Kanzlerin mit begrenzter Macht. CDU-Chefin Angela Merkel wird zum zweiten Mal als Kanzlerin vereidigt. Das Regieren dürfte für sie unter schwarz-gelben Bedingungen nicht einfacher werden. Die Zeit
Als die große Ironie dieses Regierungswechsels könnte sich rasch entpuppen, dass es wirklich die gleiche Kanzlerin ist. Was die einen gehofft und die anderen befürchtet haben – die Rückverwandlung der Angela Merkel in die schwarz-gelb Durchregierende –, bleibt erkennbar aus. Mehr noch, der Koalitionsvertrag ist bis zur Satire präzise in Kleinigkeiten für kleine Klientelgruppen und zum Heulen unverbindlich in großen Fragen. Das ist natürlich Absicht. Tagesspiegel
Merkel I und Merkel II. Ministerpräsidenten sind gewählt, sie haben ihre eigene Legitimation, müssen sich von der Kanzlerin rein gar nichts vorschreiben lassen. Aus diesem Grund wird sich Merkel II von Merkel I deutlich unterscheiden. In einer großen Koalition ist die Mehrheit für Gesetze im Bundesrat sicher, in einer kleinen Koalition muss sie erkauft werden. WAZ
Es ist einer der großen Vorteile Angela Merkels, dass sie die Präsidentenkanzlerin nicht spielen muss. Sie ist die Präsidentenkanzlerin. Sie ist, wenn es so etwas überhaupt gibt in der deutschen Politik, weitgehend ideologiefrei. Naturwissenschaftlerin. Probleme sind durch Denken lösbar. Häufig gibt es sogar sehr unterschiedliche Wege, um an das richtige Ziel zu gelangen. Und so regiert sie auch. Ab heute weitere vier Jahre. Mindestens. Berliner Morgenpost
Der Feind in meiner Regierung. Es war kein Scherz, als Horst Seehofer für 2013 eine erneute Koalition mit der FDP angekündigt hat. Er weiß: Ohne sie geht es nicht. Doch sie soll es so schwer wie möglich haben. Süddeutsche Zeitung
Kurs auf neue Schulden. Zu Recht hat Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker den Kurs der Koalition in die Schulden angeprangert. Vielleicht gerade noch rechtzeitig, bevor das deutsche Beispiel in der EU Schule macht. Kölner Stadt-Anzeiger
Soziale Schieflage. Die schwarz-gelben Koalitionäre haben nach ihrem Wahlsieg das Blaue vom Himmel herunter versprochen – es wird aber wohl eher das Alltagsgrau sein, welches die kommenden Jahre beherrscht. Nürnberger Nachrichten
Einstieg in den Ausstieg. Verkürzungsschritte wie jetzt im Koalitionsvertrag vorgesehen, sind wohl der einzige Weg, die störrische CDU an einen Staat ohne Wehrpflicht zu gewöhnen. taz
Wenn die Berliner Koalitionsverhandlungen eine große Überraschung gebracht haben, dann die: Jugend ist plötzlich „in“. Der Aufstieg des 36-jährigen Philipp Rösler, der so frisch und unbekümmert wirkt wie ein Hochschulabgänger, soll ein Zeichen sein Hannoversche Allgemeine
Die Nieten in Merkels Kabinett. Schwarz-Gelb will mit dem Motto Wachstum, Bildung, sozialer Zusammenhalt aus der Wirtschaftskrise kommen. Aber ausgerechnet die zuständigen Minister für diese Bereiche sind die schwächsten in der neuen Regierung – darunter auch der neue Arbeitsminister Jung. Financial Times Deutschland
Die wundersamen Wandlungen von „Kohls Mädchen“ Früher galten Linke als leichtsinnig im Umgang mit Geld und Konservative als solide. Das hat sich gründlich geändert. Und die Bundeskanzlerin spielt das Spiel bedenkenlos mit. Handelsblatt
Profil vor Parteibuch. SPD-Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen hat gute Chancen, auch unter Schwarz-Gelb im Amt zu bleiben. Das ist richtig, weil der Spitzenbeamte als Krisenmanager derzeit noch unverzichtbar ist. Financial Times Deutschland
Der bedeutungslose Bundestag. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) beschwert sich über mangelnde Aufmerksamkeit der öffentlich-rechtlichen Sender. Dieser Vorwurf ist unverschämt und falsch. Die Welt
Mächtig machtlos? Der neue Bundestag muss sich stärker einmischen NRZ
Fall Thierse – die erste Kriegserklärung. Sauereien, Verbalinjurien und vier Jahre Krieg: Bei der konstituierenden Sitzung des Bundestages sorgt das schlechte Ergebnis für den SPD-Kandidaten Wolfgang Thierse für Aufruhr – die Union lässt ihre Muskeln spielen. Süddeutsche Zeitung
Brandenburg
Empfundener Tabubruch. Die Linkspartei in Brandenburg zeigt Verantwortung – machtlos ist sie deshalb aber nicht. Tagesspiegel
SPD verleiht der Linkspartei Flügel. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck macht seinem neuen Koalitionspartner große Zugeständnisse: Die Linke bekommt nicht nur das Wirtschaftsministerium sondern auch noch das Finanzministerium. Damit wertet der Potsdamer Sozialdemokrat, der kurzzeitig auch die Bundespartei anführte, die Linke massiv auf Handelsblatt
Brandenburgs Ministerpräsident will ein neues Kapitel aufschlagen: Die Linke oder vormals PDS soll entzaubert werden. Die wiederum stehen vor einer Bewährungsprobe. Frankfurter Rundschau
Die Annäherung an die überaus pragmatische, märkische Linke hat auch eine andere Dimension, über die in der innerhalb des sozialdemokratischen Spektrums eher konservativ geprägten Platzeck-Partei niemand reden mag. Erstmals treten SPD und Linke als nahezu gleichstarke Partner an, die in ihrer inhaltlichen Ausrichtung sehr weit übereinstimmen. Berliner Zeitung
Alles riecht nach Vernunft. Die Koalition setzt auf eine Politik der kleinen Schritte, und angesichts des Haushaltsdefizits bleibt ihr fast gar nichts anderes übrig. Als Signal für Rot-Rot im Bund taugt sie nicht taz
Nachhaltig falsch. Man muss den rot-roten Koalitionären zugutehalten, dass die enormen Schwierigkeiten, vor denen Brandenburg steht, nicht ausschließlich hausgemacht sind. Aber die Verantwortung für den Umgang mit der gewaltigen Finanzklemme, in der das Land steckt, kann nicht einfach weitergeschoben werden. Lausitzer Rundschau
Finanzen setzen enge Grenzen. Die Erleichterung darüber, dass die Verhandlungen mit der SPD nach nur knapp zwei Wochen geräuschlos über die Bühne gegangen sind, ist besonders der Verhandlungsführerin der Linken, Kerstin Kaiser, anzumerken. Märkische Allgemeine
Auf ein Signal, neben 6000 Landesbediensteten in den nächsten Jahren auch ein Ministerium einzusparen, wurde verzichtet. Stattdessen wurden Abteilungen hin und her geschoben. Im Nachhinein sieht das Ganze mehr nach Kuhhandel denn nach Aufbruch aus. Märkische Oderzeitung
Schleswig-Holstein
Carstensen mit Schwarz-Gelb am Ziel. In Schleswig-Holstein bleibt Peter Harry Carstensen Ministerpräsident. Der Landtag bestätigte 62-jährigen CDU-Politiker mit einer Stimme mehr als erwartet. Handelsblatt
Vernunftheirat zwischen Carstensen und Kubicki. Ministerpräsident Carstensen ist zwar alles lieber als die geschiedene Problemehe mit dem SPD-Wadenbeißer Ralf Stegner, aber sein neuer Partner Wolfgang Kubicki (FDP) zählt auch nicht gerade zu den Lammfrommsten. Die Welt
Soll übererfüllt. Peter Harry Carstensen wird mit einer Stimme mehr als erwartet wieder Ministerpräsident in Kiel. Im neuen Kabinett von CDU und FDP stellt die Union vier Minister, die Liberalen besetzen drei Ressorts. Tagesspiegel
Evangelische Kirche
Geschieden, liberal, weiblich: Margot Käßmann, neue Ratsvorsitzende, will die deutschen Protestanten aus der Krise führen. Süddeutsche Zeitung
Margot Käßmanns Wahl zur neuen Ratsvorsitzenden der EKD-Synode an diesem Mittwoch scheint sicher. Zwar verbarg sie pflichtschuldig ihre Ambitionen. Doch all das gehört zum eigentümlichen Demutswettbewerb der Protestanten vor Ratswahlen. FAZ
Wenn der «Mister EKD» nun nach sechs Jahren das Amt des Ratsvorsitzenden weitergibt, könnte der Profilunterschied – zumindest äußerlich – kaum deutlicher ausfallen: Der Riege in Ehren ergrauter katholischer Bischöfe stehen von heute an zwei Frauen in den beiden höchsten Ämtern des deutschen Protestantismus gegenüber. Nürnberger Zeitung
Nein, eine Sensation ist die höchstwahrscheinliche Wahl Margot Käßmanns am heutigen Mittwoch zur EKD-Ratsvorsitzenden nicht (mehr); dafür wurde sie schon viel zu lange als unbedingte Favoritin für das höchste evangelische Amt in Deutschland gehandelt. Westfalenpost
Nach sechs Jahren scheidet Bischof Wolfgang Huber aus dem Amt „Jeder Kirchenaustritt trifft mich persönlich“ BILD
… one more thing!
Meer Energie. Gigantische Windparks in Nord- und Ostsee sollen schon bald Millionen Haushalte mit sauberem Strom versorgen. Vor Borkum wird jetzt die erste deutsche Großanlage gebaut. Eine Studie zeigt, welche Vorhaben Erfolg versprechen – und warum andere in Schwierigkeiten stecken. Wirtschaftswoche
Leitartikel
Gerade für sozial schwache Kinder ist eine gut ausgestattete Kita oft die einzige Chance auf einen guten Start ins Leben. Hier sollte die Regierung investieren – und nicht in ein absurdes Betreuungsgeld! BILD
Vage Versprechen. Ist Deutschland auf dem Weg zur Bildungsrepublik? Der Koalitionsvertrag macht durchaus Hoffnung, aber die meisten Ankündigungen sind wenig konkret. Frankfurter Rundschau
Traumschiff FDP. Das Trockendock ist geflutet. Elf Jahre lang hat die FDP vom Ufer aus zugesehen, wie der rot-grüne Segler und die schwarz-rote Staatsfregatte die politische See beherrschten. Die jungen Offiziere und Matrosen der Partei übten derweil auf den landespolitischen Binnengewässern. FAZ
Spaß à la Seehofer Freiwillig wird er kein bisschen Macht abgeben AZ München
Das Genie der Mitte, Politik zwischen Freiheit, Ordnung und Gleichheit Die Welt
Konjunktur: Zu früh für den Exit. Wenn Norwegen und Australien ihre expansive Fiskal- und Geldpolitik beenden, können andere Staaten und Notenbanken noch nicht nachziehen – obwohl es gute Gründe dafür gäbe Financial Times Deutschland
Acht Jahre hat es gedauert, jetzt fügen sich die Puzzle-Teile zusammen. Tschechiens Präsident Vaclav Klaus hat signalisiert, den europäischen Grundlagenvertrag unterzeichnen zu wollen. Zwar fordert Klaus, die EU-Grundrechtecharta müsse für Tschechien ausgesetzt werden. Seine Sorge: Nach dem Weltkrieg vertriebene Sudetendeutsche könnten auf Basis der Charta die Rückgabe ihrer einstigen Besitztümer in Tschechien einklagen. Das aber sollte kein Problem sein. Börsenzeitung
Changing the World. Americans need to shake off their passivity in confronting today’s problems and believe that their actions can make a profound difference. New York Times