Seehofer hat die manische Kontrollfixierung Stoibers ersetzt durch Schienbein-Diplomatie. Er hat Offenheit angekündigt und praktiziert sie nur zum Schein. Gute Führung aber zeichnet sich durch ein Gleichgewicht von Durchsetzungskraft und Rücksichtnahme aus. Aus Selbstherrlichkeit heraus wächst keine Autorität. Seehofer hat die Partei verjüngt. Er hat dabei nicht immer mit offenen Karten gespielt und unnötig viele verletzt und gedemütigt. Berliner Zeitung
Heute Ökowende, morgen Steuersenkung, übermorgen Rettung des Quelle-Katalogs. Horst Seehofers Programm gleicht einem Bauchladen. Sein Prinzip Aufmerksamkeit um jeden Preis wird nicht von jedem goutiert. Bis zur Bundestagswahl arbeitet der Parteichef auf Bewährung. Die Welt
Das persönliche Wahlergebnis Seehofers mag man als Watschn bezeichnen; doch es spiegelt vor allem den Schweinsgalopp wider, in dem die einst behäbige Partei älterer Herren in letzter Zeit inhaltlich und personell durcheinandergewirbelt worden ist. Nun droht sogar der Vorsitzende selbst unter die Hufe zu geraten. FAZ (Print)
Auf dem CSU-Parteitag inszenierte sich Seehofer nun als Diener der Partei – und verteilte gleich wieder vergiftete Dankesworte an seine Untergebenen. Gemessen am Grad der Herabsetzung, die altgediente Christsoziale zu erdulden haben, war Seehofers Wahlergebnis noch erstaunlich gut. taz
Seehofers Leistungen sind unbestritten: Er hat der CSU – nicht zuletzt auf dem Rücken der Schwesterpartei und der Kanzlerin – wieder neues Selbstbewusstsein eingeimpft. Er tut dies mit unverhohlenem Populismus, der in vielen Dingen Oskar Lafontaine ähnelt. Der Preis einer Politik, die Motor und Bremse gleichzeitig bedient, ist Stottern und Unkenntlichkeit. General-Anzeiger, Bonn (Print)
Was die CSU so Watschn nennt. Entgegen der Tradition bot der Parteitag Unterhaltendes: Ein kleiner Dämpfer für Seehofer und Jubel für den heimlichen Kronprinzen zu Guttenberg. Frankfurter Rundschau
Allerdings gönnt sich die Kanzlerin auch ein zufriedenes Lächeln über das brüchige Vater-Ziehsohn-Verhältnis von Seehofer und zu Guttenberg. Der galante Jungstar, der auf marktwirtschaftlichen Prinzipien reitet oder Pinguin-Krawatten verschenkt, ist in Topform. Mit jeder neuen Pirouette auf dem politischen Parkett macht sich der Freiherr freier von Vorgaben aus München. Der Parteitagsdämpfer für den CSU-Chef wird diese Emanzipation weiter beflügeln. Horst Überall wird an der Bundestagswahl gemessen. Leipziger Volkszeitung (Print)
Porsche-VW
Mit dem Gezerre um Porsche und VW erlebt der Zuschauer ein dramatisches Schauspiel. Jetzt drohen die Porsche-Mitarbeiter mit Streiks, aber es wird ihnen nichts nützen. Süddeutsche Zeitung
Der Machtkampf, der einmal nach den Worten Wiedekings als Schachspiel begann, eskalierte in den vergangenen Monaten zur Schlammschlacht, in der über Tricksen, Täuschen und Tarnen der industrielle Sinn, die Vereinigung von Porsche und VW, völlig ins Hintertreffen geriet. Diesen Vorwurf muss man allen Beteiligten machen. Stuttgarter Zeitung (Print)
Porsche und VW kann es in diesen Tagen locker mit Dallas aufnehmen. Mit der Schlammschlacht der vergangenen Wochen haben die Familien gezeigt, dass sie den Weltkonzern VW nicht führen können. Das Unternehmen braucht dringend eine andere Führungsstruktur. Handelsblatt
Kaum jemand traut Porsche-Chef Wendelin Wiedeking zu, sich noch gegen das Modell von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch durchsetzen zu können. Wiedeking hat einen entscheidenden Fehler gemacht: Er hat Christian Wulff unterschätzt. FAZ
Vielleicht hätte das Emirat Katar den Stuttgartern aus der Patsche geholfen. Entscheidend in dem Machtspiel könnte die Stimme von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff gewesen sein. Der ergriff unverblümt für VW Partei – aus einem naheliegenden Grund: Das Land will sich mit seinem Anteil von 20 Prozent bei VW seinen Einfluss bewahren. Mit solchen Eingriffen aber mischt sich die Politik in unzulässiger Weise in die Belange der Wirtschaft ein. Berliner Zeitung
Wiedeking ist Faust, Festspielintendant Jürgen Flimm über das Drama der Wirtschaftskrise, die Arroganz der Mächtigen und seinen Ein-Euro-Job. Wirtschaftswoche
Der wirkliche Sieger heißt aber Ferdinand Piëch. Ohne besonderen eigenen Kapitaleinsatz hat der 72-Jährige sich nach Porsche nun auch VW unter den Nagel gerissen. Wiedeking hat ihm dabei geholfen. Tagesspiegel
Umfragen
Gemessen an den aktuellen Umfragen hat Angela Merkel den Wahlsieg schon sicher in der Tasche. Emnid fand heraus, dass 80 Prozent der Deutschen auch nach dem 27. September mit einer Fortsetzung ihrer CDU-Kanzlerschaft rechnen. Passend dazu bescheinigt das Meinungsforschungsinstitut TNS dem SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier einen dramatischen Liebesentzug im Wahlvolk. Lausitzer Rundschau
Doch was lernen wir aus Umfragen? Nichts! Ganz wesentliche, das Gemeinwesen prägende politische Entscheidungen wurden in Deutschland gegen eine Mehrheitsstimmung getroffen. Tagesspiegel
Die Wahlkämpfe 2002 und 2005 haben gelehrt, dass sich das Blatt überraschend wenden kann. Damals sagten Umfragen der Union zeitweilig sogar eine absolute Mehrheit voraus.
Allerdings weniger durch ihre eigene Stärke, sondern wegen der Schwäche der SPD. Die profitierte 2005 davon, dass sich CDU und CSU selbst ein Bein stellten – mit ihrem Überraschungspromi Paul Kirchhof, dessen steuerpolitische Radikalvorstellungen weit über die Beschlusslage der Union hinausgingen. Saarbrücker Zeitung (Print)
Die SPD liegt in Umfragen derzeit deutlich hinter der Union und hofft notfalls auf eine Fortsetzung der großen Koalition, ohne dies im Wahlkampf offen zu erklären. Steinmeier sagte, eine schwarz-gelbe Koalition würde die Rückkehr der marktradikalen Kräfte in Deutschland bedeuten. Süddeutsche Zeitung
40 Jahre Mondlandung
Neil Armstrong betrat den Erdtrabanten. Dies war der vorläufige Höhepunkt einer innigen Beziehung der Menschheit zum Mond. Die Welt
Die Mondlandung vor 40 Jahren war ein Triumph für die Menschheit. Das Apollo-Programm hat seinerzeit bewiesen, dass die Erde nicht die finale Grenze des Menschen ist. Kölner Stadt-Anzeiger
Der Funkverkehr der legendären Apollo 11 als Transkript bei der NASA
one more thing
Die drohende Pleite des Mittelstandsfinanzierers CIT sorgt in der Geschäftswelt der Vereinigten Staaten für großes Unbehagen. In ungewöhnlicher Einigkeit haben 32 US-Handelsverbände, einen Brandbrief an Finanzminister Timothy Geithner geschickt. Darin warnen sie vor einer „unmessbaren“ Zahl von Arbeitsplatzverlusten. Doch jetzt könnte sich das Institut noch einmal retten. Handelsblatt
Leitartikel
Die Wunden der CSU – Ehrlichkeit und Standfestigkeit ist in der Partei gefragt AZ München
Selbstbewusste Jein-Partei. Die CSU hat den Turnaround geschafft und sich aus der Krise gearbeitet. In 70 Tagen wird sich zeigen, ob die Partei mit ihrer neuen Jein-Strategie beim Wähler punkten kann. Wirtschaftswoche
Das Entsetzen der Parteispitze über diese Strafaktion zeigt, dass die CSU ihre Krise noch längst nicht überwunden hat. Die leichte Erholung bei der Europawahl wurde offenkundig überschätzt, es hatte weniger mit zurückgewonnener Stärke zu tun, als mit der katastrophalen Schwäch e der SPD in Bayern. Der Mannschaftsgeist, früher immer ein Pluspunkt der CSU, ist nach wie vor beschädigt, die Delegierten begleichen wenige Monate vor einer wichtigen Wahl ungerührt persönliche Rechnungen. Süddeutsche Zeitung (Print)
Ein mäßiger Therapeut. Von einem leichten Dämpfer für Horst Seehofer zu sprechen würde das Ergebnis von Nürnberg beschönigen. Hamburger Abendblatt
Das Schimpf- und Schand-Duo Carstensen-Stegner betreibt ein Konjunkturprogramm der besonderen Art: die Förderung der Politikverdrossenheit. (…) Der von Porsche gegen Volkswagen angezettelte Autokrieg lehrt uns: Erst kommt das EIGENE Ego, dann kommen die EIGENEN Millionen – und dann kommt lange NICHTS. Da möchte man – à la Dschungelcamp – rufen: „Ich bin ein Bürger. Holt mich hier raus!“ BILD
Die Rückschläge bei der geplanten Sanierung von Arcandor häufen sich. Inzwischen ist eine Zerschlagung des insolventen Handels- und Touristikkonzerns wahrscheinlicher als sein Erhalt als Ganzes. Financial Times Deutschland
Die Einsamkeit des Widerstands, die Kämpfer gegen Hitler werden bis heute nicht verehrt Die Welt
Che und der Mond. Für eine Zeit des Aufbruchs stehen 1968 wie die Mondlandung. Erstmals sahen wir die Erde als Ganzes. Ein blauer Planet, eine Nation? Heute leben wir, als sei nichts geschehen. Frankfurter Rundschau
Noch einmal zum Mond? Große Ziele lassen sich ohne eine Vision und außergewöhnliche Umstände selten erreichen. Als vor vierzig Jahren Neil Armstrong und Buzz Aldrin als erste Menschen auf dem Mond landeten, war das zweifellos auch dem Kalten Krieg zu verdanken. FAZ
As the third House committee passes its healthcare bill, with a public option intact, it adds an amendment leaving the door open for single-payer. The Nation
End of the line for the LDP. Japan has long been changing faster than its Liberal Democratic Party, which is now in terminal decline Economist
The Death of Macho! Manly men have been running the world forever. But the Great Recession is changing all that, and it will alter the course of history. Foreign Policy