Bundestagswahlkampf, IAA

SPD und Union vermeiden den Kampf im Wahlkampf – weil beide miteinander weiterregieren wollen. Finanzminister Steinbrück hat jetzt die wahren Wünsche seiner Partei offenbart. Mit der sozialdemokratisierten Kanzlerin Merkel können die Genossen gut leben, meint die Süddeutsche Zeitung.

Grüne und FDP eint ein unausgesprochener politisch-kultureller Unvereinbarkeitsbeschluss. Zwischen beiden gibt es keinerlei Wählerwanderung. Und nirgendwo sonst ist die Zahl derer, die die FDP auf keinen Fall in einer Regierung wollen, so groß wie bei den Grünen. Dabei bewegen sich beide im gutbürgerlichen Milieu. […] Aber es sind konträre Grundtöne und Wertmuster, die das Bürgertum à la FDP von dem der Grünen trennen, analysiert die Frankfurter Rundschau.

Opposition ist Mist, sagt Franz Müntefering. Er meint das sehr abträglich, aber das ist eine sehr einseitige Betrachtungsweise. Immerhin galt ein wohlgebauter Misthaufen einst als der Stolz jedes Bauern. Und Münteferings SPD könnte froh sein, wenn sie das könnte, was der Mist kann: dampfen und düngen, so die Süddeutsche Zeitung (Print).

Lautes Zweifeln der CDU und CSU an der Zuverlässigkeit der FDP hat Westerwelle dazu gezwungen, jede andere Option als Schwarz-Gelb in immer drastischeren Wendungen auszuschließen. Zuletzt beklagte er, man werde ihm erst glauben, wenn er seine Absage an SPD und Grüne „mit Blut an frisch gestrichene Wände schreibe“. Die Union hat die FDP auf diese Weise faktisch aus der mühsam erkämpften Eigenständigkeit wieder hinausgedrängt, so die FAZ.

Neues war nicht zu erfahren beim Auftritt der Kanzlerin und des Herausforderers gestern in Erfurt. Trotz aller Rethorik, die zentrale Botschaft war die gleiche wie beim Fernseh-Duett: Wir würden gerne noch einmal. Die sich langsam ändernden Umfragewerte zeigen, dass auch der Wähler gern auf Nummer sicher geht, so die Thüringer Zeitung.

Nach der eher müden TV-Vorstellung von Merkel und Steinmeier hätte die Diskussion der Oppositionsparteien deshalb mehr Aufmerksamkeit verdient, auch um den Wählern Alternativen zu verdeutlichen. Verschenkt. […] Die drei könnten einer neuen großen Koalition geholfen haben, mutmaßt die Ostthüringer Zeitung.

In den Umfragen kommen die drei Oppositionsparteien zusammen auf fast 40 Prozent der Wählerstimmen. Doch das Potenzial liegt weitgehend brach, weil die eine (FDP) kategorisch ausschließt, was die andere (Grüne) vielleicht doch in Erwägung zieht, und die dritte (Linke) sich gar nicht erst angesprochen fühlt, so die Saarbrücker Zeitung (Print).

Indem Ökopartei und Liberale aber wider besseres Wissen eine harsche «Ausschließeritis« betreiben – und zwar gegen alle Dreierbündnisse wie Jamaika oder Ampel – berauben sie sich vielleicht selbst der Chance, Einfluss auf die Regierungsbildung zu nehmen, urteilen die Nürnberger Nachrichten.

In einem atemberaubenden Tempo haben CDU und FDP in Sachsen ihren Koalitionsvertrag zusammengezimmert. Die hohe Geschwindigkeit des schwarz-gelben Duos soll den Menschen im Vorfeld der Bundestagswahl vor allem eins signalisieren: Dass das bürgerliche Lager ein Hort der Stabilität und der Stringenz sei, meint die Lausitzer Rundschau.

IAA

Eigentlich ist die IAA allein dazu da, das Auto zu feiern. Doch diesmal bleiben die Sektkorken in den Flaschen. Das liegt nicht nur an der Krise. Das Auto verliert seine Funktion als Gradmesser für den sozialen Status, urteilt die FAZ.

Die IAA steht im Zeichen des Elektroautos. Dabei steckt die Technik noch in den Kinderschuhen und ist äußerst teuer. Eine gute Idee droht als Subventionsgrab zu enden, befürchtet das Handelsblatt.

Elektroautos, die nun zum Allheilmittel gegen die Krise hochgejubelt werden und die im gleichen Atemzug auch noch den Planeten retten sollen. Dabei sind ganz wesentliche Probleme noch ungelöst, beispielsweise die Entwicklung bezahlbarer und leistungsfähiger Batterien, so die Märkische Allgemeine.

Die Menschen wollen wissen, wie es weitergeht mit ihrer individuellen Mobilität. Diese Information bietet die IAA leider nicht, meint die Berliner Morgenpost.

… one more thing!

CDU-Forschungsministerin Anette Schavan hält ein wissenschaftliches Gutachten zur Atompolitik zurück, um ein unangenehmes Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Die Union ist selbst schuld, wenn sie den Atomkraftgegnern auf diese Weise immer neue Munition liefert, urteilt die Financial Times Deutschland.

Leitartikel

Angela Merkel gilt als Politikerin, die Entwicklungen von ihrem Ende her durchdenkt.Wenn sich die Kanzlerin einmal ihr Ziel ausgesucht habe, steuere sie es mit quasi naturwissenschaftlicher Präzision an, sagen Leute, die sie gut kennen.Inmitten einer großen Wirtschaftskrise ist es durchaus beruhigend, wenn die Regierungschefin das Land klug durch schwierige Phasen führt. Problematisch wird es aber, wenn in Wahlkampfzeiten nicht zu erkennen ist, ob das Ziel nur gewählt wurde, weil es ihrem Verbleib im Amt dient – so wie wahrscheinlich im Fall der Opel-Rettung.Von Anfang war das Vorgehen der Regierung im Fall Opel alles andere als ordnungspolitisch sauber. Die Welt

Die Botschaft der Fahrt Merkels in Adenauers Wahlkampfzug ist klar: Die protestantische CDU-Vorsitzende aus dem Osten sieht sich als Enkelin des rheinischen Katholiken Adenauer, streichelt so die Seele der CDU-Wähler, denen die Partei zu modern geworden ist. BILD

Von Merkels Schwäche kann die SPD kaum profitieren – AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Wahlkämpferin Merkel nach dem Duell. Abendzeitung

Der Gewalttat von München folgt das Nachdenken über Zivilcourage, auch über die eigene. Sie kann gedeihen in einem gesellschaftlichen Umfeld, das den öffentlichen Raum nicht preisgibt. Frankfurter Rundschau

Dass der Traditionskonzern Bayer seinen ersten Chef von außen bekommt, ist vor allem Werner Wenning zu verdanken: Er hat das Unternehmen umgekrempelt und modernisiert. Financial Times Deutschland

Der Umgang Chinas mit Dissidenten und Andersmeinenden, vorgeführt in Frankfurt in der Vorbereitung auf die Buchmesse, verstört und stürzt all jene in ein Dilemma, die sich um Verständnis und Öffnung bemühen. Süddeutsche Zeitung (Print)

Have a Nice Day. China and Germany understand that prosperity and growth depend on nurturing a renewable energy industry. When will the United States? The New York Times

Obama Banking Too Much On Banks. In his Wall Street speech, the president outlines reforms—but they don’t go deep enough. Mother Jones

Merrill bonus case highlights how shareholders get fleeced. USA Today