Merkels US-Reise, Opel, Zivildienst & Tschechien

War das wirklich die Bundeskanzlerin, die da sprach? Die nüchterne, allem Pathos abholde, nicht als Magierin des Wortes bekannte Angela Merkel? Auf dem Capitol Hill in Washington kam eine Politikerin zum Vorschein, wie man sie noch nie hörte. FAZ

9:26 Minuten Beifall für Kanzlerin Angela Merkel BILD

Angela Merkel hat gleichzeitig ihre persönliche Lebensgeschichte genutzt, um den Repräsentanten der USA zu sagen, dass die Menschen nun erwarten, dass jetzt auch jene anderen Mauern in der Welt eingerissen werden, an denen nicht zuletzt die USA mitgebaut haben. Von den unkontrollierten Finanzmärkten über den ungerechten Welthandel bis hin zur Gefährdung des Weltklimas. Standing Ovations gab es dafür. Lausitzer Rundschau

Vergebliches Warten auf konkrete Antworten. Kanzlerin Merkel hat vor dem US-Kongress eine sehr deutsche Rede präsentiert – klare Antworten blieb sie schuldig. Süddeutsche Zeitung

Amerika sei Lob und Dank. Es spricht für Merkel, dass sie nach der gefühligen Geste das amerikanische Volk in einer brillanten Rede deutlich an seine Pflicht in Sachen Klimaschutz erinnert hat. Frankfurter Rundschau

Die Bundeskanzlerin dankte für die Rolle der Vereinigten Staaten auf dem Weg zur Deutschen Einheit und blieb sonst lieber im Grundsätzlichen. FAZ

Im Geist der Freiheit. Sage Großes mit einfachen Worten, verwende Bilder, die jeder versteht, verknüpfe Gefühl mit klarem Verstand – Angela Merkel hat in Washington vor beiden Häusern des amerikanischen Kongresses vermutlich die Rede ihres Lebens gehalten. Tagesspiegel

Es war die erste Ansprache eines deutschen Regierungschefs an das gesamte US-Parlament überhaupt. Konrad Adenauer war 1957 nacheinander vor dem Senat und dem Repräsentantenhaus aufgetreten; auf einer protokollarisch niedrigeren Stufe. Amerika, sagte er in jenen Jahren vor den CDU-Gremien, liebt uns nicht, das hat Hitler ihnen ausgetrieben. Amerika steht aus rein rationalen Gründen zu uns. Berliner Morgenpost

Mutig nur beim Klimaschutz. Das lieben die Amerikaner: Die Kanzlerin erzählte vor dem US-Kongress von ihrer Sehnsucht nach Freiheit in der DDR. Ansonsten blieb sie im Ungefähren – außer mit ihrem Appell an die US-Politiker, mehr für den Klimaschutz zu tun. Die Zeit

Die Klimakanzlerin. Angela Merkel hat vor dem US-Kongress eine historische Rede gehalten. Und sie hat dem Verbündeten von Übersee eine Botschaft für die Zukunft gegeben: Wer den Klimawandel nicht bekämpft, versündigt sich an der Menschheit. Kölner Stadt-Anzeiger

Auch Barack Obama wird der deutschen Regierungschefin aufmerksam zugehört haben. In Kürze bricht der amerikanische Präsident zu seiner ersten China-Reise auf. Und nicht nur Merkel treibt die Sorge um, dass die beiden weltweit schlimmsten Klimasünder dabei Klima-Verabredungen treffen, die ihnen zwar vielleicht kurzfristig nützen, der Welt aber gewiss auf Dauer schaden General-Anzeiger Bonn

Kanzlerin warnt USA vor Protektionismus. Angela Merkel hat vor dem US-Kongress zur Schaffung einer globalen Wirtschafts- und Finanzordnung aufgerufen. Mit einem Seitenhieb wandte sich die Bundeskanzlerin auch gegen protektionistische Tendenzen in Obamas Demokratischer Partei, indem sie für einen Erfolg der Doha-Verhandlungen zum weltweiten Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen warb. Handelsblatt

Gelegenheit für Nettigkeiten. Der Auftritt von Angela Merkel in den USA ist nicht Höhepunkt einer innigen transatlantischen Beziehung, sondern Chance, eine schwierige Situation zu entkrampfen. taz

Merkel Brings Agenda to Congress Wall Street Journal

Merkel Marks Wall Anniversary New York Times

Angela Merkels Redetext

Opel

Im Tauziehen um Opel gibt es abermals eine überraschende Wende. Der amerikanische Mutterkonzern General Motors (GM) will das Rüsselsheimer Unternehmen nun doch behalten. FAZ

GM fährt mit Opel besser als ohne. Die Entscheidung von General Motors, die deutsche Tochter Opel nun doch zu behalten, ist richtig. Jedenfalls dann, wenn man ausschließlich die Interessen der Amerikaner im Blick hat. Betriebswirtschaftlich ist dies plausibel: für GM – und womöglich auch für Opel Financial Times Deutschland

Opels Totengräber. Wer bei GM glaubt, nicht auf einen Investor wie Magna angewiesen zu sein, hat entweder keine Ahnung oder betreibt ein sehr böses Spiel. GM kann Opel finanziell nicht alleine stemmen. Frankfurter Rundschau

Merkel verliert Kampf um Opel. Es ist die denkbar schlechteste Nachricht, die der Verwaltungsrat von General Motors Richtung Bundesregierung schicken konnte. Alles bleibt, wie es ist – und Opel soll beim amerikanischen Mutterkonzern GM bleiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist in die Opel-Falle getappt. Handelsblatt

Arbeitnehmer ziehen Sparzusagen zurück. Opel sagt GM Zusammenarbeit zu, um den Beschluss aus Detroit so schnell wie möglich umzusetzen. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats ist verärgert. Er sieht die Werke in Bochum, Kaiserslautern und Antwerpen von der Schließung bedroht. FAZ

GM Throws Opel Deal Into Reverse. GM is backing out of a deal to sell its European operations to Magna International and plans to restructure the business itself. Wall Street Journal

Merkel Suffers Blow as GM Opts to Keep Opel, Shunning Magna Bloomberg

Zivildienst

Ein attraktiver Freiwilligendienst wäre aufrichtiger – und effektiver – als ein verkürzter Zivildienst. Tagesspiegel

Was tun, wenn Helfer fehlen? Nachdenken über den Zivildienst Nürnberger Zeitung

Zivilidienstleistende sind beliebte Billigkräfte. Für den Arbeitsmarkt könnte es sich positiv auswirken, wenn die Zivis aus den Heimen und Kitas verschwinden. Die Welt

Den Freiwilligen mehr helfen, Zivildienst braucht Ersatz – Land fördert nicht NRZ

Klagen der Wohlfahrtsverbände mögen vereinzelt drastisch formuliert sein, aber „Unkenrufe“ (so Familienministerin von der Leyen) sind sie nicht. Mit der beabsichtigten Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate steht der Zivildienst in seiner bisherigen Form vor dem Aus. Märkische Allgemeine

Tschechien ratifiziert EU-Vertrag

Ende des Nervenkriegs. Eine jahrelange Zitterpartie ist zu Ende: Die Tschechen machen den Weg für den Reformvertrag von Lissabon frei. Jetzt sollte die EU großzügig sein. Süddeutsche Zeitung

Prag hat die letzte Ausrede für müde Europäer beiseite geräumt. Nun gilt es, den Lissabonner Vertrag tatkräftig zu verwirklichen. Wie stark und eigenständig soll das neue, das „Lissabon-Europa“ sein? Frankfurter Rundschau

Europa lebt! Der Lissabon-Vertrag ist am Ziel – angesichts seiner Entstehung ist das ein kleines Wunder. Nun kann die Reform der Europäischen Union endlich in Kraft treten. Tagesspiegel

Welch‘ schwere Geburt! Das tschechische Verfassungsgericht sieht im Vertrag von Lissabon keine Beschränkung der Souveränität des Landes, und deshalb hatte auch Staatspräsident Klaus keine Ausrede mehr, die Ratifikation des Vertrages hinauszuzögern: Er hat unterzeichnet. FAZ

Der Weg frei. Wohin er führt, wird sich vor allem bei den anstehenden Personalien zeigen. Die Welt

Die verspätete EU-Reform, ohne politischen Willen hilft auch der Lissabon-Vertrag wenig Nürnberger Nachrichten

EU-Reform droht neuer Ärger. Nun rächt sich, dass die Staats- und Regierungschefs es versäumt haben, das neue Amt des EU-Ratspräsidenten mit einer genauen Arbeitsplatzbeschreibung zu versehen. taz

Das könnte ein schöner, lange kaum für möglich gehaltener Aufbruch der EU sein. Könnte! Denn noch ist längst nicht sicher, ob Europa die Chance dafür nutzt. Die seit Wochen mit Verve geführten personalpolitischen Debatten verdecken, dass die neuen Ämter nur vage definiert sind. Berliner Zeitung

… one more thing!

Die USA, der paralysierte Rottweiler. Der Welthandel ist eines der größten Opfer der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Nachdem es zunächst steil bergab gegangen ist, zeigen sich nun erste Anzeichen für eine Erholung, so der indische Starökonomen Jagdish Bhagwati im Handelsblatt

Leitartikel

Schafft den Wehrdienst ab! Die Pflichtzeit auf sechs Monate zu reduzieren, nutzt der Bundeswehr nichts. Und der Einsatz für die Gesellschaft lässt sich auch anders organisieren als mit dem Zivildienst. Frankfurter Rundschau

Alles ist möglich, wenn wir nur frei sind – das ist ja nicht nur wehmütige Erinnerung an große Tage vor 20 Jahren. Es ist auch der Schlüssel für die Zukunft. Klimaschutz, Wohlstand, Sicherheit: Alles ist möglich, wenn die zusammenhalten, die frei sein wollen wie Europa und Amerika. BILD

Was in Afghanistan herrscht. Gerade weil die Bezeichnungen Krieg oder Kampf jedermann verständlich sind, darf die Führung nicht auf Technokratenjargon ausweichen. Es ist ebenso neu wie ehrlich und richtig, dass Verteidigungsminister Guttenberg zumindest von „fraglos kriegsähnlichen Zuständen“ am Hindukusch redet. FAZ

Quälendes Ausbluten. Gerade Pflege erfordert Einfühlsamkeit und Sozialkompetenz, die Zukunft des Zivildiensts AZ München

Bürger und Staat mischen die Karten neu, Gedanken zur Selbstorganisation der Eltern Die Welt

Aufbruch mit Fragezeichen. Der Lissabon-Vertrag ist ratifiziert, jetzt muss Europa seine Chance nutzen. Die neuen Regeln schränken das Vetorecht ein, damit nicht mehr der Lustloseste das Tempo bestimmt. Und sie stärken das Parlament in Sach- und Personalfragen. Kölner Stadt-Anzeiger

Übertriebene Aufregung. Die harte Reaktion der Börse auf die Quartalszahlen von BMW zeigt, wie verzerrt die Erwartungen der Anleger derzeit sind Financial Times Deutschland

The Best Allies Money Can Buy. America has been able to fight two wars with few allies because we’ve hired the help. New York Times