Union, Europäischer Rat & Finanzmärkte

Schleichendes Gift, so könnte man die Berichte nennen, die immerfort auf Merkels Art zielen, nicht demonstrativ Führung zu übernehmen, sondern abzuwarten, bis der aus ihrer Sicht günstigste Zeitpunkt zur Durchsetzung eigener Interessen gekommen ist. Tagesspiegel

Umfragewerte sind zwar immer nur Momentaufnahmen. Aber der Trend ist stabil. Er ist für beide schlecht. Deshalb glauben sie, sich auf Kosten des jeweils anderen profilieren zu müssen. Das könnte sich bitter rächen. Dann nämlich, wenn im Zuge der Finanzkrise neue Herausforderungen zu meistern sind. Rheinpfalz (Print)

Die Kanzlerin selbst glänzt immer noch mit robusten Umfragewerten. Eigentlich müsste die Union mit diesem Pfund wuchern. Doch wenn CDU und CSU jetzt nicht aufpassen, liegt ihr Wahlkampf in Trümmern, bevor er richtig begonnen hat. Weserkurier

Die alte CDU beschleicht immer mehr ein Verdacht: Diese Kanzlerin ist nicht von ihrem Fleisch. Pragmatisch. Unorthodox. Flexibel. „Eher beliebig“ entgegnen die Traditionalisten in der Partei. Und in der Tat: An ihrer gestrigen Kapitalismuskritik hätte jeder Dozent des Parteilehrjahrs seine Freude. Dennoch hat sie recht. Die Reihe schwerer, rasch aufeinander folgender Krisen muss zum Umdenken zwingen. Thüringer Allgemeine

In der Krise findet sich Europa unversehens in einer Lose-lose-Situation wieder. Entweder Obamas Giganto-Experiment gelingt – dann muss Europa den Vorwurf entkräften, sich auf Amerikas Kosten saniert zu haben. Oder es misslingt, dann wird Europas Hasenfüßigkeit dafür verantwortlich gemacht. Tagesspiegel

In Berlin und Brüssel das gleiche Bild: Statt Einigkeit zu demonstrieren, verzetteln die politischen Entscheidungsträger ihre Kräfte durch Profilierungskämpfe. Dabei können sich die bisherigen Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise vor allem auf nationaler Ebene durchaus sehen lassen. Neue Osnabrücker Zeitung (Print)

Menschen in Prag, Warschau oder Budapest fühlen sich schon wieder wie Europäer zweiter Klasse. Sie erwarten zu Recht vom reichen Westen mehr Solidarität: Wer in guten Zeiten ordentlich an den neuen Mitgliedstaaten verdient hat, sollte an schlechten Tagen nicht vergessen, dass sie nicht nur Kunden, sondern Partner sind. Handelsblatt

Die Kanzlerin könnte vermutlich manches grundsätzliche Argument gegen den Konjunkturgigantismus amerikanischen Stils vorbringen. Laut wird sich Frau Merkel hierzu ungern äußern, um nicht als Kritikerin der amerikanischen Regierung verstanden zu werden. Wenn deren Druck auf Deutschland nicht nachlässt, wird sie aber nicht umhinkommen, die deutsche Zurückhaltung besser zu begründen. FAZ

Wie wichtig ein abgestimmtes Vorgehen ist, zeigt die jüngste Aktion der US-Notenbank, die mit neuen gigantischen Summen im Bankensektor interveniert und – was neu ist – Staatsanleihen kauft. Was nichts anderes bedeutet als das Anwerfen der Notenpresse. Märkische Oderzeitung

Bernanke darf den Zeitpunkt für die notwendige Richtungsänderung nicht verpassen, will er verhindern, dass die nun ausgebrachte Saat für die nächste Blase aufgeht. Die Fed muss dann genauso entschlossen und kreativ handeln wie heute. Denn am ehernen Grundsatz der Geldpolitik ändert die Krise nichts: Nur knappes Geld ist gutes Geld. FAZ

Leitartikel

Die US-Notenbank geht volles Risiko, um die amerikanische Wirtschaft wiederzubeleben: Sollte die jüngste Finanzspritze nicht ausreichen, dürften weitere folgen. FTD

Außer Kontrolle: Die Hüter der Währung werfen mit dem Geld um sich, um das restliche Vertrauen in einen baldigen Aufschwung noch aufrechtzuerhalten. Süddeutsche Zeitung

As the global financial system is collapsing, leaders are unable to focus on the immediate crisis. Instead, they take refuge in projects that are years and decades away. New York Times

Heidi und der böse Peer. BILD

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit geht in Wien eine annähernd zweiwöchige Zusammenkunft zu Ende, die es in sich gehabt haben könnte, ja müsste. FAZ

Papst Benedikt wird die lautstarke Kritik an seinen Kondom-Thesen als oberflächlich, ungerecht und uninformiert betrachten – und sich davon herzlich wenig beeindruckt zeigen. WAZ

Lebenslang für den Inzest-Vater. Doch an Josef Fritzl ist nichts monströs, außer dass er einer von uns ist – er ist von allem nur ein wenig mehr als der Durchschnitt. Frankfurter Rundschau

How China sees the world. And how the world should see China. Economist