Afghanistan, Israels Siedlungspolitik, Digitale Google-Bibliothek

Ein bisschen Krieg gibt es nicht. Die bundesdeutsche Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, was wirklich in Afghanistan passiert, findet die taz.

Im Krieg gehört die Wahrheit mitunter zu den ersten Opfern. Schnell bleibt sie auf der Strecke. Dass Verteidigungsminister Franz-Josef Jung bis heute weiter abstreitet, dass es sich bei den blutigen Gefechten in Afghanistan um einen Krieg handelt, stößt mittlerweile auch in den eigenen Reihen auf Unverständnis, so die Schweriner Volkszeitung.

Misslich und erbärmlich sind hingegen die wechselseitigen Vorwürfe zwischen den Verantwortlichen in der Nato […]. Das ist mehr als die übliche Scheu, als Schuldiger dazustehen. Es spiegelt eine neue Verwirrung in den Vorstellungen über den Afghanistan-Einsatz, meint die Kölnische Rundschau.

Die Illusion, einen „Krieg“ gebe es in Afghanistan allenfalls im Süden, hat auch der Verteidigungsminister durch seine Weigerung genährt, die Dinge beim Namen zu nennen. Niemand will durch hässliche Wahrheiten aufschrecken, schon gar nicht vor einer Wahl, meint die FAZ.

Damit das Informationsdesaster nicht zur internationalen Krise wird, ist die ganze Regierung gefordert. Deshalb vergisst der Außenminister den Kanzlerkandidaten in sich. Noch, so die Frankfurter Rundschau.

Es gehört zu den gespenstischen Zynismen der Demokratie, dass ein Bombenangriff mit vielen Toten in der Hochphase des Bundestagswahlkampfes gnadenlos instrumentalisiert wird. Nicht jeder, der Pietät im Blick führt, verhält sich auch entsprechend, findet die Berliner Morgenpost.

Die Berichterstattung und Reaktion auf den fatalen Luftangriff der Isaf in Afghanistan verdeutlichen, wie schwer nur Demokratien über einen längeren Zeitraum Militäreinsätze im Ausland führen können, meint die Berliner Zeitung.

Franz Josef Jung ist am falschen Platz: Er wäre ein überzeugter Landesvater in Hessen. Er wäre auch ein leidenschaftlicher Landwirtschaftsminister. Als Verteidigungsminister, das muss Bundeskanzlerin Angela Merkel in diesen Tagen wieder erkennen, ist ihr Parteifreund keine Idealbesetzung, urteilt der Bonner General-Anzeiger.

Wenn die Amerikaner oder Franzosen Deutschland jetzt scharf kritisieren, begleichen sie alte Rechnungen. Schon immer ist den Deutschen in Afghanistan vorgeworfen worden, sie seien feige. Aber es ist wohlfeil, den Deutschen vorzuwerfen, sie würden sich nicht an die neue Strategie halten, dem Schutz der Zivilisten oberste Priorität zu geben, so der Tagesspiegel.

Israels Siedlungspolitik

Mit der Genehmigung für den Ausbau jüdischer Siedlungen im Westjordanland brüskiert Israels Regierungschef die USA. Doch am Ende könnte der Nutzen dieses harten Kurses in der Siedlerfrage größer sein als der Schaden. Financial Times Deutschland

Netanjahu reizt seine Karten bis zum letzten Blatt aus. Er will es sich mit keinem richtig verderben, weder mit den Nationalisten noch mit Obama. Aber so schafft er sich nur einen kurzen Aufschub, meint das Handelsblatt.

Das ist Sabotage der übelsten Art an den internationalen Bemühungen um einen Ausgleich im Nahen Osten: Israel kündigt den Bau weiterer 455 Wohneinheiten an, so der General-Anzeiger aus Bonn.

Digitale Google-Bibliothek

Die digitale Bibliothek des Internetgiganten ruft endlich auch die EU-Kommission auf den Plan. Ein neues Urheberrecht soll her, so die Frankfurter Rundschau

Bücher über das Internet allen zugänglich zu machen, wie es Google nun vorhat, ist an sich nichts Schlechtes. Jeder Student weiß es zu schätzen, nicht zum Zettelkasten rennen zu müssen. Und auch die Verfasser wissenschaftlicher Werke freut es: So werden sie schneller gefunden, so die Märkische Allgemeine.

Google digitalisiert Millionen von Büchern und will sie im Internet verfügbar machen. Das kann unsere Wissenskultur völlig verändern. US-Verlage und -Autoren wehrten sich und klagten. Ein Vergleich der Kläger mit Google sieht nun neue Regeln fürs Geldverdienen mit Online-Büchern vor, so die Mitteldeutsche Zeitung.

Bis heute gibt es kein einheitliches europäisches Urheberrecht. Der Streit mit dem Riesen Google wurde bisher vor allem national bestritten. Das bringt keinen Erfolg. Und in der Vergangenheit wurde es versäumt, das Urheberrecht den Forderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. An die Arbeit, fordert der Südkurier.

Leitartikel

Jetzt muss Frank-Walter Steinmeier beweisen, dass er auf Sieg spielt. Der SPD-Kanzlerkandidat muss die Machtfrage stellen: Kanzlerschaft oder Opposition. Das heißt Abschied von Schwarz-Rot. Es ist waghalsig, aber überzeugend. Frankfurter Rundschau

Die Berliner Verschleierungstaktik nach dem Luftangriff schadet den deutschen Soldaten. Sie fühlen sich zunehmend von der deutschen Öffentlichkeit im Stich gelassen – und neigen zu Überlastungsreaktionen, meint die Financial Times Deutschland.

Mit dem Angriff bei Kundus ist das Thema Afghanistan in den deutschen Wahlkampf gebombt worden. Die künftige Regierung muss entscheiden: In welche Richtung soll sich der Bundeswehr-Einsatz bewegen: Gehen? Wenn ja, wann? Bleiben? Und wenn ja, wie lange? Süddeutsche Zeitung

Heute will die Kanzlerin eine Regierungserklärung zu Afghanistan abgeben. Der Zwischenfall im Kundus-Fluss ist ein schwerer Schlag für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Alles deutet auf eine unglückliche Verkettung von Umständen hin. Trotzdem muss Deutschland zu seiner Verantwortung für die Stabilisierung des Landes stehen. FAZ

Die Rechnung ist nicht aufgegangen: Im Oktober 2008 hatte der Bundestag das Afghanistan-Mandat nicht um die üblichen zwölf Monate, sondern gleich bis Dezember dieses Jahres verlängert.Damit sollte eine erneute Debatte in diesem Herbst verhindert und das Thema aus dem Wahlkampf herausgehalten werden.Doch durch die von einem deutschen Oberst kommandierte Bombardierung zweier von den Taliban entführten Tanklaster in der Nähe des Bundeswehr-Lagers Kundus ist das Stichwort Afghanistan mit brachialer Gewalt in die entscheidenden Wochen vor dem 27. September hineingebrochen. Die Welt

Das Thema ist zu wichtig für einen Schnellschuss im Wahlkampf: Frank Müller, AZ-Aktuell-Ressortchef, über den Streit in Sachen Afghanistan Abendzeitung

Für die zig Millionen Versicherten und Rentner ist das Urteil des Bundesversicherungsamtes jedenfalls ein Alarmruf. Für Sie gilt nun: Trau keinem Rentenbescheid, den du nicht selbst überprüft hast! BILD

Why some economists could see the crisis coming. Some economists did see the warning signs in the years before 2007. Central to their thinking was a focus on financial flows, writes Financial Times

President Obama must refocus the debate. If reform is to pass, he must detail problems in the system and his solutions. It could be too late though. Los Angeles Times