Steuerentlastungen, Schuldenbremse, Patientenverfügungen, Stasi-Unterlagen-Behörde

Schön, dass die große Koalition sich noch kurz vor Ende der Legislaturperiode auf steuerliche Entlastungen von mehr als zehn Milliarden Euro geeinigt hat. Großzügig und milde gestimmt wird der Steuerzahler über den Umstand hinwegsehen, dass der allergrößte Teil der Entlastungen vom Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben wurde, meint die Süddeutsche Zeitung.

Nun hält sich die fachliche Kritik an dem Konjunkturpäckchen III in Grenzen – schließlich hat die Koalition schon Zweifelhafteres, vor allem Teureres in der Krise auf den Weg gebracht. Besorgniserregend ist vielmehr das Prinzip. […] Auf der Zielgeraden dieser Großen Koalition fällt Zurückhaltung, auch ein „Nein“ an passender Stelle, immer schwerer. […] Das werden noch teure vier Monate bis zum Wahlabend, befürchtet die Thüringer Allgemeine.

Die Schuldenbremse im Grundgesetz, die am Freitag auf der Tagesordnung des Bundestages steht, ist nicht irgendein, sondern der entscheidende Treffer ihrer Regierungszeit. Endlich der Ausstieg aus einer Spirale der Unverantwortlichkeit, die in den 70er-Jahren begann und die die kommenden Generationen bereits mit unvorstellbaren 1,5 Billionen Euro belastet. Vor allem mit deren Zinsen, urteilt die Rhein-Zeitung (Print).

Wenn der SPD vier Tage vor der entscheidenden Abstimmung im Bundestag einfällt, dass sie ein Gesetz nicht so, sondern anders haben will, dann ist dies ein Rauchzeichen, das auf mächtig Feuer unterm Dach schließen lässt. Es ist jedoch absurd, wenn die Finanz- und Wirtschaftskrise als Argument dafür herhalten muss, dass den Ländern jetzt doch weitere Verschuldung erlaubt sein soll, so die Süddeutsche Zeitung (Print).

Politik und Gesellschaft müssen umdenken. Dafür gibt es jetzt eine einmalige Chance. Nur wenn Bund und Länder die Kraft aufbringen, eine strikte Schuldenbremse im Grundgesetz festzuschreiben, besteht Hoffnung, dass Etatdisziplin einkehrt, meint die Stuttgarter Zeitung (Print).

Der Bundestag erlebte einen peinlichen Moment der Parlamentsgeschichte. Die für Donnerstag geplante Abstimmung über mehrere Gesetzentwürfe zur rechtlichen Gültigkeit von Patientenverfügungen wurde von der Tagesordnung genommen. Es gab keine Einigkeit darüber, über welchen Antrag als erstes abzustimmen sei. Theoretisch könnte das Thema demnächst wieder verhandelt werden – doch da sich die Legislaturperiode ihrem Ende entgegen neigt, kann die Verschiebung auch der Todesstoß für die mittlerweile vier vorliegenden Gesetzesinitiativen gewesen sein, so die Lausitzer Rundschau.

Es ist die Pflicht des Parlaments, Rechtssicherheit für betroffene Bürger und Ärzte in dieser existenziellen Frage zu schaffen. Geschätzte zehn Millionen Menschen, die schon eine Verfügung verfasst haben, möchten wissen, wie verbindlich und unter welchen Bedingungen ihr letzter Patientenwille gilt. Die Aufhebung des Fraktionszwangs schützt leider nicht vor taktischen Spielchen, wie sie jetzt zur Absetzung des Themas von der Tagesordnung geführt haben. Wiesbadener Kurier (Print)

Ein Gesetz in der Tat dringend notwendig. Die unklare Rechtslage führt immer wieder zu teilweise grotesk anmutenden Fehlentscheidungen auf ärztlicher wie juristischer Seite, urteilt die FAZ.

Es geht um Würde in der Debatte über Patientenverfügungen, und um Mündigkeit. Man kann darüber streiten und zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Aber man sollte diese Debatte endlich führen und sich nicht mit politischem Taktieren davor zu drücken versuchen, fordert der Tagesspiegel.

Es gibt kein starkes Argument, die Stasi-Überprüfung früherer Bundestage abzulehnen. Sie würde zutage fördern, dass auch der eine oder andere Parlamentarier verführbar war – jenseits jener Hand voll, von der man es schon weiß. Außerdem würde sie den Blick auf das Wesentliche lenken. Das Wesentliche ist nicht das individuelle Versagen, sondern die Arbeitsweise der Staatssicherheit, meint die Mitteldeutsche Zeitung.

Der Ohnesorg-Fund zeigt, dass Ost und West vor der Wende mehr miteinander verwoben waren, als mancher heute wahrhaben will. Das wiederum bedeutet, dass dieser Fund ein beeindruckendes Plädoyer dafür ist, immer wieder den klaren Aufklärungswillen zu formulieren. Die Birthler-Behörde gehört nicht zu den Akten, die Birthler-Akten nicht ins Bundesarchiv, so die Schweriner Volkszeitung.

Ärgerlich ist, dass die Behörde durch unprofessionellen Umgang mit sensiblen Themen – der Fall Kurras ist nur eines davon – immer wieder selbst die Existenzfrage herausfordert. Sie spielt denen in die Hände, die die Institution lieber heute als morgen abwickeln würden, aus unterschiedlichen Gründen, befürchtet der Tagesspiegel.

Grund dieser Behördenmisere ist eine Struktur, die vom unseligen DDR-Wirtschaftslenker Günter Mittag stammen könnte. Da widmet sich ein Leitungsbüro dem Aufgabenfeld „Gesamtbehördlicher Grundsatz; Protokollangelegenheiten“, da gibt es Referate für Beschaffung, Haushalt, Organisation, Personalentwicklung, Zentral- und Verwaltungsaufgaben oder Grundsatzangelegenheiten. Nur eine kleine Minderheit der 1.700 Birthler-Mitarbeiter befasst sich mit der Kernaufgabe Aktenerschließung, bemängelt die Leipziger Volkszeitung (Print).

Leitartikel

Spitzel im öffentlichen Dienst, Unterstützung der Roten Armee Fraktion und nun der Fall Kurras – der Einfluss des SED-Regimes auf die Bundesrepublik war nicht klein. Vieles ist heute schon wieder weitgehend verdrängt. FAZ

Die alten Kämpen klammern sich an ihren Mythos. Was ändert Kurras an 68? Die Welt

Was machen die da eigentlich in der Stasi-Unterlagen-Behörde? Die Frage mag berechtigt sein, wenn brisante Enthüllungen nur durch Zufall möglich sind. Wenn aber Gregor Gysi diese Frage aufwirft, dann lacht man sich zuerst kaputt – und wird dann richtig wütend. BILD

Das Gesetz zur Patientenverfügung wird wohl scheitern. Das schadet nichts. Der Mensch ist keine Maschine, für die es eine Gebrauchsanweisung zum Leben und Sterben gibt. Frankfurter Rundschau

Die Bombe als Lebensversicherung: Nordkoreas Diktator Kim Jong Il ist so schwach, dass er versucht, sich mit seiner Säbelrasselei zu stabilisieren. Süddeutsche Zeitung

Natürlich hat auch dieser Absturz einmal ein Ende. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Weltwirtschaft danach ähnliche Wachstumsraten erreicht wie vor der Krise. Financial Times Deutschland

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Deutschland nach Hilfe für die Milchbauern ruft. Schließlich setzt sich die Bundesregierung sonst gern für die Marktwirtschaft und gegen Subventionen ein. Handelsblatt

President Obama has taken former rivals and has joined them in the holy bonds of mutual fantasy. He has taken a divided nation and has given us photo-ops to bind us and remind us of our common humanity. Business lies down with government. Management embraces labor. You call it what you will; I call it beautiful. New York Times