Rentengarantie, Atomkraft & Obama in Afrika

Rentengarantie – die Schäden sind sicher. Wenn das frustrierende Ende nicht schon feststünde, könnte man sich über den Verlauf der Debatte prächtig amüsieren: Mitten im Wahlkampf fallen Regierungsmitglieder über die Rentengarantie her, die sie eben selbst beschlossen haben Financial Times Deutschland

Die Rentengarantie zeigt, wie in der Endphase der großen Koalition Politik betrieben wird: aktionistisch bis panisch, auf vordergründige Effekte zielend, nicht an der Sache orientiert, voller vermeintlich bestechender taktischer Winkelzüge, aber ohne klare Perspektive. In zweieinhalb Monaten wird gewählt, zwanzig Millionen Rentner dürfen abstimmen. Wenn einer (Scholz) vorschlägt, denen ein hübsches Geschenk einzupacken, traut sich die andere (Merkel) nicht laut zu sagen, dass das Geschenk weder schön noch nützlich ist und am Ende vielleicht auch noch zu teuer wird. Berliner Zeitung

Kanzlerkandidat Steinmeier versucht Rentengarantie, Generationengerechtigkeit und Schuldenbremse wenigstens rhetorisch unter einen Hut zu bringen. Im Angesicht der Übermacht von zwanzig Millionen Rentnern zeigt allerdings auch die Union nicht viel mehr Heldenmut. FAZ

Warum äußert Peer Steinbrück ausgerechnet jetzt Zweifel am gesetzlichen Verbot der Rentenkürzung? Wieso hat er nicht Einspruch eingelegt, als die Regierung die Garantie beschlossen hat? Süddeutsche Zeitung

Kurz vor einem intensiven Wahlkampf bleibt keine Zeit, um auf eine der wichtigsten Zukunftsfragen zufriedenstellende und austarierte Antworten zu finden. Und das in dem Sinne, dass nicht ständig die junge gegen die ältere Generation und umgekehrt ausgespielt wird. So bleibt die Rentenpolitik bis auf Weiteres das, was sie leider in den letzten Jahren ohnehin schon war – Stückwerk mit schnellem Verfallsdatum. Leipziger Volkszeitung (Print)

Jetzt ist das Rad nicht mehr zurückzudrehen, alles andere wäre auch verantwortungslos gegenüber den Rentnern. Dass die Union nun genüsslich Steinbrücks Steilvorlage aufgreift, ist logisch. Damit befeuert sie innerhalb der SPD die Debatte und lenkt davon ab, dass auch bei CDU und CSU niemand mutig genug gewesen ist, die Rentengarantie zu verhindern. Übrigens auch nicht der lautstarke Wirtschaftsminister Guttenberg. Lausitzer Rundschau

Atomkraft

Die SPD sieht die Pannen im AKW Krümmel als unverhofftes Wahlkampfgeschenk. Doch als alleinige Profiteure der Diskussion könnten sich die Grünen herausstellen. taz

Atompolitik ein Wahlkampfthema? Ja! Allein schon die Pannen in der Anlage Krümmel würden eine intensive politische Debatte über Sicherheit von Kernkraftwerken rechtfertigen. Die Liste der Störfälle in von Vattenfall betriebenen Atomanlagen auch in Schweden ist besorgniserregend. Die Zweifel an der Zuverlässigkeit dieses Betreibers wachsen täglich. Doch Krümmel steht auch für eine grundsätzliche Entscheidung: Sollten ältere Anlagen nicht früher vom Netz gehen und dafür die Laufzeiten der sichersten Kernkraftwerke verlängert werden? Nordwest Zeitung (Print)

Allein mit Exorzismus lässt sich das Risiko der Nukleartechnologie nicht austreiben. Die Herren über Krümmel und Brunsbüttel sind zwar die Tölpel vom Dienst. In puncto Krisenmanagement und Kommunikation ist ihr Meiler tatsächlich ein Einzelfall. Aber was Störanfälligkeit und Pannen angeht, hat Krümmel viele Kompagnons, die etwa auf den Namen Biblis hören. Frankfurter Rundschau

Natürlich gibt es Menschen, die tatsächlich glauben, dass lange Laufzeiten der Atomreaktoren für billigeren Strom sorgen. Aber etwas naiv ist der Gedanke schon. Oder? Das ist so ähnlich wie die Hoffnung, die Banken würden das billig vom Staat erhaltene Geld freiwillig an die Kunden weitergeben. Vielleicht sogar die Zinsen für den Überziehungskredit wesentlich senken. Thüringer Allgemeine

Obama in Afrika

Erfrischend deutlich kritisierte Barack Obama die schlechte Regierungsführung in Afrika und die fehlende Bereitschaft seiner Menschen, endlich mehr Verantwortung für das eigene Schicksal zu übernehmen. Handelsblatt

US-Präsident Obama wurde in Afrika euphorisch begrüsst. Dabei kritisierte er gleichwohl zu recht die schlechte Regierungsführung auf dem Kontinent. Ob Afrikas Führer Obamas Signal erkennen? Tagesspiegel

Eine kluge Rede zu Afrika. Barack Obama benennt in Ghana die Übel des schwarzen Kontinents: regionale Kriege, ethnische Konflikte, Diktatur, Rassenhass, Ausbeutung durch die eigenen Eliten. Kölner Stadtanzeiger

Empfangen wie der erfolgreiche, lange vermisste Sohn: Obama hat zum ersten Mal als US-Präsident Afrika besucht – und deutliche Forderungen mitgebracht. Süddeutsche Zeitung

Obama macht auf seiner Reise klar: Afrika ist für sich selbst verantwortlich und muss endlich besser regiert werden, damit dem Kontinent auch besser geholfen werden kann. Frankfurter Rundschau

If Obama was in it for a sentimental journey he’d have gone to Kenya, chased down some of those dreams from his father. He’s made a different choice, and he’s been quite straight about the reason. Despite Kenya’s unspeakable beauty and its recent victories against the anopheles mosquito, the country’s still-stinging corruption and political unrest confirms too many of the headlines we in the West read about Africa. Ghana confounds them. Not defiantly or angrily, but in that cool, offhand Ghanaian way. schreibt U2’s Bono in der New York Times

Über Jahrhunderte war Sal. Oppenheim eine der angesehensten Privatbanken Europas. Jetzt trifft sie ein Schlag nach dem anderen. Die Verluste sind groß. Und die Finanzaufsicht ist besorgt. FAZ

Leitartikel

Zentralisierung der Atomaufsicht in Deutschland fordert Bundesumweltminister Gabriel nun vehement nach den Vorfällen in Krümmel; Das Gezerre um Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern müsse ein Ende haben. Die Kanzlerin widerspricht. weiter FAZ

Steigen Lohn und Einkommen, langt der Fiskus überproportional zu. Da bleibt von einer Gehaltserhöhung oft kaum etwas übrig. Kein Zweifel: Es ist etwas faul im Abkassierer-Staat. Die Senkung von Steuern und Abgaben ist deshalb kein Luxus; sie ist überfällig. BILD

Habt Erbarmen mit den Armen: Nein, Mitleid hat die bayerische SPD nicht verdient. Die Gesellschaft hat sich verändert. Die Genossen nicht. Die klassische Arbeiterschicht gibt es nicht mehr. Die Sozis aber sehen sich immer noch als Klassenpartei. AZ München

Die Hamburger Bürgerschaft hat die 500 000-Grenze für Manager-Gehälter einmütig beschlossen, als sie der 1,5-Milliarden-Euro Hilfe für die HSH Nordbank zustimmte. Da ist es doch keine juristische, sondern eine Frage des politischen Anstands sowohl von den Managern als auch von den Politikern, sich daran zu halten. Und zwar strictissime! Hamburger Abendblatt

Die politische Debatte über die DDR-Geschichte ist sehr fixiert auf den Stasi-Apparat. Wir sollten uns noch mehr mit den Köpfen der Diktatur beschäftigen, den SED-Funktionären. Frankfurter Rundschau

Nabucco wird konkret. Europas Vorhaben, sich durch den Bau der Pipeline unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu machen, ist ein Mammutprojekt. An seiner strategischen Notwendigkeit bestehen keine Zweifel. Und doch erschienen geopolitische und finanzielle Hürden zeitweise nahezu unüberwindbar Financial Times Deutschland

Wenn erst im Ausland die Empörung über das brutale Niederknüppeln der Proteste abgeklungen ist, könnte das iranische Regime über seinen eigenen Schatten springen und die große Versöhnung mit Amerika suchen. Das ist es, was sich die meisten Iraner seit zwanzig Jahren wünschen. Sie wären, im Falle eines Erfolges, durchaus für das Argument der Konservativen zu gewinnen: Nur wir, die aufrechten Beschützer der nationalen Unabhängigkeit, konnten dies vollbringen, niemals wankelmütige Politiker im Solde des Auslandes. Süddeutsche Zeitung (Print)

Ehrengast China? Die Buchmesse als Kniefall vor Diktatoren Die Welt

Kommt nach dem Urlaub das Wachstum zurück? Selbst die allergrößten Optimisten erwarten allenfalls eine langsame Erholung. Für neue Jobs wird es nicht reichen. Ohne Wachstum werden wir die Staatsverschuldung niemals finanzieren, die wachsenden Lasten einer alternden Gesellschaft nicht schultern können. Wann auch immer die Krise vorbei ist – die Welt wird danach anders aussehen: mit mehr Schulden, mehr Protektionismus, niedrigerem Wachstum. Wirtschaftswoche

Blind-sided in Asia, Russia does not exactly soar in its Asian backyard Economist

The US-Republicans may now be „the party of no,“ but it remains to be seen who exactly the Democrats are. Is it the party of soaring rhetoric but corporate values? The party of expediency? Or is it the party that–when everything is going its way–will stand up and fight for the people? The Nation

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