Schäuble, Gorleben, Renten, Feminismus, 9. November & George Bush

Der große Einsame Die eigentliche Personalie beim Rücktritt des Pressesprechers von Wolfgang Schäuble ist der Minister selbst. Seine Parteifreunde bezeichnen ihn als unverzichtbar – und rechnen doch mit seinem Rücktritt. Handelsblatt

Schäuble wird vorschnell als Tyrann verurteilt Nach dem Wutausbruch gegenüber seinem Sprecher wird Schäuble zu Unrecht Überforderung vorgeworfen. Respekt vor seiner Amtsführung sollte überwiegen. Die Welt

Minister Unzumutbar Was ist bloß mit Wolfgang Schäuble los? Er macht seinen Sprecher Michael Offer vor laufender Kamera lächerlich. Dass der jetzt zurücktritt, ist ein Akt des Selbstschutzes vor einem unberechenbar gewordenen Minister. Süddeutsche Zeitung

Ist Schäuble seinem Amt noch gewachsen? Finanzminister Wolfgang Schäuble führte seinen Sprecher Michael Offer öffentlich rüde vor – gestern legte Offer sein Amt nieder. Mit sofortiger Wirkung. Bild

Schäubles Fiasko Der Bundesfinanzminister macht sich das politische Leben nicht leicht. Seine Idee, einen – in Berlin hoch angesehenen – Sprecher öffentlich derart rüde zu maßregeln, dass einem das Blut in den Adern gefror, ließ einen tiefen Blick in die erbarmungslose Gedankenwelt eines Machtpolitikers zu. Bonner General-Anzeiger

Der Schweiger des Ministers Spezial Finanzminister Schäuble stellte seinen Sprecher Michael Offer neulich genüsslich bloß, nun hat er ihn endgültig zum Verstummen gebracht. Offer tritt zurück. Unter Schäuble hat der Sprecher nichts zu sagen FAZ

Gorleben und die Folgen

Gorleben 21 Die wiedererstarkte Anti-AKW-Bewegung ist ein Faktor, den die schwarz-gelbe Bundesregierung nun deutlich stärker als bisher in ihre Kalkül einbeziehen muss. Frankfurter Rundschau

Castor blockiert den Aufstieg der Grünen Die Proteste gegen die Castor-Transporte haben den Grünen nichts genutzt, im Gegenteil: Bürgerliche Wähler wandern wieder ab. Davon profitiert ausgerechnet Schwarz-Gelb. Stern

Die Macht der Rituale Drei Nächte harrten die Demonstranten im Wendland aus – ohne Aussicht, den Castor-Transport zu verhindern. Warum das alles? Weil es um mehr geht. Zeit

Gorleben – und noch immer kein Ende in Sicht Die Schlacht ist geschlagen. Die Tore des Zwischenlagers Gorleben haben sich hinter dem letzten Castor-Behälter geschlossen, Polizisten und Demonstranten sind gleichermaßen ermattet von dannen gezogen. Einen Sieger gibt es nicht. Nur ganz viele offene Fragen. Berliner Morgenpost

Der Tag, an dem Atommüll plötzlich eine Zukunft hat Atomkritiker verweisen auf das Risiko endlos langer Strahlung. Aber trauen wir künftigen Forschern denn gar nichts zu? Die Welt

Atommüll in gute Hände abzugeben Deutschland hat längst den Masterplan zur Endlagersuche – wir müssen ihn bloß umsetzen. Positive Beispiele gibt es in Schweden und in der Schweiz. Financial Times Deutschland

Salzstock in Gorleben darf erkundet werden Die Erkundungsarbeiten für das mögliche Atommüllendlager in Gorleben können wieder aufgenommen werden. Das Umweltministerium in Niedersachsen erteilte die Erlaubnis nur wenige Stunden nachdem der Castortransport abgeschlossen worden war. Stern

Heuchlerische Sorgen Gegen den Abtransport von Brennstäben russischer Herkunft aus dem Zwischenlager Ahaus protestieren dieselben, die hierzulande die Endlagersuche blockieren. Sorgen über die Sicherheit sind wohl nicht unbegründet, gleichwohl heuchlerisch. FAZ

Die hochangereicherte Öffentlichkeit Die Schlagzeile „Atommüll soll nach Russland“ klingt nach Enthüllung, ist aber in Wirklichkeit ein Lehrstück grüner Kampagnenfähigkeit. Es geht um 951 abgebrannte Brennelemente russischer Herkunft, die in Ahaus zwischenlagern. FAZ

„Das hat mit Demonstrationsrecht nichts zu tun“ Die elf Behälter mit hochradioaktivem Atommüll sind nach knapp vier Tagen im Zwischenlager Gorleben angekommen. Polizei und Atomkraftgegner sprechen jeweils von einem Erfolg. Der niedersächsische Justizminister Busemann wirft den Grünen vor, sie hätten die Protestierer „angeheizt“. FAZ

Gar nicht lustig Die tollen Tage im Wendland sind vorüber. Einer der größten Castor-Transporte der letzten Jahre ist am Ende ohne Schrammen im Zwischenlager Gorleben angekommen und hat (fast) alle Akteure des größten politischen Livespektakels auf niedersächsischem Ackerland, auf Straßen, Gleisbetten und in den Forsten glücklich gemacht. Hannoversche Allgemeine

Hilfe für die Polizisten Beim Castor-Transport erreichten die Polizisten die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Wer nun noch immer einen Personalabbau fordert, handelt fahrlässig. Denn erschöpfte Beamten sind ein Sicherheitsriskio. Kölner Stadt-Azeiger

Mahnung an die Bürger Das Volk darf viel von den Politikern erwarten. Aber es wäre fatal, Wohl und Wehe allein bei ihnen zu verorten. Frankfurter Rundschau

Renten

Manipulationen unterlassen, Aufschwung fördern Mit einem Prozent fällt der Rentenanstieg sehr gering aus. Der Staat will sich im Nachhinein übereilte Erhöhungen zurückholen. Die Welt

Das Rentenpolster Die Zeit der Nullrunden für die Rentner ist erst einmal vorbei. Ein Prozent mehr ist besser als nichts. Das Finanzpolster der Rentenkassen soll bis 2013 auf satte 26 Milliarden Euro wachsen. Ein Jahr später wäre endlich der Moment für eine deutliche Senkung des Rentenbeitragssatzes. Dieses Versprechen muss die Politik einlösen. FAZ

Hü und Hott Die Rentenreformen seit den 1990er Jahren haben dem Ansehen der gesetzlichen Rente massiv geschadet. Es war ein ständiges Hü und Hott. Bonner General-Anzeiger

Konjunktur

Vier Prozent Deutschland erlebt in diesem Jahr, wie rasch sich das Blatt wenden kann, wenn günstige Umstände zusammenkommen. Mit einem Wunder hat das nichts zu tun. FAZ

Ist Deutschlands Volkswirtschaft ein Modell für Europa? Die deutsche Wirtschaft hat sich schnell von der Krise erholt. Dennoch sollten sich die Euro-Länder nicht unbedingt ein Beispiel am „Modell Deutschland“ nehmen – nicht nur um ihretwillen. Tagesspiegel

Der willkürliche Feldzug gegen Deutschland Die USA wollen die Exportüberschüsse Chinas und Deutschlands begrenzen. Dabei sind die deutschen Produkte zu Recht im Ausland begehrt. Financial Times Deutschland

Feminismus

Schwarzers hässliche Kritik ist typisch deutsch Familienministerin Kristina Schröder bekennt sich zu Ehe und Kindern. Alice Schwarzer reagiert mit Gemeinheit und deutscher Hässlichkeit. Die Welt

Gewaltige Selbstüberhebung Im Duktus einer entfesselten Oberlehrerin geht Alice Schwarzer auf Kristina Schröder los. Dabei ist die Gleichstellung der Frau keine exklusive Errungenschaft des Feminismus. Süddeutsche Zeitung

Von Mädchen und Mimosen Wortgefechte zwischen Alice Schwarzer und Ministerin Kristina Schröder: Es gilt die Macht der Verbal-Guillotine. Es zeigt sich, wie schlecht Deutschlands Vorzeigefeministin mit Kritik umgeht. Süddeutsche Zeitung

Feminismus-Debatte artet in persönlichen Zoff aus Persönliche Fehde statt inhaltlicher Debatte: Familienministerin Schröder streitet sich mit Alice Schwarzer. Worüber eigentlich? Die Welt

Richtiger Sex und falscher Sex Alice Schwarzer kritisiert Familienministerin Schröder für ihre Aussagen über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Schwarzer überschätzt dabei ihre eigene Wirkung. Tagesspiegel

Streitfarbe Lila Es gab Zeiten, da färbten gestandene Männer ihre Bettwäsche lila, gewöhnten sich den Toilettengang im Sitzen an und übten das Stricken von weiten Pullis, in denen ihre Freundinnen alles Weibliche so gut wie möglich versteckten. Kinder kriegten die Leute trotzdem, damals in den Endsiebzigern, als im Westen der Republik Alice Schwarzers Frauenbewegung marschierte. Lausitzer Rundschau

Feminismus von vorgestern Beide, Kristina Schröder mehr noch als Alice Schwarzer, bewegen sich mit ihren Vorstellungen von dem, was sie für Feminismus halten, auf dem Stand der siebziger Jahre. taz

9. November

Grossers Erinnerung Grosser macht gelassen und mit großer Empathie deutlich, wofür dieser 9. November in der Erinnerungskultur steht – für die entscheidende Radikalisierung deutscher Täter, die als Ausgrenzer anfingen, sich zu Plünderern und Brandstiftern entwickelten, um am Ende zu Mördern zu werden. Frankfurter Rundschau

Grossers Kritik Als der Schriftsteller Martin Walser 1998 in der Frankfurter Paulskirche von der „Moralkeule Auschwitz“ sprach, brach eine heftige kontroverse Debatte los. Der Publizist Alfred Grosser, ein Jude, stellte sich damals auf die Seite Walsers. Märkische Oderzeitung

Erweiterung ohne Euphorie 21 Jahre nach dem Einreißen von Zäunen und Mauern ist im organisierten Europa von Wiedervereinigungseuphorie wenig zu spüren. Die aktuellen 27 Mitglieder, vor allem die Altvorderen, sind der Erweiterung überdrüssig. Frankfurter Rundschau

George Bush

Kein kritisches Wort über den Nachfolger Als Präsident hat George W. Bush polarisiert wie kein zweiter. In seinen Memoiren gibt er sich milde gegenüber Barack Obama, verteidigt das „waterboarding“ und seinen Vize Cheney – und zementiert sein Selbstbild eines Staatsmannes mit einem überschaubaren Arsenal an Grundüberzeugungen. FAZ

Bushs Abrechnung Der Ex-Präsident der USA geht auf Altkanzler Schröder los Die Welt

Altkanzler Schröder: Bush lügt! Ex-Präsident George W. Bush behauptet in seiner Autobiographie, Gerhard Schröder habe den USA 2002 deutsche Unterstützung für den Irak-Krieg zugesagt. Stimmt nicht, sagt der Altbundeskanzler. Süddeutsche Zeitung

…one more thing!

Gefährliche Allianz BP wird nach der Deepwater-Horizon-Katastrophe von der US-Regierung praktisch freigesprochen. Ein Fehlurteil. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Die Entgleisung Schäubles Wolfgang Schäuble hat seinen Sprecher öffentlich gemaßregelt, und zwar mit Lust und Häme. Der Finanzminister droht zur Zumutung zu werden – für seine Partei und die deutsche Politik. Frankfurter Rundschau

Willkommenes Ventil für den Frust über Schäuble Die Debatte um den Ausraster des Finanzministers zeigt, dass sich viel Verärgerung über Wolfgang Schäuble angestaut hat. Doch die Entgleisung und der darauf folgende Rücktritt sind der falsche Anlass für Kritik. Financial Times Deutschland

Das Prinzip Gorleben Kanzlerin Merkel und ihr Umweltminister Röttgen steuern in eine Sackgasse: Gorleben kann man nicht dauerhaft durch den Einsatz Tausender Polizisten verteidigen. Ein Endlager dort wird am Protest oder den Gerichten scheitern. Gorleben kann nur eine Zukunft haben: als Mahnmal für kollektives Politikversagen. Süddeutsche Zeitung

Frohe Botschaft! Frohe Botschaft für die 20 Millionen Rentner: Ihre Bezüge steigen 2011 um bis zu ein Prozent. Bild

Aufruf zum Streit Über den Weg der Stadt München ins Jahr 2030. AZ

Der Verfall Pompejis Erschreckt hat die Nachricht viele, gewundert wenige: Am vergangenen Samstag stürzte in Pompeji das „Haus der Gladiatoren“ (Casa dei Gladiatori) ein. Das Desaster geschah im Morgengrauen. FAZ (Print)

Chinas Türen sind zu Die Antwort, wie es um die Befindlichkeit der chinesischen Gesellschaft steht, wird derzeit an den Wohnungstüren im Reich der Mitte gegeben. Heute endet nach zehn Tagen die größte Volkszählung der Welt. Die Welt

Containment-Lite There is a lot of buzz about the C-word after visits to Asia by Secretary of State Hillary Clinton and President Obama. New York Times

Don’t try to repeal the new health care law, improve it USA Today

Repeal and replace, Rep. Dave Camp says Opposing view on ObamaCare USA Today