Zypern, Prozessabsprachen, Irak-Krieg & Obama in Israel

Ein Schwarzer Peter namens Schäuble Sind wieder mal die Deutschen schuld? Europäische Verhandlungsführer werfen der Bundesregierung vor, sie habe auf der Zwangsabgabe für zyprische Kleinsparer bestanden. Finanzminister Schäuble wehrt sich: Das sei allein Sache der Zyprer. Nun wird klar, wie in der Nacht von Brüssel die Nerven blank lagen. Süddeutsche Zeitung

Laiendarsteller spielen Eurorettung Beschließen, korrigieren, Schuld zuweisen – so verliert die EU als Institution Kapital, das mehr wert ist als all die Milliarden zur Rettung des Euro: Glaubwürdigkeit. Erklärt den Menschen Europa! stern

Die zyprischen Banker gehören bestraft Warum sollen Kleinsparer für die Gier und Spekulationssucht anderer zahlen? Die Manager der Bank of Cyprus und der Laiki Bank gehören ins Gefängnis. Ein Kommentar Frankfurter Rundschau

Wie der Schwanz mit dem Hund wackelt Zyperns Regierungspartei will das Votum übers Rettungspaket verschieben – und der Euro-Zone Zugeständnisse abringen. Zypern führt vor, wie ein Inselstaat, der wirtschaftlich halb so stark wie Bremen ist, die EU erpresst. Handelsblatt

Zyprisches Roulette Das die Abgeordneten des zyprischen Parlaments gestern Abend geritten hat, als sie die Abstimmung über das Hilfsprogramm zu einer Demonstration des Unmuts über die Euro-Partner machten, ist unklar. Es sei eine „Frage der Ehre“, gegen das Hilfsangebot zu stimmen, wurden gleich mehrere Abgeordnete zitiert. Keiner hatte danach die Courage, dem Programm zuzustimmen. In Worten: keiner. Börsen-Zeitung

Der Inselstaat hat auf das falsche Pferd gesetzt Während noch gefeilscht wird über die Lastenteilung für die Sanierung Zyperns und Spekulationen über die Folgen des «Zypern-Deals» ins Kraut schiessen, lohnt sich der Blick in die Statistik schon jetzt. Vergleicht man Zahlen zum zypriotischen Bankensektor von 2007 mit jenen von 2011, muss man sich schon fragen, in welcher Traumwelt die europäischen und zypriotischen Entscheidungsträger gelebt haben. NZZ

„Dann testen wir die Systemrelevanz“ Druck machen und Schock verdauen: Wie die deutsche Politik die von ihr mitverschuldete Krise in Zypern erlebt. ZEIT

Wir sind nicht die Dummen Europas Nach drei Tagen Protest hat die zyprische Regierung beschlossen, von Bankguthaben unter 20.000 Euro keine Zwangsabgaben abzuführen. Doch durch seine geplante Besteuerung aller Konten zur Finanzierung des internationalen Hilfsplans hat Europa gezeigt, dass ihm das zyprische Volk nichts bedeutet, bedauert ein Editorialist. O Phileleftheros Nikosia

Ist Merkel schuld? Na klar! Das von der Euro-Gruppe geschnürte Rettungsprogramm für Zypern und die Zwangsabgabe für Guthaben auf zyprischen Konten stößt auf heftige Proteste. Als Sündenbock gilt Deutschland. Dabei ist es nicht Merkel, die die Fehler des Inselstaates begangen hat, meint ein spanischer Wirtschaftswissenschaftler. El Mundo Madrid

Makabres Spiel mit dem Deutschland-Bashing Auf Zypern ist die Wut über die Zwangsabgabe von Sparern in anti-deutsche Stimmung umgeschlagen. Die Kritik an Deutschland ist falsch. Schlimmer ist nur noch, wie linke Politiker die Proteste missbrauchen Wirtschaftwoche

Flucht in Russlands Arme Was wäre, wenn Zypern EU und Euro aufgibt? Was wäre, wenn nur Russland das Land vor der Pleite retten würde? Moskau würde es zu einem Vasallen machen. Und der Sündenbock ist längst gefunden: Deutschland. Süddeutsche Zeitung

Her mit dem Geld! Stamokap am Bankomat: Zypern droht ein Testfall zu werden. Für eine Politik, die einen politischen Kredit nach dem anderen verbraucht. FAZ

Zyperns Banken bleiben geschlossen Das Parlament hat das Hilfspaket der Eurogruppe abgelehnt. Die Menschen in Nikosia feiern, doch keiner weiß, wie es nun weitergeht. In der Not wendet sich das Land an Russland. Die Banken bleiben weiterhin geschlossen. Handelsblatt

Das Mutterland der Krise und seine Schwester Der griechische Schuldenschnitt riss Zypern in den Abgrund – jetzt schwappt die Misere wieder von der Insel nach Athen. Im Mutterland der Eurokrise wächst die Nervosität. FAZ

Der Eurokrise droht eine neue Eskalationsstufe Nach dem klaren Nein des Parlaments in Nikosia zum Rettungsplan ist die Zukunft des Landes völlig offen. Der desaströse Deal vom vergangenen Wochenende könnte aber die gesamte Währungsunion ins Chaos zu stürzen. Wirtschaftswoche

Prozessabsprachen

Um die Wahrheit darf weiter geschachert werden Absprachen zwischen den Prozessbeteiligten gibt es schon seit 30 Jahren, doch an die dafür geltenden Regeln hält sich niemand. Warum Strafrichter mit dem Deal auf gefährlichen Abwegen sind. Die Welt

Auf dem Basar Der „Deal“ bleibt Gesetz, zugleich aber hebt Karlsruhe warnend den Zeigefinger. Das ist auch ein Akt der Hilflosigkeit. Denn offensichtlich können viele Angeklagte kein faires Verfahren mehr erwarten. FAZ

Karlsruhe zeigt sich fantasielos Die schlampige Handhabe von Urteilsabsprachen wirft ein schlechtes Licht auf die deutsche Justiz. Das BVerfG moniert dies – aber leider nicht mehr. taz

Es lebe der Deal! Der Niedergang des guten alten Strafprozesses ist nicht aufzuhalten – das Bundesverfassungsgericht sorgt nur dafür, dass sich der Abstieg in geordneten Bahnen vollzieht. Frankfurter Rundschau

Guter Deal In deutschen Gerichtssälen geht es manchmal hoch her, doch die entscheidenden Sachen passieren meist draußen. Vor der Tür, im Hinterzimmer, manchmal auch auf der Toilette werden die Köpfe jenseits der Hauptverhandlung gerne vertraulich zusammengesteckt. Märkische Allgemeine

Warnschuss aus Karlsruhe Strafrabatt gegen Geständnis: Was vor ein paar Jahren in den Prozessen gegen Josef Ackermann und Peter Hartz noch die Gemüter erregte, ist in vielen Gerichten zur Praxis geworden. WAZ

Karlsruhe weist richterliche Dealer in die Schranken Das Bundesverfassungsgericht beendet eine unheilige Praxis: Gerichte müssen sich bei Absprachen mit Angeklagten endlich an das Recht halten ZEIT

Der alte Strafprozess ist tot Die Zukunft des Strafverfahrens ist keine gute. Das grundsätzliche „Ja“ des Bundesverfassungsgerichts zur Dealerei in Strafprozessen wird zu einer Art Ablasshandel: (Teil-)Geständnis gegen milde Strafe. Dabei wird nicht mehr unbedingt die Wahrheit gesucht. Sondern gefeilscht, gekungelt und gepokert – vor der Verhandlung. Süddeutsche Zeitung

Zehn Jahre Irak-Krieg

Beginn einer neuen Weltordnung Als sie vor zehn Jahren den Irak angriffen, binnen weniger Tage nach Bagdad vorstießen und Saddam Hussein vertrieben, erlebten die USA ein kollektives Gefühl der Genugtuung. Heute hat sich Amerikas Politik von ihrem hyper-hegemonialen Augenblick weitgehend erholt. Aber um welchen Preis? Süddeutsche Zeitung

Der schmutzige Krieg Heute vor zehn Jahren begann einer der unnötigsten Kriege seit Menschengedenken. Mit dem Ziel der Vergeltung für die Terror-Anschläge vom 11. September 2001 dehnte Amerika aus fadenscheinigen Gründen – Massenvernichtungswaffen! – seine Rachegelüste von Afghanistan auf den Irak aus, entfernte einen Diktator aus dem Amt, hinterließ einen nationalen Scherbenhaufen, der bis heute weit über die Region hinaus destabilisierend wirkt, und verspielte in historischer Dimension Glaubwürdigkeit und Gestaltungsmacht. Bonner General-Anzeiger

Ein Fehlschlag – und ein Verbrechen Der US-Einmarsch in den Irak war nicht nur ein Fehlschlag. Er war sogar ein Verbrechen, weil er ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht war, begründet mit einer infamen Lüge. WAZ

Der politische Sieger heißt Iran Politisch war der Irakkrieg für die US-Amerikaner ein Desaster. Der Umbruch der arabischen Welt erfolgte in Eigenregie. taz

Als Merkel zur Kriegsskeptikerin wurde Mit Gerhard Schröders kompromisslosem Nein zu einem militärischen Eingreifen im Irak ging Angela Merkel vor zehn Jahren hart ins Gericht. Doch die Irak-Erfahrungen, das Versagen der USA, für Demokratie und Sicherheit zu sorgen, lassen die Kanzlerin heute militärisch zögern. Süddeutsche Zeitung

Die Wahrheit starb zuerst Mit der Irak-Invasion wurden viele amerikanische Journalisten zu unkritischen Kriegstrommlern. Das beschleunigte den Niedergang der US-Medien. Der Krieg verhalf Online-Medien und Bloggern zum Durchbruch – etablierte Marken verlieren seither an Wirtschaftskraft und Einfluss. SPIEGEL

Eine geschundene Stadt erwacht Zehn Jahre nach dem Einmarsch der Amerikaner hat sich das Leben in der irakischen Hauptstadt Bagdad normalisiert. Doch der Graben zwischen Schiiten und Sunniten bleibt tief. Die Amerikaner sind weg. Der Unmut vieler Iraker richtet sich gegen ihre Regierung. FAZ

Alltag zwischen Krieg und Frieden Zehn Jahre nach der Irak-Invasion hat die Fotografin Maya Alleruzzo berühmte Plätze Bagdads besucht. Sie vergleicht Bilder von damals mit heute: Wo früher Bomben detonierten, gehen die Menschen einkaufen; wo Militärs patrouillierten, hängen heute Wahlplakate. Doch Frieden kennt das Land noch immer nicht. SPIEGEL

Der Irak-Krieg und die Lehren der USA Der Sturz Saddam Husseins werde zu einer Demokratisierung des Nahen Ostens führen, war sich der damalige US-Präsident Bush sicher. Doch weder ist die Region heute sicherer geworden, noch wurden Saddams angebliche Massenvernichtungswaffen gefunden, mit denen der Krieg begründet wurde. Kein Wunder, dass Amerika den Jahrestag am liebsten verdrängen würde. Tagesschau

Obama in Israel

Obamas Pflicht Im Westjordanland haben sie seine Bilder mit Schuhen traktiert und angezündet, in Israel hat eine Umfrage ergeben, dass nur noch jeder Zehnte ihn mag. Barack Obama ist im Nahen Osten mittlerweile allseits unbeliebt. Jetzt steht er aber trotzdem in der Pflicht, zwei streitende Kleinvölker zum Kompromiss zu drängen. Süddeutsche Zeitung

Obama kommt mit leeren Händen nach Israel Es geht um Symbolik, um nicht mehr: US-Präsident Obama reist ohne einen neuen Friedensplan nach Israel, das Interesse der Amerikaner daran ist deutlich abgekühlt. Stattdessen will er das Verhältnis zu Premier Netanjahu verbessern – denn das hat zuletzt ziemlich gelitten. SPIEGEL

Erst Präsident, dann Pessach Koschere Tage für Obama: Der Präsident nächtigt im Jerusalemer King David Hotel, dass bereits für das Pessach Fest präpariert wurde. Ob Ministerpräsident Netanjahu dem Gast deshalb Ravioli serviert? FAZ

Festung der Mächtigen Wer etwas bewegen will im Nahen Osten, der steigt im ehrwürdigen King David Hotel in Jerusalem ab. Hinter seinen dicken Mauern wird seit 1931 Geschichte gemacht. Nun kommt endlich auch US-Präsident Barack Obama hierher. Süddeutsche Zeitung

Now or Never for Peace The Obama administration seems inclined to let the president use this week’s visit to Israel to reaffirm the same old talking points. Such a staid trip might count as a personal success for Obama, but it will only to damage the administration’s already weak efforts to revitalize the peace process. Foreign Affairs

…one more thing!

„Die Fed spielt mit dem Feuer“ Der Federal Reserve drohen Verluste in Milliardenhöhe, wenn sie ihre lockere Geldpolitik wieder zurücknehmen will. Oder gar die Insolvenz. Rund um das Thema rankt sich in Amerika eine sorgenvolle Debatte. FAZ

Leitartikel

Erst die EU machte Zypern zum echten Euro-Risiko Obwohl Zyperns Wirtschaft winzig ist, fürchten Hunderte Millionen Sparer in ganz Europa um ihr Geld. Obendrein hat die EU das Land zu einem Systemrisiko gemacht. Eine erstaunliche Leistung. Die Welt

Wir Sündenböcke Ob Griechen oder Spanier, ob Portugiesen oder Zyprioten – diese Länder haben jahrelang Geld ausgegeben, als gäbe es kein Morgen. BILD

Kämpfen sollen die anderen Die Bundesregierung wird keinen eigenen Verbotsantrag gegen die NPD stellen. Das offenbart die deprimierende Rückgratlosigkeit der schwarz-gelben Regierung im Kampf gegen rechts. Um das „Ob“ eines Antrages geht es längst nicht mehr. Süddeutsche Zeitung

In der rechten Ecke Es fällt der Autorin gerade bei diesen beiden nicht leicht, aber sie muss dem FDP-Chef und dem CSU-Chef in je einem Punkt rechtgeben: Philipp Rösler mit seiner Skepsis gegen ein NPD-Verbotsverfahren und Horst Seehofer mit seiner Kritik an Röslers banalisierender Begründung AZ München

Kritik am Euro muss nicht populistisch sein Die Euro-Kritiker der „Alternative für Deutschland“ könnten für manche Wähler zu einem Ventil werden. Gefährlich für Merkel wird die neue Partei aber erst, wenn sie darauf verzichtet, Vorurteile zu bedienen. Tagesspiegel

Mission erfüllt? Saddam wurde gestürzt, doch der Preis des Krieges gegen den Irak war hoch. Die Invasion Amerikas, dessen Beginn sich an diesem Mittwoch zum zehnten Mal jährt, war in den Augen vieler ein großer strategischer Fehler. FAZ

Deutsche Bank halbiert nachträglich den Gewinn Die Deutsche Bank korrigiert nachträglich die Geschäftszahlen für das Jahr 2012. Die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten werden um 600 Millionen Euro auf 2,4 Milliarden Euro erhöht. Die Aktie legt deutlich zu. Handelsblatt

Democrats, Dragons or Drones? Iraq might seem to have been the last place in the Middle East we should have tried to help establish a democracy, but it was the most important. New York Times

Republican ‚autopsy‘ shows way for party to rise again Our view: The Democrats‘ rebound from ’88 provides a model. USA Today

GOP report fails to offer solutions Opposing view: Highlighting pro-life and other social issues holds the key to the party’s revival. USA Today