Koalitionsausschuss, Energiepreise, Genmais

Die SPD begibt sich in genau jenen Steuerwettlauf mit Union und FDP, den sie aus finanziellen, aber auch aus grundsätzlichen Überlegungen einst so strikt abgelehnt hatte. Die 300 Euro Lohnsteuerprämie, die die SPD im Wahlkampf verheißt, sind aber nichts anderes als eine Steuererleichterung für Menschen mit kleinen Einkommen, die auch von einem reduzierten Eingangssteuersatz profitieren sollen, so die Süddeutsche Zeitung.

Bildlich gesprochen soll die SPD ihre Eiswaffel bekommen – aber nicht vor Publikum, sondern am Seitenfenster des Salons. Das wäre gut in der Sache, aber blöd für den Wahlkampf der Genossen, die der Regierungschefin Untätigkeit in der Finanzkrise nachweisen wollten. Noch ist nicht entschieden, wie das Koalitions-Stratego ausgeht. Aber es zeigt, dass inzwischen jede Entscheidung von Schwarz-Rot durch wahltaktische Motive geleitet wird, meint die Frankfurter Rundschau.

Der bizarre Streit um die Notwendigkeit und den Termin für eine neue Runde des Koalitionsausschusses zeigt das ganze Elend einer Regierung, die nur noch fünf Monate bis zu dem Wahltag vor sich hat, der die Zwangsehe nach aller Beteiligten Willen beenden soll. Das Regieren einstellen, ganz auf Wahlkampf umschalten, das ist nicht vermittelbar. Schon gar nicht in Zeiten der Krise, befindet die Schweriner Volkszeitung.

Fieberhaft suchen die Parteien deshalb nach Rezepten, die sie als Wohlfühl-Pakete öffentlichkeitswirksam vermarkten können. Die Union will vor allem vermeiden, dass sie wie im Wahlkampf 2005 in die soziale Falle der Sozialdemokraten tappt. Deshalb fallen die Forderungen nach gesellschaftlichen Wohltaten aus dem Arbeitnehmerflügel der Partei immer stärker ins Gewicht, so die Leipziger Volkszeitung (Print).

Wenn der Öl- oder Gaspreis sinkt, kommt dies erst mit einer beträchtlichen Verzögerung bei den Endverbrauchern an. So lange es geht, sahnen die Versorger in diesen Situationen erst einmal ab. Das belegen die jüngsten Überprüfungen beim Strom und Gas wieder einmal deutlich. Auf allen drei Märkten funktioniert der Wettbewerb nur mit Einschränkungen. Das ist der Knackpunkt, findet die WAZ (Print).

Man kann sich über das Abkassieren aufregen. Man darf es auch und sollte es sogar. Letztlich aber nützt die ewige Empörung nichts, wenn sie nicht zu politischen Konsequenzen führt, urteilt die Frankfurter Rundschau.

Immer die gleiche Masche. Steigt der Preis, verdienen die Gaskonzerne. Fällt er, verdienen sie noch besser. Der Kunde zahlt ja, er muss. Wenn die Politik nicht für mehr Konkurrenz unter den Gaskonzernen sorgt, schützt sie den Markt vor den Kunden. Auch wenn in Berlin heute jeder den Schutz vor zuviel Markt im Blick hat – zuwenig davon wird auch teuer, auf der Gasrechnung, so die Thüringer Allgemeine.

Dass es bei den Preisen Spielraum nach unten gibt, kann niemand ernsthaft bestreiten. Und die Politik? Sie sollte sich eingestehen, dass freundliche Appelle an die Gaswirtschaft allzu häufig ungehört verhallen. Und dass die Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes nicht zum gewünschten Wettbewerb geführt hat, ganz im Gegenteil, meint die Schweriner Volkszeitung.

Das Anbauverbot für gentechnisch veränderten Mais legt offen, wie es um Forschungs- und Innovationsfreudigkeit der Union in Wirklichkeit bestellt ist. Es reicht eben nicht, Innovationsgipfel oder Räte im Dutzend einzuberufen und Jahr für Jahr höhere Fördergelder auszuloben, wenn am Ende, auf wackeligste Gutachten gestützt, die wirtschaftliche Nutzung neuer Verfahren verboten wird. […] Und die im Wettbewerb behinderten Bauern wissen: Die CSU wird im Zweifel stets gern für neue Subventionen Sorge tragen, urteilt die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

In Deutschland stärken Gesetze die Rechte von Landwirten und Forschern. Doch solange die EU-Biopatentrichtlinie die Patentierung von natürlichen Züchtungsmethoden einerseits verbietet, andererseits mit schwammigen Formulierungen aber doch ermöglicht, wird kein Frieden einkehren zwischen Demonstranten und Patentprüfern. Politiker sollten sich noch einmal an das Thema wagen und Patente auf Pflanzen wie Tiere eindeutig ausschließen. Denn auch das fetteste Zuchtschwein ist keine Maschine, so die Süddeutsche Zeitung.

Leitartikel

Nordkorea jagt die UN-Inspektoren aus dem Land. Auch Iran hält an seiner Nuklearpolitik fest. Obama aber spricht von einer atomwaffenfreien Welt. Die netten Töne des neuen Präsidenten finden wenig Wiederhall. Wie lange kann er diese Strategie noch verfolgen? FAZ

Die amerikanische Wirtschaftspolitik wird einen allgemeinen Preisverfall nicht zulassen. Möglicherweise kehrt die Inflation zurück – auf Umwegen. Kalter Hauch der Deflation. Finacial Times Deutschland

Nüchtern lässt sich feststellen, dass die USA unter Obama einer Politik folgen, die Steinmeier schon zu Zeiten des George Bush formuliert hat… Steinmeier kann nach einem Telefonat mit Obama während des US-Wahlkampfes und einem Treffen in Berlin aber nicht ernsthaft für sich in Anspruch nehmen, als Ideengeber für den Amerikaner fungiert zu haben… Klar ist, das Steinmeier sein Heil in der Innen- und Wirtschaftspolitik wird suchen müssen. Ein Quentchen Steinmeier in Obama zählt da nicht. Wie viel Obama in Steinmeier steckt dagegen schon. Süddeutsche Zeitung (Print)

Wer Israel helfen will, muss die neue Regierung zum Frieden zwingen – und ihr mit Sanktionen drohen. DIE ZEIT

Statt dem Verhängnis, der großen Krise, gemeinsam zu widerstehen, redet sich Deutschland erst so richtig hinein – sie wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Den Schwätzern folgen die Manager, sie übergeben dem Rotstift die Macht. STERN

So wie die Justiz mit einer Sängerin umgeht, gilt die bereits als Überträgerin des HI-Virus. Ob das Strafrecht zur Aids-Prävention taugt, ist zudem umstritten. Frankfurter Rundschau

Wenn schwere Straftaten Privatsphäre sind, kann die Presse über nichts mehr berichten. Dann kann man die Pressefreiheit auch gleich abschaffen. BILD

Rigoroses Vorgehen ist der Feind der Integration. Wo alle Überzeugungsversuche scheitern, ist – in diesen Fällen – einfach Toleranz angesagt. WAZ

We need to understand that pirates are not just security threats but a systemic threat. Each weakly answered pirate affront erodes the public’s confidence in the West’s promise of an ordered world. The erosion is persistent and cumulative. Wall Street Journal