Schwarz-Gelb auf Schmusekurs: Zwar verhandelten die Wunschkoalitionäre in der ersten Runde länger als geplant, doch große Kontroversen blieben zunächst aus. Union und FDP haben einen engen Zeitplan erstellt, damit bis zum Monatsende der Koalitionsvertrag steht. FAZ
Wer in diesen Tagen in den schwarz-gelben Tigerentenclub hineinhört, den beschleicht das ungute Gefühl, dass da nicht viel ist. Nach frischem Wind sieht das in diesem Augenblick der beginnenden Koalitionsgespräche überhaupt nicht aus. Eher nach einem müden Kriechgang irgendwo zwischen Bremse und Vollgas. Tagesspiegel
Zaudern und Zögern waren gestern. Union und FDP müssen beweisen, dass sie Markt und Staat ebenso neu in Einklang bringen können wie Freiheit und Sicherheit. Schwarz-Gelb muss die Folgen der Krise managen, aber weiter denken. Schwarz-Gelb braucht eine Idee, wo Deutschland in vier, besser noch in zehn Jahren stehen soll. Eine Agenda 2020, wenn man so will. Westfalen-Blatt
Augenwischerei Bürgergeld: Die FDP preist ihr Bürgergeld als transparente, einfache Alternative zu Hartz IV. Der Haken ist nur: Das stimmt nicht. So, wie die FDP es vorschlägt, würde das Bürgergeld nur ein bürokratisches Monstrum durch ein anderes ersetzen. Financial Times Deutschland
Hartz IV in neuem Gewand. Die FDP will alle staatlichen Hilfen zu einer zusammenfassen. Das Bürgergeld würde das Sozialsystem radikal verändern. Süddeutsche Zeitung
Die FDP will das „böse” Hartz IV abschaffen und das „wohlige” Bürgergeld einführen. Klingt zunächst gut, hat aber seine Tücken. Denn das Bürgergeld schafft mehr Bürokratie als manch einer ahnt. Kölner Stadtanzeiger
Das Bürgergeld, das die FDP vorschlägt, ist ökonomisch und abstrakt plausibel, stößt aber auf politischen Widerstand, denn es steht für einen grundlegenden Wechsel. Doch obwohl die Sozialverbände von einem Generalangriff auf alle Bedürftigen sprechen, sollte die Union das Konzept ernsthaft prüfen. FAZ
Die Koalition will den Bürgern Geld schenken, hat aber keins. Vielleicht sollte sie ein flexibles Steuerkonzept einführen, das wenigstens die ständig wachsende Belastung bremst. Handelsblatt
Schwarz-gelbes Weihnachtsgeschenk für Familien. Schon Anfang 2010 soll stärker als geplant entlasten. Dafür könnte der Kinderfreibetrag erhöht werden. Noch ist aber nichts entschieden – genauso wenig wie beim Streitthema Hartz IV. Wirtschaftswoche
SPD
Vorwürfe, Schuldzuweisungen und ein Neuanfang: In der turbulenten Sitzung des SPD-Parteivorstandes rechnet Steinbrück mit der Parteilinken ab. Alte Gräben brachen auf. „Konfuse“ Ergebnisse bei der Nominierung der künftigen Führung entsprechen dem Zustand der Partei. FAZ
Spätere Intrige nicht ausgeschlossen. Die SPD will von ihrer Führung Mut und Autorität – aber sie will auch ihr Mütchen kühlen Tagesspiegel
Mut zu bitteren Wahrheiten. Gabriels erster öffentlicher Auftritt seit der Wahl: Im SPD-Vorstand wird endlich wieder offen geredet – selbst Peer Steinbrück muss sich Beleidigungen anhören. Süddeutsche Zeitung
Die gefährliche Öffnung der SPD. Ginge es nach dem designierten Parteichef Sigmar Gabriel, soll die SPD künftig auch im Bund mit der Linkspartei koalieren. Wirtschaftswoche
Ein Kandidat macht auf Demut. Der Generationenwechsel in der SPD ist vollzogen, jetzt wollen sich der designierte Parteichef Sigmar Gabriel und seine Generalsekretärin der Basis stellen. DIE ZEIT
Die SPD muss vor allem kompetent statt nur gerecht wirken, und sollte die Wähler in der Mitte ansprechen, ohne ständig nach links zu schielen, wenn sie wieder mehrheitsfähig werden wollen. Handelsblatt
Verachtung für die eigene Basis. Die neue SPD-Riege hat es noch nicht verstanden. Ohne die Basis zu befragen, haben sie die Posten aufgeteilt. Eine Kurs-Debatte wurde nicht geführt. Wie soll die SPD da überleben? taz
SPD in der Opposition, das ist kein Mist, sondern ein weites Feld NRZ
Rettet den Homo sozialdemocraticus! Um die Sozialdemokraten vor der drohenden Ausrottung zu bewahren, ist beherztes Handeln erforderlich. Mögliche Reservate für die alten Leittiere gäbe es zuhauf Financial Times Deutschland
Krankenkassen
Die Rezession reißt nach Expertenschätzung im kommenden Jahr ein Milliardenloch in die Kassen der Gesetzlichen Krankenversicherungen. Versicherte müssen mit Zusatzbeiträgen rechnen – die FDP macht den Gesundheitsfonds für das Riesen-Defizit verantwortlich. Süddeutsche Zeitung
Die gesetzlichen Krankenkassen müssen damit rechnen, 2010 Verluste in Höhe von 7,45 Milliarden Euro zu machen – neuer Konfliktstoff für die Berliner Koalitionäre. DIE ZEIT
Die neue schwarz-gelbe Koalition muss rasch klären, wie sie das Milliardenloch im Gesundheitsfonds stopfen will. Will sie weitere Steuermilliarden in den Fonds pumpen? Oder will sie den allgemeinen Beitragssatz erhöhen? Die Welt
Ärzte und Krankenkassen plündern den Gesundheitsfonds: Scheinerkrankungen breiten sich aus, Milliardenbeträge werden mit Hilfe manipulierter Diagnosen falsch verteilt. Die neue Bundesregierung muss sich beeilen, das Problem in den Griff zu bekommen. Der Spiegel
Der Fonds ist nur dann zu erhalten, wenn solche Widersinnigkeiten beseitigt werden können. Andernfalls gehört er wirklich abgeschafft. Sollte die Union die Konstruktion in den Koalitionsgesprächen noch retten können, dann bleiben sehr wenig Möglichkeiten, die Finanzlücke zu schließen: Denn um den Beitragssatz unter 14,9 Prozent zu halten, schießt der Bund kommendes Jahr bereits knapp zwölf Milliarden Euro zu. Nürnberger Nachrichten
Bahn
Völlig verfehlte Entscheidung. Die Bahn hat ihren Kunden im vergangenen Jahr viel zugemutet – und trotzdem erhöht sie ohne Not die Preise. Auf so eine Idee kann nur ein Quasi-Monopolist kommen Süddeutsche Zeitung
Stammkunden geschröpft. Mit Preiserhöhungen, die vor allem die Stammkunden trifft, bringt die Bahn das umweltfreundlichste Verkehrsmittel nicht nach vorn. Wir brauchen mehr Service. Frankfurter Rundschau
Zum siebten Mal in sechs Jahren erhöht die Bahn die Preise. Wie immer pünktlich zum Fahrplanwechsel. Doch mit dieser Politik geht das Unternehmen den falschen Weg. Denn so wird das umweltfreundlichste Massenverkehrsmittel gewiss nicht attraktiver. Kölner Stadt-Anzeiger
Mit „nur“ 1,8 Prozent mag die Fahrpreiserhöhung der Deutschen Bahn im Dezember maßvoll erscheinen, sie ist es aber nicht. Denn die neue „Tarifmaßnahme“ verspricht jede Menge Ärger mit Kunden und Gewerkschaften. Die Welt
Man kann das Ganze natürlich auch rein aus kaufmännischer Sicht betrachten – doch auch für diesen Fall bekommt die Bahn schlechte Noten. Denn wenn man schon an der Preisschraube dreht, müsste man den Mut zeigen, es konsequent, also effektiv zu tun. Berliner Morgenpost
Von den inzwischen gesunkenen Energiepreisen profitiert der Konzern nach eigenen Angaben wegen langlaufender Verträge nur wenig. Der Energieeinkauf sei nicht billiger geworden, hieß es. Um die Kostensteigerungen vollständig auszugleichen, müsse über die Preisanhebung hinaus weiter gespart werden. FAZ
… one more thing!
All (Muslim) Politics Is Local. The notion of political Islam may be a more complicated bargain than many realize, and Muslims who seek to shape the world according to their religious values often confront an obdurate reality. Foreign Affairs
Leitartikel
Hartz IV wird bleiben. Obwohl die FDP mit ihrem Bürgergeld wirbt. Doch das Beste daran ist sein Name. Und Kanzlerin Angela Merkel will keine Revolution Frankfurter Rundschau
Eine dritte Mitte. In den Industriezentren am Oberrhein und am Neckar gibt es Werkssiedlungen, die zum Teil noch aus der Gründerzeit stammen, aber längst an moderne Ansprüche angepasst wurden. In ihnen führte die Arbeiterschaft lange Zeit ein beschauliches Leben und hatte ein relativ gutes Auskommen. FAZ
Krawalldebatte: Man wird doch Wahrheiten sagen dürfen, heißt es. Aber wie? AZ-München
Über Jahrzehnte hinweg hat sich in beiden Teilen Berlins eine Versorgungsmentalität festgesetzt wie Schlacke, das hat Sarrazin zu Recht moniert. […] Es reicht aber nicht, diese Umstände anzuprangern und die Rückständigeit bildungsferner Einwandererfamilien verächtlich zu machen. […] Wer solche Mileus aufbrechen will, muss Kinder früher herausholen aus den Atollen der Unwissenheit. […] Nach dem Abschied von der Deutschtümelei muss der Abschied von einem unzeitgemäßen Familienbild kommen. Süddeutsche Zeitung (Print)
Wo leben wir eigentlich? In unserem Land dürfen Banker und Manager, die ihre Firmen um Milliarden bringen, einfach weiterwursteln oder werden mit Millionenabfindungen belohnt. Aber eine kleine Sekretärin wird nach über drei Jahrzehnten treuer Arbeit ohne Vorwarnung rausgeschmissen, weil sie in einem Moment menschlicher Schwäche eine Frikadelle aß. BILD
Amerikas rechte Medienszene höhnte „Obama verliert!“ und „Welt watscht Obama ab!“ und krakeelte, als der Olympiabewerber Chicago in der ersten IOC-Wahlrunde ausschied.Der Jubel war pubertär, unfair und im Grunde unamerikanisch. Die Welt
Eine Hiobsbotschaft jagt die andere: Akio Toyoda sah sein Unternehmen bereits dem Untergang geweiht, da wusste er noch nichts vom Millionen-Rückruf. Will der Toyota-Chef Vertrauen und Marktanteil zurückgewinnen, sollte er das Markenimage polieren. Financial Times Deutschland
Does Obama Get It? President Obama should confront the employment crisis with a sense of urgency, but he has not shown he understands the gravity of the situation. New York Times