Bundespräsidenten-Wahl, McAllister, Frankreich & Nahost

Aufräumarbeiten nach der Zitterpartie. Die schwarz-gelbe Koalition hat die Chance für einen Neuanfang verpasst. Einen Tag nach der schwierigen Wahl von Christian Wulff zum Bundespräsidenten suchen Union und FDP die Abweichler aus den eigenen Reihen – und einen Ausweg aus der Krise. Handelsblatt

Das Gift des Zweifels. Gefangen zwischen Enttäuschung und Wut steht für viele in der Union fest: Was bei der Wahl des Bundespräsidenten geschah, ist mehr als nur eine Warnung. Jetzt drängt die Frage: Wer ist Schuld am Debakel? Süddeutsche Zeitung

Und am Ende gewinnt immer Merkel. Die Präsidentenwahl war ein Desaster für Angela Merkel. Richtig ist aber auch: Sie hat ihren Kandidaten durchgesetzt – mal wieder. Die Welt

Heiße Tage für ein Bündnis ohne Basis. Gewitter bringen vielleicht Abkühlung. Für die Koalition aber nicht: Schwarz-Gelb hat bei der Bundespräsidenten-Kür in den zwei gescheiterten Wahlgängen einen Doppel-Sturm erlebt, der alles andere war als ein reinigendes Gewitter Nürnberger Nachrichten

Meuterei gegen Merkel. In der Union brodelt und gärt es nach dem Wahldesaster in der Bundesversammlung. 44 fehlende Stimmen aus dem Lager der Koalition im ersten Wahlgang haben Kanzlerin Angela Merkel deutlich gezeigt, dass es brennt in der CDU. Dabei ist niemand ernsthaft an Neuwahlen interessiert. Ein Erklärungsversuch Süddeutsche Zeitung

Abmahnung für Merkel. Das Debakel bei der Bundespräsidenten-Wahl schwächt die Regierungschefin. Im Arbeitsrecht würde man das wohl eine klare Abmahnung nennen. Eine Abmahnung für die Bundeskanzlerin.Wirtschaftswoche

Was Manager jetzt tun würden. Kommentar Nach der Blamage der Wahl des Bundespräsidenten droht der Koalition eine Lähmung aus Misstrauen. Das ist schlecht für die deutsche Wirtschaft: Denn eigentlich müsste das Berliner Führungspersonal jetzt mit Hochdruck an die Sanierung des Landes gehen – und neue Wege beschreiten. manager magazin

Wer ließ Merkel hängen? Nach dem Wulff-Wahl-Drama herrscht Kater-Stimmung bei Schwarz-Gelb. Die Kanzlerin wirkt so angeschlagen wie nie. Wer ließ Angela Merkel hängen? Bild

Eine Schuldige ist schon gefunden. Am Tag danach analysiert die schwarz-gelbe Koalition den Verlauf der Bundespräsidentenwahl. Ausnahmsweise sind sich CSU und FDP einig: Die Probleme hätten bei der CDU gelegen. Ein Name fällt besonders häufig: Angela Merkel. FAZ

Ein Menetekel. Für die Regierungskoalition, weil sie erst in der dritten Runde ihren Kandidaten durchbrachte. Für die Opposition war der Mittwoch ein Menetekel, weil sie in Wahrheit keinen eigenen Kandidaten hatte. Sie hat ein wenig Rabatz mit jemandem gemacht, den sie sich von der CDU entlieh. Sie hat damit gezeigt, dass sie sich auf politische Winkelzüge versteht. Deutlich wurde aber auch, dass sie keinen politischen Durchsetzungswillen hat. Das beste Beruhigungsmittel für die Regierung Merkel ist diese Opposition. Berliner Zeitung

Wer war’s? Wissen Sie, wer aus dem schwarz-gelben Lager gegen Christian Wulff gestimmt hat? Nein? Ist auch nicht so wichtig. Viel interessanter ist, wer am Schluss für ihn gestimmt hat. Womöglich haben ihm die Linken zu absoluten Mehrheit verholfen. Stern

Fahndung nach dem Störenfried. Leise Selbstzweifel übertönt die FDP mit Schuldzuweisungen: Viele Liberale sehen in Horst Seehofer den Schuldigen für die Schmach bei der Wahl. Der CSU-Chef wolle nicht nur den Liberalen, sondern auch der Kanzlerin schaden Süddeutsche Zeitung

Merkels Arbeitsstil frustriert die Unionisten. Die Stolperwahl des Bundespräsidenten hat tiefe Gräben in der Koalition offengelegt. Die Partner bezichtigen sich der Untreue, die Vorwürfe gegen Merkel häufen sich. Die Zeit

Konkurrenzlos schlecht. Dass Christian Wulff erst im dritten Anlauf zum Bundespräsidenten gewählt wurde, ist symptomatisch für das schwarz-gelbe Siechtum. Nahezu nichts in dieser unseligen Koalition gelingt auf Anhieb. Die Kanzlerin lernt eines aus dem Debakel: Die Gefährlichkeit der eigenen Leute ist manchmal größer als die des politischen Gegners. Süddeutsche Zeitung

Hätte, wenn und aber. Wenn Angela Merkel jetzt nach Südafrika zur Fußballnationalmannschaft reist, wird sie sicherlich mit Freude fahren. Weil es dort weit und breit keine Heckenschützen geben wird, keine leidigen Debatten über Führung, Koalitionskrise, Wahldebakel. Lausitzer Rundschau

Wulffs Schlappe wirkt nach. Eine knappe Niederlage im ersten Wahlgang hätte Angela Merkel mit einem kühlen Lächeln übergehen können. Bei diesem Ergebnis geht das nicht. Das war kein Warnschuss. Das war gezieltes Sperrfeuer. Und das Signal lautet: So geht es nicht mehr weiter! Tagesspiegel

Was zur Wahl stand – und steht taz

Unser kleiner Prinz. Christian Wulff ist zum zehnten Staatsoberhaupt der Bundesrepublik gewählt worden. Es gibt keinen Grund, dem Mann mit Ablehnung zu begegnen. Der einzige Vorwurf, den man ihm machen kann: Er ist wie wir Handelsblatt

Eine schwere Wahl. Das Land hat mit Christian Wulff wieder einen Präsidenten. Joachim Gauck kann jetzt für immer der Kandidat der Herzen bleiben. Aber hat die Koalition noch Lebenswillen? FAZ

Abbruch oder Aufbruch. Das beachtliche Echo auf die Kandidatur von Joachim Gauck hat vor allem eines gezeigt: die große Nachfrage nach echten Persönlichkeiten in der Politik. Nun bleibt es also einstweilen beim bekannten Personal. Märkische Allgemeine

Bürger Gauck. Seit Willy Brandt hat kein Politiker mehr so viel spontane Sympathie auf sich gezogen wie Joachim Gauck. Ihm gelingt, woran Merkel und Westerwelle beständig scheitern: Der Bürgerrechtler begeistert die Mitte der Bevölkerung. Seine Biografie und sein Redetalent allein können das nicht erklären. Süddeutsche Zeitung

Die Linke

Die tiefe Kluft im linken Lager. Ein Hitler-Stalin-Vergleich, lauthals ausgetragene Wortgefechte und gegenseitige Vorwürfe. Bei der Bundespräsidentenwahl offenbarte sich drastisch, welche tiefe Kluft das linke Lager teilt. Rot-rot-Grün ist erst einmal keine Option mehr. Handelsblatt

Vereint in der Opferrolle. Nur in der Opferrolle präsentiert sich die Linkspartei als Einheit, aber im Moment der strittigen Entscheidung flüchtet sie in die Enthaltung. Lange wird das nicht mehr reichen. Frankfurter Rundschau

Abschied von der linken Machtperspektive. Die SPD gefällt sich als neue bürgerliche Avantgarde. Der Graben zur Linken ist seit Gaucks Kandidatur tiefer geworden. Ist das der richtige Weg? Die Zeit

Linke, hört die Signale! Gauck wirkt nach: Wer im Bund regieren will, muss die historische Wahrheit ertragen. Das gilt auch für die Linke Tagesspiegel

Linker schockt mit Hitler-Stalin-Vergleich Bild

Causa Gauck entlarvt Rot-Rot-Grün als Illusion. Gauck ist der personifizierte Generalangriff auf die Lebenslüge DDR. Seit dem Wahlabend ist klar: Das rot-rot-grüne Lager ist eine Chimäre. Die Welt

Niedersachsens Ministerpräsident McAllister

Wulffs Ziehsohn. Wulffs Nachfolger David McAllister, der derzeit jüngste Ministerpräsident, wird viel Temperament nachgesagt. Wofür er politisch steht, ist indes nicht immer klar. Als Fraktionsvorsitzender konnte er Generalist sein – jetzt wird er sich in Einzelheiten festlegen müssen. FAZ

Der neue Wulff – ein Schotte! Bild

Die Kunst des Ungefähren. Welche Aufgaben auf den neuen niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister warten und warum es Christian Wulffs Thronfolger trotz seiner Bierzelt-Passion nicht leicht haben wird. Süddeutsche Zeitung

Schottischer Herrscher von Niedersachsen. Christian Wulff hat sein Haus gut bestellt: David McAllister, seit Donnerstag neuer niedersächsischer Ministerpräsident, gilt seit Jahren als politisches Talent. Der CDU-Mann konnte es sich sogar erlauben, Angela Merkel abblitzen zu lassen. Stern

Funktionär mit Gimmick, Niedersachsens neuer Politstar McAllister taz

Die neuen Töne. Manchmal sagen kleine Gesten mehr als viele Worte. So war es gestern auch im niedersächsischen Landtag nach der Wahl von David McAllister zum neuen Ministerpräsidenten. In der Mittagspause schenkte die SPD-Fraktion ihm einen Boxsack, auf den er einschlagen kann, wenn sich Ärger bei ihm angestaut hat. Hannoversche Allgemeine

Frankreich

Rohkost statt Champagner. Zahlreiche Skandale gefährden Frankreichs Regierung. Nun nimmt Präsident Sarkozy das verschwenderische Kabinett an die Kandare. Die opulenten Zeiten sind vorbei. Süddeutsche Zeitung

Sarkozy in der Vertrauenskrise. Nicolas Sarkozy hält seinem Arbeitsminister Eric Woerth die Treue, obwohl immer mehr für eine enge Verquickung zwischen Woerths Interessen als Spendensammler und seiner Rolle als Steuerfahnder spricht. Die Sozialistin sprechen von Korruption. FAZ

Pariser Sumpf. Es mag ja sein, dass Eric Woerth zum Schiedsrichter wie zum Feldspieler taugt. Aber beides zugleich geht eben nicht. Auch nicht in Frankreich Frankfurter Rundschau

Nahost

USA drängen Israelis und Türken zur Versöhnung. Ankaras Außenminister spricht in Brüssel mit Jerusalems Handelsminister – Die USA wollen die verhärteten Fronten aufweichen Die Welt

Sie reden wieder miteinander. Nach einem Monat diplomatischer Eiszeit treffen sich der türkische Außenminister und der israelische Handelsminister zu einem vorsichtigen Gespräch. Dennoch: Israels Außenminister ist empört. Ihm hatte niemand Bescheid gegeben. Süddeutsche Zeitung

… one more thing!!!

So stolz der Minister Brüderle auch ist, dass Deutschland nicht nur den Transrapid erfunden hat, sondern auch die Konjunkturlokomotive Europas ist, so geschickt umgeht er mögliche wirtschaftliche Gefahren. Was, wenn der chinesische Aufschwung endet – was die Märkte aktuell panisch fürchten – und die Exporte wegbrechen? Das von Brüderle für die EU geforderte strukturpolitische Frühwarnsystem wird keine Lösungen bieten. Genauso wenig hat Berlin wirtschaftsstabilisierende Vorschläge in petto, wenn es anders kommt als erhofft. Börsenzeitung

Leitartikel

Ein unbeschädigter Bundespräsident. Die Bundespräsidentenwahl hat abermals gezeigt, dass die schwarz-gelbe Koalition kein Traumpaar, sondern ein Zweckbündnis ist. Diesen Zweck, nämlich zu regieren, muss sie den Wählern baldmöglichst und glaubhaft vermitteln. FAZ

Keine Alternative. Es fällt in diesen Tagen leicht, zum Politikverdrossenen zu werden: Die Bundesregierung, die noch nicht einmal ein Jahr im Amt ist, bemüht sich derzeit fast täglich um den Nachweis, dass sie es nicht kann. Und die Opposition ist auch nicht besser Financial Times Deutschland

Der nächste Neustart. Merkels Stil der Sachlichkeit scheint an seinem Ende angelangt. Sie ist dem Schicksal ihres Vorgängers Gerhard Schröder schon gefährlich nah. Führung ist gefragt – auch wenn die Partner sich nicht führen lassen wollen. Kölner Stadt-Anzeiger

Politik mit Spaßfaktor, die Präsidentenwahl als Medienereignis AZ München

Was will die CDU? Noch vor einem halben Jahr ging es der NRW-CDU so gut wie der SPD schlecht. Heute ist es umgekehrt. Die SPD versammelt sich hinter Hannelore Kraft, die Ministerpräsidentin wird und Parteichefin und also mehr oder weniger unangefochten ist, selbst wenn eine Minderheitsregierung auch eine mindere Regierung ist. Und die CDU? WAZ

Politiker sind Volksvertreter. Menschen wie du und ich. Gewählt und mit Privilegien ausgestattet auf Zeit. Aber manchmal müssen sie auch erkennen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Bild

Geordnetes Chaos. Belgien soll die EU-Geschäfte führen und hat nicht einmal selbst eine anständige Regierung. Doch gemach, die Brüsseler sind verlässliche Europäer und geübt in der Konfliktbewältigung. Frankfurter Rundschau

Splintered solidarity has put global governance in a spin. Heady talk of a new international architecture is long behind us Financial Times

Where Theories of Warfare Go to Die. Obama, Petraeus, and the Cult of COIN in Afghanistan. Mother Jones

Cyberwar. It is time for countries to start talking about arms control on the internet Economist