Gegen eine oft undurchsichtige, lavierende, zaudernde Frau Merkel einen vertrauenswürdigen, zuhörenden, zupackenden Steinmeier. Das zog aber nicht. Jetzt soll ein Team Steinmeiers Kampfgewicht erhöhen. Doch wenn die SPD ihre Koalitionshälfte nicht selbst demontieren will, muss diesem Team natürlich auch die Gesundheitsministerin angehören. Dem Wahlkampfleiter Wasserhövel bleibt nichts erspart. FAZ (Print)
Union und Opposition freuen sich über dieses Wahlkampfgeschenk. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier kann einem schon leid tun. Erst hatte er kein Glück und jetzt kommt auch noch Pech dazu. Die Dienstwagenaffäre verpatzt ihm den Start der geplanten Aufholjagd im Rennen um das Kanzleramt gehörig. Schweriner Volkszeitung
Es fehlen bislang alle Anzeichen für ein Thema, auf dem die Genossen sicher ins Kanzleramt surfen könnten. Das Treffen der Bundestagskandidaten in Hannover kann daher bestenfalls der Anfang einer mühsamen Aufholjagd sein. Ob sie gelingt, hängt nicht zuletzt von Glanz und Kompetenz des „Regierungsteams“ ab, das Steinmeier morgen präsentieren will. Vor diesem Hintergrund ist Ulla Schmidts Dienstwagenaffäre doppelt bitter für die SPD. Neue Osnabrücker Zeitung (Print)
Es ist die Verständnislosigkeit für die mentale Lage derer, für die sie angetreten ist, Politik zu machen. Die SPD als solches ist in ebensolcher Lage. Sie macht alles richtig und doch läuft alles falsch. Es ist nämlich nicht so, wie viele derzeit meinen, dass die SPD keine Themen habe, die die Leute interessierten, oder dass sie keine Botschaft hätte. Arbeit, Bildung, Steuern, über all das spricht die SPD und neuerdings durchaus wieder im Sinne der Benachteiligten. Es ist nur so, dass der Partei ihre Botschaften nicht mehr geglaubt werden. Berliner Zeitung
Die SPD-Führung ärgert sich offen über die Dienstwagen-Affäre der Gesundheitsministerin. Ihr Verhalten sei den Bürgern nicht zu vermitteln – im Wahlkampf soll Ulla Schmidt trotzdem präsent sein. Süddeutsche Zeitung
Sollte die SPD aber im Herbst auf die Oppositionsbänke wechseln, so ist das nicht die Schuld von Schmidt, Steinmeier oder des überschätzten Müntefering. Nein, es handelt sich um einen ganz normalen demokratischen Prozess des Wechsels. 1998 hat die SPD schließlich nicht gewonnen, sondern Helmut Kohl hatte verloren. Rhein-Neckar-Zeitung (Print)
Deutsche Bank
Ackermanns Alchemie! Die Deutsche Bank mit einem Milliardengewinn, zum großen Teil durch den Verkauf von Unternehensbeteiligungen. Das kann Vorstandschef Ackermann so nicht wiederholen. Wirtschaftswoche
Privatkundenbanken sind die besseren Banken – sicherer, stabiler, ehrlicher. Dieser gängigen These widersprechen die Zahlen der Deutschen Bank. Es ist gut, dass Deutschlands größtes Geldhaus überwiegend Investmentbank geblieben ist. Financial times Deutschland
Der Milliardengewinn, den Ackermann für das zweite Quartal präsentiert, zeigt, wie undifferenziert die Schelte gegenüber dem Deutsche-Bank-Chef war. Die Welt
Die Deutsche Bank hat sich von allen großen deutschen Banken in der Finanzkrise am besten geschlagen. Doch sie ist nicht frei von Schwächen. Das widersprüchliche Bild erklärt, warum der Aktienkurs der Bank trotz eines ansehnlichen Gewinns eingebrochen ist. FAZ
Es müssen nicht immer 25 sein. Börsenzeitung
Ein Beigeschmack bleibt dennoch. Und das liegt nicht an der Bank, sondern an den Rahmenbedingungen, die ihr – und vor allem der US-Konkurrenz – derart lukrative Geschäfte wieder erlauben. Solange die Institute mitunter unkontrollierte Geschäfte machen und Risiken eingehen können, ohne größere Anteile ihres Eigenkapitals als Sicherheit vorhalten zu müssen, bleibt das Finanzsystem so anfällig, wie es vor der Krise war. Hier muss nachreguliert werden – dringend. Tagesspiegel
HRE-Ausschuss
Dienstwagen im Urlaub geklaut, schon ist der Skandal da. Wenn im Bundestag über 102 Milliarden Euro Steuern für eine Bank geforscht wird, bleibt die Öffentlichkeit kühl. taz
Die privaten Banken wären allein überfordert gewesen, sagte der Vorstandschef der Deutschen Bank. Detailliert schilderte er den Verlauf des Wochenendes im vergangenen September, an dessen Ende die Notrettung des Immobilienfinanzierers stand. FAZ
Josef Ackermann, stellt der deutschen Politik ein schlechtes Zeugnis aus. Zu spät habe die Politik bei der Krise der Hypo-Real-Estate reagiert, zürnt er. Aber eigentlich müsste Ackermann Demut zeigen. Der Bankchef spielte das Spiel mit, das die Wirtschaftskrise befeuerte. Er trieb den Milliarden-Poker mit lobenden Worten an. Er feierte die Investmentbanker, machte sie zu Stars in seinem Haus. Leipziger Volkszeitung (Print)
Ackermann verteidigt HRE-Rettung Financial Times Deutschland
Aktionäre fordern Schadenersatz von der HRE. Umso wichtiger ist es, die Verantwortlichen am Desaster zu ermitteln – und zu belangen. Süddeutsche Zeitung
Umso klarer liegen die politischen Konsequenzen auf der Hand: Es muss ein kompetentes und tatsächlich lückenloses internationales Aufsichtssystem geschaffen werden. Dies wird eine der zentralen Fragen sein, die den G-20-Gipfel im September in Pittsburgh (USA) beschäftigen. Hannoversche Allgemeine
Schweinegrippe
Planlos im Sommerloch. Das Gezerre um die Finananzierung der Impfungen offenbart die Wirren des deutschen Gesundheitssystems – und zeigt, wie unausgegoren die Pandemie-Pläne von Bund und Ländern im Detail noch sind. Financial Times Deutschland
Wer soll das bezahlen? Die Frage aller Fragen wird nun mit Blick auf die kommende Impfung gegen die Schweinegrippe mit Eifer diskutiert. Die Antwort ist einfach: die Krankenkassen. Berliner Zeitung
Die Impfkosten für die Schweinegrippe soll der Staat zahlen. Wer Milliarden für marode Bankhäuser übrig hat, darf an der Gesundheit seiner Bürger nicht sparen. taz
Das Impfen geht auf Steinbrücks Kosten. Bislang behalten zum Glück alle die Nerven. Und wer nicht im privaten oder beruflichen Umfeld entsprechende Krankheitsfälle hat, den beschäftigt die Schweinegrippe wohl nur am Rande – beim Händewaschen zum Beispiel. Berliner Morgenpost
Eine Faustregel besagt, dass Ausgaben von einer Milliarde Euro 0,1 Beitragspunkte ausmachen. 600 Millionen Euro wären 0,06 Punkte – mehr als Portokasse zwar, aber doch zu vernachlässigen. Die Warnung mit den Zusatzbeiträgen ist also nicht mehr als Drohkulisse. Und weckt den Verdacht, da würden Ausreden gesucht. Bislang hat noch keine Kasse einen Zusatzbeitrag erheben müssen. Westfalenpost
Durchsichtiges Kassen-Kalkül! Es ist gerade mal eine Woche her, dass DAK-Chef Herbert Rebscher über die Einführung flächendeckender Zusatzbeiträge philosophierte, weil schon bald ein riesiges Finanzloch bei den gesetzlichen Krankenkassen zu erwarten sei. Gestern zogen der Ersatzkassenverband und der GKV-Spitzenverband nach. Lausitzer Rundschau
Bislang gibt es in Sachen Schweinegrippe keinen Grund zur Beunruhigung oder gar zur Panik. Bislang ist die Krankheit in den allermeisten Fällen milde verlaufen, der Erreger ist weniger rabiat als der einer herkömmlichen Grippe. Dass das Virus zu einer gefährlicheren Variante mutieren könnte, ist zwar nicht ganz auszuschließen, aber auch nicht besonders wahrscheinlich. Auf Verdacht hin Medikamente gegen die Schweinegrippe zu schlucken, verbietet sich vor diesem Hintergrund von selbst. Märkische Allgemeine
USA China
Amerika und China reden miteinander. Dabei fällt oft das Wort „Partner“. China ist freilich, da sollte sich niemand etwas vormachen, vor allem ein Wettbewerber. FAZ
Amerikas Rettung liegt in China. Die USA können sich nicht aus eigener Kraft aus dem Wachstumstal ziehen. Sie brauchen Unterstützung aus Fernost – und das würde den Chinesen sogar nützen. Financial Times Deutschland
Der Beginn des amerikanisch-chinesischen Dialogs spricht aus Pekinger Sicht nun dafür, das China auch der verdiente Platz als politischer „Global Player“ nicht länger verwehrt wird. FAZ
China’s economy should grow by 8% this year and next, but significant risks remain Economist
Amerikas Rechte ersetzen Idealismus wieder durch Geopolitik und obliegen damit einem durchschaubaren Euphemismus: Die alte Machtpolitik nimmt unter neuem Etikett die Zügel in die Hand. Süddeutsche Zeitung
… one more thing
Die reichen Länder tragen die Verantwortung! Wir dürfen die Schwellenregionen nicht die Krise ausbaden lassen, in die wir sie hineingestoßen haben. Handelsblatt
Leitartikel
Alle Kassen haben den Zusatzbeitrag entsprechend gemieden wie der Hypochonder die Diagnose. Stellen sie sich damit doch gleichsam als schlechte Haushalter dar. Erst in den vergangenen Wochen haben sich einige Kassenfunktionäre aus der Deckung gewagt und angedroht, ihn wegen der Krise erheben zu müssen. Von der Schweinegrippe war da allerdings noch nicht die Rede. Hamburger Abendblatt
Der Mythos der Deutschen Bank, die auch in der schlimmsten Finanzkrise dieser Generation ohne Staatshilfe auskommt und Milliardengewinne schreibt, verblasst. Der heutige Tag offenbart schonungslos jene Makel, von denen sich auch das deutsche Spitzeninstitut nicht frei machen kann, Handelsblatt
Wer bestimmte Finanzgeschäfte für zu gefährlich hält, sollte diese eben nicht nur regulieren, sondern verbieten. Und solange der Staat das Finanzsystem als Ganzes stützt, ist es auch gerechtfertigt, für die Gehälter aller Geldmanager eine gesetzliche Obergrenze vorzuschreiben – also auch für jene Institute, die ohne direkte Staatshilfe auskommen. Süddeutsche Zeitung (Print)
Was mich empört ist, dass die Mächtigen glauben, dass das alles normal ist. Als wären sie Könige, etwas Besseres. Mehr als wir…Wir riechen nur den Auspuff. Wir sind ja nur Sklaven, Steuerzahler, Fußgänger, Hartz IV-Empfänger, Trottel, Plastikflaschensammler. Wir sind ja nur das Volk BILD
Die EU-Kommission ist eingeknickt: Mit einer neuen Verordnung schützt sie die Hersteller von Markenartikeln – und benachteiligt die Verbraucher. Financial Times Deutschland
Es sieht so aus, als müssten tausende Münchner sogar noch ein zweites Mal für das Landesbank-Desaster aufkommen. Wenn nämlich die Landesbank ihr Tochterunternehmen GBW AG an Spekulanten verkaufen sollte. Zehntausend Wohnungen allein in München wären davon betroffen, bayernweit sind es 34000. AZ München
Die Bundeswehr führt Krieg in Afghanistan – und kaum einer schaut hin. In kollektiver Heuchelei verbrämen und verdrängen wir den Funktionswandel des Militärs. Frankfurter Rundschau
Nach sechs Monaten Amtszeit keine Spur von Obama-Müdigkeit. Trotz objektiver Misere mögen die Amerikaner ihren Präsidenten. Warum? Die Welt
In Iran sind die Straßenproteste abgeflaut, aber der Machtkampf innerhalb des islamischen Systems tobt heftiger als jemals zuvor – und das an zwei Fronten. FAZ (Print)
The Rise of Ayatollah Moqtada al-Sadr. What is the fiery Iraqi cleric doing in Qom, Iran? Foreign Policy
Iran, Islam and the Rule of Law, Islamic political movements have been one form of revolt against arbitrary government. Wall Street Journal