EU-Gipfel, Steuern, Afghanistan, US Aussenpolitik & Migranten

Herman wer? Catherine wer? Die Namen des EU-Ratspräsidenten und der europäischen Außenministerin sind den wenigsten Bürgern Europas ein Begriff. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und ihre Amtskollegen hätten charismatische Amtsinhaber auswählen können für die neuen Spitzenfunktionen, die mit dem Lissabon-Vertrag entstehen. Financial Times Deutschland

Schnelle Einigung in Brüssel: Der belgische Ministerpräsident Herman Van Rompuy wird EU-Ratspräsident, die britische Handelskommissarin Catherine Ashton Außenministerin. Der britische Premier Gordon Brown machte den Weg frei – indem er Tony Blair fallen ließ. Süddeutsche Zeitung

Kompromiss alter Schule. Das neue EU-Gespann aus dem Belgier Van Rompuy und der Britin Ashton atmet viel EU-Kompromiss alter Schule. Ist das jetzt die neue, die Lissabon-gestärkte EU, die Europa in der Welt neues Gewicht verschafft? FAZ

Zwei Schwache für Europa. Die EU möchte eigentlich schlagkräftiger auftreten, im Innern wie auf der internationalen Bühne. Schaut man auf Van Rompuy und Ashton, beschleicht einen das Gefühl, dass das so nichts wird. Frankfurter Rundschau

Herman Van Rompuy Ratspräsident mit Talent zur Vermittlung. FAZ

Catherine Ashton – die Überraschungskandidatin Financial Times Deutschland

Europas König Ohneland. Die EU bekommt einen neuen Präsidenten. Aber er wird in Wahrheit wenig zu sagen haben, anders als der neue Außenminister. Die Zeit

Juncker wäre eine geradezu ideale Wahl gewesen – als durchsetzungsfähiger Kenner des europäischen Räderwerks, der obendrein auch noch eines der kleinen Länder vertritt. So aber verspielt die EU die Chance, die sich ihr mit dem Lissabon-Vertrag bietet. Tagesspiegel

Modesty would become Europe’s new duo, so der frühere EU-Komissions Präsident Jacques Delors. Financial Times

Keine Marathon-Sitzung, kein undurchsichtiger Kuhhandel. So etwas hat es bei vergleichbaren Anlässen bisher selten gegeben. Das ist allerdings auch schon das Beste, was man über den gestrigen Abend sagen kann. Die Personalentscheidungen sind enttäuschend. Berliner Zeitung

Politik funktioniert in Brüssel nicht anders als in Berlin: Statt die wichtigsten Posten mit den besten Leuten zu besetzen, geht es nach Parteien-, Regional- und Geschlechterproporz. Ein Mann aus einem kleinen EU-Land und eine Frau aus einem großen, sie Sozialistin, er Konservativer aber dafür sind beide gleichermaßen politisch blass. WAZ (Print)

Steuerpolitik

Die Festigkeit, mit der die schwarz-gelbe Regierung auf der Talsohle der größten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren an weiteren Ausgabensteigerungen und Steuersenkungen festhält, ist bemerkenswert – und beängstigend zugleich. FAZ

Die dicke Rechnung kommt bestimmt. Die Regierung hält eisern an ihren Plänen fest, die Steuern um 24 Milliarden Euro zu senken. Dadurch bürdet sie dem Land eine schwere Hypothek auf. Die Zeit

Wirtschaftsforscher rechnet mit „brutalem Sparkurs“ der Regierung. „Keine verantwortliche Politik“, Beschlüsse ohne „konjunkturelle Effekte“ – erneut stoßen die Berliner Steuersenkungspläne bei Wirtschaftsforschern auf massive Kritik. Die Zeit

Afghanistan

Die internationale Gemeinschaft hat sich entschieden: Mit dem demonstrativ großen Aufmarsch internationaler Politiker in Kabul haben Amerikaner, Europäer, Araber, aber auch Russen dem Präsidenten Hamid Karsai neue Legitimität gegeben. Eine Legitimität allerdings, die anders als in Demokratien nicht auf Wahlstimmen beruht, sondern genau genommen auf Gewehren und Geld, nämlich der Anwesenheit ausländischer Truppen und finanzieller Hilfen. Handelsblatt

Hamid Karsai, Problemfall der Nato. Die internationale Gemeinschaft muss erfindungsreicher werden, um Karsais Regierung zu mehr Effizienz und weniger Korruption anzuhalten. Auch die Bundesregierung ist gefragt. Die Welt

Zu Gast in einem Albtraum. Er will Präsident Karsai helfen und gleichzeitig die Bundeswehr „nicht ewig“ am Hindukusch lassen: Die schwierige Mission des neuen Außenministers Guido Westerwelle in Afghanistan. Süddeutsche Zeitung

Geliebter Sündenbock. Afghanistans neuer alter Präsident Hamid Karsai verspricht dem Westen stabile Verhältnisse. Das klingt zu gut, um wahr zu sein. Tagesspiegel

Neue Linie, alte Ohnmacht. Die in Afghanistan militärisch präsenten Staaten sind von Karsai mindestens ebenso abhängig wie es umgekehrt der Fall ist. Es geht nur noch um Gesichtswahrung. taz

Karsai, die Fehler und wir. Die internationale Gemeinschaft tat gut daran, von der afghanischen Regierung endlich Erfolge beim Aufbau des Landes einzufordern. Doch Karsai ist nicht der Einzige, der Fehler machte. Frankfurter Rundschau

Für den deutschen Außenminister Guido Westerwelle beginnen die schwierigen Tage. Nach dreiwöchigem Schaulaufen in den Nachbarstaaten warten mit Afghanistan-Visite und Israel-Besuch die echten Herausforderungen. In Kabul umkurvte er, bisweilen leicht unsicher, alle Fettnäpfchen. Eine Vision aber fehlt noch Handelsblatt

Hamid Karzai said all the right things, but he does not have the power to deliver Telegraph

The Afghan Speech Obama Should Give (But won’t.) Mother Jones

Obama’s Afghan Dilemma: The Only Real Exit Strategy Is Political Suicide Huffington Post

US Aussenpolitik

Ist Obama ein Versager? Vor einem Jahr wurde er gewählt, seit gerade mal zehn Monaten regiert er im Weißen Haus. Dennoch wird Barack Obama vorgeworfen, er habe die Welt immer noch nicht verändert. Die Zeit

Barack Obamas Nahostdiplomatie droht zu scheitern. Sie ist erstaunlich dilettantisch. Tagesspiegel

Obama in China: A wake-up call! CNN

What the generals won’t tell the prez New York Post

In China, Obama leaves more questions than he takes Washington Post

Studie: Türken in Deutschland

Kluft zwischen den Werten. Die Wertvorstellungen von Deutsch-Türken und einheimischen Deutschen gehen weit auseinander. Das Innenministerium diskutiert derweil eine zeitlich begrenzte Zuwanderung. Süddeutsche Zeitung

Neue Heimat lockt und ängstigt. Erfolgreiche Einwanderungsgesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass die moderne Verlockung überwiegt. Davon sind wir weit entfernt. Das liegt auch an den Migranten. Die Welt

Pünktlich und sauber Es sind sogar mehr türkische Migranten als andere Befragte, die Pünktlichkeit, Ordnung und Sauberkeit als wichtig einschätzen. Hat die Integration, die wir so oft anmahnen, also längst geklappt? Sie kann nur gelingen, wenn sie nicht als Assimilation missverstanden wird – und wenn wir den Migranten das Gefühl geben, in diesem Land wirklich erwünscht zu sein. Tagesspiegel

… one more thing!!

Ein klassischer Aufschwung. Die globale Konjunkturstimmung hat sich auf ein Niveau erholt, wie es vor fast zwei Jahren herrschte. Damals war vielen Wirtschaftsakteuren und Analysten noch gar nicht klar, dass die ein paar Monate zuvor begonnene Schieflage am US-Hypothekenmarkt sich zu einer weltweiten Finanzkrise und zur schärfsten Rezession auswachsen würde Börsenzeitung

Leitartikel

Über sich selbst berät die Koalition im Kanzleramt, nächtens, wenn es lauschig ist in Berlin.Oder auf Schloss Meseberg, im nunmehr recht rötlich glänzenden Speckgürtel der Hauptstadt.Am schönsten aber war es doch in Kressbronn… Die Welt

Schröpfen programmiert. Über die schwarz-gelbe Spendierfreudigkeit gegenüber Hotels ließ sich von Anfang an nichts Gutes sagen. Die Branchensubvention in Form einer Mehrwertsteuerermäßigung ist unverantwortliche Klientelpolitik zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt und muss einer Koalition, die Sonderregelungen eigentlich abbauen wollte, peinlich sein. Financial Times Deutschland

Die Republik der Senioren. In der Werbebranche nennt man sie liebevoll Silver Surfer: Die deutsche Bevölkerung bekommt immer mehr Senioren. Das Land wird sich schon jetzt darauf einstellen müssen – sowohl technisch als auch sozial. Kölner Stadt-Anzeiger

Wird es auch in diesem Winter einen Gasstreit geben? […] Die Gaskriege haben das Zusammengehörigkeitsgefühl der Ukrainer gestärkt. Süddeutsche Zeitung (Print)

Offenbarungseid. Der Westen baut in Afghanistan noch einmal auf Karzai – und rüstet sich zur letzten Schlacht. Doch das Nachdenken über Exit-Strategien hat in Washington, Brüssel und Berlin längst begonnen: Unverblümt wird mit Abzug gedroht. FAZ

Menschenskinder. Sollen wir ein Stück Papier feiern? 20 Jahre Kinderkonvention – und noch immer Gewalt, Missbrauch, Armut. Das muss sich ändern: Kinder sind keine Objekte, sie haben Rechte. Frankfurter Rundschau

Seine Appelle zum sorgsamen Umgang mit Geld hat sich der frühere Finanzminister Hans Eichel offenbar sehr zu Herzen genommen. […] Es treibt einem die Zornesröte ins Gesicht, wenn ein Ex-Minister auf Teufel komm raus sein üppiges Altersgeld auf Kosten der Allgemeinheit aufbessern lassen will. BILD

Pro & Kontra: Totales Rauchverbot – muss das sein? AZ München

GM Will Pay Back Gov’t Loan…With Gov’t Money? The good news: GM will begin paying back TARP funds next month. The bad news: They’ll be using TARP money to do it. Mother Jones

World Out of Balance. The problem of international trade imbalances is about to get substantially worse unless China changes its weak-currency policy. New York Times

Dealing with America’s fiscal hole. Don’t cut the deficit now—but explain how, eventually, you will Economist