Horst Seehofer fährt gern seine Ellenbogen aus – auch gegen Angela Merkel. Das sorgt, vor Klausurtagung und Parteitag, für einige Unruhe in der Union. Tagesspiegel
Es ist schlicht unverantwortlich, wie Seehofer und seine Leute derzeit daran arbeiten, die traditionsreiche Europapartei CSU in eine Kampfgemeinschaft der Anti-Europäer umzumodeln. Verantwortliche Politik würde darin bestehen, die sich verbreitende europakritische Gesinnung aufzugreifen und ihr entgegenzuarbeiten. Berliner Zeitung
Die Integration im Interesse Deutschlands vorantreiben, ohne Europaskeptiker zu vergraulen. Bislang hatte die CSU die Balance gehalten, doch dann kam Seehofer Handelsblatt
Wenn Bundestag und Bundesrat vor einer europäischen Entscheidung der Kanzlerin oder Ministern bindende Beschlüsse mit auf den Weg geben, brauchen diese gar nicht mehr nach Brüssel fahren. Man stelle sich vor, der polnische Präsident Lech Kazcynski wollte so etwas durchsetzen, welchen Aufschrei es bei uns gäbe. Da mag Seehofer noch so treuherzig versichern, ihm gehe es nicht um ein «imperatives Mandat« Nürnberger Nachrichten
Im Bermuda-Viereck von EU-Kommission, EU-Parlament, EU-Ministerrat und nationalen Parlamenten herrschen Unübersichtlichkeit und Demokratiedefizite. Deren Bekämpfung kann aber nicht auf Kosten des Funktionierens der Institutionen gehen. Seehofer, als Agrarminister selbst oft genug in Brüssel aktiv, ist das bewusst. Wie jeder Populist will er Show machen. Das Resultat ist zweitrangig. Kölner Stadt-Anzeiger
Merkels Erfolg lebt davon, dass sie allzu ehrgeizige Mitstreiter auf Dauer ins Leere laufen lassen konnte. Diesmal aber könnte ihr dafür die Zeit bis zum 27. September knapp werden. Seehofers Obsession entwickelt sich zu Merkels größter Hypothek im Wahlkampf. Süddeutsche Zeitung (Print)
Europa ist unser Schicksal. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag ist nun der Gesetzgeber gefragt. Er muss die historische und politische Verantwortung Deutschlands bedenken, schreibt Hans-Dietrich Genscher im Tagesspiegel
Energiepolitik
Nabucco-Pipeline und Solarstromanlage Desertec sind konkrete Utopien, die Europa weiterbringen können. Die Welt
Die Politik muss mithelfen, damit das Wüstenstrom-Projekt Desertec ein Erfolg wird – und zwar mit Zuschüssen, Steuererleichterungen und zuverlässigen Rahmenbedingungen. Süddeutsche Zeitung
Die Oper Nabucco handelt von der alttestamentarischen Geschichte der Befreiung der Israeliten aus babylonischer Gefangenschaft. Steht die Pipeline Nabucco nun symbolisch für die Befreiung aus russischer Gas-Knechtschaft? FAZ
Sehenden Auges hatte man sich in die energiepolitische Abhängigkeit von ziemlich unsicheren Kantonisten begeben. Das betrifft gleichermaßen die Russen wie die Saudis, die Iraner wie die Iraker. Erst der unsägliche Streit zwischen Moskau und Kiew über Preise und Gasklau hat zum Umdenken geführt. Nun kann es nicht schnell genug gehen. Thüringer Allgemeine
Nabucco und Desertec. Doch nur eines davon weist in die Zukunft. Tagesspiegel
Solarenergieprojekt Desertec. Eine Chance für die brachliegende EU-Mittelmeerunion Die Zeit
Rentenpolitik
So gut wie es der heutigen Rentnergeneration geht, lief es für keine in der Vergangenheit. Und alle Jüngeren werden mehr Lasten zu schultern haben, an sie werden weniger Wohltaten verteilt. Darauf hat die Deutsche Rentenversicherung Bund hingewiesen: An Rente können Männer, die zwischen 48 und 52 sind, sechs Prozent weniger erwarten als alte Menschen heute. Kölnische Rundschau
Die Rente bleibt eine Baustelle Bei der gesetzlichen Altersvorsorge stellen sich ganz andere Probleme als die, über die sich die Parteien künstlich erregen Handelsblatt
Die Beschäftigungsquote der 55- bis 65-Jährigen steigt seit Jahren. Allem Anschein nach hat der Fachkräftemangel der vergangenen Jahre vielerorts dazu geführt, dass die Qualitäten älterer Mitarbeiter nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch im Alltag höher geschätzt werden. Wer angesichts zweistelliger Milliardenlöcher in der Arbeitslosenversicherung trotzdem die Rückkehr zur alten Frühverrentungspraxis fordert oder die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre infrage stellt, der handelt unverantwortlich. FAZ (Print)
Die Ruhe an der Rentenfront, die sich die Koalition vor der Wahl wünschte, ist dahin. Die Rentengarantie ist nicht nur überflüssig, sie ist schädlich, denn sie suggeriert eine Sicherheit des Rentenniveaus, die keine Regierung geben kann. Generalanzeiger Bonn (Print)
Allerdings ändern an dem späteren Eintritt in den Ruhestand werden alle Zahlenwerke und zugesagten Überprüfungen nichts. So machten die Koalitionäre gestern schon deutlich, dass sie keineswegs die Meinung teilen, dass die Älteren schon im Aufschwung schlechte Karten auf einen Job hatten und sich dies in der Krise weiter verschlechtert haben dürfte. Die Entwicklung sei weiter relativ günstig, hieß es. Neue Ruhr Zeitung
Es ist unwahr, dass es den Jüngeren schadet, wenn heute eine Rentengarantie ausgesprochen wird. Die aktuellen Beitragszahler könnten von der Garantie stärker profitieren als aktuelle Rentner. taz
Mord an Ägypterin
Irans Präsident Ahmadineschad fordert nach dem Mord an einer Ägypterin in Dresden Sanktionen gegen Deutschland. Dabei sitzt er selbst im Glashaus: Regelmäßig wird Iran grober Menschenrechtsverletzungen beschuldigt. FAZ
Nach dem Mord an einer Ägypterin in Dresden wächst in der islamischen Welt die Wut auf Deutschland. Das ist gefährlich. Doch die Regierung reagiert zu lasch. Süddeutsche Zeitung
Das Rätsel von Dresden. Egal ob Hoyerswerda oder Mügeln, Solingen oder Mölln – normalerweise reagiert die deutsche Gesellschaft auf rassistische Übergriffe mit Abscheu und reflexhaften Verurteilungen von jedweder Ausländerfeindlichkeit. Anders diesmal in Dresden. Lausitzer Rundschau
Leitartikel
Wahlkampf – darf’s etwas mehr sein? Ob Rente, Kurzarbeitergeld oder Hartz IV: Politiker überbieten sich mit Versprechen. Damit gefährden sie ihre Glaubwürdigkeit – und den Konjunkturaufschwung. Financial Times Deutschland
Schließen sich in Demokratien Wahlen und Wahrheit aus? In gewisser Weise ja. Weil der Wähler grundsätzlich mehr von der Politik verlangt, als diese zu leisten imstande ist. BILD
Projekt Sonnen-Landung Desertec ist mehr als Wüstenstrom für unsere Steckdosen. In der Verbindung mit anderen alternativen Energien kann er zum Quantensprung für die Industriegesellschaften werden. Frankfurter Rundschau
Die Harmonie zwischen Kohle, Atom und erneuerbare Energien funktioniert nur solange letztere schwach sind. Das aber ist bald vorbei. Rasant fallende Preise, technicher Fortschritt, mehr Anstrengungen für den Klimaschutz: Vielles spricht für Erneuerbare, wenig für Atom und Kohle – übrigens auch von einem ethischen Standpunkt aus. Eine Stromversorgung, die gegenwärtige Generationen und deren Wohlstand begünstigt, künftige aber belastet mit Kohlendioxid und Atommüll, kann effizienten, erneuerbaren Energieformen nur unterlegen sein. Süddeutsche Zeitung (Print)
Selten zuvor stand die Frage nach der Energie der Zukunft derart im Fokus öffentlicher Debatten wie zurzeit. Die Pannen in Krümmel haben den Atomkraftgegnern Auftrieb gegeben und Ökostromanbietern einen Kundenansturm beschert. Hamburger Abendblatt
Nach der schweren Niederlage seiner Partei bei den Kommunalwahlen in Tokio hat Ministerpräsident Taro Aso die Flucht nach vorn angetreten und vorgezogene Parlamentswahlen angekündigt. Es kann sein, dass die ans Herrschen gewöhnte Liberaldemokratische Partei nach dem 30. FAZ (Print)
Die Mittelmeerunion funktioniert noch nicht, kein Mut zum Auswärtsspiel Die Welt
Besorgniserregend ist es, wenn sich immer mehr Menschen trotz ernsthafter medizinischer Probleme in die Arbeit schleppen. Unsere Wirtschaft kann sich einen fahrlässigen Umgang mit der Ressource Mensch nicht leisten, zumal aufwändige Folgebehandlungen verschleppter Krankheiten die Sozialsysteme belasten. AZ München
China is now an empire in denial. As things stand, activists campaigning for Xinjiang or Tibet look forlorn and defeated. Violent repression of separatism can be very effective for a while. But it risks creating the grievances that keep independence movements alive across the generations. Financial Times
America’s great hidden healthcare system. Many uninsured are eligible for programs that already exist — they just don’t know about them. Los Angeles Times
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