SPD-Wahlprogramm, Waffenlobbyist Schreiber & NATO

SPD-Neustart mit der Agenda 2020. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier stößt mit seinem „Deutschland-Plan“ wichtige Diskussionen an. Handelsblatt

Die SPD entwickelt auf dem Reißbrett ein grün angehauchtes industriepolitisches Szenario. Doch die Vorstellung Steinmeiers ist erschreckend – weil sie darauf baut, dass Politik besser weiß, was im Wettbewerb funktioniert, als Millionen Marktteilnehmer. FAZ

Steinmeier tritt jetzt in Vorlage, stellt sich der inhaltlichen Auseinandersetzung um die Zukunft. Nur so kann der vor sich dahin dümpelnde Wahlkampf Konturen erhalten. Schweriner Volkszeitung

Endlich wird inhaltlich debattiert, nicht mal acht Wochen vor der Bundestagswahl. Doch was Frank-Walter Steinmeier da in seinem Deutschland-Plan im Detail vorstellt, ist unambitioniert und enttäuschend. Tagesspiegel

Energieeffizienz etwa und Hochtechnologie stehen anderswo längst oben auf der Agenda. Beispielsweise bei Obama. Dessen Vorstellungen bewundern, das SPD-Konzept hingegen mit Häme und Kritik überziehen – das passt schlecht zusammen. Zwar können Politiker selbst keine Jobs schaffen; aber die besten Voraussetzungen dafür, indem sie den Akzent auf zukunftsträchtige Branchen setzen. Steinmeier hat vorgelegt, die politische Konkurrenz macht es sich zu leicht, wenn sie nur mit Kritik reagiert. Neue Osnabrücker Zeitung (Print)

Vielleicht ist es sogar mehr der Ton als der Inhalt von Steinmeiers Plan, der einen so ratlos werden lässt über das, was von der SPD zu erwarten ist. „Was wir bis zum Jahr 2020 geschafft haben werden“ steht da ganz am Anfang. Als sei Politik vom Ende her zu denken. Und als sei der richtige Weg nur die Frage der richtigen Idee und nicht eine Frage der Macht. Berliner Zeitung

Ob es für die politische Konkurrenz aber dauerhaft reicht, nur zuzusehen und abzuwinken? Manchmal sind Visionen besser als keine Ideen. Thüringer Allgemeine

Waffenlobbyist Schreiber

Karlheinz Schreiber fand im Exil Gefallen an seiner angeblichen Schlüsselrolle im CDU-Spendenskandal. Doch was sollte er, der in Kanada schon zweimal vernommen wurde, nun noch aufdecken? Eine Wahlkampfbombe wird seine Auslieferung nicht. FAZ

Es gehört nicht viel Fantasie dazu, um sich auszumalen, wie unterschiedlich die Seelenlage bei Union und SPD gewesen sein muss, als der ehemalige Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber am Montag zwangsweise deutschen Boden betrat. CDU und CSU wird ein mulmiges Gefühl beschlichen haben. Lausitzer Rundschau

Schreiber darf man nicht unterschätzen – und auch nicht überschätzen. Die SPD jedenfalls sollte sich nicht zu früh über ein Geschenk im Wahlkampf freuen Tagesspiegel

Die meisten Beteiligten sind nicht mehr in Amt und Würden. Und der amtierende Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ist wegen einer dubiosen Geldübergabe längst als CDU-Vorsitzender zurückgetreten. Schreiber ist ein notorischer Aufschneider, der wahrscheinlich weniger in der Hand hat, als er vorgibt. Allenfalls für die CSU könnte es peinlich werden, wenn der Strauß-Spezi Geschichten von damals erzählt. Märkische Allgemeine

Das System Schreiber steht für ein System der CSU, das die Christsozialen mit dem Ende der Ära Strauß für beendet angesehen hatten. Strauß, so rechtfertigen seine Parteifreunde bis heute, habe erhebliche Verdienste für Bayern; hinter ihnen trete zurück, wie er seine Macht ausgeübt und die Grenzen des Legitimen ausgeweitet habe. Nürnberger Nachrichten

Durch Karlheinz Schreiber erschien das beschworene konservative Wertefundament als doppelbödige Kulisse für faule Machenschaften. Seine Rückkehr wird dennoch nicht schaden. Kölner Stadtanzeiger

NATO

Es ist überhaupt nicht überflüssig, dass der neue NATO-Generalsekretär Rasmussen an seinem ersten Arbeitstag daran erinnert, dass die Allianz die ultimative Versicherung für rund eine Milliarde Menschen ist. Wenn es um Sicherheit geht, um das atlantische Verhältnis und um die Abwehr „moderner“ sowie traditioneller Bedrohungen, dann ist dieses Bündnis nach wie vor unerlässlich. FAZ (Print)

Auf Afghanistan fokussiert, die Nato ist im Kampf gegen den Terror gebunden. NRZ

Den offenkundigen Zusammenhang zwischen moralischer Nato-Erosion und dem Konflikt am Hindukusch will Rasmussen nicht sehen. Dabei sind immer weniger Nato-Staaten bereit, dem USVerbündeten mental bei dessen «Krieg gegen den Terror» in Zentralasien zu folgen – wobei der deutsche Verteidigungsminister trotz seiner Verbal-Artistik zwischen «Krieg» und «Kampfeinsatz» eine Ausnahme macht. Nürnberger Zeitung

Afghanistan zuerst! Auch der neue Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gibt der NATO dieses Ziel vor. Er weiß jedoch: Seiner Analyse, die Verbündeten müssten sich zivil und militärisch mehr engagieren, ist zwar nicht zu widersprechen. Aber von den Amerikanern abgesehen, suchen inzwischen fast alle NATO-Partner den Notausgang aus Afghanistan. Neue Osnabrücker Zeitung (Print)

Nach der afghanischen Wahl wird der Moment kommen, klare Abmachungen einzufordern. Rasmussen sollte bis dahin die Mitglieder auf die politische Offensive einzuschwören. Der Wunsch nach Einstimmigkeit in der überlebenswichtigen Frage ist groß. Wenn Rasmussen das Bedürfnis geschickt kanalisiert, wenn er den politischen Weg aus dem Dilemma weist, dann wird er der starke Generalsekretär sein, den die NATO schon lange verdient hätte. Süddeutsche Zeitung (Print)

…one more thing!

Tackling race, one beer at a time. Obama may be on to something — maybe throwing back a few with is the future of conflict resolution. Los Angeles Times. But: Why Was Biden There? Forbes

Leitartikel

Kandidat Gründlich. Frank-Walter Steinmeier wird von der Union als Sprücheklopfer verhöhnt – dabei zeugt sein Plan für mehr Arbeit von einer neuen, durchdachten Wahlkampf-Taktik. Süddeutsche Zeitung

Ein Gespenst kehrt zurück. Karlheinz Schreiber wird die Union nicht ins Wanken bringen. Die Debatte über die Spendenaffäre ist gleichwohl nützlich. Sie erinnert Politiker daran, wie wichtig Transparenz ist. Frankfurter Rundschau

Spendenaffäre und Geldkoffer scheinen heute ewig weit weg. Das ist bedauerlich. Denn das Gebaren der Unionsparteien in den 80er- und 90er-Jahren hätte immer noch Aufklärung verdient. Financial Times Deutschland

Panzer, Waffen. Sie sind nun in Gewahrsam der deutschen Justiz. Aber irgendwie interessiert es mich nicht. Es sind alte Geschichten. Sie sind ein alter Strolch. Mich interessieren die Harvard-Business-Absolventen, die Bank-Gangster. Wann bringen wir sie vor Gericht? BILD

Für die meisten Menschen ist Schreiber, durch dessen Wirken Angela Merkel überhaupt erst an die CDU-Spitze gespült wurde, ein abgeschlossenes Kapitel. Sollte also wirklich Kalkül dahinter gesteckt haben, mit Schreibers Auslieferung zu punkten, wie manche der SPD unterstellen, dann ist das zum scheitern verurteilt. Die Menschen haben andere Sorgen. AZ München

Vorbild oder Freakshow, der Spitzensport steckt in der Sinnkrise Die Welt

Es kommt die Generation G. Die kommende Bundestagswahl ist die letzte der Wende-Generation. FAZ (Print)

A Canadian doctor diagnoses U.S. healthcare. The caricature of ’socialized medicine‘ is used by corporate interests to confuse Americans and maintain their bottom lines instead of patients‘ health. Los Angeles Times

Europe prepares for a Baltic blast. The intensifying crisis in the Baltics cannot be treated as a freakish local squall of little concern to outsiders. Bank failures or plunging currencies in Latvia, Lithuania and Estonia could threaten the fragile prospect of recovery in the rest of Europe. Financial Times