Opfergedenken, Aschermittwoch, Bundespräsidenten, Konjunktur & Iran

„Niemand kann wiedergutmachen, was geschehen ist“ Mit einer Schweigeminute und einer zentralen Gedenkveranstaltung in Berlin trauert Deutschland heute um die Opfer rechtsextremer Gewalt. Die Welt

Bleibt nur die Bitte um Entschuldigung Sicherheitsvorkehrungen wie bei einem Staatsbesuch: Mitglieder von acht der zehn Familien, deren Angehörige dem Morden der Neonazis zum Opfer fielen, haben ihre Teilnahme an der Gedenkfeier zugesagt. Die Spitzen der deutschen Verfassungsorgane begehen heute einen Akt der Reue: Der Staat muss sich für die falschen Verdächtigungen und die psychischen Qualen entschuldigen, die die Familien erleiden mussten. Süddeutsche Zeitung

Das Gedenken darf nicht ohne Folgen bleiben Der Kampf gegen den Rechtsextremismus muss von Dauer sein: Sechs Forderungen, die zügig umgesetzt werden sollten. Tagesspiegel

Nie zuvor war das Unheil präsenter Wie geht korrektes Gedenken? Es gibt Konzerte, Ansprachen, Denkmäler, Archive und das böse Wort vom „Kranzabwurf“. Gibt es überhaupt ein angemessenes Erinnern, das nicht sogleich ironisiert oder zynisch auseinander genommen wird? Berliner Morgenpost

Betroffenheit auf Knopfdruck? Deutschland gedenkt der Opfer rechter Gewalt. Dem Gedenken muss nun das Denken folgen. Augsburger Allgemeine

Um unserer selbst willen Es soll ein mächtiges Be- kenntnis werden für ein freiheitsliebendes, tolerantes und offenes Deutschland. Der Staatsakt im Berliner Konzerthaus und die landesweite Schweigeminute sind der Versuch der demokratischen Öffentlichkeit, der Welt und auch jenem Teil der Bevölkerung, der das anders sieht, zu zeigen, dass die Bundesrepublik keine Heimstatt für Fremdenhass sein darf. Märkische Allgemeine

Politischer Aschermittwoch

Maß halten und fit werden Beim politischen Aschermittwoch musste sich Horst Seehofer dieses Jahr zurückhalten – mit seinem Amt als Übergangs-Bundespräsident schien die gewohnte Derbheit nicht vereinbar. Deshalb übernahm Edmund Stoiber. FAZ

Stoibers Gaudi Kult waren an Edmund Stoiber seine Versprecher. Mit 70 Jahren lief er gestern zur Höchstform auf. Dass die CSU ihn am Aschermittwoch feiern würde, war klar. WAZ

Die Genossen im Ude-Rausch Das gab’s noch nie: Tausende strömten ins Bierzelt, der – Achtung: – bayerischen SPD. Dort redete ihr neuer Superstar Christian Ude. Ein Ortstermin. Stern

Schweigen im Walde Nehmen wir mal an – was schwer fällt -, es hätte den Fall des Christian Wulff nicht gegeben und auch nicht die Euro-Krise. Was wäre dann gewesen? Was hätte die Politik gemacht? Bonner General-Anzeiger

Auf sie mit Gebrüll Der politische Aschermittwoch hinterlässt einen unangenehmen Nachgeschmack: Die Politik ist mit Wonne auf Pointenjagd, während ihre Erklärungen für komplexe Vorgänge, ihr Eintreten für demokratische Prozesse in unübersichtlicher Zeit lustlos-uninspiriert ausfallen. Kölner Stadt-Anzeiger

Ein Dampfeisbrecher für die Kanzlerin Ob in Passau oder Landshut, ob in Straubing oder Demmin – traditionell wurde am Aschermittwoch zum Ende der Karnevalssaison zum Angriff auf den politischen Gegner geblasen. Dabei ging es nicht immer bierselig zu. In Vorpommern verteilt die CDU-Bundeschefin aber auch viel Lob – für sich, ihre Partei und Europa. Nordkurier

Bundespräsidentenwahl

Die Maultaschen der SPD Den Gauck-Coup mit Solidarität und Selbstlosigkeit zu erklären, ist wie Maultaschen zur Fastenzeit: außen korrekt, innen fett. FAZ

Joachim Gauck und die Freiheit Gauck bietet keine moralischen Hülsen, keine wohlklingenden Gewissheiten, sondern Denk-Stücke oder Zweifel. Es erfordert keine große prophetische Gabe um vorauszusagen, dass solch eine Haltung mehr als Unmut erregen wird. Frankfurter Rundschau

Sturm auf Sturm Verkürzte Zitate, Dramatisierung, böse Fouls – für ihren Umgang mit Joachim Gauck im Netz sind dessen Kritiker zuletzt hart kritisiert worden, auch von anderen Netzautoren. Dass und wie die Gauck-Skeptiker dort jetzt nicht klein beigeben, ist aller Ehren wert. Tagesspiegel

Gauck und der Holocaust Es ist ein reaktionärer Stinkstiefel, der demnächst Bundespräsident dieses Landes werden wird. Aber er ist sicher nicht erste und wird vermutlich nicht der letzte bleiben. taz

Nachbar Gauck Schöneberger Kiez oder Dienstvilla in Dahlem: Der künftige Bundespräsident muss sich bald entscheiden, wo er künftig wohnen will. Im Bellevue gibt es jedenfalls keine Präsidentenwohnung mehr. Berliner Zeitung

Bei Gauck werden die Linken wieder zu Denunzianten Anders als Gauck ist die Linkspartei noch nicht in der Gegenwart angekommen. Das zeigen die Methoden, mit denen sie jetzt Stimmung gegen ihn macht. Die Welt

Linke denkt über Klarsfeld als Gauck-Gegnerin nach Zunächst war es nur ein dahingesagter Vorschlag. Doch jetzt überlegt die Linkspartei tatsächlich, die Nazijägerin Beate Klarsfeld als Gegenkandidatin zu Joachim Gauck für die Bundespräsidentenwahl aufzustellen. Die Journalistin hat 1968 den damaligen Kanzler Kiesinger wegen seiner NS-Vergangenheit geohrfeigt. Klarsfeld zeigt sich nicht abgeneigt. Süddeutsche Zeitung

Christian Wulff – ein Symptom des Systemversagens Der Aufstieg und Fall von Christian Wulff war kein bedauerlicher Einzelfall. Er zeigt vielmehr, wie die Hinterzimmerpolitik Politiker zu Opportunisten macht. Die Welt

Koalition knüpft Ehrensold für Wulff an Bedingungen Der zurückgetretene Bundespräsident Wulff, der die Nacht zu Mittwoch im Krankenhaus verbringen musste, soll seinen Ehrensold offenbar nur unter zwei Bedingungen erhalten. Die Welt

Konjunktur

Konjunkturflaute lässt Steuereinnahmen sinken Zum ersten Mal seit anderthalb Jahren sinken nach Informationen der Süddeutschen Zeitung in Deutschland die Steuereinnahmen. Schuld ist vor allem die schwächere Wirtschaftsleistung. Auch wenn keine Rezession droht – sollten die Einnahmen dauerhaft niedriger sein als erwartet, bedeutet das zusätzliche Belastungen für Bund und Länder. Süddeutsche Zeitung

Schäuble beklagt schwache Einnahmen Die Zeiten stetig steigender Steuereinnahmen sind für den Finanzminister vorerst vorbei. Das liegt vor allem an der Konjunkturflaute. Und überhaupt nicht an den Rauchern. Financial Times Deutschland

Für Steuersenkungen gibt es keinen Spielraum Fiskus und Sozialversicherungen profitieren derzeit von einer gewaltigen Geldschwemme. Der Drang ist groß, die Mittel sofort zu nutzen. Dieser fatalen Begierde sollte die Politik widerstehen. Handelsblatt

Winterdelle verursacht Steuerminus Viele Monate haben Bund und Länder mehr Geld von Bürgern und Unternehmen erhalten, jetzt ebbt die Steuerflut ab: Im Januar überwiesen vor allem Firmen wegen der schwachen Winterkonjunktur weniger Geld an den Fiskus. Deshalb macht sich das Finanzministerium jetzt selbst Mut für die Zukunft. manager magazin

Iran

Teheran spielt auf Zeit Es ist das alte Spiel: Iran erklärt sich mit Fanfarenstößen bereit, konstruktiv mit der Internationalen Atomenergiebehörde zusammenzuarbeiten und bewegt sich dann keinen Millimeter. Trotzdem sollte man die Verhandlungen weiterführen – denn die Alternativen sind keineswegs besser. Süddeutsche Zeitung

Machtkampf in Teheran Vor der Parlamentswahl in Iran befinden sich Revolutionsführer Chamenei und Präsident Ahmadineschad im offenen Konflikt. Von der „grünen Revolution“ aber ist nicht viel geblieben. FAZ

Mullahs erhöhen Kriegsgefahr Teherans Führung will nicht einlenken taz

Schlechte Perspektiven Es gibt Konflikte, die ohne befriedigende Lösungen bleiben, zu sehr prallen verschiedene Weltbilder aufeinander, zu sehr sind beide Seiten in ihnen verhaftet und deshalb unfähig auf den anderen zuzugehen. Badische Zeitung

Europa allein am Golf Der Iran-Konflikt macht das Öl teuer. Die beste Antwort wäre: Effizienter werden ZEIT

…one more thing!

Warum der Europäische Gerichtshof Acta stoppen muss Die EU-Kommission hat dem Europäischen Gerichtshof Acta zur Überprüfung vorgelegt. Nun muss das Gericht sich bewähren und das Abkommen stoppen – denn hinter dem Vertrag gegen Produkt- und Markenpiraterie lauert eine EU-Richtlinie, die wirklich gefährlich ist. In ihr wird wahr, was die Netzgemeinde fürchtet. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Heraus aus dem Schatten des Gatten Kaum kandidiert Joachim Gauck für das Amt des Bundespräsidenten, haben Sittenwächter schon über die Zukunft seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt entschieden: Zuerst soll der Job gekündigt werden, dann wird geheiratet und fortan nur noch gelächelt an der Seite des Ehemanns. Warum eigentlich? Die Degradierung zur bloßen Handtaschenträgerin muss ein Ende haben. Süddeutsche Zeitung

Ehrensold für Wulff! Sollte ein Nachfolger eines Tages unter einen ähnlichen Verdacht geraten wie Wulff, weiß er genau, was zu tun ist – keinesfalls zurücktreten, um den Ehrensold nicht zu verlieren. Frankfurter Rundschau

Wahlkreise Der Gesetzgeber muss die Gleichheit der Wahl im Blick behalten. Da kann es schon einen Unterschied machen, wenn wenige Wahlberechtigte wegen vieler Minderjähriger im Wahlkreis großen Einfluss ausüben. FAZ

Seriosität ist gefragt „Mit Hurra-Parolen allein ist bei der Wahl nichts zu holen.“ Über Udes Auftritt beim Aschermittwoch AZ München

Helft den Pendlern! Wer soll das bezahlen? 1,65, 1,70, 1,75 Euro für einen Liter Sprit – Wahnsinn! BILD

Die europäische Tragödie Die Krise scheint gebannt, doch nichts ist gut. Griechenland bekommt Milliarden, und die Zentralbank flutet die Märkte mit Billionen. Man will Zeit gewinnen. Doch die wird man nicht nutzen, das lehrt Europas Krisengeschichte Die Welt

PSA und GM taugen nicht als Fusionspartner Die Autobauer beschnüffeln einander aus Kostengründen. Eine gemeinsame Perspektive haben sie jedoch nicht. Die ohnehin krisengeschüttelte GM-Tochter Opel könnte durch eine Fusion noch stärker ausgezehrt werden. Financial Times Deutschland

Mehr Respekt für Griechenland! Kein Land trägt wegen der Krise solche Lasten. Ohne Hoffnung lässt sich das kaum ertragen. Die Europäer müssen Griechenland respektvoller begegnen ZEIT

Obama’s Virtual Economy It’s endless fun, fiddling with the dials on the real world. Wall Street Journal