NSU-Ausschuss, Schulden-Krise, EZB, Fukushima & Erbguttest

Ein Haufen von Dilettanten Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, gesteht offen und ungeschminkt das Versagen seiner Mitarbeiter ein. Warum ein Referatsleiter sensible Akten vernichtet hat, kann er sich bis heute nicht erklären. Seine Aussagen wollen so gar nicht zu dem Bild passen, welches wir uns von unserem Inlandsgeheimdienst machen. Frankfurter Rundschau

Der Amtschef, der nichts wusste Die Aussage des scheidenden Verfassungsschutzchefs Fromm belegt erneut, wie ahnungslos er und seine Behörde waren – und wie schlecht die Zusammenarbeit funktionierte. ZEIT

Erklärungsnot Warum sich Heinz Fromm nicht erklären kann, dass in seinem Amt Akten geschreddert wurden, ist erklärungsbedürftig. Deshalb hat Minister Friedrich einen Sonderermittler eingesetzt. Sonst steht er eines Tages da wie Heinz Fromm. FAZ

Fromm: Meine Mitarbeiter haben mich getäuscht Der scheidende Verfassungsschutzpräsident Fromm fühlt sich von seinen Mitarbeitern „hinters Licht geführt“. Er schließe nicht aus, dass ein Referatsleiter etwas vertuschen wollte, sagte er vor dem NSU-Untersuchungsausschuss. FAZ

Im Zufallsgenerator Bitterkeit. Dies ist das Mindeste, was Heinz Fromm, bis Monatsende noch Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, in diesen Tagen fühlen muss. Sein Amt (und einige Landesämter gleich mit), dessen Kernaufgabe es ist, Gefahren für die Verfassung dieses Landes im Inneren abzuwehren, hat über Jahre die Spur einer rechtsextremistischen Terrorzelle nicht mit der nötigen Entschlossenheit verfolgt. Bonner General-Anzeiger

Sacharbeit statt Parteiengezerre Keine Partei kommt aus dem Skandal unbeschadet heraus. Alle Aufklärer im NSU-Untersuchungsausschuss wissen das. Deswegen können sie sich auf volle Aufklärung konzentrieren. taz

Verfassungsschutz warb laut Friedrich nicht um Zschäpe In der Mammut-Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses entstand ein verheerendes Bild vom Verfassungsschutz. Das Anwerben von Beate Zschäpe als V-Frau konnte jedoch widerlegt werden stern

Mehr als eine Randnotiz Vom Mord des NSU in einem Kasseler Internetcafé will Verfassungsschützer Andreas T. nichts mitbekommen haben. Ermittler meinen: Er hätte über die Leiche stolpern müssen. FAZ

Schulden-Krise

Der Weckruf 172 deutsche Ökonomen fordern in einem offenen Protestbrief die Bürger dazu auf, die Politiker vor den Folgen ihrer Rettungspolitik zu warnen. Danke für diesen Weckruf! Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass Karlsruhe die Notbremse zieht. FAZ

Ökonomen streiten über Euro-Krisenpolitik Der Aufruf von 160 Professoren gegen die jüngsten EU-Beschlüsse zur Euro-Rettung stößt bei Kollegen auf scharfe Kritik. Ökonomen unterschiedlicher Denkrichtungen haben mit einer kritischen Stellungnahme reagiert. Handelsblatt

Breitseite gegen Merkel In einem offenen Brief attackieren 170 namhafte deutsche Wissenschaftler und Ökonomen die Euro-Politik von Kanzlerin Merkel. Bislang verhallten derartige Proteste meist ungehört, zu kompliziert, zu alarmistisch, zu politikfern sind sie formuliert. Doch dieser Aufruf hat das Potenzial zum Big Bang. Die Kanzlerin reagiert prompt. Süddeutsche Zeitung

„Es geht überhaupt nicht um zusätzliche Haftung“ Bundeskanzlerin Merkel hat die Kritik von 172 Ökonomen an den jüngsten EU-Beschlüssen zurückgewiesen. Wirtschaftsminister Rösler sagte, die Kritik an einer Bankenunion beziehe sich auf etwas, „das es noch gar nicht gibt“. Die Ökonomen hatten gewarnt, die Beschlüsse würden nur den Gläubigern der Krisenbanken helfen. FAZ

„Europa muss seinen Arbeitsstil dringend ändern“ Unionsfraktionschef Kauder ist unzufrieden mit der Brüsseler Hinterzimmerpolitik. Ergebnisse von EU-Gipfeln dürften nicht einfach morgens von „irgendwelchen Leuten“ verkündet werden, weil diese niemand überprüfen könne. Besonders Italiens Premier Monti bezieht Schelte – ebenso wie CSU-Chef Seehofer. Kauder äußert sich auch zum konservativen „Berliner Kreises“ der CDU – mit klaren Worten. Süddeutsche Zeitung

Die Irrtümer der Ökonomiepropheten Manche Wirtschaftstheoretiker predigen weiter Sparen als Rettung gegen den Abschwung. Dabei müssten sie es längst besser wissen. Die Krise fördert unerwartete Zusammenhänge zutage. Financial Times Deutschland

So nötig ist die Bankenunion Die Euro-Zone hilft den spanischen Banken. Die Chance auf den Einstieg in eine echte Bankenunion wurde dabei jedoch verpasst. Dabei ist es dringend nötig, die Gefährdung der Banken von der Gefährdung der Staaten zu lösen. Financial Times Deutschland

Ohne Banken geht es auch nicht Vier Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise hat sich aus Sicht der Banken vieles verändert. Die Finanzinstitute müssen höhere Rücklagen bilden, sie werden stärker reguliert, und ihr Image ist im Eimer. Abschaffen lassen sie sich aber nicht. Financial Times Deutschland

Wie die Krise Spaniern ihre Wohnungen raubt Anders als die Banken erhalten die Betroffenen der Immobilienkrise in Spanien kein Rettungspaket. Viele verlieren ihre Wohnungen und müssen zudem lebenslang Schulden abzahlen – für nichts. Zeitungen sprechen von einer „sozialen Zeitbombe“. Süddeutsche Zeitung

Irland meldet sich zurück Irland hat sich gestern an den Primärmärkten zurückgemeldet und beim ersten Auftritt seit Herbst 2010 – also kurz bevor das Land Schutz unter dem Rettungsschirm suchte – gar keinen schlechten Eindruck bei den Anlegern hinterlassen. Börsen-Zeitung

EZB

Der politische Zins Der Leitzins im Euroraum ist nun auf dem niedrigsten Stand der Geschichte. Dabei hätten die wirtschaftlichen Daten eher für ein Abwarten gesprochen. Doch wer sich damit abgefunden hat, dass die Zentralbank längst politischer Akteur ist, wird die Zinssenkung als geringstes der denkbaren Übel hinnehmen. FAZ

Kein Wundermittel, aber richtig Niemand erhofft sich von der historischen Zinssenkung Wunder. WAZ

Richtige Entscheidung Die Europäische Zentralbank senkt die Zinsen, damit die Banken endlich wieder Kredite vergeben. Badische Zeitung

Mit zweifelhafter Zinssenkung Pulver verschossen Sollte sich die Rezession weiter zuspitzen, wird die Europäische Zentralbank das soeben verschossene Pulver vermissen. Denn Spanien und Griechenland ist mit klassischer Geldpolitik nicht zu helfen. Die Welt

Teuer und überflüssig Die Senkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) ist ein teures und überflüssiges Experiment. Mit den Raten auf historischen Tiefs mag die Notenbank bei manchem Institut oder Land der Währungsunion Erleichterung schaffen. Zu befürchten ist aber, dass der geldpolitische Schritt an den Finanzmärkten zu neuen Verwerfungen führt, welche die Bewältigung der europäischen Schulden- und Vertrauenskrise zusätzlich erschweren werden. Börsen-Zeitung

Der billige Euro So billig war Geld noch nie in Deutschland. Die Europäische Zentralbank hat den Zins auf Rekordtief gesenkt. Ist das jetzt gut oder schlecht? Kommt darauf an, in welcher Position man sich befindet. Wer Geld besitzt, schaut in die Röhre. Die Zinsen für Spareinlagen, schon jetzt kaum über dem Gefrierpunkt, geraten weiter unter Druck. Bonner General-Anzeiger

Noch näher Null Ist das nun die „kreative Geldpolitik“, die IWF-Chefin Christine Lagarde erst kürzlich von der EZB gefordert hat? Eher nicht Märkische Oderzeitung

Zentralbanken sind Mittäter Die Zentralbanken Amerikas, Englands und des Euro-Raums sind überfordert. Sie setzen ihre geldpolitischen Lockerungsübungen laufend fort, weil die Politiker die Probleme nicht wirklich angehen. Die Lockerungsspirale wird der nächsten Krise den Boden bereiten. NZZ

Draghis Pflichtprogramm Die Märkte haben es erwartet, Mario Draghi hat geliefert: Die EZB senkt ihren Leitzins auf ein historisches Tief. Doch die Anleger sind enttäuscht, dass Draghi neben dem Pflichtprogramm nicht noch eine Kür bietet. Financial Times Deutschland

Kursgewinne in Verpuffungsgefahr Wie von den meisten Experten gefordert, hat die Europäische Zentralbank am Donnerstag die Leitzinsen gesenkt. Kurzfristig verschaffte die Maßnahme den Aktien Luft – doch gibt es auch einen längerfristigen Effekt? manager magazin

Fukushima

Super-GAU in Fukushima war vermeidbar „Ein Desaster von Menschenhand“: Die Tragödie von Fukushima-1 wurde zwar vom Erdbeben und Tsunami ausgelöst, für den Unfall im Atomkraftwerk sind jedoch Menschen verantwortlich. Zu diesem Ergebnis kommt ein Untersuchungsbericht des japanischen Parlaments. Zugleich ist erstmals seit der Katastrophe wieder ein Atomkraftwerk ans Netz gegangen. Süddeutsche Zeitung

Desaster von Menschenhand Schwere Vorwürfe der Untersuchungskommission: Die Atomkatastrophe von Fukushima ist das Ergebnis von skandalösen Sicherheitsmängeln, bewussten Fehlinformationen und Planungschaos. Die Presse

Wo Menschen sind, versagen sie Der Bericht des japanischen Parlaments ist das Psychogramm eines von Selbstzweifeln zerfressenen Depressiven. Dabei gibt es eine Konstante in der Geschichte: Technik versagt. taz

Neues Misstrauen nach Fukushima Der Bericht über die Ursachen der Atomkatastrophe enthüllt schonungslos die Fehler von Politik, Behörden und Firmen. Er bringt heilsamen Konflikt in Japans Konsensgesellschaft – dank eines wissenschaftlichen Querkopfs. Handelsblatt

Gefährliche Schlussfolgerung Gestern fällte ein Untersuchungsausschuss das Urteil, Fukushima sei eine von Menschen verursachte und damit vermeidbare Katastrophe gewesen. Japan nimmt zugleich wieder ein Akw ans Netz. Ein gefährliches Spiel. Märkische Oderzeitung

Erbguttest

Forscher entziffern Embryo-Genom aus Blut und Speichel der Eltern Diese Erkenntnis könnte die Medizin verändern – und die Gesellschaft: Erstmals haben Forscher das Genom eines Embryos aus dem Blut der Mutter und dem Speichel des Vaters entschlüsselt, ohne Eingriffe in den Mutterleib. SPIEGEL

Der neue Erbguttest hat schwerwiegende Folgen Stellen Sie sich einmal vor, Ihr künftiger Sohn hätte ein Rearrangement in Position Xq28, also direkt im OPN1LW-Gen im langen Arm des X-Chromosoms. Das klingt äußerst schlimm, in keinem Fall gesund. Ist es auch nicht. Trotzdem könnte es mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Ihrer Ergebnisliste stehen, wenn Sie sich für einen pränatalen Erbguttest entscheiden. Denn der genannte Buchstaben- und Zahlenwirrwarr steht für nichts anderes als die häufigste Erbkrankheit überhaupt: die Rot-Grün-Sehschwäche. Würden Sie sich jetzt immer noch Sorgen um Ihr Ungeborenes machen? Wohl eher nicht. Welt am Sonntag

Regierungsexperte will umstrittenen Bluttest stoppen Mit einer Blutprobe prüfen, ob das Baby an Trisomie 21 leidet – das könnte bald möglich sein. Doch der Test ist umstritten. Er gefährde ungeborenes Leben, kritisiert der Bundes-Behindertenbeauftragte. stern

Der geprüfte Embryo Schritt für Schritt nimmt die Medizin die Fortpflanzung unter technische Kontrolle. Immer schneller nähern wir uns dem Ideal, ein garantiert gesundes Kind zu bekommen. WAZ

„PraenaTest“ – Nicht überzeugend In Berlin gibt es das Theater RambaZamba, in dem Menschen mit Behinderung auf der Bühne stehen. Es war ein anrührender Moment, als einer der Schauspieler, ein Mensch mit Down-Syndrom, über seine Arbeit, seine Eltern, seine Freunde und seine Freude an diesem Leben sprach. Sebastian Urbanski war vom Behindertenbeauftragten der Bundesregierung eingeladen, um für ein Leben mit Behinderten zu werben. Das ist Hubert Hüppes Aufgabe, und sie ist immens wichtig. Bonner General-Anzeiger

Moralkeule gegen Mündigkeit Der neue Erbguttest ist ein weiterer Baustein in einer zunehmend personalisierten Medizin. Diese Diagnostik kann ein aufgeklärter Staat seinen Bürgern nicht vorenthalten. taz

…one more thing!

Wenn Terroristen schweigen, ist der Staat machtlos Der Rechtsstaat hat im Prozess gegen Verena Becker versagt. Denn das letzte RAF-Verfahren hat unbelehrbaren Ex-Terroristen eine Bühne gegeben, ihren Amoklauf gegen die Gesellschaft zu feiern. Die Welt

Leitartikel

Wenn der Umgang mit Akten zum Glücksspiel wird Das Bundesamt für Verfassungsschutz, kaum verlässlicher als eine Lotterie: Ein Geheimdienst, der Akten schreddert, wenn es einem Referatsleiter gefällt, ist gemeingefährlich. Wenn derartige Fehler in Serie passieren, darf sich eine Behörde nicht wundern, dass viele Bürger dem Apparat zutiefst misstrauen. Doch der Verfassungsschutz hat nicht als Einziger versagt. Süddeutsche Zeitung

Den Sumpf austrocknen! Der Verfassungsschutz soll die Bürger vor Nazi-Terroristen schützen, doch er strotzt vor Schlamperei und Intrigantentum. Präsident Heinz Fromm wurde zum Opfer der Messerwetzer und Vertuscher aus den eigenen Reihen. BILD

Hybris der Landespolitik Der Fall Mappus zeigt, wie sich Regierungen zu Marionetten machen und ihre Verwaltung marginalisieren. Für die CDU bedeutet die Affäre nicht nur Machtverlust, sondern eine Seinskrise. FAZ

Fatales Gutachten Der Jura-Professor verwechselt Medizin mit Heilung, so steht es aber nicht im Gendiagnostikgesetz. Der Verweis auf die Konfliktberatung deutet ja bereits auf die Möglichkeit eines Abbruchs hin. Frankfurter Rundschau

Der Angriff der Kopisten Das Acta-Abkommen ist zu Recht gescheitert. Denn die EU hatte wieder den Fehler gemacht, an den Bürgern Europas vorbei Entscheidungen zu treffen. Doch der Sieg der Acta-Gegner ist auch ein Sieg der Straße Die Welt

Auf guten VW-Trick folgt billiger Populismus Die fast steuerfreie Porsche-Übernahme eignet sich perfekt für populistisches Gepolter. Dabei ist das Vorgehen der VW-Führung nicht nur richtig, sondern auch geboten. Financial Times Deutschland

Science’s great leap forward After decades of searching, physicists have solved one of the mysteries of the universe Economist

Avoiding Carter’s fate Obama must throw down economic gauntlet. Washington Post

Off and Out With Mitt Romney All the talk of offshoring and outsourcing has Mitt Romney on the defense. But what was good for Bain Capital definitely would not be good for America. New York Times

WATCH: The Republican Prescription for Obamacare Introducing „RepubliBliss“—guaranteed to make all your Obamacare-induced maladies disappear! Mother Jones