Europa, Schulden-Krise, Acta, Sorgerecht & Higgs-Teilchen

Merkel, geschrumpft auf menschliche Größe Die Kräfteverhältnisse in Europa haben sich verschoben. Angela Merkel scheint ihre natürliche Führungsrolle eingebüßt zu haben. Doch das muss kein Nachteil sein: Gerade jetzt kann die Kanzlerin dazu beitragen, das angeknackste Vertrauen zwischen den Euro-Staaten wiederherzustellen. Süddeutsche Zeitung

Merkels bitterer Sommer Bundeskanzlerin Angela Merkel verließ den EU-Gipfel mit einer Niederlage, und auch das Treffen mit Italiens Regierungschef Mario Monti lief nicht optimal. Die Schuldenkrise bringt jetzt auch Deutschland in Gefahr. Kölner Stadt-Anzeiger

Tutto bene Nun ist wohl alles wieder gut – „alles tutti“, wie mancher Deutsche zu sagen pflegt – korrekt gesprochen: tutto bene. Mit den deutsch-italienischen Konsultationen in Rom haben sich die Wogen geglättet, nachdem es erst so aussah, als habe Italiens Regierungschef Mario Monti Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem EU-Gipfel Ende vergangener Woche komplett ausmanövriert. Börsen-Zeitung

Armes Italien Korrupte Behörden und unfähige Politiker drängen Italien an den Abgrund. Angela Merkel versuchte beim Staatsbesuch in Rom auf Mario Monti einzuwirken. Doch der italienische Premier macht gute Miene zum bösen Spiel. Wirtschaftswoche

Sieger und Verlierer Deutschland sah sich selbst bereits als Sieger der Fußballeuropameisterschaft (EM) und wurde dann von Italien im Halbfinale abgefertigt. Und in derselben Nacht erlebte die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, auf dem Brüsseler Treffen der Euro-Gruppe die Grenzen ihrer Macht. Project Syndicate

Wieder stottert der Motor Seit sich Paris und Rom gegen Berlin verbündet haben, kriselt es im deutsch-französischen Verhältnis. Doch ein Aufstand des Südens verspricht wenig Erfolg. NZZ

Fünf Vorschläge für ein neues Europa Die politische Union als logische Folge der Währungsunion kann nur entstehen, wenn die EU sich mit demokratischeren Strukturen ausrüstet, die mehr Europäer einbezieht. Eric Jozsef, Redakteur bei Internazionale, macht einige Vorschläge, wie das bewerkstelligt werden könnte. Internazionale

Traum von der Isolationshaft Britische Konservative wollen mehr Abstand zu Europa, selbst Premier Cameron buhlt um den europafeindlichen Flügel seiner Partei. Doch der Wunsch nach Isolation könnte schneller erfüllt werden, als den Briten lieb ist. Süddeutsche Zeitung

Keine Wirtschaft für junge Leute Die heutigen Hochschulabsolventen können davon ausgehen, dass sie es nicht so gut haben werden wie ihre Eltern – das ist seit 1945 eine Premiere in unserer Gesellschaft. Und das kaputte Wirtschaftsmodell des Westens kann sich die Versiertheit dieser verlorenen Generation in den neuen Technologien nicht zunutze machen. The Guardian

Schulden-Krise

Eurokraten sind für Deutschlands Nöte blind Brüssel ignoriert die deutsche Perspektive in der Euro-Krise. Wenn der Bund aber für angeschlagene Euro-Staaten bürgen soll, muss Brüssel die Ängste der Deutschen ernst nehmen. Oder die Stimmung in Deutschland kippt. Handelsblatt

Schluss mit Gratis-Geld für die Krisenstaaten Bisher greift die EZB den Banken in den Krisenstaaten unter die Arme. Doch eine Daueralimentierung ist keine Lösung. Es droht eine saftige Rechnung für die Sparer – wenn auch mit Verzögerung. Die Welt

Fonds zur Schuldentilgung würde Italien begünstigen Der deutsche Sachverständigenrat hat einen europäischen Schuldentilgungsfonds vorgeschlagen. Ein solcher Fonds würde vor allem Italien helfen, seinen Schuldenberg abzutragen. Es könnte die Hälfte seiner Verbindlichkeiten dort abladen. FAZ

Ökonomen-Aufstand gegen Euro-Retter Dutzende renommierte Wirtschaftsforscher laufen Sturm gegen die Politik der Euro-Retter. In einem Aufruf warnen sie davor, die Steuerzahler der soliden Länder Europas für die Schulden der Südländer bluten zu lassen. Handelsblatt

Die Mär vom Euro-Gewinner Deutschland Deutschland ist der größte Euro-Gewinner. Das werden Europa-Befürworter nicht müde zu betonen. Aber stimmt das wirklich? Abrechnung mit einem Mythos. Tagesspiegel

„In Europa muss es bei Hilfe zur Selbsthilfe bleiben“ Erst war er Wirtschaftsminister, dann trat er aus der SPD aus. Jetzt wird Wolfgang Clement Kuratoriumsvorsitzender der arbeitgeberfinanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Ein Interview über seine Sicht auf die Krise in Europa, die Bildungspolitik in Deutschland und die Energiewende. Wolfgang Clement im Interview FAZ

„Too big to fail“ vorerst weiter eine Bedrohung An die Testamente von neun global operierenden Großbanken knüpfen sich viele Hoffnungen. Doch ein Durchbruch sind sie nicht. Handelsblatt

Sommerkrisen Sommerkrisen sind ein vertrauter Bestandteil der europäischen Geschichte – und der Finanzgeschichte. Tatsächlich war das 20. Jahrhundert von drei Sommerkrisen geprägt, deren Schwere in allen Fällen durch die urlaubsbedingte Abwesenheit wichtiger Entscheidungsträger verschärft wurde. Project Syndicate

Acta

Große Mehrheit im Europaparlament gegen Acta Die Gegner des Urheberrechtsabkommens Acta haben erfreut auf die Abstimmung im Europäischen Parlament reagiert, mit der Acta vorerst gestoppt wurde. EU-Kommission und Vertreter der Wirtschaft kritisierten die Entscheidung. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger warb für eine Neufassung. FAZ

Lektionen eines Sieges Das Internetabkommen Acta ist gekippt, die Gegner feiern. Es ist erschreckend, wie die Politik auf ihren Widerstand reagiert hatte – dabei hätten die Befürworter gute Argumente gehabt. Financial Times Deutschland

Von wegen hysterischer Netz-Mob Die Ablehnung von Acta wird umgedeutet als Beispiel wie sich ein hysterischer Mob im Internet durchsetzt. Doch das Gegenteil ist richtig. Die EU-Kommission hat gezielt Desinformationen verbreitet. Frankfurter Rundschau

Schlampig Als es vollendet war, gab es am Mittwoch viel Drachentöterstolz im Europa-Parlament: Nicht wenige Abgeordnete zeigten sich geradezu überwältigt von der eigenen Courage und Tatkraft, mit der man das Monster Acta zur Strecke gebracht hatte. Bonner General-Anzeiger

ACTA landet im Müll Mit einer überwältigenden Mehrheit lehnte das Europäische Parlament am 4. Juli das umstrittene Abkommen gegen Produktpiraterie (ACTA) ab. 478 der EU-Abgeordneten stimmten dagegen, 39 dafür. Rzeczpospolita

Die Zeit nach Acta Das Urheberrechtsabkommen Acta ist gescheitert. Manches wurde darin zu schlampig formuliert. Doch was kommt jetzt? FAZ

Den digitalen Graben überwinden Das Anti-Piraterie-Abkommen Acta ist im Europäischen Parlament gescheitert. Die digitale Zivilgesellschaft hat ihren Protest gegen eine Politik der Vergangenheit erfolgreich auf die Straße getragen hat. Jetzt muss die Politik endlich Schlüsse aus der neuen Lebensrealität ziehen und mit den Kritikern Lösungen für ein modernes Urheberrecht finden. Süddeutsche Zeitung

Freiheit im Netz ist nicht alles Die Netzaktivisten haben gewonnen. Acta wurde vom EU-Parlament ad acta gelegt. Dabei war das grundsätzliche Anliegen der Unterzeichnerstaaten richtig. Es wäre daher besser gewesen, umfassend nachzuverhandeln, als Acta sofort zu beerdigen. Tagesspiegel

Acta – gestorben am 4. Juli Die Schwarmintelligenz stoppt Acta: Das Europaparlament hat das umstrittene Urheberrechtsabkommen mit den USA und Japan abgelehnt – symbolträchtig ausgerechnet am US-amerikanischen Unabhängigkeitstag. Frankfurter Rundschau

Sorgerecht

Kabinettsbeschluss kratzt an Allmacht der Mütter Das Bundeskabinett stärkt die Rechte lediger Väter. Das passt zum modernen Vaterbild und ist zum Wohle des Kindes. Denn das Kind hat das Recht mit beiden groß zu werden, mit Mutter und Vater. Die Welt

Gebt den Papas ihre Kinder zurück Lange genügte nur ein Wink der Mutter, und der unverheiratete Vater durfte sich nicht um sein Kind kümmern. Es ist gut, dass die Regierung diesen Zustand beendet. Eine Papapolemik. Frankfurter Rundschau

Väter sinnvoll gestärkt Das neue Sorgerecht stärkt die Rechte unverheirateter Väter. Die Kritik am Verfahren ist unberechtigt. Denn ausschlaggebend sollte die Situation des Kindes sein. taz

Rechte und Pflichten der Väter Wer positiv denkt und an die Vernunft glaubt, der wird die Stärkung der Väterrechte als Meilenstein für eine gleichberechtigte Erziehung von Müttern und Vätern feiern. Doch leider gibt es auch eine andere Realität. WAZ

Bezugsperson Darin dürften sich eigentlich alle einig sein: Für die Entwicklung der Kinder ist es wichtig, dass sie sowohl die Mutter als auch den Vater als Bezugsperson haben – zumindest dann, wenn beide das Wohl des Nachwuchses im Blick haben. Bonner General-Anzeiger

Für die Kinder Endlich können ledige Väter auch das Sorgerecht für ihre Kinder gegen Bedenken der Mutter bekommen. Das war überfällig. Lausitzer Rundschau

Ein Kind hat das Recht auf beide Eltern Mit seiner Entscheidung, das Sorgerecht zu reformieren, hat das Bundeskabinett einen großen Schritt zur Gleichstellung getan. Märkische Oderzeitung

Higgs-Teilchen

Eine Sternstunde der Physik Seit Jahrzehnten haben Physiker darauf hingearbeitet. Jetzt haben sie am Cern ein Teilchen gefunden, bei dem es sich um das Higgs-Teilchen handeln könnte. Kommentar von Christian Speicher. NZZ

Teilchen und nicht Gottesteilchen Nach jahrelanger Suche ist jetzt das Higgs-Teilchen endlich nachgewiesen. Eine Entdeckung mit kaum absehbaren Folgen. Ein „Gottesteilchen“ ist es deswegen dennoch nicht. FAZ

„Danke, Natur“ Wie ein unsichtbares Gelee, das sich im gesamten Universum ausbreitet: So darf man sich das Higgs-Feld vorstellen. Bisher war seine Existenz unbewiesen. Jetzt finden Cern-Physiker das Elementarteilchen, das sein Vorhandensein bestätigt – und damit aller Materie Masse verleiht. Süddeutsche Zeitung

Popstar Higgs Rad? Mondlandung? Das heliozentrische Weltbild? Die Entdeckung des Gottesteilchens ist epochal. Weil es den Weg zu neuen Ufern weist. taz

…one more thing!

Schluss mit dem Politsponsoring? Bundespräsident Gauck setzt ein Zeichen: Sein Bürgerfest wird nicht mehr von der Wirtschaft gesponsert. In der FTD-Redaktion ist die Entscheidung umstritten. Ist sie konsequent? Oder teuer und weltfremd? Ein Pro und Kontra. Financial Times Deutschland

Leitartikel

Opposition ist Macht Bislang tragen die Sozial- demokraten den Europakurs der Regierung mit. Doch während die Koalition mehrfach die eigene Kanzlermehrheit verfehlt, wächst das Bedürfnis in der SPD, sich von der Koalition abzusetzen Die Welt

Monster in unserer Mitte Im Jahr fünf der Finanzkrise müssen Regierungen und ihre Bürger erkennen, dass all ihre Pläne fehlschlugen. Das zeigt das Beispiel der britischen Barclays Bank. Noch immer lässt sich die Politik von hemmungslos spekulierenden Banken erpressen, die den Wohlstand und die Stabilität des Westens bedrohen. Um sich aus der Umklammerung der Geldhäuser zu befreien, müssen die Regierungen endlich aufs Ganze gehen. Süddeutsche Zeitung

Zerstritten In keinem anderen Land der Arabellion waren die Gegner des herrschenden Systems so zerstritten wie die syrische Opposition. Bis sie mit einer Stimme spricht, wird noch viel Zeit vergehen. FAZ

Macht des Welterbes Mit der Welterbeliste werden moderne Machtansprüche verhandelt. Bei dem Antrag, die Geburtskirche in Bethlehem aufzunehmen, ging es vor allem darum, Israel vorzuführen. Frankfurter Rundschau

Das Sorgerecht, ein Bekenntnis zum Kind Väter sollen endlich ohne Genehmigung der Mütter das Sorgerecht für ihre Kinder bekommen. Dass sie es erst beantragen müssen, ist richtig ZEIT

Gut gemeint ist nicht gut gemacht Es ist richtig, die Rechte von Vätern und Müttern gleich zu bewerten. Egal, ob der Vater die Mutter seines Kindes geheiratet hat. Das neue Gesetz ist trotzdem Murks BILD

Stumpfes Schwert Über die leeren Drohungen Horst Seehofers. AZ München

Alles außer hilfreich Sollte die Baumarktkette Praktiker untergehen, würde Kunden nichts fehlen. Vor diesem Hintergrund ist der Kampf von Investoren und Unternehmensführung der Ausdruck vollkommener Hilflosigkeit. Financial Times Deutschland

ObamaCare’s Lost Tribe: Doctors The practice of medicine is the Obama health-care law’s biggest loser. Wall Street Journal