Finanzpolitik, Kundus-Affäre, Nobelpreis, Klima & Finanzkrise

100.000.000.000 Euro, die Magie der runden Zahl: Der Bund plant, sich nächstes Jahr mit 100 Milliarden Euro zu verschulden. Von 2011 an soll das Defizit stetig zurückgeführt werden. Im selben Jahr will Schwarz-Gelb die Steuer nochmals kräftig senken. Wie das gehen soll, sagt die Koalition nicht. FAZ

Warum Carstensen hart bleiben muss. Es geht nicht an, dass der Bund Steuersenkungen beschießt und die Länder damit ruiniert. Handelsblatt

Atemberaubende Dimension. Angesicht der neuen Zahlen zum Haushalt 2010 kann die Koalition von Schuldenbeschleunigung sprechen. 100 Milliarden auf Pump, das ist Rekord in der Bundesrepublik. Die Krise allein kann als Ausrede dafür nicht herhalten. Kölner Stadt-Anzeiger

Sicherlich, in einer Wirtschaftskrise muss der Staat Geld in die Hand nehmen, um Arbeitsplätze zu erhalten und die Konjunktur anzukurbeln. Ebenso ist jeder Cent zusätzlich für Bildung auf den ersten Blick eine gute Sache. Aber eben nur auf den ersten Blick. Viel wichtiger wäre es, jedes Vorhaben zu überprüfen. Können gut verdienende Eltern nicht doch für einen Kita-Platz zahlen, zumal in diesen schwierigen finanziellen Zeiten? Hängt das Überleben der Hotels nicht eher von der Qualität als von einer Mehrwertsteuersenkung ab? Berliner Morgenpost

Die Zahl von 100 Milliarden Euro zeigt aber, dass es für zusätzliche Steuersenkungen keinerlei Spielraum gibt. Zwar streiten Ökonomen darüber, wie hoch die Wachstumseffekte aus Steuersenkungen sind. Einig sind sich aber alle darin, dass sich derartige Entlastungen maximal zu einem Drittel selbst finanzieren. Steuerentlastungen auf Pump verursachen also dauerhaft neue Löcher in den öffentlichen Kassen. Es ist nicht bekannt, dass sich Schäuble gegen diese unseriöse Finanzpolitik wehren würde. Berliner Zeitung

Schulden so hoch wie nie zuvor. Bund und Länder steuern im Zuge der Finanzkrise 2010 auf eine Rekordneuverschuldung von 144,5 Mrd. Euro zu. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigt sich mit Blick auf die Konjunkturerholung im nächsten Jahr vorsichtig optimistisch. Börsenzeitung

Kundus-Affäre

Zweierlei Aufklärung. Politiker sind der Öffentlichkeit so viel Aufklärung schuldig wie möglich, gerade im Fall des Angriffs von Kundus. Der smarte Karl-Theodor zu Guttenberg könnte diesen Auftrag noch nicht ganz verstanden haben Frankfurter Rundschau

Kunduz-Debatte neu entfacht! Guttenberg zu Blitz-Besuch in Afghanistan Bild

Guttenberg, der Getriebene. Er versprach Transparenz, doch neue Details zur Kundus-Affäre erfährt die Öffentlichkeit stets aus der Presse. Der selbst ernannte Aufklärer Guttenberg gefährdet seinen guten Ruf. Die Zeit

Guttenberg – Minister für Selbstverteidigung
. Nun sagt auch Minister Guttenberg, der Krieg in Afghanistan sei nicht zu gewinnen. Im ZDF war er der Ehrliche, der nicht dumm ist Süddeutsche Zeitung

Talibanjagen gehört zum Geschäft der KSK. Die bisher von der Regierung verbreitete Darstellung, es sei bei der Bombardierung im September vor allem darum gegangen, Tankwagen zu zerstören, ist nur ein Teil der Wahrheit. Gerade im Raum Kundus ging und geht es darum, Terroristen zu jagen und festzusetzen. Falls nicht anders möglich: zu töten. FAZ

Die Elite Einheit KSK
FAZ

Fatale Ausnahme. Der deutsche Oberst Klein griff bei seinem Befehl für den Luftangriff von Kundus auf eine ganz bestimmte Klausel in den Einsatzregeln zurück – deren Anwendung ist heikel Süddeutsche Zeitung

Wichtiger ist die Frage, was mit dem Angriff eigentlich bezweckt werden sollte. Offiziell heißt es, man habe das Lager vor einem Selbstmordanschlag mit den Benzinlastern schützen wollen. Inzwischen kursiert jedoch eine andere Version: Es sei nicht um Gefahrenabwehr gegangen, sondern um die gezielte Tötung von vier hochrangigen Taliban-Führern. Nürnberger Zeitung

Es steht inzwischen zweifelsfrei fest, dass der von der Bundeswehr befohlene Einsatz als hart am Rande eines Kriegsverbrechens zu bezeichnen ist. Das durch diplomatische Zurückhaltung bekannte Internationale Rote Kreuz spricht davon, dass die Bombardierung nicht mit dem Völkerrecht vereinbar war. Dies ist ein gravierender, ein alarmierender Befund. Deswegen ist eine schnelle parlamentarische wie auch juristische Aufklärung des Falles unabdingbar. Lausitzer Rundschau

Kundus – und immer neue Fragen. Nach und nach kommen die Details über den Luftanschlag auf zwei entführte Tanklaster ans Licht. Verteidigungsministerium und Bundeswehr müssen endlich Transparenz schaffen. taz

Nobelpreis für Barack Obama

Yes we can: Ein Satz bekommt Sinn. Barack Obama hat bei der Verleihung des Friedensnobelpreises nicht nur eine große Rede gehalten. Er hat eine Brücke zwischen Amerika und dem Rest der Welt geschlagen. Die Welt

„Ich habe keine Lösung für das Problem Krieg dabei“ Sichtlich gerührt hat US-Präsident Barack Obama den Friedensnobelpreis im Osloer Rathaus entgegengenommen. In seiner Nobel-Rede versuchte er den Spagat zwischen einem Nobelpreisträger, der sich für den Frieden einsetzt, und einem Präsidenten, der gerade die Aufstockung der amerikanischen Truppen in Afghanistan beschlossen hat. Handelsblatt

Mehr Krieg für den Frieden. Ausgerechnet bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises rechtfertigt Barack Obama den Krieg. Offenbar wollte der US-Präsident mit seiner Rede in Oslo den Gegensatz zwischen Kriegspräsident und Friedenspreisträger verringern. Gelungen ist ihm das allerdings nicht. Süddeutsche Zeitung

Ernüchterung in Oslo. In Obamas Rede war wenig von Visionen für eine neue, friedliche Welt zu hören – dafür viel von den Dilemmata des praktischen politischen Handelns, die den Präsidenten inzwischen eingeholt haben. Er ging fast schon an die Grenze dessen, was sich für eine Dankesrede ziemt. FAZ

Obamas gerechter Krieg. Er trat auf wie der Präsident des Planeten Erde. In seiner furiosen Rede hat US-Präsident Obama skizziert, wann ein Krieg gerechtfertigt sein kann – und damit an Glaubwürdigkeit gewonnen. Stern

Der Preis des Friedens. Erstmals in der Geschichte erhielt ein Staatsmann den Friedensnobelpreis als Vertrauensvorschuss. Damit hat sich die Stockholmer Jury keinen Gefallen getan. Denn Barack Obama baut inzwischen auf das Mittel Frieden durch Krieg. Kölner Stadt-Anzeiger

Hätte Obama wegen all dieser Zweifel den Friedensnobelpreis also gar nicht erst annehmen sollen? Solche Aussagen mögen für politische Feuilletons taugen. Die Kritik wäre auf ihn noch viel stärker eingeprasselt. Mit der Annahme der Auszeichnung signalisiert Obama: Ich will mir diese Ehre noch verdienen. Nürnberger Nachrichten

Ehrung ohne Nutzen. Sein Afghanistan-Kurs macht Obama zum Kriegspräsidenten. Doch ist er das Beste, was den USA und der Welt passieren konnte. Zuhause kämpft er aber gegen eine reaktionäre Opposition. taz

Accepting Peace Prize, Obama Evokes ‘Just War’. Formally accepting the Nobel Peace Prize in Oslo on Thursday, President Obama robustly defended the use of military force “on humanitarian grounds” and to preserve peace. New York Times

Obama may grow into his Nobel speech Washington Post

Acceptance Speech Fortsetzung des Video der Rede Teil 2Teil 3 und Teil 4

Remarks by the President at the Acceptance of the Nobel Peace Prize Text

Klimagipfel Kopenhagen

Milliarden für das Klima, nicht für die Banken. Der Ökonom George Soros will mit Geldern der Industriestaaten den Klimaschutz in Entwicklungsländern fördern. Kann das funktionieren? Die Zeit

Geld überwindet wundersam Widerstände – vor allem in der EU. Dieses bewährte Rezept wollen die Europäer vom Brüsseler Gipfel auf die Klimaverhandlungen übertragen. Sie locken die Entwicklungsländer mit Milliarden, um so eine Einigung in Kopenhagen zu erreichen. Der Erfolg bleibt ungewiss. Der Spiegel

Blamierte Vorreiter beim Klimaschutz. Eines vornweg: Wenn der Markt für CO2-Emissionsrechte zu einem Großteil auf Betrug basiert, ist das für das Klima zunächst ziemlich egal. Immens ist vor allem der Imageschaden, und der dürfte in den USA besonders groß sein Financial Times Deutschland

Klimwandel stoppen – sofort. Wir müssen jetzt endlich handeln, um die Energieerzeugung auf eine neue, klimafreundliche Basis zu stellen. In der Anfangsphase geht es nicht ohne Unterstützung vom Staat, später schafft der Markt allein die notwendigen Innovationen. Handelsblatt

Eisbärenliebe. So viel Gletscherschmelze war nie. Nur die Sport- und Auto-Seiten der Zeitungen sind unberührt vom Klimabewusstsein. Frankfurter Rundschau

Die Schattenmänner. Aus dem Hinterzimmer übers Internet auf die Straße: Blogger aus 13 Ländern heften sich den Verhandlungsführern ihrer Heimat an die Fersen – und lassen nicht locker, wenn diese den Gipfel bremsen. Süddeutsche Zeitung

Militanz und Eierkuchen. Der Protest der Mainstream-NGOs geht an der Wirklichkeit vorbei. Denn Energieverbrauch wird nur verringert, wenn die Gesetzgeber es auch vorgeschreiben werden. taz

Die Suche nach der Klimagerechtigkeit. Die Industriestaaten wollen weiter mehr CO2 ausstoßen dürfen als andere Länder. China hält dagegen – und erinnert den Westen an seine Klimaschulden. Die Zeit

Rest der Welt an Amerika: Hannemann, geh du voran! Alle reden jetzt von der multipolaren Welt. Und alle verlassen sich nach wie vor darauf, dass die USA die Richtung vorgeben. Handelsblatt

Filthy lucre fouls the air. Arguments over money dampened the euphoria at the start of the Copenhagen climate talks Economist

Finanzkrise

Die nächste Welle. Die Weltwirtschaftskrise ist noch längst nicht vorbei: Für den Euro-Raum wäre eine Welle von Staats-Pleiten ein bedrohliches Szenario, denn es ginge nicht nur um ein paar Milliarden Euro. Süddeutsche Zeitung

Gemeingefährliche Devisenspiele. Die Finanzkrise hat tektonische Verschiebungen der globalen Währungsverhältnisse mit sich gebracht. Schuld sind Marktdemenz und Manipulationen. Sie drohen den Exportmeister Deutschland ins Desaster zu führen. Financial Times Deutschland

Einsichten der Kanzlerin. EU-Haushaltswächter Almunia fehlt das Instrumentarium, um Schuldenkatastrophen wie jetzt in Griechenland zu verhindern. Wenn das Defizit-Strafverfahren anläuft, ist es nämlich schon zu spät. Handelsblatt

Der Euro, das Rating und die Kreditklemme. Die Zeitenwende bei den Zinsen rückt näher. Wer Anleihen besitzt, sollte sich rechtzeitig darauf einstellen. Wirtschaftswoche

Strafe für Boni-Banker. Die Sondersteuer für Boni-Banker in der Londoner City nennt Angela Merkel „eine charmante Idee“. Doch Merkels Lob für London muss man nicht so lesen, dass auch die Bundesregierung die Hälfte der Boni für Banker abschöpfen will. FAZ

Eine Strafsteuer für Manager ändert nichts. Angela Merkel hat dem Volk aufs Maul geschaut und findet, Banker sollen künftig eine 50-prozentige Strafsteuer zahlen. Populismus alleine hilft aber nicht, Finanzkrisen künftig zu verhindern. Die Welt

For Global Finance, Global Regulation. Proposals that deserve consideration include taxes on financial transactions and 2009 bank bonuses. Wall Street Journal

… one more thing!!

Justice Delayed Is Not Justice Denied. On Human Rights Day, a renewed argument for action in Darfur, schreibt Angelina Jolie in Newsweek

Leitartikel

Friede dem Kriegsherrn. Barack Obama hat in Oslo eine nachdenkliche, ehrliche Rede gehalten. Der US-Präsident sagte aber erstaunlich wenig dazu, wie denn die Alternativen zur Gewalt aussehen könnten. Frankfurter Rundschau

Der Preis des Friedens. Warum wird Barack Obama mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet? Seit seiner Rede kann man die Entscheidung des Komitees besser verstehen. Denn der amerikanische Präsident erklärte seinem Publikum, warum Kriege manchmal unausweichlich sind. Tagesspiegel

In Wahrheit bekommt Barack Obama den Friedensnobelpreis, weil viele Europäer froh sind, George W. Bush endlich los zu sein. Es ist anmaßend, so platt zwischen dem vermeintlich „bösen” und dem „guten” Amerika zu unterscheiden. Das macht Preis wie Preisträger viel kleiner, als sie es verdienen. Bild

Korruption bei MAN: Strafe für den Musterschüler. Für den Lkw-Konzern ist die Aufarbeitung der Schmiergeldaffäre erledigt. MAN hat knallhart aufgeklärt – und wurde dafür nicht nur mit einer Geldbuße bestraft. Financial Times Deutschland

Politisierte Wissenschaft. Sonnenenergie ist der älteste Hut der Welt. Alle Brennstoffe, die seit Beginn des Industriezeitalters gefördert werden, um sie in Strom und Motorkraft umzuwandeln, sind nichts anderes als das: gespeicherte Sonnenenergie. FAZ

Peinliche Philippika. Andrea Nahles hat offenbar nichts aus der Wahlniederlage gelernt, die Abrechnung der SPD-Generalsekretärin. AZ München

Danke, Griechenland, Athen wird zum Testfall für die Europäische Union Die Welt

Her mit dem Notfallfonds! Michail Gorbatschow, Ex-Präsident der Sowjetunion, gilt als tragische Figur, denn er wollte mit seiner Perestroika den Sozialismus stärken und schaffte ihn doch letztlich ab. Josef Ackermann wird dem Kreditgewerbe sicher kein Ende bereiten. Sein Vorschlag eines von Staaten und Kreditinstituten finanzierten Banken-Notfallfonds aber könnte ebenfalls einen Umbau ganz anderer Art nach sich ziehen, als er dem Chef der Deutschen Bank vorschwebt Börsenzeitung

Catholics vs. Kennedys. Is it right for any cleric to assume he can know the state of grace of a fellow Catholic who feels moved to worship publicly? New York Times

A SURGE IN AFGHANISTAN?….Iraq is hardly a finished success story yet, but there’s no question that violence is down, security is up, and political reconciliation is at least a distant possibility. Credit for this goes to the Five S’s: Surge. Mother Jones

Toyota slips up. What the world’s biggest carmaker can learn from other corporate turnarounds Economist