Europawahl, SPD & Arcandor

Ein Trauerspiel: Die Beteiligung ist lächerlich, es gibt mehr Gaga-Kandidaten sowie rechtsradikale und antieuropäische Gruppen als je zuvor. Das liegt weder an kritischer Berichterstattung noch an der Wirtschaftskrise. Schuld sind die Eliten Financial Times Deutschland

Die SPD hält beinahe ihr Europawahlergebnis von 2004 – und alle reden dennoch von Desaster. Die CDU bekommt kräftig einen auf die Mütze, doch die Kanzlerin gibt sich zufrieden. Der vermeintliche Widerspruch löst sich schnell, wenn man neben den Zahlen die Politik zu Rate zieht. Generalanzeiger Bonn

Union und FDP spekulieren angesichts ihrer Ergebnisse bei der Europawahl schon auf Schwarz-Gelb für den Bund. Die SPD hingegen müsste sich wieder mit dem „Mist“ der Opposition abfinden. Doch auch die Neuauflage der großen Koalition ist noch nicht vom Tisch. FAZ

Seehofer, der politisch ziemlich herumeiert, profitiert offensichtlich von der klaren Haltung seines Parteifreunds Karl-Theodor zu Guttenberg. Der spricht sich eindeutig gegen Staatshilfen aus.  Gewinner gibt es übrigens auch: die FDP. Und einen Verlierer: die Idee einer Europawahl. Abendzeitung

Die Union ist derzeit nicht so stark, wie es scheint. Das liegt an der CDU selbst, es liegt aber auch an der wankelmütigen CSU und an einer schwer kalkulierbaren SPD. Damit bricht ein altes CDU-Trauma wieder auf: den sicher geglaubten Sieg auf den letzten Metern zu verlierenHandelsblatt

Der Ruck in die ganz rechte Ecke ist ausgeblieben.
Grund zum Aufatmen gibt es dennoch nicht. Ein genauer Blick zeigt, dass die NPD überall dort hinzugewonnen hat, wo sie bereits vertreten war. taz

Eine Mehrheit der Deutschen ist gegen Staatsinterventionismus, schreibt Hans-Dietrich Genscher im Tagesspiegel

Die Wahlpleite vom Sonntag hat die SPD regelrecht geschockt. Es ist der Schock, der einer Reihe plötzlicher Erkenntnisse folgt: Wahlerfolge kommen nicht, nur weil man fest daran glaubt. Lausitzer Rundschau

Wenn in Deutschland eine Partei am Boden liegt, heißt es immer, sie müsse sich aus den Ländern heraus erneuern. Neue Kraft schöpfen an der Basis und dann Boden gutmachen auf der höheren Ebene. Was soll man der Linken in Europa raten? Das Problem ist, dass niemand genau weiß, wie man sich erneuert. Berliner Zeitung

Weil Parteilinke und Agenda-Politiker wie das Spitzenduo Müntefering/Steinmeier unablässig um sozialdemokratische Leitlinien ringen, machen die Wähler, die hinter diese Flügel passen würden, ihr Kreuz gleich anderswo – oder bleiben zuhause. Es ist schwer vorstellbar, dass es der SPD-Spitze bis zur Bundestagswahl gelingt, daran noch etwas zu ändern. Thüringer Allgemeine

Eine Startrampe in bessere Zeiten und für einen rot-grünen Erfolg bei der Bundestagswahl sollte die Europawahl für die SPD werden. Jetzt sieht es – um im Bilde zu bleiben – eher nach der Anlaufspur einer Sprungschanze aus. Hamburger Abendblatt

Anders als Schröder, der einst am Zaun des Kanzleramts rüttelte („Ich will da rein.”), steht Frank-Walter Steinmeier vor einer Kellertür. Raus will er, aber jemand scheint abgesperrt zu haben. Der Kanzlerkandidat, der Vorsitzende Müntefering und die SPD finden keinen Weg nach oben. WAZ

Arcandor in der Bredouille, das politische Kaufhaus! Süddeutsche Zeitung

„Endgültig“ verliert seine absolute Bedeutung, wenn es im Ringen um Leben und Tod von Arcandor fällt. Etwa eine halbe Stunde lang kursierte am Montag die Nachricht, dass Berlin dem geforderten Notkredit eine endgültige Absage erteilt hat. Dann war die Rede von einer letzten Chance Financal Times Deutschland

Kein Steuergeld aus dem Deutschlandfonds, lautet die einzige konsequente Entscheidung. Warum? Weil der Deutschlandfonds nur für Firmen geschaffen worden ist, die erst durch die Finanz- und Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten sind. Das gilt für keinen der drei Fälle. Denn alle drei haben sich verzockt, haben im höchsten Maße unsolide gewirtschaftet. Frankfurter Rundschau

Bei Arcandor hat sich die Bundesregierung gegen Hilfen entschieden. Wie die Europawahl gezeigt hat, sind sie bei den Bürgern unbeliebt. Sie haben genug von Schaufenster-Politik und befürchten ein Fass ohne Boden. Zu Recht: Die Liste der Antragsteller für Staatshilfe ist lang. Und die Politik scheint nicht alle Auswirkungen solcher Deals zu verstehen. Handelsblatt

So recht glaubt niemand mehr an eine Zukunft des früheren Karstadt-Quelle-Konzerns. Die Frage nach einem tragfähigen Geschäftsmodell ist Arcandor bislang schuldig geblieben, der Weg in die Insolvenz und eine Fusion von Karstadt mit Kaufhof dürften daher die beste Lösung sein. Tagesspiegel

Leitartikel

Beteiligung an der Europawahl auf historischem Tief, EU-Politiker reden an den Bürgern vorbei. Die Welt

Der Bedeutungs- und Machtzuwachs des Europäischen Parlamentes hat seine Wahl nicht attraktiver gemacht. FAZ

Das deutsche Parteiensystem befindet sich in einer sehr geordneten Insolvenz. Besonders die SPD, aber sie nicht allein. Frankfurter Rundschau

Frank-Walter Steinmeier steckt in der Glaubwürdigkeitsfalle: Als Architekt der Reformpolitik der Schröder-Jahre nimmt man ihm den neuen linken Kuschelkurs der Partei nicht ab. Die letzte Hoffnung der Sozialdemokraten ist ein schwerer Fehler Merkels. Financial Times Deutschland

Frank-Walter Steinmeier hat bei der Europawahl ein Ergebnis zu verantworten, das schlechter ist als das schlechteste von Schröder. Doch die Sozialdemokraten haben keine Alternative zum Kandidaten Steinmeier. Süddeutsche Zeitung

Der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor steckt seit Jahren in Schwierigkeiten und wurde durch Fehlentscheidungen regelrecht heruntergewirtschaftet. Mit der Finanzkrise hat das nichts zu tun! Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, marode Firmen mit Steuergeldern künstlich am Leben zu halten! BILD

Extreme-right and extreme-left parties could now account for about 12 per cent of the new European parliament, while hardline Eurosceptics will be another noisy grouping. These diverse entrants will give the decorous proceedings a shake-up Financial Times

Terrorism suspects and U.S. law. Holding prisoners indefinitely without trial threatens American values. Obama must tread carefully. Los Angeles Times

Iraq’s New Death Squad. America has built an elite and lethal counterterrorism force. But who’s calling the shots? The Nation