TV-Duell Merkel – Steinmeier, Afghanistan

Zu einem Duell im klassischen Sinn kam es nicht im deutschen Fernsehen, eher zu einem Zweikampf zwischen Politikern und Journalisten. Und der ging nicht zu Lasten der Politiker aus, urteilt die Süddeutsche Zeitung.

Die Vertreter der großen Koalition, Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Steinmeier, führten, von vier Moderatoren unterfordert und in die Irre geführt, eine wahre Gespenster-Veranstaltung auf. Die wirklichen Probleme des Landes kamen nicht zur Sprache. Thema verfehlt! meint Die Welt.

Wer erwartet hatte, dass die Bundeskanzlerin und ihr Herausforderer mit dem schwerem verbalen Säbel aufeinander losgehen, der ist enttäuscht worden. Das hätte freilich auch weder dem bisherigen Wahlkampf von Angela Merkel noch der Persönlichkeitsstruktur des SPD-Herausforderers entsprochen, finden die Stuttgarter Nachrichten.

Merkel gab Steinmeier keine Chance zur Profilierung, blieb Kanzlerin, offensichtlich bewusst. Steinmeier schaffte es nur für wenige Momente, den Angreifer zu geben. Ihm fehlte, und ihm fehlt offensichtlich grundsätzlich, die notwendige Brutalität, die Rücksichtslosigkeit gegenüber den vergangenen vier Jahren gemeinsamer Regierung. Es gab nur einen einzigen Moment von Wahlkampfpolemik, als Steinmeier Merkel vorrechnete, wie viel Wachstum sie brauche, um die versprochene Steuererleichterung auszugleichen, so die Berliner Zeitung.

Steinmeier wirkte gestern Abend gelassener als seine derzeitige Chefin, fast so, als habe er die absehbare Niederlage schon verarbeitet. […] Auch unter diesem Aspekt lautet seine unausgesprochene Konsequenz: dann lieber länger große Koalition. […] Merkel blieb sich treu – als beste Sozialdemokratin, die das Kabinett derzeit hat (nicht als die Marktradikale, als die sie sich vor vier Jahren präsentierte). Fazit: Da können zwei miteinander – und das hat man gestern Abend gut gesehen, meint der Bonner General-Anzeiger.

Das soll es also gewesen sein, das „große(?) TV- Duell(?)“. Nun, bei Lichte besehen war es weder eine Sternstunde des TV-Journalismus – eher im Gegenteil – noch eine Glanzleistung der politischen Kommunikation. Letztere hatte vielmehr Pflichtveranstaltungs-Charakter. […] Vorhang zu, alle Fragen offen, urteilt das Mindener Tageblatt.

Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier wirkten über weite Strecken dieses Fernseh-Duellchens wie ein in die Jahre gekommenes Ehepaar, das sich ganz ordentlich arrangiert hat und es noch ein paar Jahre miteinander aushalten könnte. […] Für den aufgeklärten, fernseherprobten Staatsbürger bewies der gestrige Abend endgültig: TV-Duelle dieses Formats sind nicht das behauptete politische Großereignis, das den Ausgang von Bundestagswahlen beeinflusst, so die Ostthüringer Zeitung.

Es begann mit übergroßer Nervosität auf beiden Seiten. […] Erst mit fortschreitender Sendezeit fingen sich beide. Und da zeigte der Herausforderer eine Souveränität und eine Klarheit, die man ihm so gar nicht zugetraut hätte, findet die Rheinische Post.

Die Wahlentscheidung 2009 lautet Schwarz-Gelb oder Große Koalition II. Es hätte in dieser Runde schon einen Guido Westerwelle gebraucht, um offenzulegen, wie sozialdemokratisch die CDU inzwischen geworden ist. Und es hätte auch eines Oskar Lafontaine bedurft, um den Wählern mit linker Grundüberzeugung ein Gefühl dafür zu geben, ob jeder, der mehr Gerechtigkeit verspricht, auch vertrauenswürdig ist, so die Westdeutsche Zeitung.

Immerhin! Der Wahlkampf kommt ein wenig auf Touren, wenn auch sehr spät und ganz langsam. Kanzlerin und Kandidat erwachen aus dem Dornröschenschlaf – dem TV-Duell sei Dank. […] Streiten um Inhalte und Programme und das im direkten Vergleich – davon hätte man sich in den vergangenen Wochen nicht nur im Fernsehen durchaus mehr gewünscht. Dass die Kanzlerin und ihr Vizekanzler aus dem Duell keine Schlammschlacht machen würden, war schon im Vorfeld sonnenklar, urteilt Allgemeine Zeitung.

Afghanistan

Irgendwie drang aus dem Außenministerium ein Zehn-Punkte-Programm nach außen über Abzugsstrategien aus Afghanistan. Offiziell widerspricht Kanzlerkandidat Steinmeier nicht der Absprache mit der Union, dass keine Termine absehbar sind. Dennoch schaltet er sich aber damit in den Wahlkampf ein, urteilt die Thüringer Allgemeine.

Nicht nur SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier entwirft – im Wahlkampf – Szenarien für das militärische Engagement in Afghanistan. mit China und Russland halten sich zwei Länder beim Versuch der Stabilisierung des Landes zurück, obwohl ein Sieg der radikalen Islamisten sie stärker bedrohen würde als etwa Deutschland. Sie beobachten die Probleme des Westens lieber mit klammheimlicher Freude, so das Handelsblatt.

Leitartikel

Was SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier am Wochenende getan hat, ist nicht mehr und nicht weniger als ein Tabubruch. Zwei Wochen vor der Bundestagswahl tritt der Außenminister eine Debatte über einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan los. Zum falschen Zeitpunkt. Financial Times Deutschland

Ob in Frankreich oder Deutschland, in China oder Amerika: Weltweit wird die Autoindustrie vom Staat gestützt. Die Probleme der Branche löst dies jedoch nicht – im Gegenteil. Süddeutsche Zeitung

Im Fall Opel wird der Staat selbst zum wirtschaftlichen Akteur. Um diesen Systembruch zu rechtfertigen, mussten den Menschen monatelang eine ganze Reihe von Mythen und Lügen eingehämmert werden. FAZ

Nein, das war kein spannendes Duell; das war eine Fachdiskussion zwischen Kanzlerin und Vizekanzler. Und diese Diskussion war ein Signal: Weder ­Merkel noch Steinmeier hätten etwas dagegen, wenn die Große Koalition fortgesetzt würde. BILD

Es geht’s ums Ganze“, heißt es auf den Wahlplakaten der Grünen über einer blauen Erdkugel – ganz so, als drohe beim falschen Wahlausgang der Weltuntergang.Auch die SPD versucht auf dem Wege einer Anti-Atom-Kampagne den Bürgerentscheid am 27.September zu einer klima- und energiepolitischen Richtungswahl hoch zu stilisieren. Ist er das wirklich? Die Welt

Härtere Strafen? Georg Thanscheidt, stellvertretender Chefredakteur der AZ über den S-Bahn-Mord. Abendzeitung

Wir sind in Frankfurt am Main Zeugen eines seltenen Vorganges geworden. Vertreter der Schriftsteller und der Intelligenz verbrüderten sich mit der Macht. Kurzum: Buchmesse und PEN haben sich gewaltig blamiert. Frankfurter Rundschau

„Reichtum für alle“, dieses Wahlversprechen der Linken ist geradezu emblematisch für eine Haltung weit über den Sympathisantenkreis dieser Partei hinaus, die alles haben – aber die Kosten nicht tragen will. Beispiele? In der Wirtschaftswoche.

Traditionalists are at war with free-marketers, and the far right’s resentment is deepening. Is conservatism dead? Mother Jones

Free speech for me, but not for thee. The Supreme Court ponders whether speech curbs are constitutional. Economist