Griechenland-Hilfe, Atomausstieg, Ehec, Köhler & Demokratie

Euro-Krise im Bundestag Als Freund des Parlaments ist Wolfgang Schäuble (CDU) im Amte des Finanzministers nicht aufgefallen. Berliner Zeitung

Nebelkerzen Ein Brief von Wolfgang Schäuble sorgt für Aufregung: Private Gläubiger müssten sich an den Folgen der griechischen Schuldenkrise beteiligen. Doch über Symbolik wird der Vorstoß kaum hinausgehen. FAZ

Wer länger droht, gewinnt Wolfgang Schäubles Brandbrief zu Griechenland setzt die EZB unter maximalen Druck. Sie wird nachgeben, wenn die Kanzlerin ihren Finanzminister stützt. Ein Problem ist aber das Kommunikationschaos in der Regierung. Financial Times Deutschland

Blechen oder Eurobonds Es ist schlicht: Wer Griechenland hilft, der hilft den Banken. Sie besitzen die Staatsanleihen, die die Griechen nicht bedienen können. Daher wirkt so einleuchtend, was Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fordert: Bei einem zweiten Rettungspaket sollen sich die Banken „substanziell“ beteiligen. Das klingt kernig, doch sind die Konsequenzen nicht klar. taz

Die Nervosität steigt Der Vorschlag des deutschen Finanzministers, Griechenlands Finanzmisere nun doch brachial über eine Umschuldung zu beheben, deutet darauf hin, dass er langsam nervös wird. Doch die Richtung ist offenbar nicht klar. Märkische Allgemeine

Die Salamitaktik der Griechen-Retter Das neues Hilfspaket für Griechenland zeigt: Monatelang haben die Euro-Retter um den heißen Brei herumgeredet. Augsburger Allgemeine

Griechenland wird für Europäer zur Zeitbombe Brüssel Kein Land erschüttert die europä ische Währungsunion so stark wie Griechenland. Auch die USA beobachten mit Sorge, wie die Europäer Athen vor der drohenden Pleite retten. Es ist ein beispielloses Vorhaben. Ist diese Gratwanderung überhaupt machbar? Lausitzer Rundschau

Kein Geld ohne neues Programm Griechenland braucht neue Finanzhilfen. Das geht aus dem Bericht der „Troika“ aus IWF, EZB und EU-Kommission hervor. Eine Laufzeitverlängerung führe zu Zahlungsausfall oder zu nichts. Schäuble beziffert den zusätzlichen Bedarf auf rund 90 Milliarden Euro. FAZ

„Griechenland hat kein bloßes Liquiditätsproblem“ Führende Ökonomen halten einen Schuldenerlass in Griechenland für alternativlos. Ifo-Chef Sinn sagt, das Land sei bereits jetzt insolvent. Die Welt

Banken signalisieren Unterstützung Bundefinanzminister Wolfgang Schäuble schlägt die Laufzeitenverlängerung griechischer Staatsschulden vor. Die Banken scheinen vorerst nicht abgeneigt. Es sei zumindest eine mögliche Lösung. FAZ

Geldschwemme löst keine Strukturprobleme Geld- und fiskalpolitische Stimulierungen auf Pump haben die Weltwirtschaft beflügelt, fragt sich nur wie lange. Denn die Strukturprobleme der europäischen Peripherie- und der Vereinigten Staaten lassen sich damit kurzfristig übertünchen, aber nicht lösen. FAZ

Atomausstieg

Kernkraftbetreiber lassen sich nicht einfach enteignen Der Atomausstieg schränkt die Eigentumsrechte der Energiekonzerne unzulässig ein. Der Staat muss sie für ihre Investitionsverluste entschädigen. Financial Times Deutschland

Die Union muss überzeugen, nicht überwältigen! Wenn sich CDU und CSU ernst nehmen, brauchen auch sie Atom-Parteitage. Damit würde man auch den über allem schwebenden Geruch des Opportunismus loswerden. Die Welt

Der Fehlschuss des Generals Angeblich hat die FDP in den Atomverhandlungen mit der Union rechtliche Bedenken geäußert. So behauptet es jedenfalls FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Dieser Darstellung widersprechen nicht nur die Koalitionspartner – sondern auch zwei führende Liberale, die ebenfalls dabei waren. Süddeutsche Zeitung

Über die Energiewende wird nicht gestritten. Basta! Bei „Hart aber fair“ verteidigte Umweltminister Röttgen die schnelle Energiewende. Seine Gegner betonten Gefahren wie Blackout, Abwanderung und Wirtschaftschaos. Die Welt

Warum wir vor Sprossen warnen und Alkohol trinken Nicht das wirkliche Risiko ist für uns entscheidend, sondern unsere Gewöhnung daran. Das erklärt unsere Angst vor Atomkraftwerken und Sprossenkulturen. Die Welt

Alles außer Konsenssoße Es könnte alles so schön sein. Eine gerührte, neue Generation von Politikern aller Parteien liegt sich vor Freude schluchzend in den Armen und feiert gemeinsam das beschlossene Ende der Atomenergie. Märkische Oderzeitung

Ehec

Zeit für den Krisenstab In diesen Ehec-Zeiten verkündet jede Länderbehörde ihre eigene Warnung. Damit handeln die einzelnen Einrichtungen zwar gemäß ihrer Zuständigkeit, doch sie verwirren die Bevölkerung. Nötig wäre, dass die Verantwortung in einem Bundesinstitut liegt. Dafür müssten die Länder zwar Kompetenzen abgeben, aber die Verbraucher würden es ihnen danken. Süddeutsche Zeitung

Erregerjagd Das hatte in der Tat noch gefehlt. Erst war es die Gurke, dann der Salat, dann die Tomate, dann die Sprosse. Dann kam Karl Lauterbach. Der sozialdemokratische Gesundheitsvielsprecher Karl Lauterbach, der, so oft er auftritt, den Eindruck vermittelt, er wisse alles, fordert seit Dienstag im EHEC-Skandal die „mobile Eingreiftruppe“ Bonner General-Anzeiger

Kritik aus Brüssel: Fehlanzeige Auf der Berliner Sonderkonferenz zur Ehec-Welle bedauert Gesundheitsminister Bahr, dass noch mehr Menschen an dem Darmkeim gestorben sind. Überraschend ist der Auftritt von EU-Kommissar Dalli: Er lobt das deutsche Krisenmanagement – dabei hatte er die Behörden noch am Vortag angegriffen. Aus Niedersachsen wird gemeldet, dass 18 weitere Ehec-Fälle auf Sprossen aus dem Betrieb in Bienenbüttel zurückzuführen seien. Süddeutsche Zeitung

Nichts als offene Fragen Im Grunde haben die 32 Länderressortchefs und die beiden zuständigen Bundesminister bei ihrem Krisentreffen einen seuchenpolitischen Offenbarungseid geleistet – alle Fragen, die sich in den vergangenen fünf Wochen seit Ausbruch der Epidemie der Öffentlichkeit aufgedrängt haben, sind so gut wie unbeantwortet geblieben. Warum hat das Krisenmanagement so schleppend eingesetzt? Keine Antwort darauf. Lausitzer Rundschau

Ein erster Erfolg Tomaten, Gurken, Salat, Sprossen: Das Ehec-Bakterium hat sich wohl mit Hilfe einer der Sorten ausgebreitet, vor denen amtlich gewarnt worden ist. Die abnehmenden Zahlen der Neuerkrankungen sind deshalb ein Erfolg des Krisenmanagements. FAZ

Mutierter Ehec-Keim entdeckt In einer Mülltonne in Magdeburg wurde ein mutierter Ehec-Keim auf einem Gurkenrest entdeckt. Die Neuinfektionen werden geringer. Der Sprossenhof im niedersächsischen Bienenbüttel wird weiter mit der Epidemie in Verbindung gebracht. FAZ

Horst Köhler

Horst Köhler bricht sein Schweigen Der frühere Bundespräsident hat erstmals über seinen Rücktritt gesprochen. „Die Angriffe waren ungeheuerlich“, sagte er. Man habe ihn bewusst missverstanden. ZEIT

„Die Angriffe auf mich waren ungeheuerlich“ Noch nie hatte sich ein Staatsoberhaupt so abrupt verabschiedet: Am 31. Mai 2010 erklärte Horst Köhler völlig überraschend seinen Rücktritt. Ein Jahr später bricht der ehemalige Bundespräsident erstmals sein Schweigen. Süddeutsche Zeitung

Köhlers Einsamkeit Horst Köhler hat sich doch noch in einem Interview dazu geäußert, weshalb er das Amt des Bundespräsidenten hingeworfen hat. Man erfährt zwar in der Sache nicht wirklich Neues, aber der Subtext ist interessant. Frankfurter Rundschau

Nichts begriffen Ein Jahr lang schwieg und schmollte Horst Köhler. Sein nun erfolgter Rechtfertigungsversuch lässt die Flucht aus dem Bundespräsidentenamt in keinem besseren Licht erscheinen. Da hadert einer mit dem Politikbetrieb, den er bis heute nicht verstanden hat. Märkische Oderzeitung

Gescheitert Ein Staatsoberhaupt, das schon ein Jahr nach seiner überzeugenden Wiederwahl keine andere Option mehr sieht als den sofortigen Rückzug, schadet dem Ansehen des Amtes viel mehr als es eine Debatte über Deutschlands Interessen in der Welt je könnte. Der Bundespräsident hat in der Bundesrepublik nicht viel politische Macht, aber er verfügt über die nicht zu unterschätzende Macht des Wortes. Nordkurier

Demokratie

Ohne Wähler geht es nicht Franzosen setzen in der Krise Europas auf neue Institutionen, Deutsche wollen weitere Regeln schaffen. In der Demokratie ist aber der Rückhalt beim Bürger entscheidend. Financial Times Deutschland

Entscheidungen entspannen, Empörung wirkt destruktiv Stuttgart 21 und die Proteste gegen die „da oben“ sind Ausdruck eines Unbehagens in der politischen Kultur. Die Schweiz zeigt, wie es besser geht. Die Welt

Sitzblockade mit Schlips Noch 2010 lautete die zentrale Erkenntnis der Bewegungsforschung, die Sitzblockade sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Heute gilt: Sie hat die schwarz-gelbe Randgesellschaft erfasst. Darüber möge sich freuen wer will: Wo Konservative auf der Straße hocken, da sind sie auch in der Defensive. taz

Hilflose Politiker verspielen die Zukunft Europas In 19 von 27 EU-Staaten liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei bis zu 40 Prozent – Europa droht eine verlorene Generation. Betroffen sind auch klassische Industrieländer. Die Welt

Globalization and Unemployment The Downside of Integrating Markets Foreign Affairs

…one more thing!

Asiens neues Wachstumsmodell Angeführt von Asien ist der auf die Schwellenmärkte entfallende Anteil der Weltwirtschaft in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen. Für die Länder Asiens – insbesondere seine aufstrebenden Giganten China und Indien – ist nachhaltiges Wachstum nicht länger Teil einer globalen Herausforderung; stattdessen ist es eine Frage der nationalen Wachstumsstrategie geworden. Financial Times Deutschland

Leitartikel

Despoten entsorgen Dass Gaddafi sich freiwillig ein Flugticket nach Den Haag bestellt, ist unwahrscheinlich. Wie aber entledigt man sich der Tyrannen dieser Welt? Es muss denkbar sein, liberalen Interventionismus und strategischen Pragmatismus zu verbinden Die Welt

Nach Mladic Auf dem Balkan sollten multiethnische Staaten geschaffen werden. Entstanden sind „gefrorene Demokratien“. Der Ausweg muss lauten: Bürgerrechte, Bürgerrechte, Bürgerrechte. FAZ

Angelas Pathos, Merkels kalte Schulter Die Bundeskanzlerin freut sich in Washington zu Recht über die Freiheitsmedaille, stellt ihren Koalitionspartner in Berlin kühl ins Abseits und verschwendet kein Wort an die Seelenleiden ihrer Partei. Tagesspiegel

Alle Register gezogen Für die Bundeskanzlerin hat Barack Obama alle Register gezogen. Mehr an Ehre und Aufwartung geht kaum. Von der Kanzlerin wünscht sich er vor allem die Rettung Griechenlands. Denn neue Euro-Turbulenzen würden den US-Aufschwung gefährden. Und damit Obamas Wiederwahl. Diese amerikanische Erwartung und die deutschen Bedenken gegen neue Milliarden-Hilfen unter einen Hut zu bringen – das ist die nächste große, transatlantische Herausforderung. BILD

Orchester ohne Dirigent Die Ehec-Epidemie zeigt: Unklare Zuständigkeiten erschweren das Krisenmanagement. Es ist an der Zeit, dem Robert-Koch-Institut in einem solchen Fall die Führung zu überlassen. Frankfurter Rundschau

CDU-Politik ohne CDU-Gefühl Merkels konservative Kritiker sind unkonkret. Doch sie bemängeln zu Recht, dass die Kanzlerin christdemokratische Politik ohne Gefühl vermittelt. ZEIT

Facebooks schäbiger Schachzug Es klingt wie ein harmloser, netter kleiner Dienst an der Menschheit: Durch eine automatische Gesichtserkennung können wir unsere Bildersammlungen im sozialen Netz künftig besser verwalten. Aber wollten wir das überhaupt? Financial Times Deutschland

Obama’s Worst Week, Pawlenty’s Best The 2012 election is going to be fought over how we get economic growth. Wall Street Journal