SPD-Wahlprogramm

Dieses Jahr bringt für die deutschen Volksparteien etwas Neues.
Erstmals seit Kriegsende müssen sie in einer desaströsen Wirtschaftslage wahlkämpfen. Niemand vermag zu sagen, wie schlimm die Folgen der Geldmarktkrise am Ende sein werden. Wie soll eine Partei da für sich werben, fragt die Süddeutsche Zeitung(Print).

Wie viel Steinmeier steckt im linksgerutschten Wahlprogramm der SPD? Auf diese Frage wird es vielleicht erst nach der Bundestagswahl klare Antworten geben, vermutet die FAZ.

Der SPD-Spitze ist etwas gelungen, worum sie ihr Regierungspartner CDU in diesen Tagen beneiden mag: Geschlossenheit, findet Die Welt.

Mit gebremstem Mut und Charisma, wie es ihrem Kanzlerkandidaten entspricht, aber immerhin: Die Sozialdemokratie entdeckt an der einen oder anderen Stelle ihre Grundsätze wieder, meint die Frankfurter Rundschau.

Die Menschen vertrauen auf einen starken Staat, der sich, in Amerika wie in Europa, als einziger Rettungsanker erwiesen hat. Das spricht für die SPD. Genau dafür wirbt auch Steinmeier, wenn er einen Neustart der sozialen Marktwirtschaft propagiert, so der Tagesspiegel.

Mit dem Wahlprogramm versucht Steinmeier den Spagat zwischen Agenda-Politik, die er konzipiert hat, und Versöhnung mit der Partei. Es habe „Kante“, sagt Steinmeier, urteilt das Handelsblatt.

Wer so tief im Keller sitzt wie die SPD, muss umso lauter pfeifen. Genau das hat die SPD bei der Steinmeier-Krönungsmesse getan. Die Inszenierung wollte Obama sein, der Redner ein bisschen Schröder, das Wahlprogramm klang allerdings sehr nach Siebzigern und wenig nach Zukunftsentwurf, befindet die Rheinische Post.

Auch Angela Merkel wurde einst sträflich unterschätzt. Heute hat sie einen großen Sympathievorsprung. Mehr Staat wagen, aber die Mitte nicht preisgeben, lautet die Devise. Eine Strategie, mit der die Sozialdemokraten möglichst wenige Wähler verprellen wollen, so die Märkische Allgemeine Zeitung.

Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass da zwei an der Spitze der Sozialdemokratie stehen, die so gar nicht zu dem Programm passen, das am Wochenende entworfen wurde. Anders gesagt: Die SPD bedient damit die Klischees von gestern und gibt gleichzeitig ihre alten Fahrensleute als Newcomer aus, meint der Bonner General-Anzeiger.

Die große Leistung des gebürtigen Westfalen ist es, die bis vor einem Jahr zerstrittene Partei wieder geeint zu haben. So trägt auch das Wahlprogramm seine Handschrift und ist ganz auf seine Person zugeschnitten, urteilt der Mannheimer Morgen.

Das Dilemma der SPD besteht darin, dass sie ihr Programm weder mit der Union noch mit der FDP, sondern höchstens mit den Grünen und der Linkspartei umsetzen könnten. Will Steinmeier Kanzler werden, bräuchte er die Stimmen der Gysi-Lafontaine-Linken. Aber auf genau die will er verzichten. Sagt er jedenfalls, so die Ostsee-Zeitung.

Im bevorstehenden Bundestagswahlkampf könnte etwas passieren, was bis vor Kurzem noch völlig unmöglich schien: Die Wähler haben wieder eine echte Wahl, meint die FTD.

Leitartikel

Dieses Wochenende war der Startschuss zu einer Aufholjagd. Ob sie gelingt? Es ist jedenfalls bemerkenswert, wie die SPD ihr Glück erzwingen will: Planvoll, professionell, peppig. Die Schlüsselfigur heißt nicht etwa Frank-Walter Steinmeier, sondern Franz Müntefering. WAZ

Fünf Monate vor der Bundestagswahl hat die SPD als erste Partei den Kampf um die Macht begonnen. Sie hat ein Programm, das ohne Flügelkämpfe beschlossen wurde – und sie hat einen Kandidaten, der mit offenem Visier die Machtfrage stellt. BILD

Was passt zu Steinmeier, mit welcher Strategie kann die SPD wieder Wahlen gewinnen, wie bringt sie beides in Einklang? Die feste Größe im Wahlprogramm ist der Kanzlerkandidat, die Variable die Strategie. Noch nicht beantwortet ist die Frage, ob die Linkspartei verdrängt oder eingebunden werden soll. FAZ

Steuerflucht – Kavaliersdelikt am Ende. Die Wirtschaftskrise hat schon manch außergewöhnliche politische Aktion provoziert. Jetzt widerlegt sie auch noch eine der letzten Gewissheiten des politischen Geschäfts: dass eine Koalition wenige Monate vor der Bundestagswahl nichts als Wahlkampf macht. Financial Times Deutschland

Der Amerika-Gipfel ist ein Wendepunkt im Verhältnis der USA zu Lateinamerika. Mehr als Wohlfühl-Präsident Obama trägt dazu eine spürbare Machtverschiebung bei. Frankfurter Rundschau

Weite Teile Lateinamerikas wendeten sich in der Bush-Ära von den USA ab. Jetzt gibt es einen Stimmungswandel: Barack Obama fand die richtigen Worte bei seinem ersten Amerika-Gipfel. Süddeutsche Zeitung

Alle einstigen „Schurken“ auf der weltpolitischen Bühne, die nicht schnell genug auf den Bäumen sind, werden derzeit mit Angeboten Barack Obamas zu Neuanfang und Dialog überrascht. Ob der Iran, Kuba oder Venezuela – der neue US-Präsident scheint über alles zu reden bereit. Die Welt

Gesetzlicher Mindestlohn und Lohnsteuer-Bonus: Damit will die SPD im Bundestagswahlkampf punkten. Der Wettlauf um Wähler-Wohltaten ist eröffnet. Doch die anderen Parteien stehen der Sozialdemokratie in nichts nach. Wirtschaftswoche

Obama derangement syndrome. The president is driving some people mad. That may be to his advantage in the short term… Ecconomist