Hartz IV Reform, Guttenberg, Frankreich, Arabische Welt, Commerzbank & Beruf und Familie

Schmerzmittel – mehr nicht Ausgerechnet im Wirtschaftswunderland Deutschland sind besonders viele Menschen über lange Zeit arbeitslos. Doch in den Jobcentern wird für sie nichts getan, sie werden wie Bittsteller behandelt. Süddeutsche Zeitung

Zynisches Kalkül Nach dem Gefeilsche bei den Hartz-Verhandlungen stellt sich die Frage, wer in der Regierung überhaupt die Verantwortung trägt? Tagesspiegel

Hektik auf den letzten Metern Das Misstrauen der Länder gegen die Hartz-Reform sollte als Aufforderung verstanden werden, das Gesetz nochmal in aller Ruhe zu überprüfen. Für Hektik gibt es keine Begründung. Und nur durch Eile wird aus Jämmerlichkeit keine Überzeugungskraft. Frankfurter Rundschau

Guttenberg

Das Urteil Die Universität Bayreuth hat Karl-Theodor zu Guttenberg schneller als erwartet den Doktorgrad aberkannt. Sie erwies ihm damit einen besseren Dienst als er ihr. FAZ

Von oben herab Guttenbergs „Verzicht“ auf den Doktor-Titel war rechtlich irrelevant und politisch eine Blendgranate. Seine Selbstgerechtigkeit schadet der Demokratie. Frankfurter Rundschau

Der Preis des Weitermachens Mit zunehmender Dauer erhält die Plagiatsaffäre um Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg unweigerlich einen karnevalesken Charakter. Täglich kursieren auf den Straßen neue Wissenschaftswitze. Berliner Zeitung

30 rote Ampeln Karl-Theodor zu Guttenberg hat nicht auf seinen Doktortitel „verzichtet“. Das konnte er gar nicht. Richtig ist vielmehr, dass die Universität Bayreuth ihm diesen nun offiziell entzogen hat. Richtig und wichtig ist aber auch: Das Vorliegen einer Täuschungsabsicht wurde nicht einmal überprüft. Bonner General-Anzeiger

Der Doktor aus Absurdistan Die Einlassungen des Ministers bekommen abstruse Züge. Doch beinahe genauso schlimm ist das Verhalten der Union. Auch sie leidet inzwischen unter Realitätsverlust. Hoffentlich hat Angela Merkel den Mut, den Spuk zu beenden. Financial Times Deutschland

Normalo Guttenberg KT, wie ihn seine Fans nennen, von denen er sehr viele hat, lebte bislang davon, etwas Besonderes zu sein. Nicht dieses von weiten Teilen des Volkes graumausige Berliner Mittelmaß aus Kompromiss und Halbwahrheit, sondern ein adliger Seiteneinsteiger. Der Westen

Klare Regeln und viele Fehler Es sieht ganz danach aus, dass CDU/CSU und FDP Karl-Theodor zu Guttenberg stützen, solange er die Mehrheit der potenziellen Wahlbürger noch hinter sich hat. Man kann auch Verständnis dafür aufbringen, dass viele die derzeitige Zitate-Hatz im Netz eher abstoßend finden, vor allem die vielen Helden darunter, denen der Mumm fehlt, mit ihrem Namen für ihre Fehlerfunde einzustehen. Märkische Allgemeine

Das Guttenberg-Opfer Die Union merkt nicht, dass sie kein Kavaliersdelikt deckt, sondern einen Schaumschläger. Mit der Abfälligkeit gegenüber akademischen Regeln verrät sie ihre Kernwähler. taz

Eine Wagenburg ohne Werte Es sind keine guten Tage für die Union. Nicht für ihre Politik, erst recht nicht für die Kanzlerin und ihren Verteidigungsminister. Sie haben eine Wagenburg errichten müssen, um ihren populärsten Mann zu verteidigen. Karl Theodor zu Guttenberg hat sich mit zwei großen Fehlern in eine – an bisherigen Maßstäben gemessen – unhaltbare Lage gebracht. Berliner Morgenpost

Guttenberg-Streit schadet der Truppe Der Doktortitel ist futsch, die Opposition schäumt, doch die Öffentlichkeit steht weiter stramm an der Seite von Karl-Theodor zu Guttenberg. Die Truppe hingegen fürchtet um dessen Glaubwürdigkeit. Stern

Eulen über Eulen Kennen Sie die O-Rly-Eule? Falls nein: Wenn in Internetforen jemand offensichtliche Thesen aufstellt, wird als Antwort manchmal das Bild einer Schneeeule gepostet. Die guckt überrascht in die Kamera, und per Photoshop ist unterhalb ihres Halses zu lesen: „O Rly?“ Financial Times Deutschland

La Grande Nation

Der gefährliche Neid der Franzosen auf Deutschland Die Franzosen beklagen sich über ihren Niedergang. Umso schlimmer wiegt für die „Grande Nation“ der Aufstieg Deutschlands – das ist gefährlich. Die Welt

Frankreich im Dilemma Mit einer Mischung aus Neid, Bewunderung und Angst schaut Frankreich derzeit wieder einmal auf das wirtschaftlich kraftstrotzende Deutschland. Börsen-Zeitung (Print)

Frankreichs falscher Stolz Eine neue Generation von Reaktoren ist zwar billiger – allerdings um den Preis geringerer Sicherheitsstandards. Das Land verkennt einen Trend. Es sollte sich endlich den erneuerbaren Energien zuwenden. Financial Times Deutschland

Arabische Welt

Druck auf Gaddafi Stürzt der Libyer Gaddafi — als Dritter nach dem Tunesier Ben Ali und dem Ägypter Mubarak — werden weitere Domino-Effekte immer wahrscheinlicher. Nicht umsonst hat der saudische König Abdullah seinen Untertanen nun finanzielle Wohltaten angekündigt. FAZ

Gaddafis Regime bricht zusammen In Libyen herrschen anarchische Zustände: Minister und Diplomaten wenden sich von Machthaber Gaddafi ab, Aufständische erobern immer mehr Städte – und haben den ölreichen Osten des Landes unter Kontrolle. Süddeutsche Zeitung

Gaddafis irrsinnige Welt Gaddafi ist verrückt. Das ist keine Meldung. Es ist nichts Neues. Schon der 1981 ermordete ägyptische Präsident Anwar al-Sadat soll erklärt haben, Gaddafi sei hundert Prozent krank im Kopf. Dank Wikileaks können wir nachlesen, was amerikanische Geheimdienste über den Diktator schrieben. Aber wir brauchen das nicht. Youtube langt völlig. Berliner Zeitung

Ein geteiltes Land Libyens Zukunft ist völlig offen. Wird es dem Diktator gelingen, sich weiter an seine Macht zu klammern? Oder was kommt nach ihm? In Ägypten gab es auch unter Mubarak drei Oppositionsparteien, die offiziell anerkannt waren. In Libyen hingegen fehlt diese zivilgesellschaftliche Basis. taz

Obama verurteilt Gaddafis Vorgehen als „abscheulich“ US-Präsident Barack Obama bricht sein Schweigen und zeigt sich schockiert vom Vorgehen des Gaddafi-Regimes gegen Demonstranten. Eine direkte Kritik am libyschen Staatschef aber vermeidet er. Süddeutsche Zeitung

Europa profitiert vom Islam Die Umstürze in unserer Nachbarschaft werden Rückwirkungen auf die europäischen Gesellschaften haben. Auf längere Sicht entkrampft sich das Zusammenleben. Handelsblatt

Die Europäer sollten endlich handeln statt palavern Die Vorgänge in der arabischen Welt bergen eine Jahrhundertchance. Von den europäischen Außenpolitikern hört man aber nur Phrasen. Die Welt

Sanktionen gegen Gaddafi Selbstverständlich wäre die Vorstellung naiv, ein europäisches Einreiseverbot für Mitglieder der libyschen Staatsführung oder ein Einfrieren ausländischer Konten von Muammar Gaddafi würde das Regime politisch in die Knie zwingen. Börsen-Zeitung

Marshallplan als Vorbild Libyen brodelt. Völlig offen ist, was geschieht, wenn Gaddafi fällt. Die Gefahren sind offensichtlich. Und die Chancen? Die Demokratie können Tunesier oder Ägypter nur selbst aufbauen. Die westlichen Demokratien müssen vor allem eines ändern: ihre Haltung. Tagesspiegel

Warum Italien sich mit Libyen-Kritik zurückhält Jahrelang intensivierten die beiden Mittelmeerländer ihre Beziehungen – ein Umsturz in Libyen würde Italien wirtschaftlich belasten. Die Welt

„Wir sind in der Region als Mittler angesehen“ Kurz vor seiner Abreise nach Ägypten hat Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel mit der F.A.Z. über die Finanzfonds gesprochen, mit denen Deutschland der arabischen Welt helfen will. Wichtig sei, dass nicht der Eindruck entstehe, der Westen würde von außen etwas steuern. FAZ

Gaddafi, das Öl und wir Die Revolutionen in Nordafrika belasten unseren Wohlstand. Wir zahlen einen Preis für die Unruhe im arabischen Raum. Warum wir daran mitschuldig sind. Süddeutsche Zeitung

Saudi-Arabien – Hoffnung der deutschen Autofahrer Die Krise in Libyen trifft die deutschen Verbraucher. Langfristig aber besteht kein Grund zur Sorge. Andere Öl-Exporteure springen gerne in die Bresche. Die Welt

Libyen drückt die Börsenkurse Die Unruhen in Libyen machen Investoren nervös. Sie setzen auf Sicherheit und ziehen ihr Geld an anderer Stelle ab – in Asien, den USA und der Schweiz stürzen die Kurse ab. Wirtschaftswoche

Jagd auf das Geld der Ex-Diktatoren Fahnder und Anwälte spüren weltweit das Geld von Ex-Diktatoren auf, die ihre Völker ausgeplündert haben. Wie die Ermittler den versteckten Milliarden der geschassten Potentaten auf die Spur kommen und wie sie Mubaraks Milliarden suchen. Wirtschaftswoche

Autokratien sind nicht typisch islamisch Die Abwesenheit von Demokratien in Nahost wurde oft mit Kulturargumenten begründet. Nicht nur die Revolten zeigen, dass das falsch ist. Zeit

Transformation in the Middle East This is a threshold moment for the entire Middle East. It is still unclear how far revolution will spread and what will come of it, but the president’s deft handling of the crisis has strengthened his foreign policy record. Foreign Affairs

Commerzbank

Scheinheilig Die Commerzbank verzinst die stille Einlage des Bundes nicht, sie zahlt ihren Mitarbeitern 440 Mill. Euro „Boni“, und Neukunden bucht sie 50 Euro Begrüßungsgeld aufs Girokonto. Leistungs- und erfolgsabhängige Vergütungen und Startguthaben kommen, wenn man so will, aus Steuergeldern. Börsen-Zeitung

Die Commerzbank im Soll Die Commerzbank will schon in diesem Jahr mit der Rückzahlung ihrer Staatshilfen beginnen. Vorstandschef Blessing hat die Überweisung des ersten Teilbetrags für dieses Jahr angekündigt. Darf sich der Steuerzahler jetzt freuen? Blessings Ziel ist die Aufhebung der Gehaltsgrenzen. FAZ

Die Commerzbank braucht einen Käufer, keine Kapitalerhöhung Das Geldhaus verspricht, die Staatshilfen in diesem Jahr zumindest teilweise zurückzuzahlen. Der Bund darf sich damit nicht zufrieden geben – und sollte radikale Wege für den Ausstieg des Bundes prüfen. Financial Times Deutschland

Mehr Mut als gut ist Die Commerzbank hat verkündet, die Milliarden-Leihgaben der Regierung noch in diesem Jahr zurückzuzahlen. Wohl auch, weil die Gehälter der Vorstände an die Rückzahlungen gekoppelt sind. Für die Commerzbank sehr ehrgeizige Pläne. Kölner Stadt-Anzeiger

Nur ein schwacher Trost Es mag ja sein, dass der Commerzbank-Chef Martin Blessing keine Bilanzierungstricks angewendet hat, um Ausschüttungen an seine Anteilseigner – vor allem den Staat – zu vermeiden. Das Ergebnis ist dennoch höchst anrüchig. Märkische Allgemeine

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Junge Frauen – Wirklichkeit und symbolische Politik Zwar hat sich die Zahl berufstätiger Frauen mit einer qualifizierten Ausbildung über die Jahrzehnte deutlich erhöht. Dennoch halten weniger Bürger als im letzten Jahr eine Frauenquote in den Führungspositionen für sinnvoll. Nun sind es 22 Prozent. FAZ

Männer und Frauen ticken eben leider doch anders Männer reden über Politik und Autos, Frauen über Familie und Gefühle. Ein Klischee? Eben nicht, fand eine neue Studie heraus. Die Welt

…. one more thing!

Glaubensfrage Ein Muslim lehnt aus religiösen Gründen jeden Umgang mit Alkohol ab. Darf sein Arbeitgeber trotzdem von ihm verlangen, Bierkisten zu stapeln? Das muss heute das Bundesarbeitsgericht entscheiden. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Der Graben in der SPD Olaf Scholz wird der siebte Ministerpräsident seiner Partei. Die Macht der Sozialdemokraten in den Ländern wächst. Deren politische Unterschiede aber, sind ziemlich groß Die Welt

Grüne Delle Von dem Höhenflug zum Niveau einer kleinen Volkspartei, der manchen Grünen-Politiker vor kurzem noch schwindelig gemacht hat, ist in Hamburg nach der Wahl nichts mehr zu spüren. Auch in anderen Ländern und im Bund sinken die Umfragewerte, und inhaltlich bleibt die Partei in letzter Zeit blass. FAZ

Guttenbergs falsche Demut Der Verteidigungsminister hat sich im Bundestag für Fehler in seiner Dissertation entschuldigt. War’s das dann? Zeit

Die Politik braucht Guttenberg Minister zu Guttenberg hat einen schweren Fehler gemacht. Aber das Volk verzeiht. Aber das Leben ist kein Kino. Und die Politik kein Wohlfühlparadies. Er ist Minister auf Bewährung. Wenn er bringt, was erwartet wird, ist die Doktor-Blamage irgendwann vergessen. Wenn er versagt, stürzt Superman ab. Bild

Verlotterte Gemeinschaft Europa beschädigt sich systematisch selbst. Die Revolutionen jenseits des Mittelmeers unterstützt die EU nur halbherzig. Verstöße der Mitglieder gegen eigene Werte nimmt sie locker hin. Frankfurter Rundschau

Afrikas Nordkorea Das sich der Umsturz in Libyen extrem brutal und blutig vollzieht, ist wenig überraschend, denn das Land ist ein politisches Kuriosum: Abgeschottet, vormodern und aus der Zeit gefallen. Es ist so etwas wie das Nordkorea von Nordafrika. Tagesspiegel

Arabische Fragen Über eine unheimliche Revolution AZ

Rückzug antreten Die Commerzbank macht wieder einen Milliardengewinn. Das sind gute Nachrichten – nicht nur für Bankchef Martin Blessing, der das Institut aus der Verlustzone herausmanövriert hat. Financial Times Deutschland

Uprisings Put al Qaeda on Sidelines Wall Street Journal