Papst, Schuldenkrise, Palästina, Sicherungsverwahrung, Burnout & Troy Davis

„Politik muss Unrecht abwehren“ Spezial Benedikt XVI. hat am Donnerstag als erster Papst vor dem Deutschen Bundestag gesprochen. Vor den Abgeordneten beschwor er die von Gottesglauben, philosophischer Vernunft und der Achtung des Rechts geprägte Identität Europas. FAZ

Die Sonne über Berlin Demokratie ist mehr als das Mehrheitsprinzip: Im Parlament legte der Papst den Politikern seine Gedanken über die Grundlagen des freiheitlichen Rechtsstaats vor. FAZ

Wie Papst Benedikt XVI. den Bundestag überlistete Er hat Gegner und Anhänger verblüfft: Im Ton des Oberseminars sprach der Papst im Bundestag über die Grundlagen von Politik, Recht und Glauben. Die Welt

Die Würde der Erde Es war angemessen, den Papst im Deutschen Bundestag über Würde und Recht und deren Herkunft sprechen zu lassen. Der Auftritt Benedikts XVI. war ein Jahrhundertereignis. Er hat auch seinen Widersachern ein Wort an die Hand gegeben. FAZ

Philosophiestunde im Bundestag Das war sie jetzt also: die im Vorfeld ach so umstrittene Papstrede im Deutschen Bundestag. Sie transportierte zwar eine politische Botschaft, das Oberhaupt der Katholiken ging aber auf keine der unzähligen Erwartungen ein. Und das war gut so. Financial Times Deutschland

Eine Rede an die Welt Alle Bundestagsabgeordneten, die der Rede Benedikt XVI. fernblieben, verpassten einen Papst, der geradezu rührend dem Parlament seines deutschen Vaterlandes, wie er formulierte, die Ehre erwies. Tagesspiegel

Auch Päpste können vernünftig sein Mit seinem sachlichen Auftritt im Parlament hat Benedikt die Dogmatiker aller Lager beschämt. Religion und Vernunft schließen sich nicht aus. ZEIT

Der Papst spricht weise Dummheit und Klugheit sind im Bundestag gemäß der Gaußschen Normalverteilung vertreten. Am Donnerstag jedoch blieb die Dummheit vor der Tür des Reichstags, die Klugheit dagegen stand am Rednerpult oder saß davor. Vor dem Reichstag demonstrierten einige Abgeordnete der SPD, der Grünen und der Linken. Rheinische Post

Eine Rede zur rechten Zeit Kleinkarierte Abgeordnete, die gestern dem hohen Gast aus Rom die kalte Schulter zeigten, haben eine der seltenen Sternstunden des Parlaments verpasst. Nicht nur dem Papst, sondern auch dem Plenum darf man großen Respekt zollen. Der Westen

Sperrige Größe Der deutsche Papst macht es den Menschen nicht leicht. Den Katholiken nicht, den Politikern auch nicht. Das ist auch nicht seine Aufgabe. Bonner General-Anzeiger

Der Papst, der nichts zu sagen hat Der Papst, das zeigt auch seine ambitionslose Rede im Reichstag, zieht Massen an, weil er sie in eine Welt einhüllt, in der Autoritäten Mahnungen aussprechen, die niemandem wehtun. Anachronistischer Kitsch. Aber warum nutzt Ratzinger die Chance nicht, in verständlichen Worten ernsthaft zu den Leuten zu sprechen? taz

Nicht mehr zu erwarten Die Bundestagsrede des Papstes wird seine Kritiker nicht überrascht haben. Allenfalls seine Anhänger. Mitteldeutsche Zeitung

Dem Recht dienen Vorneweg: Es war eine würdige Sitzung im Bundestag mit einer Eröffnung durch den Präsidenten des Hauses, die den Papst mit einer hohen Erwartung konfrontierte: Norbert Lammert erhofft sich von den ökumenischen Begegnungen Benedikts XVI. Märkische Allgemeine

Vor dem Protest kommt das Zuhören Wer nicht katholisch und auch sonst nicht fromm ist, betrachtet das ganze Drumherum eines Papstbesuches immer mit leichter Verwunderung. Das gilt sowohl für die Begeisterung der vielen Gläubigen als auch für die teils scharfen Proteste der Papst- und Kirchenkritiker. Märkische Oderzeitung

Chance vertan Die Mehrheit der Ostdeutschen ist nicht religiös gebunden. Katholiken leben, zumal in Norddeutschland, in der Diaspora. Die Mehrheit der Gläubigen stellen hier die Protestanten. Warum ist ein Papstbesuch dennoch so ein Ereignis? Und warum richteten in den zurückliegenden Tagen Menschen aller politischen und religiösen Couleur derart hohe Erwartungen an diese erste Rede eines Papstes vor dem deutschen Parlament? Nordkurier

Wunder-Hoffnung Respektvoll haben die Bundestagsabgeordneten dem Papst zugehört. Die Zahl der Boykotteure war doch kleiner, als zunächst angenommen. Nordwest Zeitung

Ein Heidenspaß Der Papst kommt nach Deutschland – Tausende Demonstranten ziehen auf die Straße. Homo- und Heterosexuelle, Frauenrechtsgruppen, sexualpädagogische Einrichtungen, die Aids-Hilfe, Atheisten und gläubige Katholiken machen ihrem Unmut Luft. Die Kirche gibt sich gelassen, fürchtet aber Vorkommnisse wie bei einem Besuch von Benedikts Vorgänger. Süddeutsche Zeitung

„Ökumene ist für den Papst kein Spiel“ Der Ökumene-Bischof Heinz Josef Algermissen spricht über seine Erwartungen an das heutige Treffen des Papstes mit Repräsentanten der Evangelischen Kirche: Er hoffe auf ein „Zeichen positiver Emotion“. FAZ

Arche Noah der Datenwelt Das Internet gibt sich sachlich und areligiös. Dabei bedienen sich Google, Apple und Co. vieler religiöser Mythen. Frankfurter Rundschau

Schuldenkrise

Europas Orientierungslosigkeit gefährdet das System Die anhaltende Schuldenkrise in Europa und die Sorge um US-Großbanken verunsichert Investoren. Diese Orientierungslosigkeit ist die größte Gefahr. Die Welt

Euro-Bonds? Ja, aber nur für die Elite Deutschland und Frankreich lehnen gemeinsame europäische Anleihen ab. Nun forciert die EU-Kommission einen Kompromissvorschlag: eine gemeinsame Anleihe der europäischen Länder, die Top-Ratings bekommen. Dieser Kreis würde stark an Kerneuropa erinnern. Doch auch die Schuldenstaaten sollen von einer solchen Konstellation profitieren. Süddeutsche Zeitung

Krisensymptom Die Menschen scheuen eine Welt mit hoher Unsicherheit und einer verstörenden Komplexität. Leider ist genau das die Welt, in der wir leben. Folgerichtig flüchten Anleger in Staatsanleihen. FAZ

„Die Gläubiger sehen von einem Euro nur 30 Cent wieder“ An einem Schuldenschnitt für Griechenland führt kein Weg vorbei, sagt Kenneth Rogoff. Im F.A.Z.-Gespräch redet der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungssfondsüber über den Euro als „Ansteckungsmaschine“, die kommende Transferunion, Inflation als Ausweg und die Rettung der Bank. FAZ

Lasst die nutzlose Troika zu Hause! EU, IWF und EZB kontrollieren, ob die Griechen all ihre Sparzusagen einhalten. Wenn sie das nicht tun, droht die Troika damit, kein weiteres Geld an die Hellenen zu geben. Das ist ein schlechter Witz. Financial Times Deutschland

Fehlfokus der Politik Die Geldpolitiker sind in die Ecke gedrängt, weil die Wirtschaftspolitiker ihre Hausaufgaben nicht erledigen. Das gefährdet die wirtschaftliche Erholung – und die großen Staatsdefizite nähren neue Blasen an den Märkten. FAZ

Der IWF verabschiedet sich von fundamentalen Leitlinien Schon unter Strauss-Kahn wurde der Internationale Währungsfonds zunehmend zum globalen Rettungsnetz ausgebaut. Christin Lagarde wird als neue Chefin diesen Kurs beibehalten – und die Popularität des IWF immens steigern. Handelsblatt

Der finanzpolitische GAU wird kommen Es wird Zeit, das Undenkbare zu denken und sich darauf einzustellen: auf die Pleite von Griechenland, Portugal, vielleicht sogar von Irland. Nötig ist eine grundlegende Reform der Euro-Zone. Financial Times Deutschland

Palästina

Wie die UN um eine Antwort auf Abbas ringen An diesem Freitag wird Palästinenser-Präsident Abbas offiziell die Aufnahme eines Staates Palästina in die Vereinten Nationen beantragen – obwohl die USA bereits ihr Veto dagegen angekündigt haben. Ein Sonderausschuss des Sicherheitsrats wird das Ersuchen prüfen. Welche taktischen Spiele dann denkbar sind. Süddeutsche Zeitung

Warum ein neuer Staat eine Chance für Israel ist Die Aufnahme Palästinas in die Vereinten Nationen kann im Interesse Israels liegen. Es würde die Idee eines jüdischen Staates retten. Die Welt

Verzögern, vereiteln und vertrösten Vor kurzem hätte keiner gedacht, dass Barack Obama jemals eine Rede hält, die Benjamin Netanjahu beglückt. Nahost-Diplomatie ist in Amerika eben immer auch Wahlkampf. Auch wenn der Präsident ein „neues Zeitalter des Engagements“ eingeläutet hatte. FAZ

Sicherungsverwahrung

Die Last der Prognose Wenig  Überraschendes lässt sich in den Vorschlägen Leutheusser-Schnarrenbergers zur Reform der Sicherungsverfahrung entdecken. Klar ist aber: Die eigentlichen Lasten der Novelle – und die Verantwortung – tragen die Länder. Frankfurter Rundschau

Justizministerin muss nachbessern Über einen Hauptpunkt können sich die Länder mit Leutheusser-Schnarrenberger auf einer Sonderkonferenz nicht einigen. Die FDP-Politikerin will das nach der Haft angeordnete Einsperren abschaffen. Darum wird noch heftig gestritten. Die Welt

Bund und Länder einigen sich auf Neuregelung der Sicherungsverwahrung Die Länder haben einem Konzept zur Reform der Sicherungsverwahrung zugestimmt. Der Streit um die Abschaffung der nachträglichen Verwahrung ist dennoch nicht ausgeräumt. ZEIT

Weggesperrt Die Reform der Sicherungsverwahrung ist dringend nötig. Die Situation der Inhaftierten ist schlechter denn je. ZEIT

Reifeprüfung Die Reform der Sicherungsverwahrung bringt die Gesellschaft hoffentlich einen Schritt voran. Mitteldeutsche Zeitung

Burnout

Ein öffentliches Beispiel Frisst der zur Massenkultur aufgestiegene Fußball des 21. Jahrhunderts seine Kinder? Ralf Rangnick reiht sich in die Riege der gescheiterten Fußballprofis ein. Frankfurter Rundschau

Das Gute am Rangnick-Rücktritt Der Schalke-Trainer schafft seinen Job nicht mehr. Und gibt das öffentlich zu. Das zeigt, dass im Profifußball ein Klima geschaffen wurde, in dem Sportler Schwächen zugeben dürfen. Financial Times Deutschland

Wenn der Speicher leer ist Seit Juli gab es Anzeichen, dass Ralf Rangnick überlastet sein könnte. In den vergangenen zwei Wochen wurde es so schlimm, dass er nun die Reißlinie zieht: Der Trainer tritt beim FC Schalke 04 zurück, weil er unter dem Burnout-Syndrom leidet. Die Fußball-Branche reagiert verständnisvoll. Süddeutsche Zeitung

Rangnick und der „Infarkt“ der Psyche Ralf Rangnick hat wegen eines Burnout-Syndroms die Reißleine gezogen. Wie dem ehemaligen Schalke-Trainer geht es Tausenden Menschen in Deutschland. Die Erfahrung lehrt: Eine schnelle Rückkehr ist ausgeschlossen. Kölner Stadt-Anzeiger

Die Bundesliga frisst ihre Trainer Die Bundesliga frisst ihre Trainer Die Bundesliga muss sich inzwischen mit dem Begriff „Menschenverachtung“ in Verbindung bringen lassen. Rheinische Post

Todesstrafe für Troy Davis

Unrecht Amerika hat Gewalt immer mit Gegengewalt bestraft. Notfalls auch mit staatlich verordneter Todesfolge. Dieses Verständnis von Recht und Gerechtigkeit, in Europa lange überwunden, gehört zur gesellschaftlichen DNA der Vereinigten Staaten Bonner General-Anzeiger

Schuldig, unschuldig? Tot! In der Nacht zu Donnerstag wurde Troy Davis hingerichtet – obwohl er mutmaßlich unschuldig ist. Eigentlich ist die Schuldfrage für die Bewertung dieses Falles aber unerheblich. Tagesspiegel

Justiz, die über Leichen geht Im Fall Troy Davis, der in der Nacht zu Donnerstag durch die Giftspritze hingerichtet wurde, geht es längst nicht mehr um Schuld oder Unschuld. Es geht um eine Justiz, die über Leichen geht. Der Westen

Barbarischer Akt Die Hinrichtung von Troy Davis zeigt, wie dringend das US-Justizsystem der Korrektur bedarf. Badische Zeitung

‚I Know Troy Davis—My Brother Is on Death Row With Him‘ The scene outside of the Georgia prison where the execution took place The Atlantic

…one more thing!

Facebook wird zum eigenen Internet Mark Zuckerberg macht Ernst: Auf der Entwicklerkonferenz F8 stellt der Facebook-Chef neue Funktionen vor, die das Portal zum Medienkonsum-Zentrum und zum kompletten digitalen Lebensarchiv seiner Nutzer machen sollen. Ein riskanter Plan, doch es winkt eine ungeahnte Machtfülle im weltweiten Netz. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Der Glaube versetzt – in Rage Die Kraft der Kirche zeigt sich darin, wie vehement viele Deutsche den Papst ablehnen. Doch die Abgeordneten, die sich geweigert haben, Benedikt XVI. im Bundestag zuzuhören, haben ihm nur noch mehr Aufmerksamkeit eingebracht. Er hat sie verdient, weil er eine große und menschliche Rede gehalten hat – in der er sich zu den Grund- und Menschenrechten bekennt. Wenn es dem Papst damit ernst ist, müsste das für die Kirche selbst spektakuläre Folgen haben. Süddeutsche Zeitung

Auf die Sprache der Natur hören Mit Spannung wurde der Auftritt des Papstes im Deutschen Bundestag erwartet. Benedikt XVI. präsentierte sich als nachdenklicher Gelehrter und kluger Zeitgenosse. Frankfurter Rundschau

Ein großer Tag In einem Wort hat der Papst ausgesprochen, was viele Bürger wünschen: Politiker brauchen ein „hörendes Herz“. Dieses Papstwort wird zum Grundgesetz unserer Demokratie. Danke, Bürger Benedikt! BILD

Benedikt ganz cool AZ München

Schein und Sein In der Wirtschaftspolitik der Vereinigten Staaten bewegt sich etwas. Oder nicht? Erst stellt Präsident Barack Obama einen Plan zum Defizitabbau vor, dann zieht die Notenbank Federal Reserve mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik nach. FAZ (Print)

Kein kluger Vorstoß Die Palästinenser wollen mit ihrem Antrag auf Anerkennung durch die UN Bewegung in den Friedens- prozess bringen. Die wichtigen Streitpunkte zwischen Palästina und Israel können nur in direkten Verhandlungen geklärt werden Die Welt

Bahn frei für den Strom In den nächsten Monaten wird sich zeigen, was der Atomausstieg den Deutschen wirklich wert ist. Fortan reicht es nicht mehr, erneuerbare Energien ganz allgemein zu loben und zu fordern – Opferbereitschaft ist gefragt. Financial Times Deutschland

Hunting the rich The wealthy will have to pay more tax. But there are good and bad ways to make them do so Economist

Return of the real Obama The soak-the-rich, self-proclaimed class warrior. Washington Post

The Social Contract With shrieks of “class warfare” going back and forth in Washington, a closer look at the data shows just what class warfare looks like. New York Times

„You Don’t Have a Heart“ Rick Perry defends undocumented immigrants, Herman Cain perpetuates an EPA conspiracy theory, Rick Santorum advocates abstinence in the military, and other highlights from Thursday’s GOP presidential debate. Mother Jones