlusconi ist weg – wann ist die Tea Party dran?“ Über entscheidende Tage in Italien und den USA. AZ München

Reform Turns Real Even the bad news from the first few days of Obamacare going into effect is good news for the program’s future. New York Times

No way to run a country The Land of the Free is starting to look ungovernable. Enough is enough Economist

The Italian Job: How the Pentagon Is Creating a New European Launchpad for US Wars The percentage of US forces in Europe based in Italy has tripled since 1991. Mother Jones

Boehner’s turn to cave This time, he has little choice but to relent. Washington Post