Wulff, Schuldenkrise, Metro, Wikipedia & Unwort des Jahres

„Kommen Sie wieder, wenn Sie bei einer anderen Zeitung arbeiten“ Politiker haben schon lange Probleme mit der Pressefreiheit. Das Echo auf die Causa Wulff dürfte sie vorsichtiger machen. Frankfurter Rundschau

Eine Phantomdebatte Angesichts der Wulff-Krise ist der Ruf nach einem überparteilichen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt aufgetaucht. Einen solchen zu finden wäre aber geradezu unmöglich. Und eine Volkswahl passt nicht in das Verfassungsgefüge der Republik. FAZ

Die Mechanik des Rücktritts Die Affäre um den Bundespräsidenten zeigt, wie schwer vorherzusehen ist, wann ein Politiker zurücktreten muss. Der gemeinsame Nenner: Selten gelingt der Abgang glatt und unauffällig. Eine Typologie Kölner Stadt-Anzeiger

Schuldenkrise

Was die Euro-Retter verschweigen Wir versuchen, den Euro mit Konzepten zu retten, die alles noch schlimmer machen. Und das nur, weil die Regierungen Angst haben, offen zuzugeben, dass es teuer wird. Handelsblatt

Banken in Volkes Hand Die größte Gefahr lauert im europäischen Bankensystem. Dort eskaliert gerade die Krise. Dafür gilt es Vorkehrungen zu treffen, die nur im Auffüllen des Eigenkapitals bestehen können. Frankfurter Rundschau

Europa rutscht in die Rezession Die Staatsschuldenkrise trifft die Euro-Zone hart. Die Experten der Weltbank rechnen nun mit dem Sturz in die Rezession. Und sollte sich die Krise ausweiten, könnte der Abschwung lange anhalten. Handelsblatt

Standard & Poor’s hat recht Die Ratingagenturen sollten nicht kritisiert werden, wenn sie Ramsch als Ramsch bezeichnen. Die Politik von Kanzlerin Merkel ist tatsächlich untauglich, die Krise in den Griff zu bekommen. Financial Times Deutschland

Die scheinheiligen Regierungen Nun schwadroniert selbst die Kanzlerin darüber, dass man im Umgang mit den Ratingagenturen mal über eine Änderung nachdenken könnte. Was für ein scheinheiliges Geschwafel. Dass S & P überhaupt imstande ist, die gesamte Eurozone in den Ruin zu treiben, haben sich die Regierungen selbst zuzuschreiben. taz

Geliebte Feinde Die Europäer wollen die Macht der Ratingagenturen durch mehr Regulierung brechen. Dabei wäre das Gegenteil richtig: weniger Vorschriften darüber, was ein gutes Wertpapier ist. Financial Times Deutschland

Ungarn

„Wir beugen uns der Macht, nicht den Argumenten“ Zeigt der Druck Wirkung? Nachdem die EU-Kommission mehrere Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, gibt sich Ungarns Ministerpräsident Orbán kompromissbereit. Seine Regierung sei offen, über alle Probleme zu verhandeln, die „auf Basis seriöser Argumente“ vorgebracht werden. Süddeutsche Zeitung

Die Angst der Ungarn wohnt überall Ungarn ist zu einem Staat geworden, in dem es den Bürgern schlecht geht, die nicht mit der Regierung übereinstimmen. An diesem Dienstag entscheidet die EU darüber, ob das Land wegen der umstrittenen Gesetzesänderungen Strafzahlungen leisten muss. Das Durchgreifen des Staates in sämtlichen Lebensbereichen erinnert an russische Verhältnisse – und macht den Menschen Angst. Süddeutsche Zeitung

Ramsch-Land mit Ramsch-Regierung Schluss mit diesem vulgären, kitschigen Machiavellismus: Wir Ungarn müssen Viktor Orbán aus dem Amt entfernen, denn er ist ein schlechter Mensch. FAZ

Metro / Kaufhof

Metro hat noch Zeit, denn Kaufhof verdient Geld Die Entscheidung von Deutschlands größtem Handelskonzern, Kaufhof doch noch nicht zu veräußern, ist eine gute. Das Risiko ist zu hoch. Die Welt

Kein Freibrief Verkehrte Welt? Metro bläst den Verkauf von Galeria Kaufhof ab und erntet Applaus an der Börse. Börsen-Zeitung

Metros blamabler Kaufhof-Deal Die Warenhauskette bleibt vorerst Teil des Einzelhandelskonzerns. Das dürfte kaum jemanden wundern. Der Verkaufsprozess lief zuletzt wie ein schlechtes Gebrauchtwagengeschäft. Die Unsicherheit über den künftigen Eigner wird die tägliche Arbeit behindern. Financial Times Deutschland

Aus der Kurve geflogen Mit seiner Entscheidung gegen den Kaufhof-Verkauf hat der neue Metro-Chef Olaf Koch seinen Vorgänger Eckhard Cordes blamiert. Für Kaufhof brechen harte Zeiten an. Handelsblatt

Wikipedia

Wikipedia offline – Google zensiert sein Logo Protest im Netz: Wikipedia hat seine englischsprachige Website für 24 Stunden vom Netz genommen – und auch andere Seiten setzten ein Zeichen, Google zensiert sein Logo. Der Protest richtet sich gegen die US-Gesetz Sopa und Pipa, die für viele den Urheberrechtschutz zu weit treiben: „Es geht um die freie Meinungsäußerung“, sagt Wikipedia-Mitbegründer Jimmy Wales. Süddeutsche Zeitung

„Macht eure Hausaufgaben früh“ Die englischsprachige Version des Online-Lexikons Wikipedia ist für einen Tag vom Netz gegangen. Damit will Wikipedia auf drohende Zensur hinweisen. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales warnte auf Twitter alle Schüler: „Macht eure Hausaufgaben früh“. In seiner offiziellen Stellungnahme klingt er ernster. FAZ

Für das Recht auf Existenzsicherung Darf die Wikipedia so offensiv Politik machen? Eine massive Kampagne gegen ein US-Gesetz starten und dabei den sich selbst verliehenen Informationsauftrag vergessen – zumindest einen Tag lang? Ja. taz

Black ops Economist

More opponents of PIPA and SOPA emerge on the right LA Times

While Wikipedia’s Down, This Tool Will Answer Your Questions With Google’s Cache The Atlantic

Unwort des Jahres

Unwort, Untat, Ungeist Viele Jahre bezeichnete der Ausdruck „Döner-Morde“ auf vermeintlich griffige Art und Weise Verbrechen an türkischstämmigen Menschen in Deutschland. Doch in diesem Wort wird alltäglicher Rassismus greifbar. Verstanden hat man das jedoch erst jetzt. Süddeutsche Zeitung

Alles wieder gut Über Jahre hinweg und weitgehend unbemerkt dümpelte der Begriff „Döner-Morde“ durch den Wortschatz wie ein Exkrementbröckchen durchs Kinderschwimmbecken. taz

Der Ungeist in der Alltagssprache Die Jury hat die richtige Wahl getroffen: „Döner-Morde“ ist das „Unwort des Jahres 2011“. Der Begriff ist zwar nicht neu, sein fieser Unterton wurde aber erst im Lichte des NSU-Terrors für jedermann deutlich. Kölner Stadt-Anzeiger

Das Unwort Über Jahre mordete eine neonazistische Terrorgruppe im rassistischen Wahn Ausländer vornehmlich türkischer Herkunft. Der Fall braucht einen Namen. Lausitzer Rundschau

Elitäres Zeug Und wieder mal ist es soweit. Die Sprachverliebten haben getagt und entschieden. „Döner-Morde“ ist das Unwort des Jahres. Jawohl, eine vernünftige Wahl, die die Gesellschaft für deutsche Sprache da getroffen hat. Märkische Allgemeine

…one more thing!

Milliardäre, aufgepasst! Das Beispiel Indien macht mit einer Illusion Schluss: dass der Reichtum der Eliten irgendwann zu den ärmeren Schichten durchsickert. Stattdessen sprudeln die Ressourcen der Armen und der Mittelschicht nach oben und konzentrieren sich auf wenige Financial Times Deutschland

Leitartikel

Gefährlich hohe Ziele Martin Schulz will als Präsident des EU-Parlaments mehr Einfluss. Dahinter mag ein guter Gedanke stehen – die Umsetzung aber scheint wenig durchdacht. Financial Times Deutschland

Auf Angriff Der neue Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, wird alles daran setzen, dass seine Institution im machtpolitischen Gefüge der EU nicht die letzte Geige spielt. Das ist auch nötig: Denn sein Einfluss ist gewachsen. Sein Ansehen aber nicht. FAZ

Was Europa gegen Orbáns Bonaparte-Virus tun muss Unter Viktor Orbán wächst mitten in Europa eine gelenkte Demokratie heran, die autoritäre Züge trägt. Ungarn käme heute nicht einmal mehr in die Nähe einer EU-Aufnahme. Merkel, Sarkozy und Cameron müssen sich ihren Freund jetzt zur Brust nehmen. Die schwerste aller Strafen darf zwar nur das letzte Mittel sein. Doch es ist an der Zeit, mit ihr zu drohen. Süddeutsche Zeitung

Keinen Tag zu früh Es war eine quälend lange Zeit, eine Zeit des Abwartens, der Tatenlosigkeit. Jetzt endlich hat Europa reagiert. Es wird ein Verfahren geben gegen Ungarn. AZ München

Abwarten hilft nicht Im Atomstreit mit Teheran deutet vieles auf einen Showdown noch in diesem Jahr hin. Angesichts eines immer aggressiveren iranischen Regimes darf sich der Westen nicht von einer harten Gangart abbringen lassen Die Welt

Neue militärische Weltordnung Die USA wenden sich von Europa ab und der pazifischen Region zu. Für den alten Kontinent bedeutet das eine Schwächung, denn die Sparzwänge schließen hohe Militärausgaben aus. Frankfurter Rundschau

Die FDP wird zur geduldeten Partei Spaßfaktor haben die Freidemokraten nur noch für Schadenfrohe. So schadet die FDP der von Parteien und Parteipolitikern maßgeblich getragenen Demokratie in bisher nicht gekannter Weise. Tagesspiegel

Bitte nachmachen! Deutschland hat einen gigantischen Schuldenberg aufgetürmt: mehr als zweitausend Milliarden Euro! Die Zeche müssen vor allem die Jungen von heute und morgen zahlen. Einer will der Jugend nicht auf der Tasche liegen: Der SAP-Gründer Dietmar Hopp hat seinen (statistischen) Anteil und den seiner Familie an der Staatsverschuldung getilgt. Ganz unbürokratisch, per Überweisung von 100 000 Euro an die Bundesregierung. BILD

Auf die Dax-Chefs wartet ein goldener Ruhestand Die Vorstandschefs der Dax-Konzerne können heute schon mit Renten in Millionenhöhe rechnen. Dank der neuen Vergütungsstruktur – mehr Fixgehalt, weniger Boni – wachsen die Altersrückstellungen immer stärker. Handelsblatt

Trust, but Verify Some recent news out of Egypt shows just how tough diplomacy is going to be going forward. New York Times

Don’t miscalculate against Iran Instead of military action, sanctions remain the best hope for a satisfactory solution. USA Today