Wahl in Mecklenburg-Vorpommern, FDP, Euro-Krise & Gesundheitswesen

Verlierer In Mecklenburg-Vorpommern gab es zwei Gründe, CDU zu wählen: die SPD als Juniorpartner korrigieren und die Linkspartei verhindern zu können. Das ist die Philosophie eines einsamen Verlierers. Und dieses Schicksal droht der Union auch im Bund. FAZ

Keine Wut, kein Wandel Apathische Distanz statt Leidenschaft prägte die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. Niemals seit 1990 gingen weniger Bürger zur Wahl. Selbst die NPD verlor in absoluten Zahlen ein Drittel ihrer Wählerschaft. FAZ

Schuld sind nur die regionalen Themen Gestern die Klatsche vom Wähler, heute demonstratives Ärmelhochkrempeln: Parteichef Rösler übernimmt die Verantwortung für das katastrophale FDP-Ergebnis und sucht nach einer thematischen „Klammer“. Kanzlerin Merkel schiebt das schlechte CDU-Ergebnis auf landesspezifische Probleme und verbittet sich jeglichen Streit in der Koalition. Linkspartei und Grüne schielen schon nach Berlin. Süddeutsche Zeitung

Merkel in Not Das Ergebnis an der Ostseeküste reiht sich ein in die Serie schwerer Wahlniederlagen für CDU und FDP in diesem Jahr. Schwarz-Gelb ist in den Ländern zum Auslaufmodell geworden. Augsburger Allgemeine

Angst vor Neuwahlen Der Verfall von Angelas Merkels schwarz-gelber Regierung schreitet schneller voran als erwartet. Der Kitt, der die Koalition zusammenhält, ist längst keine politische Agenda mehr, sondern nur pure Angst vor Neuwahlen. taz

Berliner Gegenwind Wenn das kein politischer Erdrutsch ist, dann gibt es keinen. Mecklenburg-Vorpommerns Christdemokraten schmieren bei den sonntäglichen Landtagswahlen ab. Sie verlieren 5,7 Punkte und landen mit 23,1 Prozent tief im Keller – da, wo die Nordost-CDU noch nie zu finden war. Nordkurier

Abgeschmiert und ohnmächtig Die FDP habe als Marke „generell verschissen“, sagte der Liberalen-Lautsprecher Wolfgang Kubicki nach dem jüngsten Wahldebakel. Doch auch für die schwarz-gelbe Bundesregierung sieht es finster aus. Kölner Stadt-Anzeiger

Mandat für ein „Weiter so“ in Schwerin Eigentlich ist eine Landtagswahl ein Kampf um die Macht, um den Ministerpräsidenten. In Mecklenburg-Vorpommern ist sie traditionell ein Kampf um die Juniorpartnerschaft – um den kleinen Partner der SPD. Lausitzer Rundschau

Im Anfang die Tat Wir müssen mehr Präsenz zeigen“. 2006, 2009, 2011. „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, könnte man mittlerweile mit Faust sagen, denn nach jeder Wahl fallen die gleiche Worte. Die Demokraten geben sich selbstzerknirscht, die rechtsextreme NPD feiert sich, auch wenn sie diesmal Stimmen einbüßen musste. Die Hochburgen vor allem im Osten aber bleiben. Nordkurier

SPD gewinnt Glauben an sich selbst zurück Die SPD wittert Morgenluft und verschmerzt den Verlust der Volksparteizeiten. In Berlin kämpft Klaus Wowereit für die ganze Partei um die Vorrangstellung vor den Grünen. Ein neuer Zug der Zeit wird spürbar, der die Sozialdemokraten begünstigt. Tagesspiegel

Genosse Trend bleibt launisch Die SPD will regieren, aber wer das Land wohin führen soll, ist unklar. Badische Zeitung

Sozialdemokratisches Wunschdenken Am Ende des Superwahljahres 2011 steht die SPD besser da, als von vielen erwartet. Nun peilen die Genossen selbstbewusst den Sieg bei der Bundestagswahl 2013 an, aber zu viel Optimismus ist fehl am Platze. Tagesspiegel

Rot-Grün wittert Morgenluft Nach dem furiosen Sieg der SPD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern und dem Einzug der Grünen in das Parlament nimmt in Berlin die Neuauflage einer alten Machtkonstellation Gestalt an. Rot-Grün befindet sich im Wartestand. Lausitzer Rundschau

FDP

Lange mitgetrieben Mit 2,7 Prozent hat das Wahlergebnis der FDP in Mecklenburg-Vorpommern die schlechtesten Erwartungen übertroffen. Immer weniger Wähler wissen mit dieser FDP etwas anzufangen. Sie wissen im doppelten Wortsinn nicht, wofür die Partei steht. Was will sie, wofür kämpft sie? FAZ

Wütende FDP zürnt dem Parteichef ohne Perspektive FDP-Chef Rösler wird nach der Wahlpleite in Mecklenburg-Vorpommern heftig angegriffen. In der CDU lästert man: „Mit dieser Truppe ist derzeit leider nichts anzufangen“. Die Welt

Rösler hat einen Plan für seine Partei Partei-Chef Philipp Rösler hat in diesen Tagen keinen leichten Job. 120 Tage machen nicht wett, was von zehn Jahren Guido Westerwelle im Parteivorsitz noch übrig ist. Tagesspiegel

Die Westerwellisierung des Herrn Rösler Nach dem Wahldebakel im Nordosten testet der FDP-Vorsitzende neue Slogans – eine alte Übung seines Vorgängers, den er einfach nicht los wird. Die Liberalen stehen vier Monate nach dem Führungswechsel noch schlechter da. FAZ

Positives Potenzial? Es ist unfair und in der Sache falsch, die Misere der Liberalen allein an dem Ex-Vorsitzenden Guido Westerwelle festzumachen. Bonner General-Anzeiger

Rettet die FDP! Um es mit Christian Lindner zu sagen: „You’ll never walk alone!“ Auch wir wollen die FDP vor dem Untergang bewahren – und nennen zehn Gründe, warum sie gerettet werden muss. Trotz allem. Stern

Ausgezehrte Liberale Es ist wie immer, wenn Bundesparteien nach verlorenen Landtagswahlen Stellung nehmen: Schuld sind angeblich nur die regionalen Themen. Der CDU kann man das noch halbwegs abnehmen, wird doch ihr Schweriner Spitzenkandidat, Innenminister Lorenz Caffier, maßgeblich für die ungeliebte Kreisgebietsreform im Nordosten verantwortlich gemacht. Märkische Allgemeine

Euro-Krise

Europas großer Wurf Die Europäische Union kämpft um ihre Existenz. Viele Deutsche sind verunsichert, wie es mit der Gemeinschaft weitergehen soll. Wie bei allen großen Entscheidungen möchte die FTD ihren Lesern eine klare Meinung darlegen, wofür diese Zeitung steht. Financial Times Deutschland

Die Euro-Zone tanzt am Abgrund Wer derzeit deutsche Staatsanleihen kauft, verliert de facto Geld: Die Renditen sind niedriger als die Inflationsrate. Eine fatale Entwicklung, die deutlich macht, dass die Märkte nicht mehr an die Euro-Zone glauben. Financial Times Deutschland

Ein anderes Europa In der Staatsschulden-Diskussion wird oft die Einführung gemeinsamer Schuldenfinanzierung zur Gretchenfrage erhoben: „Nun sag, wie hast du’s mit gemeinsamen Euro-Bonds?“ Die Politisierung des Themas macht eine sachliche Debatte schwierig. Wer Vorbehalte gegen Euroland-Bonds äußert, steht schnell im Verdacht mangelnder Solidarität. Wer sich hingegen für sie ausspricht, gilt rasch als Verfechter einer Union, in der es keine finanzpolitische Verantwortung mehr gibt und Schlendrian belohnt wird. Börsen-Zeitung

Alle Macht für Brüssel? Die Euro-Krise hört nicht auf. Nun fordern Politiker die „Vereinigten Staaten von Europa“, Notenbanker ziehen eine „echte Fiskalunion“ in Erwägung. Starker Tobak – gerade in Zeiten, da die Koalition über den Euro-Rettungsschirm streitet. Und doch: Das ist mutig und richtig. Aber es bedarf der Konkretisierung. Manager-Magazin

In Europa werden die Starken verachtet Auch auf europäischer Ebene sollten Leistung und Haftung zählen. Mit Solidarität allein kann ein vereintes Europa nicht gerettet werden. Die Welt

Zahnlos Eine Umschuldung oder der Austritt Griechenlands aus der Währungsunion kommt für die Bundesregierung nicht in Frage. Damit wird ihre Drohung mit dem Entzug der „Solidarität“ zahnlos. FAZ

Schwarz-gelbe Mehrheit für Euro-Hilfe wackelt SDie Kritiker im Regierungslager leisten Widerstand: Bei einer Probeabstimmung auf Fraktionsebene erhielt die Ausweitung des Eurorettungsschirms EFSF viele Gegenstimmen aus Union und FDP. SPD-Generalsekretärin Nahles sieht die Koalition vor einer „Zerreißprobe“. Bundestagsvizepräsident Solms plädierte für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone – und stellte sich damit offen gegen Merkel. Süddeutsche Zeitung

Banken im Kreuzfeuer Die Banken haben mitten in der europäischen Staatsschuldenkrise keine andere Wahl, als klare Verhältnisse zu schaffen: Transparenz ist das Gebot der Stunde. FAZ

Gesundheitswesen

Weiße Salbe Der neue Buhmann der Ärzteschaft heißt Jürgen Graalmann. Der designierte Chef des AOK-Verbandes hatte den Ärzten vorgeworfen, zu wenig für das erhaltene Geld zu arbeiten und Kassenpatienten zu lange warten zu lassen. Die Mediziner wüteten… Berliner Zeitung

Keine schnelle Lösung Es dürfte kein Zufall sein, dass sich Gesundheitsminister Daniel Bahr ausgerechnet jetzt um die Anliegen der Kassenpatienten kümmern will. Seine Freien Demokraten wissen, dass sie liefern müssen. Kürzere Wartezeiten bei Arztterminen sind tatsächlich wünschenswert. Bonner General-Anzeiger

Krankenkassen sollten Versicherte entlasten Der Gesundheitsfonds und die Krankenkassen haben Milliardenüberschüsse erzielt. Die Beitragszahler sollten daran beteiligt werden. Die Welt

Nur ein Papiertiger Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine bessere Patientenversorgung wird nachgesagt, in Wirklichkeit auf eine bessere Versorgung der Ärzte zu zielen. Diesen zweifelhaften Ruf will Gesundheitsminister Daniel Bahr nun offenbar vergessen machen. Lausitzer Rundschau

… one more thing!

Politik, plötzlich ganz einfach Umständlich, abgehoben und viel zu lang – Wahlprogramme versteht üblicherweise kein Mensch. Am allerwenigsten jene mit Leseschwächen. SPD, Grüne und Linke haben ihre Programme deshalb für die Wahl in Berlin vereinfacht. Die konservativ-liberale Konkurrenz sieht keinen Grund nachzuziehen. Grund: Ihre Programme seien ohnehin verständlich. Ein Beispiel gefällig? Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Klarmachen zur politischen Wende Schwarz-Gelb ist gescheitert. Grundtugenden wie Ehrlichkeit, Berechenbarkeit und Anstand wurden verraten. Kaum vorstellbar, dass sie verspieltes Vertrauen zurückgewinnt. Frankfurter Rundschau

Zweitklassig im Nordosten Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern wird die neue Regierung den Bürgern unangenehme Wahrheiten sagen müssen. Aber kann es eine Politik geben, die bewusst auf Verzicht setzt, auf Zweitklassigkeit? Können das Sozialdemokraten? FAZ

Klappe halten, liefern! Die FDP unter Westerwelle war die beste Oppositionspartei seit Jahrzehnten. An der Regierung versagen er, seine Partei und auch die neue Führung. Ihre Schwäche kommt zur Unzeit, nie wäre liberales Denken in der Politik wichtiger als heute … Die Welt

Büchse leer Neues Debakel, neuer Aufrappelversuch: Nach der Wahlschlappe in Mecklenburg-Vorpommern will die FDP sich vermehrt um „Brot-und-Butter-Themen“ kümmern. Das heißt: Die Liberalen wollen wie eine Stulle sein, ein bisschen trocken, aber wenigstens ehrlich – und keine schwer verdauliche Beilage. Dabei ähnelt die Partei inzwischen nur noch einer Vesperbüchse mit ein paar Krümeln drin. Süddeutsche Zeitung

Nehmt die Wähler wieder ernst! Ist ein Parlament überhaupt noch der legitime Vertreter des Volkes, wenn jeder Zweite nicht an die Urne geht? Und alte Prinzipien und Wählerversprechen? Werden – wie bei der Euro-Krise – im Wochenrhythmus einkassiert. Kein Wunder, dass immer mehr Bürger auf ihr Wahlrecht verzichten. BILD

Ackermanns guter Fingerzeig In Zeiten abrauschender Börsenkurse werden alle möglichen Schuldigen ausgemacht: Spekulanten, Hochfrequenzhändler, Hedge-Fonds. Der Hinweis Josef Ackermann ist deshalb völlig richtig: Auch konservatives Anlegerverhalten verstärkt die Krise. Financial Times Deutschland

Hang on to your purse, Ms Merkel Rather than lambasting her, Europe should be glad there is a calm and cautious leader in Berlin Financial Times

China’s spilled secrets A remarkable YouTube video shows how hard it is to maintain control in a wired world. Los Angeles Times

Did Osama Win? Bin Laden hoped to provoke a civilizational war between Islam and the West. And we took the bait. Newsweek

The Recovery Ten years later, lower Manhattan has come roaring back. Newsweek