Koalitionsgipfel, Griechenland, Schuldenkrise & Familienpolitik

Ein Knötchen ist durchgeschlagen Der Regierung ist beim Koalitionsgipfel zwar kein großer Wurf gelungen – aber sie hat immerhin Vernunft walten lassen. Ob die schwarz-gelbe Koalition jetzt den ernst gemeinten Versuch macht, aus dem Chaos-Bündnis doch noch eine gewissenhafte Regierung werden zu lassen, muss sich allerdings noch zeigen. Denn dazu gehört mehr als dieses Ergebnis. Süddeutsche Zeitung

Echter Gestaltungswille sieht anders aus Die schwarz-gelbe Einigung ist mehr, als man erwarten konnte. Doch für die Wiederwahl 2013 müssen sich die Koalitionäre noch einiges Gemeinsames einfallen lassen. Die Welt

Schwarz-gelbe Augenwischerei Die Ergebnisse des schwarz-gelben Gipfels gehen auf einen für diese Koalition typischen Kuhhandel zurück: jede Partei bekommt etwas, die Bürger gehen unter dem Strich jedoch leer aus. stern

Clever, aber nicht ungefährlich Eine Klage vorm Bundesverfassungsgericht würde die notwendige Debatte darüber eröffnen, wie viel Kontrolle die Politik überhaupt noch darüber haben soll, wofür sie Geld ausgibt. Jerdoch wer heute gegen teure Steuersenkungen nach Karlsruhe zieht, morgen dort vielleicht andere schwarz-gelbe Kostspieligkeiten beklagt, möchte ja übermorgen selbst regieren. taz

Gipfelmäuse Man soll den Tag nicht vor dem Abend verdammen, gewiss. Aber man muss ihn deshalb auch nicht gleich loben. Was die Berliner Koalitionäre Sonntagabend als Gesamtpaket einer Einigung präsentiert haben, ist vor allen Dingen eines: ein Dokument, aus dem hervorgeht, dass ihnen klar war, nicht scheitern zu dürfen. Bonner General-Anzeiger

Eher ein Päckchen als ein Paket Wie vorzeigbar ist das Ergebnis des Spitzentreffens? Im Hauptstreitpunkt Steuerentlastung muss das Urteil vertagt werden. Hier wird getrickst, um die Länder ins Boot zu bekommen, außerdem werden Versprechen auf die Zeit nach der Wahl vertagt. Kölner Stadt-Anzeiger

Merkels Wochen Angela Merkel scheint derzeit das politische Glück gepachtet zu haben. Erst folgte ihr Europa bei der Eurorettung, dann brachte die Kanzlerin mit dem Franzosen Sarkozy das von den Griechen angerichtete Euro-Chaos wieder in Ordnung, und jetzt ist es dem schwarz-gelben Koalitionsausschuss unter ihrer Führung gelungen, die entscheidenden Streitpunkte bei Steuern, Pflege, Betreuungsgeld und Verkehr aus dem Weg zu räumen. Lausitzer Rundschau

Ein virtueller Durchbruch Ohne die Einigung vom Sonntag hätten Angela Merkel und Philipp Rösler das Regieren gleich einstellen können. Rheinische Post

Griechenland

Papandreou gibt auf Nach Tagen des Chaos haben sich Regierung und Opposition in Griechenland auf ein gemeinsames Bündnis geeinigt – ohne Beteiligung von Ministerpräsident Papandreou. Vordringliche Aufgabe der Übergangsregierung ist die Umsetzung der Brüsseler Sparbeschlüsse. Süddeutsche Zeitung

Große Koalition, nein Danke! Den Griechen ist die Idee des gemeinsamen Meisterns einer Krise fremd taz

Referendum – der verpasste Befreiungsschlag Im Schlingerkurs der griechischen Politik ist das geplante Referendum über die Sanierung der Staatsfinanzen untergegangen. Das ist ärgerlich. Denn dessen Verheißung war bestechend: Es bot die beste Chance auf ein Ende des Chaos. Financial Times Deutschland

Europa und das Orakel von Delphi Papandreous Referendumspläne wurden diskutiert, als wolle er Demokratie durch russisches Roulette ersetzen. Doch der griechische Premier hatte das richtige Grundgefühl: Zur Durchsetzung der von Merkel und Sarkozy diktierten Sparpläne reicht seine Legitimation nicht aus, denn das Land bezahlt die EU-Milliardenhilfen mit der Aufgabe nationaler Souveränität. Das muss das Volk als Souverän genehmigen. Süddeutsche Zeitung

Postdemokratisch? Die Pleite Griechenlands begann mit den Versprechen der Politiker an ihre Wähler. Was jetzt passiert, ist ein furchterregendes Ergebnis von Demokratie. FAZ

Vor dem nächsten Akt Die europäische Zivilisation hat den Griechen vieles zu verdanken. Dazu zählen prägende kulturelle Errungenschaften wie das Drama. Ihre von keinem anderen Land zu übertreffende, 2 500 Jahre alte Erfahrung mit dieser literarischen Gattung stellen die Hellenen derzeit mit einer meisterlichen Aufführung unter Beweis, was die Europäer indes als wenig erbaulich empfinden. Börsen-Zeitung

„Die Griechen müssen die Hauptlast tragen“ Für SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gibt es keine Alternative zum knallharten Sparkurs der Griechen. Die Wiedereinführung der Drachme hält er für zu riskant. Die Welt

Schuldenkrise

Jetzt die Notenpresse Sonderziehungsrechte bergen den Griff nach den Reserven – und letztlich nach unserem Gold. Es wäre der Auftakt zur verbotenen Staatsfinanzierung über die Zentralbank. FAZ

Problemfall Bundesbank Das eigentliche Problem der Euro-Rettung ist die Blockadepolitik der Bundesbank. Durch ihr Veto verpasst sie eine Chance, den Rettungsschirm zu stärken. Frankfurter Rundschau

Euro Wars XXI – Angriff der Bond-Krieger Die Rettung der europäischen Währung wird zur unendlichen Geschichte. Wir wissen schon jetzt, wie sie weitergeht. Financial Times Deutschland

CDU-Abgeordneter bringt italienische Goldreserven ins Gespräch Deutschland will keine Goldreserven der Bundesbank zur Euro-Rettung einsetzen. Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses Krichbaum (CDU) schlägt jetzt vor, dass Italien die Schulden mit eigenen Goldreserven senkt. Handelsblatt

Drohender Herzinfarkt Heute schauen wir noch gebannt nach Athen und wundern uns über die griechische Tragödie. Morgen schon wird Rom in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Denn nicht nur Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou hat keine Zukunft mehr. Bonner General-Anzeiger

Absteiger Europa Die EU wollte die Welt aus der Krise ziehen und ist nun eher ihr Bremsklotz Badische Zeitung

Mögen die Märkte das Volk? Die Ankündigung einer Volksbefragung schockt die Börsen. Was gut ist für die Menschen, muss nicht gut sein für die Anleger. Verschiedene Interessen prallen aufeinander. FAZ

Die Ökonomen sind das Problem Die Theorie von der besonderen Effizienz und Transparenz der Finanzmärkte ist nur etwas für glaubensfrohe Anhänger. Frankfurter Rundschau

What Does Germany Want? In foreign-policy terms, post-war West Germany – and, later, reunified Germany – was utterly predictable: never against the West; always for more Europe. Now, the “Berlin Republic,” while more secure than ever about its identity, is seemingly at sea in its dealings with the world. Project Syndicate

Familienpolitik

Bundesländer können Anspruch auf Kinderbetreuung nicht erfüllen Ehrgeizige Ziele hatten sich die westdeutschen Bundesländer 2007 bei der Kinderbetreuung gesetzt: Jedes dritte Kind unter drei Jahren soll bis 2013 einen Kita-Platz erhalten oder bei einer Tagesmutter untergebracht werden. Laut den aktuellen Zahlen der statistischen Landesämter hat sich der Ausbau der Betreuungseinrichtungen in den letzten Jahren aber sogar verlangsamt. Süddeutsche Zeitung

Das Betreuungsgeld sorgt für Gerechtigkeit Kleine Kinder gehören zur Mutter. Ein finanzieller Ausgleich für Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen, ist deshalb längst überfällig. Die Welt

Die Mär von der Rabenmutter Die Gesellschaft stellt an eine „gute“ Mutter detaillierte und vor allem unerfüllbare Anforderungen: Sie muss natürlich das Kind an die erste Stelle setzen, eine egoistische Mutter geht gar nicht. taz

Liebe Enkelin Ein Blick zurück aus dem Jahr 2042 offenbart die Schwächen unserer Politik, besonders für Familien. Die folgenden Generationen haben viel gutzumachen. Frankfurter Rudschau

…one more thing!

Warum Israel ein Horrorszenario heraufbeschwört Ein Schurkenstück mit Pauken und Raketen: Israels Präsident Peres hat einen Krieg gegen Iran als „immer wahrscheinlicher“ bezeichnet. Die Protagonisten in Jerusalem wollen die Welt so zu schärferen Sanktionen gegen Teheran antreiben – und lassen sich dabei auf ein hochgefährliches Spiel ein. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Kampf um den Schatz der Bundesbank Das Entsetzen ist groß: Ausländer greifen nach den Milliarden unserer Notenbank. Doch die Aufwallungen verstellen nur den Blick auf eine schon fast zwangsläufige Entwicklung der Euro-Krise. Financial Times Deutschland

Kein Grund für Hochmut Kopfschüttelnd schauen viele Deutsche nach Südeuropa. Dramatische Verschuldung, falsche Statistiken und Steuerschätzungen, bürokratischer Schlendrian. Auch bei uns passieren Dinge, die man nicht für möglich hält. BILD

Unredlichkeit Geschacher, Tricks und Winkelzüge. Es waren vor allem südländische Politiker, die in den letzten Wochen heftig gescholten wurden, sie hätten nicht das Wohl der Menschen im Auge, sondern nur ihr eigenes Interesse. Genauer besehen trifft der Vorwurf ebenso auf die ach so deutsch-rationalen Figuren der Bundesregierung. AZ München

Mission Die eigentliche Schlacht der Kirche wird nicht auf dem Feld der Ökumene geschlagen werden, sondern im Ringen um religiöse Substanz. Eine Reformierung muss sich zunächst nach innen richten. FAZ

Der vergessene Krieg Saddam ist tot, Bush abgewählt, der Krieg für beendet erklärt – nun will niemand mehr etwas von Irak wissen. Doch die USA tragen die Verantwortung für die Zukunft des Landes. Frankfurter Rundschau

China und die Kultur Peking will vom Kunstmarkt profitieren und Imagepflege im Ausland betreiben. Man muss nicht gleich an Maos blutige Kulturrevolution denken. Aber der Drang der Einheitspartei zu kontrollieren ist offenkundig Die Welt

Nicolas der Große Bekanntlich kann man aus einem Aquarium eine leckere Fischsuppe herstellen – aber aus der Fischsuppe kein buntes Aquarium beleben. Mit dem Euro ist es nicht viel anders: Aus der Einheitssuppe gibt es kein Zurück mehr zu nationalen Währungen. Wirtschaftswoche

Friedrich der Größte – Triumph und Tragödie eines Preussenkönigs SPIEGEL (Print)

Deutschlands größter Gehaltsreport 150 Berufe im Vergleich Mit Prognose: Wer gewinnt, wer verliert FOCUS (Print)

Sympathy, but no money „THE IMF will never be big enough to save the euro zone.” That is how one IMF official dismissed the idea that the fund would help put up a firewall to protect the euro zone. It could help, obviously, but in the end salvation was for the euro zone to figure out for itself. Economist

The 99 Percent Organize Themselves Besides sleeping in a park, what should those of us sympathetic to Occupy Wall Street be doing to advance the well-being of the 99 percent? The Nation