Atommoratorium, Japan, Konsequenzen der Katastrophe, Libyen & Opel

Gegen Recht und Gesetz Der Beschluss der Bundesregierung, die sieben ältesten Atommeiler zumindest vorübergehend vom Netz zu nehmen, ist kein „Moratorium“. Es ist ein kaum verhohlener Verfassungsbruch. Frankfurter Rundschau

Nicht zu Ende gedacht Mit dem Atom-Moratorium könnte es Frau Merkel ergehen wie einst Gorbatschow mit Glasnost und Perestrojka. Sie selbst hat die Schwächen der bisherigen Politik sichtbar gemacht. Aber wohin die Folgerungen führen, vermag die Kanzlerin (noch) nicht zu sagen. FAZ

Es gibt keine Argumente mehr für die Atomkraft Die Angst vor der atomaren Katastrophe ist nicht irrational. Wann, wenn nicht jetzt, soll über die künftige Energiepolitik der Bundesrepublik entschieden werden? Die Welt

Umstieg jetzt! Die Revolution wird vorverlegt. So muss man, ganz ohne Ironie, sehen, was uns bevorsteht. Deutschland könnte problemlos schon 2017 die letzten AKW ausknipsen. In sechs Jahren! Worauf also warten wir? Berliner Zeitung

Debatten von gestern Sollte die schwarz-gelbe Bundesregierung auch noch nach den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg weiter an einer Abkehr von der Atomenergie festhalten, dann stünde der Einstieg in die von der rot-grünen Opposition favorisierten Energiewende in der Tat auf der Tagesordnung. Märkische Allgemeine

Das Märchen vom sauberen Strom Wer den sofortigen Atomausstieg fordert, ignoriert die gravierenden Nachteile der Alternativen. Eine Stromwirtschaft mit erneuerbaren Energien als Säule ist anspruchsvoll – und vor allem teuer. Financial Times Deutschland

Ein Land fühlt sich betrogen Für ihren Einfluss auf die Politik waren sie lange berüchtigt. Nun werden deutsche Atomkonzerne in die Schranken gewiesen. Süddeutsche Zeitung

Manager fremdeln langsam mit Atomstrom Nachdem die Bundesregierung ihre Meinung zur Kernenergie radikal geändert hat, schwenken nun auch deutsche Konzernschefs um. Das zeigt eine FTD-Umfrage. Noch vor Kurzem setzte sich die Industrie lautstark für Atomstrom ein. Financial Times Deutschland

Merkel – den eigenen Leuten ausgeliefert Eine „Zäsur“, ein „Einschnitt für die ganze Welt“ – so hatte Kanzlerin Merkel noch Anfang der Woche getönt. Und nun? Sie redet über das Morgen und führt Debatten von gestern, Union und FDP ziehen sich in alte Gräben zurück. Ein verheerender Fehler. Süddeutsche Zeitung

Argumentationsschmelze einer Kanzlerin Noch nie ist ein Regierungschef so vorgeführt worden wie Angela Merkel bei der Debatte um die Atompolitik. Ihre Taktiererei ist ihres Amtseids nicht würdig. Stern

„Bombengeschäft“ für Baden-Württemberg Unter Führung von Ministerpräsident Mappus hat das Bundesland Anteile am Energiekonzern EnBW gekauft. Nun werden zwei Atomkraftwerke abgeschaltet – das könnte teuer werden. Süddeutsche Zeitung

Germany’s nuclear policy fault lines Atomic plants are safe from everything except politics. Financial Times

Japan

Die Suche nach Freiwilligen ist erschütternd Aus Japan erreichen die Welt heute besonders erschreckende Nachrichten. Die Betreiberfirma Tepco sucht Freiwillige, die das havarierte Atomkraftwerk Fukushima so lange wie möglich schützen sollen. Menschen, die bereit sind zu sterben, um einen wahrscheinlichen Super-GAU hinauszuzögern. 20 Freiwillige meldeten sich bereits. Ein erschütternder Beweis für die Dramatik der Lage. Rheinische Post

Wo aber Gefahr ist … wächst das Rettende auch. Es gibt nicht nur posttraumatische Belastungen, sondern auch posttraumatisches inneres Wachstum. Japan kann aus der Krise gestärkt hervorgehen. Tagesspiegel

Japan ist nicht Griechenland Das asiatische Land ist enorm verschuldet. Das bedeutet jedoch längst nicht, dass Nippon alsbald in finanziell akute Not gerät und seine Kreditgeber vor den Kopf stoßen muss. Für Anleger besteht kein Grund zur Panik. Financial Times Deutschland

Aufstieg und Fall von „Japan Inc.“ In Japan sind Industrie und Politik auf das Engste miteinander verknüpft: „Japan Inc.“ nannte man das System in den achtziger Jahren. So konnte auch die Tokyo Electric Company über Jahrzehnte Sicherheitsberichte türken und Unfällen herunterspielen, ohne dass die Politik etwas unternahm. FAZ

Trotz alledem: stolz, Japaner zu sein „Die Japaner haben begonnen, ihr Land in einem positiven Licht zu sehen, wie sie es seit 20oder 30 Jahren nicht taten.“ Berliner Zeitung

Der Sinn von Katastrophen Als am 1. November 1755 die schöne Stadt Lissabon durch einen Tsunami und einen Großbrand zerstört wurde – beides ausgelöst durch ein Erdbeben der Stärke 8,7 auf der Richter-Skala – bekam die europäische Aufklärung ihren entscheidenden Schwung. Berliner Zeitung

Globale Konsequenzen der Atomkatastrophe

Die Ankunft des Schwarzen Schwans Das Finanzbeben und die Kernschmelze in Japan haben nicht nur die Welt verändert, sondern auch unsere Wahrnehmung von ihr. Handelsblatt

G7 helfen Japan mit Intervention am Devisenmarkt Nach dem Rekordhoch des Yen greift die japanische Notenbank zusammen mit anderen wichtigen Zentralbanken am Devisenmarkt ein. Das gemeinsame Einschreiten gegen den Höhenflug der japanischen Währung Yen zeigt Wirkung. FAZ

GM-Bänder stehen wegen Teilemangels still Die Befürchtungen bewahrheiten sich: Produktionsausfälle in Japan beeinflussen auch anderswo auf der Welt die Produktion. Einer der ersten Leidtragenden ist General Motors. Auch andere Herstellen mussten ihre Fertigung bereits drosseln. Financial Times Deutschland

In der Balance Welche Folgen hat die Katastrophe in Japan für die deutsche Wirtschaft? Deutschlands wirtschaftliche Verbindungen mit Japan mögen von eher untergeordneter Bedeutung sein. Eine Herausforderung für die Industrie könnten aber sogenannte Drittmarkteffekte werden. FAZ

Frankreich greift Oettinger an Die EU-Kommission und Frankreich streiten offen über den Kurs in der Atompolitik. Der europäische Energiekommissar Günther Oettinger vertrat die Ansicht, die geplanten Stresstests für alle Kernkraftwerke in Europa würden Sicherheitsmängel deutlich machen. Berliner Zeitung

Libyen

Libyen und wir: War da was? Hinter der deutschen Zurückhaltung bei der Libyenhilfe steckt eine unmenschliche Überlegung: Bei der Opposition wissen wir nicht, woran wir sind, aber Gaddafi kennen wir. Darf man von seinem Land nicht etwas mehr Leidenschaft für die Menschenrechte verlangen? Tagesspiegel

Der Despot triumphiert Gaddafis Truppen schlagen die Rebellen zurück. Viel zu wenige aus der Region oder im gegenüberliegenden Europa haben wirkliches Interesse daran, den Aufständischen in ihrem Kampf beizustehen. Doch die Zeit läuft – und sie läuft ab Kölner Stadt-Anzeiger

Fatales Zaudern Der Westen ist nicht zu einer klaren Position gegenüber Libyen bereit. Mitteldeutsche Zeitung

Sieg der Gewalt Was sind eigentlich die Konsequenzen, wenn sich Gaddafi durchsetzt und im Amt bleibt? Nordkurier

Kein Fall für die Bundeswehr Flugverbotszone in Libyen? Augsburger Allgemeine

Einer muss den Job ja machen Die Türkei, Südafrika, Brasilien, Indien, Ägypten, Tunesien – alle diese Staaten wären berufen gewesen, an der Seite der Aufständischen in Libyen einzugreifen. Die USA tun es. taz

What Intervention Looks Like With the Libyan rebels now facing a last stand against forces loyal to Muammar al-Qaddafi, now is the time for the West to intervene. What can Washington and its allies accomplish before it’s too late? Foreign Affairs

No illusions The Arab awakening is succumbing to violence. The outside world has a duty to act. Economist

Opel

Opels kurzer Sologang ist zu Ende Nick Reilly wird neuer Europachef von General Motors. Die entscheidenden Weichen kann die Tochter Opel damit nicht mehr selber stellen. Das muss kein Fehler sein. Handelsblatt

Ungewöhnliche Eile Ohne Vorwarnung wird beim Autohersteller Opel mitten in der Sanierung plötzlich der Vorstandschef ausgewechselt. Warum so eilig? Die Aktion lässt befürchten, dass Detroit mit den Sanierungsfortschritten doch nicht ganz zufrieden ist und vielleicht sogar härtere Einschnitte fordert. FAZ

…one more thing!

Wenn Mutti früh zur Arbeit geht Berufstätige Väter gelten gemeinhin als treu sorgende Familienväter. Berufstätige Mütter werden dagegen schon mal als Rabenmütter abgestempelt. Berliner Zeitung

Leitartikel

Umstieg jetzt! Bessere Stromspeicher, neue Biogasanlagen oder das Verbot der Standby-Funktion : Es gibt viele Möglichkeiten, Atomkraftwerke dauerhaft überflüssig zu machen. Frankfurter Rundschau

Die Volksvertretung ist kein Abnickverein Der Regierung wird verfassungswidriges Handeln vorgeworfen. Gesetze wie zur Laufzeitenverlängerung können nicht einfach außer Kraft gesetzt werden. Die wesentlichen Entscheidungen trifft immer noch die Volksvertretung. FAZ

Auf Sicht regieren im dichten Nebel Umweltminister Röttgen will raus aus der Atomkraft, weil er sie für gefährlich hält, vielleicht auch, weil er Ministerpräsident werden will. Verantwortliche Politik braucht aber Weitsicht und Mut. Tagesspiegel

Schneller, Frau Merkel! Die Bundeskanzlerin und die Atompolitik. AZ München

Das Recht macht es uns oft schwer! Man möchte heulen vor Wut! Ein Rechtsstaat duldet keine Folter. Doch hier will ein in Haft auf Steuerzahlerkosten gut genährter Kindermörder mit diesen Vorwürfen Kasse machen. Wie wäre es mit Reue? Bild

Nichts dazugelernt Der Westen hat Gaddafis Gegenoffensive so lange zugesehen, bis dessen Sieg unvermeidlich geworden ist. Doch die libyschen Rebellen im Stich gelassen zu haben, wird sich rächen. Die Welt

Ein Stück Harmonie für Unternehmen Steuererklärungen sind für viele der blanke Horror. Erst recht für europaweit tätige Unternehmer. Der Vorschlag der EU-Kommission ist ein Schritt auf dem Weg der Besserung – und kann sogar den Euro stärken. Financial Times Deutschland

The fallout Some natural disasters change history. Japan’s tsunami could be one. Economist

Inviting a nuclear emergency We need a safer way to store nuclear waste. Washington Post

How Drone Warfare Creates Terrorists No matter how much anyone talks about „surgical“ strikes and precision bombing, air power and civilian deaths are inextricably bound together. Mother Jones