Steuern, Fiat, NPD-Verbot, Guantanamo & Obama

Darf man in der Krise mit Steuersenkungen werben? Ja, wenn die Richtigen entlastet werden – und die Parteien sagen, wer das Ganze bezahlen soll. Tagesspiegel

Steuererleichterungen sind so schön wie teuer – und auf absehbare Zeit nicht finanzierbar. Dass nun ausgerechnet ostdeutsche Ministerpräsidenten, Kritik an Merkels Kurs üben, wird sie gar nicht verwundern. Mit falschen Versprechungen haben die neuen Länder schon schmerzliche Erfahrungen gemacht. Thüringer Allgemeine

Da lassen sich – als Wahlwerbung – gleich noch vollmundig Steuerentlastungen ankündigen. Angesichts der zur Konjunkturrettung zugesagten Unsummen ist Inflation sowieso programmiert, da kommt es auf das Defizitkriterium kaum noch an. Und Geldentwertung ist für den, der große Kredite zurückzahlen muss, wie etwa den Bund, genau genommen ein Geschäft. Märkische Oderzeitung

Vordergründig geht es um die Frage, wie im Rahmen des Wahlprogramms das Steuerkonzept aussehen sollte. Tatsächlich aber geht es um den Kern der christdemokratischen Botschaft: Verspricht die Union den Wählern für die nächste Legislaturperiode eine große steuerliche Entlastung? Oder tritt sie an mit einer Kanzlerin, die vor allem eines verkörpern soll: Solidität, Vertrauen und Glaubwürdigkeit in der Wirtschafts krise? Süddeutsche Zeitung (Print)

Nach dem Etat für Arbeit und Soziales gibt der Bund inzwischen das meiste Geld für Schuldzinsen aus. Geplant waren für diesen Posten für dieses Jahr etwa 40 Milliarden Euro. Vermutlich werden es mehr. Angesichts dieser Zahlen ist eine Diskussion um Steuersenkungen – so schön die Entlastungen für jeden Einzelnen wären – eine Phantom-Debatte. Augsburger Allgemeine (Print)

Fiat will drei deutsche Opel-Standorte bewahren: Bochum, Eisenach und Rüsselsheim, Kaiserslautern nicht. Die Sensation dabei ist nicht, dass Kaiserslautern zur Disposition steht, sondern dass die anderen drei gerettet werden sollen. Denn Opel hat größere Probleme als sein kleines Werk in der Pfalz. FAZ

Arbeitern bei Chrysler werden Schauer des Schreckens über die Rücken gelaufen sein, als Fiat-Chef Sergio Marchionne jüngst großspurig verkündete, dass die Fusion von Fiat, Chrysler und der deutschen General Motors-Tochter Opel vom technischen und industriellen Standpunkt eine „himmlische Hochzeit“ sei. Die Welt

Ausgerechnet Fiat könnte Opel helfen. Ja, daran werden wir uns auch noch gewöhnen müssen. Dass unsere, natürlich überaus fundierten, Vorurteile nicht mehr so recht taugen für die Blaupausen der Zukunft. . Berliner Morgenpost

Um die Rettung von Opel ist ein politischer Wettkampf ausgebrochen. Inmitten der tiefsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten geht es eben nicht nur darum, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten. Zudem soll das staunende Volk erkennen, wer der beste Retter im Lande ist, wer mehr als Krisenmanager leistet und wer in diesem Konjunkturtief die größte Kompetenz in Wirtschafts- und Arbeitsmarktfragen hat. Berliner Zeitung

Fünf sozialdemokratische Innenminister haben am Montag eine Dokumentation vorgelegt, die den verfassungsfeindlichen Charakter der NPD belegen und einem neuen Verbotsverfahren gegen diese Partei Nahrung geben soll. FAZ (Print)

Die Dokumentation bringt zwar wenig Neues für Fachpolitiker und Experten, aber darum geht es auch nicht. Die SPD-Minister geben mit ihrem Werk der bislang richtungslosen öffentlichen Debatte über ein erneutes NPD-Verbotsverfahren endlich eine Basis und Struktur. taz

Die Politik muss endlich die Grundsatzfrage klären: Will sie die NPD verbieten oder durch ein Netz an Spitzeln so gut es geht kontrollieren? Süddeutsche Zeitung

Der Riss in Sachen NPD-Verbot geht quer durch die Union. MV-Innenminister Caffier und seine ostdeutschen Amtskollegen sind klar für einen erneuten Verbotsantrag. Gut so. Bei den Unions-Amtskollegen aus den alten Ländern werden dagegen Bedenken geltend gemacht. Ostee-Zeitung

Guantanamo steht exemplarisch für die Parallelwirklichkeiten der großen Koalition. Während die Bundesregierung den Amerikanern längst Hilfe signalisiert hat, gerieren sich einzelne Parlamentarier immer noch als Verteidiger des Vaterlandes vor Gefangenen unter Generalverdacht. Die Amerikaner sollten selbst mit dem von ihnen angerichteten Schlamassel fertigwerden, lautet die ebenso populistische wie realitätsferne Forderung. Süddeutsche Zeitung (Print)

Dass die Bundesregierung in Berlin sich mit einer Hilfszusage schwer tut, ist verständlich, aber auch ungerecht: Dem Personenkreis ist allein durch die Form der Lagerhaft bitteres Unrecht widerfahren. Natürlich muss bei der Prüfung ausgeschlossen werden können, dass man sich eine Terrorzelle ins Land holt: Aber der Rechtsstaat sollte so selbstbewusst sein, um zu der positiven Empfehlung zu kommen: Yes, we can. Generalanzeiger Bonn

Sein Vorgänger hat US-Präsident Barack Obama genügend Baustellen hinterlassen. In der Außenpolitik besinnt sich das Land auf die erfolgreiche transatlantische Partnerschaft – und verlangt eigene Vorschläge der Europäer, meint Hans-Dietrich Genscher im Tagesspiegel

Leitartikel

Ein neuer Autogigant? Von wegen! Der Italiener Marchionne wird mit seinem Zweckbündnis Fiat-Opel-Chrysler wohl scheitern – sein Plan ist einfach zu komplex. Süddeutsche Zeitung

Der Fiat-Chef hält eine Fusion mit Chrysler und Opel für eine Traumhochzeit. Tatsächlich wäre sie das Resultat blanker Torschlusspanik: Ohne Zukäufe kann Fiat auf Dauer nicht überleben. Financial Times Deutschland

Opel ist (noch) kein Staatsbetrieb. Die Regierung muss dafür sorgen, dass bei möglichen Opel-Hilfen kein Cent Steuergeld verschludert wird. Sie darf aber nicht Unternehmer spielen und Bedingungen diktieren, die jeden Investor vergraulen. BILD

Was auch passiert, der Europarat kommentiert. Es gibt kaum eine Menschenrechtsverletzung, ja kaum eine Naturkatastrophe irgendwo auf der Welt, die Straßburg nicht mit einer Stellungnahme bedenkt. So läuft er Gefahr, nicht mehr richtig ernst genommen zu werden. FAZ

Die Gründe, sich mit Margaret Thatcher und ihrem Erbe zu beschäftigen, hören nicht auf. Das ist keine Frage von Jahrestagen, etwa des Gedenkens an den Mai 1979, in dem die Eiserne Lady an die Macht kam. Die Welt

Barack Obama, der Präsident der großen Hoffnungen, ist in den Niederungen der Realpolitik angekommen. Das zeigt sein Umgang mit Guantánamo und Folter. Frankfurter Rundschau

When the US president suggests that America has made mistakes in its dealings with Europe or the Muslim world, he is quite deliberately sending a signal. To his conservative critics, it is one of weakness. But mature democracies should not be afraid of open discussion. Financial Times

In the face of a crisis in drug-related violence, Mexico should reconsider its policy criminalizing marijuana. Los Angeles Times