Wahlkampf, FDP, US-Aussenpolitik & G 20

Gedacht wird in der Politik vor allem von den Rändern her. In der Mitte wird dann abkassiert – das muss sich ändern. Süddeutsche Zeitung

In der Endphase des Wahlkampfes warnen SPD und Grüne vor einer bürgerlichen Regierungsmehrheit von Union und FDP, als werde diese Deutschland ins Verderben stürzen. Doch das ist bloße Wahlkampfrhetorik – als Horrorvision taugt eine schwarz-gelbe Regierung nicht. FAZ

Was Opposition und Medien ständig einfordern, den aggressiven und stimmungsvollen Wahlkampf, das ist den Wählern ein Graus. Tagesspiegel

Von „Wahlbetrug“ und „ergaunern“ ist die Rede: Die falsche Wortwahl, wenn es um Überhangmandate geht – wenn Kanzlerin Merkel sich mit diesen Extra-Sitzen die Macht sichern will, hat das aber trotzdem ein „Gschmäckle Nürnberger Nachrichten

Aussichtslos und Spaß dabei. Die Grünen haben ein Problem: keine Aussicht auf Regierungsbeteiligung. Während die Parteispitze Optimismus zeigt, ist der Basis das Ende der Farbenspiele sehr recht. Süddeutsche Zeitung

Die Grünen haben eine „Jamaika“-Koalition ausgeschlossen, die SPD ist gegen Rot-Rot-Grün, die FDP will keine „Ampel“. Bleibt da für die Grünen nur ein Platz auf der Oppositionsbank? Auf dem Kleinen Parteitag wurde die SPD kaum weniger attackiert als die Union. FAZ

Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der deutschen Politik, dass sie es längst mit einem Fünf-Parteien-System zu tun hat und trotzdem in den Lagerschablonen des vergangenen Jahrhunderts tickt. Nicht zuletzt vier Jahre Große Koalition haben dafür gesorgt, dass die kleinen Parteien gar nicht mehr so klein sind. Lausitzer Rundschau

Was hat er bloß, der Karl-Theodor, was andere nicht haben? Gewiss, der Mann ist von Adel, hat Manieren, besitzt Millionen und sieht bei günstigem Lichteinfall aus wie Lothar Matthäus. Nürnberger Zeitung

Germany goes to the polls next Sunday, and hardly anybody cares. There are three frequently stated reasons for this lack of interest. First, the campaign has been exceptionally dull. Second, Angela Merkel will almost certainly re-emerge as chancellor no matter what the result. And third, nobody expects any concrete policy changes. The first of those judgments is correct, the second is correct but misleading. The third is wrong Financial Times

FDP-Parteitag

Westerwelle fährt die Ampel um! Mit der Totalabsage an andere Koalitionen als schwarz-gelb geht Westerwelle ein Risiko ein. Doch steckt dahinter auch das Kalkül, zusätzliche Stimmen zu ernten. Handelsblatt

Angela lacht, Frank-Walter weint. Für die Kanzlerin ist es ein Triumph, ihren Wunsch-Koalitionspartner ganz auf ihre Seite gezogen zu haben, für den Kanzlerkandidaten ist es eine Niederlage. WAZ

Mit der FDP haben alle Parteien die Optionen ausgeschlossen, mit denen eine große Koalition verhindert werden könnte. Wer schimpft, muss aber offen sein für neue Bündnisse. Süddeutsche Zeitung

Sowenig man in der Post-Ypsilanti-Ära auch auf Wahlversprechen geben mag: Würde sich die FDP doch mit SPD und Grünen zusammentun, machte sie sich nur noch lächerlich. Am Wahlsonntag geht es um eine Richtungsentscheidung. FAZ

Auf Schwarz-Gelb festgelegt und der SPD eine kategorische Absage für eine Ampel erteilt. Was aber, wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht? Die Welt

Die FDP ist in diesem Bundestagswahlkampf die einzige der vier Parteien mit Chancen auf einen Platz am Kabinettstisch, die den Wählern reinen Wein einschenkt. Sieben Tage vor der Entscheidung sagt sie klipp und klar, dass sie nur regiert, wenn es mit der Union reicht. Kölnische Rundschau

Merkels FDP! Die FDP bindet sich als Mehrheitsbeschafferin an eine CDU, die von ihren Inhalten nichts umsetzen will. FDP-Chef Westerwelle ist auf Kanzlerin Merkel angewiesen, sie nicht auf ihn. taz

Bürgerliche Regierung – oder wieder Opposition. Nicht alle Liberalen halten das taktisch für klug. Die Zeit

Strategisch mag dieser Kurs Westerwelle zudem zum Erfolg, also an die Macht, führen. Politisch ist die Entscheidung der FDP gleichwohl höchst zweifelhaft. Die Liberalen signalisieren: Mit denen nicht! Die, mit denen nichts geht, sind die Sozialdemokraten. Mit den Grünen dagegen scheint es schon zu gehen, irgendwie jedenfalls Berliner Zeitung

Guido Westerwelle hat das Clownskostüm gegen die Staatsmannsuniform eingetauscht, und die lange Zeit der Albernheiten ist längst dem Habitus des gut durchbluteten Gentleman gewichen. Damit er ein neuer Genscher oder Scheel wird, muss seine Partei jetzt nur noch mitregieren. FAZ

US-Aussenpolitik

Da verstehe einer die Amerikaner. Vergangenes Jahr noch war die Stationierung eines amerikanischen Raketenabwehrsystems in Osteuropa oberstes Gebot der Sicherheit. Ohne Alternative. Kein Preis war zu hoch für dieses Konzept FAZ

Wen im Weißen Haus innenpolitische Zwänge einschnüren, der wirft sich gern den Mantel des „mächtigsten Mannes der Welt“ über, um auf der internationalen Bühne am großen Rad zu drehen und womöglich Erfolge zu feiern, die das politische Konto auch zu Hause auffüllen. Berliner Zeitung

An diesem Dienstag will der amerikanische Präsident Obama mit Israels Ministerpräsident Netanjahu und Palästinenserpräsident Abbas zusammenkommen, um die Nahostfrage zu erörtern. Dem Dreiergipfel geht eine lange Vorgeschichte voraus, bei der Ägypten eine entscheidende Rolle spielt FAZ

Obama sammelt Glanzpunkte. Es läuft nicht gut in der US-Innenpolitik. Deshalb will der Präsident auf internationalem Parkett seine Stärke zeigen. Frankfurter Rundschau

The New Defense Realism: President Obama canceling a deeply flawed antimissile system in Eastern Europe was a true victory -pragmatism trumped ideology. Foreign Policy

Obama’s Missile Offense. It’s better these days to be a U.S. adversary than its friend Wall Street Journal

Mit der Abkehr vom Raketenschirm in Osteuropa setzt US-Präsident Obama ein deutliches Zeichen. Ist dies der Rückzug des Westens von seinem globalen Gestaltungsanspruch? Die Welt

A Return to Reality, missile defense wasn’t the answer. Newsweek

Missile defense, Iran, and the U.S. agenda for the General Assembly: US-Aussenministerin Hillary Clinton über die kommende UN-Woche Foreign Policy

G-20

Beim G-20-Gipfeltreffen in dieser Woche in Pittsburgh steht Angela Merkel unter Druck. Viele Teilnehmer werden sie auffordern, die milliardenschweren Konjunkturankurbelungsprogramme fortzusetzen. Tagesspiegel

Der US-Präsident hat vor dem G20-Gipfel Schritte zur Reform der krisengeschüttelten Finanzmärkte in Aussicht gestellt. Vor allem die Jagd „nach schnellen Profiten und dicken Manager-Prämien“ könne nicht mehr hingenommen werden. Financial Times Deutschland

… one more thing!!

In Kopenhagen haben wir in diesem Jahr die Möglichkeit, die historisch richtige Entscheidung zu treffen. Der Klimagipfel bietet nicht nur eine Gelegenheit, künftige Katastrophen zu verhindern, sondern auch, das weltweite Wirtschaftssystem fundamental zu verändern – schreibt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im Tagesspiegel

Leitartikel

Westerwelles kleine Mitte. Die FDP tut so, als habe sie zur allgemeinen Beruhigung der Wähler das Zentrum besetzt. Westerwelle peilt mit Schwarz-Gelb aber keine Mitte für alle an. Er hilft beim Sortieren der Lager. Frankfurter Rundschau

Sieben Tage vor der Bundestagswahl haben wir endlich Klarheit: Neustart mit Schwarz-Gelb oder aber Neuauflage der Großen Koalition. Denn die FDP hat die Tür zu einer Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen mit lautem Knall zugeschlagen BILD

Westerwelle knipst die Ampel aus. Die Liberalen haben sich auf ein bürgerliches Bündnis festgelegt und schließen ein Bündnis mit SPD und Grünen definitiv aus. Dies beschloss die FDP auf einem Sonderparteitag in Potsdam. Financial Times Deutschland

Das Kanzleramt wird keinen Umzug erleben. Doch was Mieterin Angela Merkel dort ausrichten will, um Deutschland aus der schweren Krise zu führen, wird sie uns auch nach der Wahl so schnell nicht sagen. Wirtschaft und Tarifparteien müssen einen Teil der nötigen Impulse selber geben Handelsblatt

Wer immer die Bundestagswahl gewinnt – der Job des Bundesfinanzministers wird grausam: Er wird Steuern erhöhen und sparen müssen. Nur – wo? Lassen Sie uns zwei Alternativen durchspielen – sparen bei Hartz IV oder bei den Subventionen für die Solarenergie? Wirtschaftswoche

Regieren mit Überhangmandaten? Der Streit um Vorteile für Schwarz-Gelb durch das Wahlrecht. AZ München

Die Verhandler haben ganze Arbeit geleistet. 7120 eckige Klammern enthält das jüngste Entwurspapier für ein neues Klimaabkommen; sie umklammern strittige Punkte, offene Fragen, Optionen, Ausnahmen und Ausnahmen von Ausnahmen. Ob die Welt bald mit einem neuen besseren Abkommen gegen den Klimawandel antritt, ist knapp drei Monate vor der entscheidenden Konferenz in Kopenhagen offen. Süddeutsche Zeitung (Print)

Beschränkt handlungsfähig. Volle vier Monate hat es gedauert, bis nach der Europawahl ein neuer Kommissionspräsident bestellt wurde. FAZ (Print)

Silvio Berlusconis Macht zerfällt, der Herbst des Sultans Die Welt

Obama’s Presidency Isn’t Too Big to Fail. A president has only so much capital to expend, and Barack Obama is dangerously overdrawn. The Nation

Angela Merkel would like to head a new coalition. That would be just the start to answering Germany’s long-term problems Economist