Regierungskoalition, USA, Ai Weiwei, Geert Wilders & Koch-Mehrin

Das Fell des Bären Die von der Regierung Merkel/Rösler angekündigte Steuersenkung ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Man kann die FDP verstehen, wenn sie nun unbedingt diese Trophäe für sich beansprucht – denn die Partei hat am meisten dafür bezahlt, dass die schwarz-gelbe Koalition bislang nicht geliefert hat, was versprochen war. Süddeutsche Zeitung

Steuerentlastung kommt – aber wann? Die Regierung will in dieser Legislaturperiode beschließen, die Steuern für untere und mittlere Einkommen zu senken. Das sagt Regierungssprecher Seibert. Aber ab wann die Erleichterung gilt, ist offen – jedenfalls noch nicht zum 1. Januar 2012. FAZ

Der Beitrag der Regierung Wenn diese Bundesregierung in der Bevölkerung Verständnis erwartet, muss es eine Entlastung geben – und zwar in vielerlei Hinsicht. Sie wird doch nicht SPD und Grüne weiter in die Hände spielen. Tagesspiegel

Merkels Griechenland-Kurs droht die Pleite Deutschland gibt derzeit kein sonderlich gutes Bild in der Griechenlandpolitik ab. Etliche Vorstöße scheiterten am Widerstand der EU-Partner. Jetzt droht Merkel auch in Berlin die Pleite. Handelsblatt

CDU Generalsekretär Gröhe hält jetzt nichts von Steuersenkungen Erst Haushaltskonsolidierung, dann die Debatte um die Steuersenkung: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hält die Entlastungen zwar für wünschenswert, allerdings nicht zu diesem Zeitpunkt. Handelsblatt

Steuern senken – ja! Bloß wie? Es hagelt Kritik und auf einen konkreten Zeitplan will sich die Regierung nicht festlegen. Aber der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler hält an den Steuersenkungsplänen fest. Nur wie das bewerkstelligt werden soll, steht noch in den Sternen. Die Arbeitgeber hätten da eine konkrete Idee. Stern

Steuersenkung jetzt! Eine Steuersenkung, von der untere und mittlere Einkommen profitieren müssen, ist überfällig und machbar Augsburger Allgemeine

Zur Unzeit das Falsche Populismus und Lobbyismus sind die beiden größten Feinde finanzpolitischer Solidität und steuerlicher Gerechtigkeit. Eineinhalb Jahre lang wurde den Bürgern gesagt, dass Steuersenkungen nicht möglich seien wegen der Sparnotwendigkeiten Lausitzer Rundschau

Populistischer Irrweg Die Regierung verspricht Steuersenkungen, obschon sie weiß, dass sie sich die nicht leisten kann. Badische Zeitung

Improvisiert Das Ziel ist klar, aber der Weg ist dunkel. Nordkurier

Der schwarz-grüne Pizzaofen ist aus Angela Merkels Atomausstieg nährt Spekulationen über Schwarz-Grün. Doch in keinem Szenario wäre ein Bündnis plausibel. Financial Times Deutschland

Rückzug der USA aus Afghanistan

Der große Rückzug Zehn Jahre nach „9/11“ wird das Kapitel Afghanistan geschlossen. Amerika wird künftig nur zurückhaltend militärische Engagements eingehen: Das nationale Interesse, die direkte Bedrohung allein werden wieder der Maßstab sein. FAZ

Einstieg in den Ausstieg US-Republikaner und -Demokraten sind der Militärmissionen im arabisch-muslimischen Raum überdrüssig geworden. Die Kriege gehen zu Ende, der Kampf allerdings geht weiter. Tagesspiegel

Amerika hat genug Der Rückzugsbefehl ist nicht das Ergebnis nachhaltiger strategischer Erfolge. Die USA haben nach zehn Kriegsjahren schlicht nicht mehr die Kraft und den Willen, in Afghanistan unbefristet gewaltige Ressourcen zu investieren. Frankfurter Rundschau

Abschied vom Aufbau Die USA wollen gar nicht ganz gehen. Der strategisch wichtige Kriegsschauplatz für die USA liegt schon heute nicht mehr in Afghanistan – erst recht nicht in Libyen -, sondern in Pakistan. taz

Der erste Sieg in einem Krieg ist trügerisch Die USA will in Afghanistan vor allem eins – den Rückzug. Doch allein die Ankündigung des Abzugs gibt dem Krieg eine andere Psychologie. Die Welt

Rette sich, wer kann! Die Pläne der Amerikaner für den Abzug aus Afghanistan sind eine Kapitulationserklärung. Mitteldeutsche Zeitung

Amerika ist kriegsmüde Wir werden unsere Truppen heimholen – sofern es die Umstände erlauben. Diese Einschränkung durfte bisher nicht fehlen, wenn der US-Präsident über eine Rückzugsperspektive sprach. Diesmal fehlte sie. Obamas Rede stand ganz im Zeichen der Kriegsmüdigkeit seiner Nation. Märkische Allgemeine

Fragile Fortschritte Tatsächlich ist der Rückzugsbefehl der US-Regierung für zunächst 33 000 GIs nicht das Ergebnis nachhaltiger strategischer Erfolge. Augsburger Allgemeine

„Die Deutschen stehen mit kurzen Röckchen da“ Nach der Ankündigung von US-Präsident Obama, Zehntausende US-Soldaten aus Afghanistan abzuziehen, gerät auch die Bundeswehr unter Zugzwang. Sie will ihre Erfolge sichern, kann aber ohne Hilfe der US-Armee kaum bestehen. Süddeutsche Zeitung

Mit den Schulden wächst die Unsicherheit Amerika bleibt in einer schwierigen Lage. Die Wirtschaft wächst zwar wieder – schafft aber zu wenig neue Arbeitsplätze. Die Welt

A gamble that may not pay off The president is at risk of running down American forces in Afghanistan too fast Economist

Redefining the Language of War: Nine Words With New Meanings Victory? Let’s say „successfully implementing the president’s strategy“ instead. Mother Jones

Who takes us to war? The power to declare is a relic. Washington Post

Why stay at war? Obama hasn’t offered a good reason. Washington Post

Obama’s shamelessness It’s what makes him a unique historical figure. Washington Post

‘Mission accomplished’ Obama’s Afghan speech echoed Bush. Washington Post

Freilassung Ai Weiweis

China muss endlich den kritischen Dialog lernen China darf sich nicht länger vor der Auseinandersetzung um Menschenrechte drücken. Deshalb muss der Fall Ai Weiwei thematisiert werden. Die Welt

Ai Weiweis Etappe in die Freiheit Der chinesische Künstler und Regimekritiker sitzt nicht mehr im Gefängnis. Das zeigt, dass in China wieder liberale Stimmen die Oberhand gewinnen. Financial Times Deutschland

Nichts wird sich ändern Ai Weiwei ist von einem kleinen Gefängnis in ein größeres umgezogen. Da man ihm zutrauen darf, dass er sich bald wieder politisch äußern wird, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis er wieder „Gast“ der Regierung ist. FAZ

Merkel sollte die Menschenrechte nicht ausklammern Der Künstler Ai Weiwei ist frei. Doch wenn Chinas Premier am Montag Berlin besucht, sollte die Kanzlerin mit ihm über Menschenrechte sprechen ZEIT

Freispruch für Geert Wilders

Wilders‘ Handschrift Der Volksverhetzungsprozess gegen den holländischen Populisten und erklärten Islamfeind Geert Wilders ist endlich zu Ende. Es ist ein bedauernswertes Ende: Der Freispruch sendet ein falsches Signal. Süddeutsche Zeitung

Rechtspopulismus hat gesiegt Dieses Urteil ist ein Freifahrtschein für Wilders, mit seiner Hetze fortzufahren – und eine Ohrfeige für die Muslime, die in den Niederlanden leben, sowie all diejenigen, die an ein gleichberechtigtes und friedliches Miteinander zwischen Einwanderern und Einheimischen, Muslimen und Christen, glauben. taz

Gericht spricht Geert Wilders frei Den Propheten Mohammed beschimpft er als Mörder. Den Islam nennt er eine faschistische Ideologie für Terroristen. Lausitzer Rundschau

Freispruch. Was sonst? Freispruch. Die Reaktionen der muslimischen Gemeinden sind vorhersehbar. Sie werden den Freispruch für den niederländischen Rechtspopulisten Wilders als Skandal empfinden, ihre fortgesetzte Diskriminierung behaupten und zu Protesten aufrufen. Märkische Oderzeitung

Silvana Koch-Mehrin wird Mitglied im Forschungsausschuss des Europaparlaments

Bizarr Für den Forschungsausschuss des Parlaments ist die Aberkennung des Doktortitels offenbar kein Grund, die Qualifikation Frau Koch-Mehrins anzuzweifeln. Als wäre das nicht bizarr genug, tritt sie an die Stelle eines FDP-Politikers, der sich ebenfalls Plagiatsvorwürfen ausgesetzt sieht. FAZ

Neue Aufgabe für Koch-Mehrin Silvana Koch-Mehrin, der kürzlich wegen Plagiaten ihr Doktorgrad aberkannt wurde, ist jetzt Vollmitglied des Forschungs-Ausschusses im Europaparlament geworden. Bei der FDP führt dies zu Kopfschütteln. FAZ

Monsieur Vidocq und Frau Koch-Mehrin Eugène François Vidocq war ein in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Frankreich zumindest der Justiz wohlbekannter Schurke, mehrfach wegen Betrugs und Dokumentenfälschung verurteilt, mithin ein intimer Kenner der Vollzugsanstalten und deshalb – einem deutschen Liberalen der Gegenwart muss das niemand erklären – prädestiniert, Begründer und erster Direktor der Sûreté Nationale, der französischen Kriminalpolizei zu werden. Berliner Zeitung

Bock und Gärtnerin Wenn man einen Bock zum Gärtner macht, dann bleibt danach nur zerwühlte Erde. Denn der Ziegenbock weidet derartig gründlich, dass er in einem Gemüsegarten sämtliche Wurzeln herausreißen würde. Märkische Oderzeitung

Ein Award für Koch-Mehrin Das Netz ist nicht „politisch“, „kreativ“ oder „innovativ“, wie es in der Begründung für den Online-Award für „Guttenplag Wiki“ heißt. Es ist die Metaplattform des Plagiats. Tagesspiegel

Plagiate lohnen wieder Guttenberg – war da was? Silvana Koch-Mehrin macht weiter Badische Zeitung

Koch-Mehrin drängt es zur Forschungspolitik FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin geht nach Verlust ihres Doktorgrads in die Offensive – sie gehört nun dem Forschungsausschuss des Europaparlaments an – „vielleicht lernt sie da ja wissenschaftliches Arbeiten“, spotten die politischen Gegner. Süddeutsche Zeitung

SPD empört über Berufung Koch-Mehrins Ihren Doktortitel hat die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin nach Plagiatsvorwürfen verloren. Trotzdem will ihre Partei sie nun in einen EU-Forschungsausschuss entsenden. Eine Farce, meint die SPD. Handelsblatt

Doktor verloren, Posten gewonnen Silvana Koch-Mehrin plagiierte bei der Promotion. Nun rückt sie in den Forschungsausschuss des EU-Parlaments auf. Kein Problem, findet sie. Die Parteispitze ist entsetzt. ZEIT

Chatzimarkakis hat mich plagiiert! Was denken die um ihr Zitat Gebrachten über die Praxis prominenter Politiker, ihre Doktortitel einst auf dem Kopierweg erworben zu haben? Ein betroffener Hochschullehrer packt aus. FAZ

…one more thing!

Staaten zapfen eiserne Reserven an Im Kampf gegen hohe Ölpreise wollen die Industriestaaten überraschend ihre strategischen Reserven nutzen. Die Notierungen brachen nach dieser Ankündigung drastisch ein. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Merkels Party auf Pump Die Steuersenkung soll der siechen FDP helfen und von Griechenland ablenken. Für 2013 wird ein plumpes Wahlpräsent vorbereitet. Wer so in guten Zeiten das Geld verprasst, schadet diesem Land. Frankfurter Rundschau

Tausend Milliarden Euro Immer mehr Geld: Griechenland droht auch die soliden Euro-Staaten in die Krise zu stürzen. Es gibt nur schmerzhafte Auswege. Es braucht einen drastischen Schuldenschnitt. FAZ

Mehr Stress tut Banken gut Die Prüfung von Europas Geldinstituten hätte längst verschärft werden müssen. Die Bankenaufsicht EBA bestätigt damit nur etwas, was schon lange bekannt ist: Griechische Staatsanleihen werden zumindest teilweise ausfallen. Financial Times Deutschland

Das erschöpfte Imperium US-Präsident Barack Obama leitet den Abzug aus Afghanistan ein. Amerika will das Jahrzehnt der Kriege beenden und sich mehr um sich selbst kümmern. Das bedeutet: Auch Europa muss mehr für die eigene Sicherheit tun Die Welt

Freiheit à la China Der jetzt freigelassene Ai Weiwei war nicht wirklich eine Gefahr für den Machtanspruch der Kommunistischen Partei. Und dennoch nagt die Ungewissheit an Chinas Führungsapparat – weil ein großer Widerspruch nicht aufzulösen ist, der sich in Ai Weiwei personifiziert: Freiheit und Kontrolle passen nicht zueinander. Süddeutsche Zeitung

If Greece goes… The opportunity for Europe’s leaders to avoid disaster is shrinking fast Economist

William Cronon and the American Thought Police The chilling effect of right-wing attacks on scholars. New York Times

Will the Feds Deport Jose Antonio Vargas? Probably not, but they could press criminal and civil charges against the prizewinning journalist. Mother Jones