Ungarn, Konklave, Bundestagswahlkampf, Agenda 2010, Europa, Backnang & BER

Stich ins Herz des Rechtsstaats Die größte Gefahr für die Nation droht von ihrem größten Verehrer: Premier Viktor Orbán hatte zu Beginn seiner Amtszeit eine Revolution angekündigt. Es sieht so aus, als wäre der ungarische Staat bald wirklich nicht mehr jener, der er war. Süddeutsche Zeitung

Orban zerstört die Kultur des Rechtsstaats Die Regierungsmehrheit hat umstrittene Verfassungsänderungen im ungarischen Parlament beschlossen. Befugnisse des Verfassungsgerichts wurden so sehr eingeschränkt, dass es seine Kompetenz verlor. Die Welt

Ungarn verabschiedet sich vom Rechtsstaat Mitten in Europa gibt ein Land das Prinzip des Rechtsstaats auf, Ungarn entmachtet sein Verfassungsgericht. Premier Orbán baut seinen Einfluss massiv aus, Bürgerrechte werden eingeschränkt. Jetzt kommt Staatspräsident Áder nach Berlin – doch Kritik der EU-Partner verhallt meist ungehört. SPIEGEL

Orban betreibt einen Putsch von oben Es ist erst ein gutes Jahr her, dass sich Ungarns Premierminister Viktor Orban eine neue Verfassung hat schneidern lassen. Nun wurde der Text von Orbans Zweidrittelmehrheit im Parlament jedoch bereits zum vierten Mal abgeändert – man könnte auch sagen: erneut verschärft. Rheinische Post

Die Demokratie in Ungarn retten Der rechtskonservative Regierungschef Viktor Orbán bewegt sich mit der Änderung der Verfassung im Grenzbereich der Demokratie. Dass das Verfassungsgericht Änderungen des Grundgesetzes nur noch formal und nicht inhaltlich überprüfen darf, ist ein massiver Einschnitt. WAZ

Unreif Einst wurde Ungarn als Vorreiter der Wende von 1989 gefeiert. Aus Kommunisten wurden Sozialdemokraten. Doch wurde im Westen übersehen, dass die Macht in Apparaten noch lange in den Händen derer lag, die sie schon vorher hatten – auf Kosten politischer Aufarbeitung sowie der Wirtschaft. Märkische Oderzeitung

Konklave

Gut, dass die Welt beim Konklave draußen bleibt Die Kirche soll so sein wie wir – sie soll aber auch das ganz Andere sein. Kann sie gleichzeitig Traditionen bewahren und theologischen Fortschritt bieten? Was will die Welt vom neuen Papst? Die Welt

Die Stimmen der Deutschen Sie sind nicht Papst, aber sie wählen ihn: Paul Josef Cordes, Walter Kasper, Karl Lehmann, Reinhard Marx, Joachim Meisner und Rainer Maria Woelki sind bei der Wahl des Nachfolgers des deutschen Papstes stimmberechtigt. FAZ

Der Wunsch nach Erweckung Das Konklave zur Papst-Wahl beginnt, doch unter den Kardinälen soll es Meinungsverschiedenheiten geben. Es bleibt zu hoffen, dass sie die Welt hineinlassen – denn die Kirche muss Schritt halten mit einer digitalisierten Gesellschaft. Tagesspiegel

Man stelle sich vor, ein Chinese wird Papst Ein Gedanke mit Sprengkraft: Was, wenn am Ende dieser Woche kein Italiener, Ungar, Afrikaner oder Kanadier an die Loggia von Sankt Peter treten würde, sondern ein Mann aus „einem fernen Land“. Die Welt

Wie die Kardinäle den Papst wählen Von heute an sucht die katholische Kirche ein neues Oberhaupt. 115 Kardinäle versammeln sich zur Papstwahl in der Sixtinischen Kapelle, draußen wartet die Welt auf den weißen Rauch. Doch wer darf überhaupt Papst werden? Wer ist wahlberechtigt? Antworten auf zentrale Fragen zum Konklave. Süddeutsche Zeitung

Die Suche nach dem neuen Papst beginnt In der Sixtinischen Kapelle kommen die Kardinäle zusammen, um einen neuen Papst zu wählen. Das Konklave läuft wie eine große Liturgie ab, doch die Wahl ist ein vergleichsweise demokratisches Verfahren. Der perfekte Kandidat wird nicht gewinnen. Berliner Zeitung

Bundestagswahlkampf

SPD

SPD will Steuern erhöhen Die SPD hat ihr Wahlprogramm vorgestellt. Dem Entwurf zufolge will die Partei mit umfangreichen Steuererhöhungen und verminderten steuerlichen Begünstigungen für höhere Einkommensgruppen dem Staat Milliardeneinnahmen verschaffen. Mit dem Geld sollen sozialpolitische Vorhaben finanziert werden. FAZ

Die neue Mitte war einmal Egal, wie man zu den einzelnen Punkten steht, eines muss man der SPD zubilligen: Ihr Wahlprogramm umreißt klar, was sich bei einem Regierungswechsel ändern soll. Es ist eine deutliche Alternative zur Politik der CDU: Wer gut und sehr gut verdient, muss sich auf höhere Belastungen einstellen. Wer wenig hat, soll besser gestellt werden – ein wahrhaft roter Faden zieht sich durch das Programm. Märkische Allgemeine

Steinbrücks Beine Das muss man den SPD-Größen schon lassen: Je tiefer die Krise, desto großspuriger ihr Auftreten. Es ist zur Zeit nicht einmal sicher, ob die Sozialdemokraten das vernichtende Resultat von 2009 überhaupt werden halten können. Bonner General-Anzeiger

Der Wackelkandidat steht wie ein Fels Peer Steinbrück erwischt einen guten Tag. Das Wahlprogramm der SPD stellt er mit Verve und Inbrunst vor. Aber nimmt ihm das Volk seinen Linksruck ab? stern

Neu erfunden Peer Steinbrück galt einmal als Mann der Mitte. Ihm trauten die SPD-Strategen zu, was für Parteichef Sigmar Gabriel unmöglich sei: Die Wähler des politischen Zentrums bei der Bundestagswahl 2013 für die SPD zu gewinnen. Mitteldeutsche Zeitung

Klassenkampf light Auf den ersten Blick kann einem der SPD-Kanzlerkandidat fast leidtun. Mindestrente, Steuererhöhungen, Frauenquote: Das Wahlprogramm seiner Partei zwingt Peer Steinbrück Positionen auf, die so gar nicht zu dem Reformer und Deregulierer passen, der er einst war. Nordwest Zeitung

FDP

Gegen den Nanny-Staat hilft nur purer Liberalismus Der Egalitarismus hat den Liberalismus in allen Lebensbereichen abgelöst. Ein Irrweg. Schließlich stützt sich die liberale Idee auf die unerbittliche Logik der Dinge – und auf die Erfahrung. Die Welt

Was die FDP nicht so gerne sagt Mit schöner Regelmäßigkeit kommt das Thema hoch: Braucht die Bundesbank mehr Einfluss im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB)? Börsen-Zeitung

FDP will Union überzeugen Die Homo-Ehe bleibt ein Streitthema: Die Grünen wollen einen Antrag zum Adoptionsrecht einbringen und die Liberalen damit locken. Doch die FDP will den Koalitionsbruch nicht riskieren. Frankfurter Rundschau

CSU

Die neue CSU, eine alte Bekannte Eine „schrille Minderheit“? CSU-Generalsekretär Dobrindt attackiert Schwule und Lesben – dabei wollte Parteichef Seehofer die Christsozialen doch eigentlich modernisieren. Ein Vergleich von Seehofers Aussagen zur „neuen CSU“ mit der aktuellen Realität. Süddeutsche Zeitung

Schrill, schriller, Dobrindt Die Union ringt um ihren Kurs bei der Homo-Ehe – dabei ist für CSU-Generalsekretär Dobrindt die Sache klar: Die Union werde sich nicht von einer „schrillen Minderheit“ treiben lassen. In der CDU reagiert man verschnupft – FDP-Generalsekretär Döring spricht von einer Beleidigung. SPIEGEL

Zehn Jahre Agenda 2010

Die Reformlust ist weg Vor zehn Jahren präsentierte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Agenda 2010. Nachfolgerin Angela Merkel ging das damals alles nicht weit genug. Heute sähe man sie gern da, wo Schröder damals schon war. Wirtschaftswoche

Deutscher Reformstau Vor zehn Jahren wurde in Deutschland die Agenda 2010 lanciert. Heute ruht sich die Politik auf deren Lorbeeren aus. NZZ

Erfolg, ohne zu handeln In der Euro-Krise hat Angela Merkel gehandelt. Doch in der Innenpolitik herrschte Reformmüdigkeit und Tatenlosigkeit. Frankfurter Rundschau

Agenda 2010: Niemand darf sich entziehen Als Gerhard Schröder sich vor zehn Jahren ans Grundsätzliche machte, war das der Anfang vom Ende seiner politischen Karriere. Die Erfolge konnte seine Nachfolgerin verbuchen. Dass Angela Merkel notwendige Strukturreformen angehen wollte, lässt sich nicht erkennen. Tagesspiegel

Der Adler ist gelandet Mit der Agenda 2010 hat Gerhard Schröder vor zehn Jahren einen Reformschub ausgelöst, von dem Deutschland heute noch zehrt. Doch inzwischen ist der Berliner Reformeifer erlahmt. Stuttgarter Zeitung

Zehn Jahre Agenda 2010 – was die Reformen bewirkt haben Am kommenden Donnerstag vor zehn Jahren stellte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder die Agenda 2010 vor. Ihre Einführung gehört zu den brisantesten wirtschaftspolitischen Entscheidungen des vergangenen Jahrzehnts. Eine Bilanz. WAZ

Der Staat muss investieren Ohne anständige Bildung verdammen wir die junge Generation zu Hilfsarbeitern der Globalisierung. Das ist die Herausforderung für eine dringend gebotene Agenda 2020. Franlfurter Rundschau

Erfreulicher Anstieg der Arbeitskosten Die Arbeitskosten in Deutschland sind deutlich gestiegen. Das ist auf höhere Bruttolöhne zurückzuführen, und damit ein wirtschaftlicher Erfolg, der in den Geldbeuteln der Arbeitnehmer endlich wieder ankommt. Frankfurter Rundschau

Länger arbeiten? Ja, bitte gern Den Deutschen wurde bisher eingeredet, je früher sie in Rente gingen, desto besser. Das Gegenteil ist wahr: Es fehlen flexible Regelungen, um die Lebensarbeitszeit zu verlängern – zum Nutzen aller. Die Welt

Europa

Europa hat seine Bürger verloren Das Eurobarometer zeigt, was die Wahlergebnisse in den einzelnen Euro-Ländern nur Stück für Stück verraten haben: die Krise hat das Vetrauen in die EU zerstört. Nach dem Euro, muss jetzt das Vetrauen Europas gerettet werden. Am besten vor den Wahlen 2014. El País Madrid

Daten über Reichtum erst nach Zypern-Rettung Die Euro-Notenbanken sammeln Daten darüber, wie reich die Europäer sind. Sie wollen sie aber erst allesamt veröffentlichen, nachdem das Rettungspaket für Zypern auf den Weg gebracht worden ist – denn sie sind politisch brisant. FAZ

Wo Euro-Vermögen sind Die Vermögensdaten der Europäische Zentralbank werden zeigen, was viele ohnehin wissen: In der Eurokrise wird nicht von Reich zu Arm umverteilt, sondern von Regeltreuen zu Regelbrechern. FAZ

Mission impossible Die Türkei ist zur Regionalmacht aufgestiegen und gehört zahlreichen internationalen Institutionen an, doch mit der EU wird seit den Sechzigerjahren erfolglos über einen Beitritt verhandelt. Hat das Land die Chance verstreichen lassen und wird sich mit der Rolle des Subunternehmers der USA im Mittleren Osten begnügen müssen? Cumhuriyet Istanbul

Premier Erdogan bekämpft religiöse Minderheiten Der türkische Regierungschef setzt Zionismus mit Faschismus gleich und unterdrückt alles, was nicht seinem Weltbild entspricht. Wer denkt, das seien alles Probleme der Türkei, täuscht sich gewaltig. Die Welt

Backnang

Volles Vertrauen Das deutsch-türkische Verhältnis ist eng, kompliziert und nicht frei von Konflikten. Ändern wird sich daran auf absehbare Zeit wenig. Der Brand in Backnang mit seinen tragischen Folgen sollte nicht neues Misstrauen säen. FAZ

Verständliches Misstrauen Nach der Tragödie in Backnang setzt der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann ein wichtiges Zeichen des Mitgefühls an die Migranten in Deutschland. Frankfurter Rundschau

Misstrauen gegen Misstrauen Die Türkei trauert um die Opfer von Backnang. Gleichzeitig macht sich Misstrauen breit. War es wirklich ein Unglück? Im Sinne guter Beziehungen zur Türkei gibt es jetzt nur einen Weg: den völliger Transparenz. Tagesspiegel

BER

Mehdorn will Tegel offenhalten Der neue BER-Chef Hartmut Mehdorn möchte die Möglichkeit von zwei Flughäfen in Berlin prüfen. Zudem plädiert er für möglichst lange Nachtflugzeiten. Aufsichtsratschef Matthias Platzeck widerspricht sofort. Berliner Zeitung

Kalkulierter Fehlstart Das war ein Einstand nach Maß, so wie er zu diesem Pannen-Projekt passt: Keine sieben Stunden im Job sorgte der neue Flughafenchef Hartmut Mehdorn für eine weitere BER-Panne. Er sinnierte öffentlich darüber, ob man Tegel nicht doch offen halten könne, wenn der BER in Betrieb geht. Märkische Allgemeine

Ein Dienstbeginn wie ein Düsenjet Der neue BER-Chef Hartmut Mehdorn denkt laut darüber nach, Tegel offen zu halten und düpiert so gleich an seinem ersten Tag die Politik und die Berliner. Doch er könnte alle Beteiligten dazu bringen, endlich wieder in Alternativen zu denken. Tagesspiegel

Mehdorns erste Amtshandlung heißt Tegel retten BER-Chef Mehdorn bringt eine längere Öffnung des Flughafens Tegel ins Spiel. Er will die Belastung auf Berlin verteilen – und erntet Kritik. Berliner Morgenpost

Dahinter muss Al Qaida stecken Flughafen-Desaster, S-Bahn-Chaos, ein Loch in der East-Side-Gallery – Harald Martensein ist sich sicher, dass zumindest einige Berliner Politiker eine bewusstseinsverändernde Substanz verabreicht bekommen. Tagesspiegel

…one more thing!

<Betriebe flüchten aus der Ausbildung Trotz Fachkräftemangel werden immer weniger Ausbildungsverträge geschlossen. Nur noch jeder fünfte Betrieb bildet aus, steht in dem noch unveröffentlichten Berufsbildungsbericht. Auch die Zahl der Lehrstellen sank. Handelsblatt

Leitartikel

Die Agenda 2010 ist tot. Es lebe die Agenda 2010! Das Wahlprogramm der SPD ist eine Wiedergutmachung für alle zweifelnden Sozialdemokraten. FAZ

Bitte mehr Bescheidenheit Die Arbeitskosten in Deutschland steigen stärker als im EU-Durchschnitt. Das bedeutet nichts Gutes für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und für die Beschäftigten. Denn der Trend gefährdet Deutschlands Stellung als Exportnation, von der bislang alle profitiert haben. Süddeutsche Zeitung

Stadt, Land, Union? jetzt hat die CDU schon wieder einen Großstadt-Bürgermeister verloren. Diesmal in Wiesbaden. BILD

Europäische Biedermänner Ungarns rechte Regierung schafft mit jeder Verfassungsänderung die Demokratie ein wenig mehr ab. Die halbherzigen Reaktionen der EU darauf haben die Lage zudem verschlimmert. Frankfurter Rundschau

Eine Zeitenwende Über die anstehende Papstwahl: Der nächste Papst muss vielen Rollen gerecht werden, der Reformdruck ist enorm. AZ München

In Chinas Mega-Städten zählt der Mensch nichts Das von Peking so gefeierte Modell der systematischen Urbanisierung hat schlimme Folgen: verschmutzte Luft, Korruption und ein Heer von Arbeitern, die Bürger ohne Rechte sind. Die Welt

Prepare for endgame in North Korea The US and China should pool ideas on the nuclear threat Financial Times

Obamacare’s other benefit More than medical care, it can open the door to the democratic empowerment of millions of poor Americans. Los Angeles Times

Bob Woodward’s Dark Days Woodward’s recent flap reveals a grotesquely swollen ego fed by 40 years of hero worship. In Newsweek, Max Holland asks: why is this man an American icon? NEWSWEEK

Confidence Woman Facebook’s Sheryl Sandberg is on a mission to change the balance of power. Why she just might pull it off TIME