Ärztehonorare, Konjunktur, Kita-Streik-Ende & Datenschutz für EU-Bankdaten

Lauthals stimmten die Ärzte den Abgesang auf die Existenz des Mediziners an. Jetzt zeigt sich: Das Wehklagen gegen das neue Honorarsystem war völlig überzogen. Süddeutsche Zeitung

Jammern, bis der Arzt kommt. Die gestiegenen Honorare zeigen: Die Ärzte haben mit ihren Protesten zu Jahresanfang maßlos übertrieben. Jetzt wäre etwas Bescheidenheit angesagt Financial Times Deutschland

Der Morbus Tunnelblick ist im Gesundheitswesen weit verbreitet. In der Zeit seiner größten Krise hat das KV-System den Zwangsmitgliedern seine Berechtigung vorgeführt: Es gibt mehr Geld für alle, und wo es nicht reicht, wird solidarisch umgeschichtet. Die Honorarreform ist nicht schuld an der Verunsicherung, die die Ärzteschaft quält. Dafür gibt es viele Gründe. Vor allem den Dauerreformismus, der das Gesundheitswesen seit 30 Jahren in Atem hält. FAZ

Gleichwohl befördern die neuen Honorartabellen Debatten: Warum verdienen Kardiologen ein Vielfaches wie Hausärzte? Weshalb bringt eine ärztliche Untersuchung in Brandenburg weniger Geld ein als in Bayern? Viel Stoff für weitere Honorarreformen. Märkische Oderzeitung

Konjunktur

Der Rückgang der Bankkredite an Unternehmen dürfte wieder Debatten über eine Kreditklemme auslösen. Dabei ist ein schwaches Kreditgeschäft stets Kennzeichen einer Rezession. FAZ

Kaufen vor dem Sturm. Die Bürger wollen sich die Laune nicht verderben lassen und kaufen unermüdlich ein. Wie andere aktuelle Indikatoren trügt das Konsumklima jedoch – worüber die Kanzlerin kein Wort verlieren wird. Financial Times Deutschland

Die Deutschen sind in kürzester Zeit zu unerschütterlichen Optimisten geworden. Noch in den 90er Jahren amüsierte man sich im Ausland über die „German Angst“. Kölnische Rundschau

Sparen lohnt nicht, Krisengerede lässt die Deutschen kalt. Endlich haben sie Lust zu kaufen – der Zeitpunkt dafür ist genau der richtige. Tagesspiegel

Der Umweltminister beschwört eine ökologische Industriepolitik. Selbst die CSU und ihr Wirtschaftsminister erklären neuerdings, man müsse grüner werden, weil das in der Krise neue Chancen biete. Wie wenig der Koalition diese Schlagworte tatsächlich bedeuten, zeigt das Aus für die geplante Verbrauchskennzeichnung für Pkw. Berliner Zeitung

Unternehmen in Europa bekommen immer weniger Kredite. Das belegen die neusten Daten der Europäischen Zentralbank: Demnach sind die Kredite an Firmen in den 16 Euro-Ländern sind im Juni in Rekordtempo geschrumpft. Experten urteilen: Zahlen aus einer anderen Welt. Handelsblatt

Kreditvergabe verliert weiter an Dynamik. Ifo-Institut: Besonders Großbanken restriktiv Börsenzeitung

Kita-Streik

Im Kita-Streit haben die Gewerkschaften dank einer unredlichen Strategie die Oberhand behalten. Süddeutsche Zeitung

Wert der Erziehung. Da die Gewerkschaften mit ihrer Forderung nach höherer Eingruppierung von Erzieherinnen keinen Erfolg hatten, erfanden sie das Thema Gesundheitsschutz. Leidtragende waren Kinder und Eltern. FAZ

Dass man sich dennoch in der Wirtschaftskrise auf diesen Abschluss einigen konnte, ist vielleicht ein erstes Zeichen dafür, dass Politik und Gesellschaft langsam die Bedeutung dieses Berufes anerkennen – und bereit sind, mehr dafür zu bezahlen. Westfalenpost

Gleichwohl stellt sich die Frage, wer die gestiegenen Kosten finanzieren wird. Die Kommunen ächzen unter der Krise. Also die Eltern? Die beitragsfreie Kita, die Landes- und Bundespolitiker gern versprechen, könnte sich als Träumerei erweisen. Generalanzeiger Bonn

Eine bessere Gehaltseinstufung für Erzieherinnen mag zwar zunächst einmal ein gutes Signal sein in einem Land, das den Anspruch erhebt, eine „Bildungsrepublik“ zu werden. Die realen Konsequenzen dieses Signals werden sich aber erst mit der Finanzierung der beschlossenen Mehrausgaben zeigen. Werden die höheren Gehälter für Erzieherinnen etwa dadurch erwirtschaftet, dass die Kommunen künftig weniger Musikschulen und Spielplätze betreiben? Handelsblatt

Was bringt die Einigung im Tarifstreit bei den Kitas? Westfälische Rundschau

Datenschutz für Bankdaten

Pläne der EU-Kommission, US-Fahndern Einblick in europäische Bankdaten zu gewähren, sorgen für Aufregung. CSU-Chef Seehofer spricht von einem „Skandal“. Süddeutsche Zeitung

Bankdaten für Terrorfahnder, worum es geht: Lausitzer Rundschau

EU-Außenminister haben grünes Licht gegeben für Verhandlungen mit den USA über ein Abkommen zum Transfer europäischer Finanzdaten. Der Protest dagegen kommt aus allen Parteien. EU-Kommissionspräsident Barroso muss daher gewarnt sein. Tagesspiegel

Was ist bemerkenswerter – die Willfährigkeit, mit der sie EU-Datenschutzregeln über Bord werfen, um der US-amerikanischen Überwachungshysterie nicht in die Quere zu kommen, oder die Nonchalance, mit der sie die Liquidierung der Privatsphäre der Bürger als Sicherheitsgewinn verkaufen? Beides ist bemerkenswert, und beides wird bemerkt. Berliner Zeitung (Print)

Amerika will einen problemfreien Zugriff auf Bankendaten zu einer effektiven Terrorbekämpfung. Die EU-Länder wollen dagegen mehr Datenschutz. Die Welt

Fragwürdiger Nutzen. Schon seit Jahren überprüfen die USA Zahlungsströme weltweit auf Verbindungen zum internationalen Terrorismus. Dabei bleibt völlig unklar, was die Datensammelei und -Auswertung bringt. Kölner Stadtanzeiger

Der Streit um die Weitergabe von Bankdaten an die USA illustriert, worum es den Karlsruher Richtern ging. Alle im Bundestag vertretenen Parteien kritisieren die Vereinbarung zwischen Brüssel und Washington, die es dem US-Geheimdienst CIA ermöglicht, Überweisungen innerhalb Europas zu verfolgen. Trotzdem erteilen die Außenminister der EU-Staaten der EU-Kommission das Mandat, über eine Verlängerung zu verhandeln. Märkische Alllgemeine

Die EU will Bankdaten ausspähen und versteckt sich dabei hinter den USA, wie ein Geheimdokument verrät. Handelsblatt

…one more thing!

Credit Default Swaps müssen reguliert werden, weil sie in der Finanzkrise wie Brandbeschleuniger gewirkt haben.Handelsblatt

Leitartikel

Selbst wenn nach den Dienstwagen-Richtlinien alles in Ordnung sein sollte: Der Fall der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ist auch dann nicht in Ordnung – weil er Abgehobenheit und Instinktlosigkeit verrät. Süddeutsche Zeitung

Juristisch einwandfreies Verhalten reicht für Politiker manchmal nicht. Für den Wähler (und Steuerzahler) muss es eben auch moralisch einwandfrei sein. BILD

Einmal Denia und zurück – der politische Preis, den Ministerin Schmidt für den Spanien-Trip zahlt, ist hoch. Das kostet Glaubwürdigkeit – gerade gegenüber raffgierigen Weißkitteln. Frankfurter Rundschau

Auf der richtigen Bahn, Auto-Land Deutschland wäre ohne Schiene nichts. Die Welt

Über den Sinn und die Notwendigkeit der Wehrpflicht wird in Deutschland mit ebenso guten wie bekannten Argumenten auf beiden Seiten schon länger gestritten. Dass es ausgerechnet in diesem Sommer vor der Bundestagswahl zu einer Entscheidung kommen sollte, ist nicht nur unwahrscheinlich, sondern unmöglich. Hamburger Abendblatt

Politik kann nur noch wenig tun, um eine Kreditklemme zu verhindern. Sie muss darauf setzen, dass es gar keine gibt Financial Times Deutschland

Das Wiesn-Virus. Viele Menschen auf engstem Raum, Gäste aus verseuchten Ländern, Schmusen, Aus-demselben-Maßkrug-Trinken – man wird der Verbreitung des neuen Virus direkt zuschauen können. Trotzdem ist das kein Grund, auf die Wiesn zu verzichten. AZ München

Auf seinen Auslandsreisen hat Barack Obama vielbeachtete Reden gehalten, in Kairo etwa oder kürzlich in Accra. Weite Teile der Welt sind von seiner Rhetorik begeistert, werden von seinem Charisma elektrisiert – unverändert. FAZ

The Gates opening. Overreaction to the arrest of Harvard’s Henry Louis Gates obscures the fact that much has changed in the United States in matters of race. Los Angeles Times

Climate activists in denial. Most activists believe a failure to achieve an agreement in Copenhagen would be catastrophic. But they also know that, even if a deal is reached, it is likely to be ineffective. If they admit this publicly, they risk creating a climate of despair and inaction. But if they press ahead, they are putting all their energy into an approach that is unlikely to deliver. Financial Times