Schwarz-Gelb, Plagiate, Atomausstieg, Dänemark & EZB

Neu aufgestellt mit weniger Egozentrikern Mit der Umbildung des Kabinetts beginnt für Schwarz-Gelb eine neue Etappe. Die Union kann für das schlechte Ansehen der Koalition nicht mehr die FDP samt Westerwelle als Sündenböcke verantwortlich machen. Kanzlerin Merkel wird voll im Wind stehen. FAZ

Die Leere der bürgerlichen Koalition Es ist noch nicht einmal Halbzeit für Angela Merkels schwarz-gelbe Koalition. Die Krise der FDP beschert ihrer Regierung eine kleine Ämterrotation. Was die „bürgerliche Koalition“ aber ausmacht und gemeinsam will, wird immer rätselhafter. Tagesspiegel

Genörgel gegen Merkels Griechenland-Kurs „Für Athen ist Geld da, für unsere Bürger aber nicht“ – viele Koalitionsabgeordnete lehnen weitere Finanzhilfen für Griechenland ab und verweigern Angela Merkel die Unterstützung für ihren Kurs. Die Kanzlerin muss sogar um ihre Mehrheit bei der Abstimmung im Bundestag fürchten. Süddeutsche Zeitung

Wenn Mittelmaß regiert Wortreich, aber unentschlossen bis feige: Die Außenpolitik Deutschlands und der Europäischen Union ist ein Desaster. Im Umgang mit der Griechenlandkrise kulminieren europäische Hilflosigkeit und deutsches Lavieren. Tagesspiegel

Plagiatsaffären

Silvana Koch-Mehrin gibt auf Sie war einst die Hoffnungsträgerin der FDP: Die Spitzenpolitikerin Silvana Koch-Mehrin hat sich von allen politischen Führungsämtern zurückgezogen, Abgeordnete im Europäischen Parlament aber will sie bleiben. Hat die neue FDP-Führung um den designierten Parteichef Philipp Rösler Koch-Mehrins Entscheidung beeinflusst? Süddeutsche Zeitung

Koch-Mehrins Rücktritt ist der nächste Schlag für die FDP So vernehmlich hat die schwer gezeichnete FDP aufgeatmet nach ihrem personellen Ringtausch der vergangenen Tage. Nun wirft Europas führende Liberale hin. Die Folgen lassen sich auf zweierlei Arten deuten. Handelsblatt

Der Rücktritt von Koch-Mehrin verdient Respekt Lange Zeit hatte Silvana Koch-Mehrin zu den Plagiatsvorwürfen geschwiegen, nun meldete sie sich gleichsam mit einem Paukenschlag: Die ehemalige Hoffnungsträgerin der FDP zieht sich aus ihren politischen Ämtern zurück. Der Westen

Was Koch-Mehrin mit Guttenberg verbindet Zwei Doktortitel, zwei Gestürzte – warum das Schicksal Guttenbergs und Koch-Mehrins nun eine heilsame Warnung ist. Die Welt

Angenommen, man glaubt Guttenberg… Karl-Theodor zu Guttenberg beteuert, dass er die Universität nicht täuschen wollte. Seine fehlerhafte Doktorarbeit begründet er unter anderem mit „chaotischer“ Arbeitsweise. Aber bleibt so viel Schlampigkeit tatsächlich auf private Belange beschränkt? Selbst wenn man dem Plagiator Glauben schenken will, wäre eine Rückkehr Guttenbergs in die Politik nicht wünschenswert. Süddeutsche Zeitung

Der Fall Guttenberg Guttenbergs Unfähigkeit, eine Schwäche einzugestehen, zeigt, wie fatal sich fehlende Selbstkritik und Selbstkontrolle gerade in der Wissenschaft auswirken. Denn diese ist auf unbedingte Redlichkeit angewiesen. FAZ

Vielen Dank, Herr Guttenberg! Die Wissenschaft sollte Karl-Theodor zu Guttenberg dankbar sein: Durch seine gefälschte Doktorarbeit hat er die Schwächen des akademischen Systems entblößt. Und Schummeln wird ab jetzt sehr viel schwieriger. Financial Times Deutschland

Peinlich, peinlicher, Guttenberg Mit dem Prüfbericht der Universität Bayreuth rückt ein Comeback des CSU-Politikers in weite Ferne. Sein Versuch, sich als Stressopfer darzustellen, lassen ihn ungeeignet für ein politisches Amt erscheinen. Financial Times Deutschland

Schuld sind immer andere Karl-Theodor zu Guttenberg hat vorsätzlich getäuscht, sich den Doktor­titel erschwindelt. So weit, so übel. Doch wie erklärt ­Ex-Doktor Karl-Theodor zu Guttenberg sein Verhalten? Der Selbstverteidigungs­experte greift zum altbekannten Muster Der Westen

Guttenbergs Fall Auf längere Sicht sollte Karl-Theodor zu Guttenberg eine zweite Chance in der Politik bekommen. Augsburger Allgemeine

Fern der Wahrheit Markus Decker hält den Ruf nach einer Rückkehr von Karl-Theodor zu Guttenberg in die Politik für bedenklich. Mitteldeutsche Zeitung

Ach, hätte er doch geschwiegen Zurück, Du rettest den Freund nicht mehr, heißt es in Schillers „Bürgschaft“. Das möchte man jetzt auch dem ehemaligen politischen Shooting-Star Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zurufen. Lausitzer Rundschau

Adieu, Freiherr Gutachter sprechen hartes Urteil Kommentar: Adieu, Freiherr Guttenbergs Arbeitsweise bei der Doktorarbeit nährt den Verdacht, dass der Freiherr auch politisch ein Blender war. Rheinische Post

Täuscher und Täuschenlasser Die Frage, die sich aufdrängt am Abend eines solchen Tages, an dem zunächst Karl Theodor zu Guttenberg einen weiteren Knockout erleben musste, dann auch, vorsichtshalber oder in einigermaßen weiser Voraussicht, die Freidemokratin Silvana Koch-Mehrin: Warum müssen Menschen, die ohnehin im Mittelpunkt der Gesellschaft stehen, auf die sich ohnehin die Scheinwerfer richten, die eigentlich nichts zu leiden haben, sich dann doch noch immer etwas wichtiger und wertvoller machen, als sie es ohnehin schon sind? Berliner Morgenpost

Uni-Karriere trotz plagiierter Doktorarbeit Eine Frankfurter Fachhochschullehrerin führt laut Gerichtsurteil zu Unrecht den Doktortitel, wegen weitgehender Plagiate. Sie ist weiterhin im Dienst. Zeit

Atomausstieg

Gefährliche Gewöhnung Mit der Gewöhnung an den Kampf der Japaner gegen die Kernschmelze von Fukushima versachlicht sich die hiesige Debatte. Für die Ethikkommission ist das Bürde und Aufgabe zugleich. Frankfurter Rundschau

Angst und bange Atomausstieg bis 2021, ein Jahr vor dem rot-grünen Ausstiegsdatum. Damit könnte sich Merkel grün schmücken und die Differenz zur Ökopartei verringern, also an der mittelfristigen Koalitionsalternative zur FDP arbeiten. Aber ergibt das auch alles Sinn? Tagesspiegel

Atomausstieg für alle Sollte das viertgrößte Industrieland der Welt tatsächlich kollektiv beschließen, binnen zehn Jahren aus der Atomkraft auszusteigen, es wäre ein großer Moment. taz

Für die Ethik-Kommission geht Eile vor Sicherheit Die von Kanzlerin Merkel eingesetzte Ethik-Kommission meint, innerhalb von zehn Jahren könne man auf alle AKW verzichten. Sachargumente zählen nicht. Die Welt

Sicher ist sicher Einen Gefallen getan hat sich die Ethikkommission mit ihren unbedachten Vorab-Veröffentlichungen nun wirklich nicht. Auch wenn es sich nur um einen Entwurf handelt, der in Einzelheiten noch verändert werden kann: Es ist klar, dass die – quer durch Parteien und gesellschaftliche Interessenverbände – rapide wachsende Zahl der Atom-Aussteiger den Druck in der Debatte über ein rasches Ende der Kernkraftnutzung auf ein Maximum erhöhen wird. Bonner General-Anzeiger

Guter Ethik-Rat für Merkel Die Ethik-Kommission empfiehlt einen Atomausstieg bis spätestens 2021. Das Gremium hat vor allem gezeigt, wie sinnvoll eine Debatte ohne Fraktionszwang, dafür aber mit Sachverstand ist. Anstoß, der Kommentar auf ksta.de. Kölner Stadt-Anzeiger

Später Triumph für Rot-Grün Der angepeilte Atomausstieg für 2021 ist ein später Triumph für Rot-Grün. Augsburger Allgemeine

Dänemarks Grenzen

Vernagelt statt weltoffen Die Einheit Europas wird in die Schranken gewiesen. Dass mit Dänemark dabei ein einst weltoffenes Land an vorderster Front steht, ist besonders trist. Frankfurter Rundschau

Europas feige Freunde Ein paar Häuschen für die Zöllner, etwas mehr Stichproben bei Reisenden und Autofahrern: Faktisch ändert sich kaum etwas, wenn Dänemark demnächst die Grenzkontrollen wieder einführt. Der symbolische Schaden für Europa ist trotzdem immens und zeigt, wie wenig Politiker dazu bereit sind, die Errungenschaften der Europäischen Einigung zu verteidigen. Süddeutsche Zeitung

Gefährliches Symbol Dänemark schafft die Reisefreiheit ab. Das Land gehört zu den Unterzeichnern des Schengen-Abkommens, das den freien Reiseverkehr in Europa begründet und von der EU als großer Fortschritt gewürdigt wird. Bonner General-Anzeiger

Dänemark will Grenzen wieder kontrollieren Dänemark will wieder Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland und Schweden einführen, dem Schengener Abkommen aber weiter angehören. Das teilte der dänische Finanzminister Claus Hjort Frederiksen am Mittwoch mit. FAZ

Dänemark will wieder Kontrollen an deutscher Grenze Nach zehn Jahren soll es erneut Kontrollen an dänisch-deutschen Grenzübergängen geben. Das Land will die Einreise von Kriminellen und Flüchtlingen bremsen. Die Welt

Finger weg von Schengen Die Reisefreiheit steht für das, was Europa im Kern ausmachen sollte: Sie verbindet die Völker. Financial Times Deutschland

Friedrich fordert Grenzkontrollen für Deutschland Nicht nur Dänemark möchte wieder permanente Kontrollen an den Grenzen einführen. Auch Innenminister Friedrich will auf „außergewöhnlichen Migrationsdruck“ reagieren. Die Welt

EZB

Draghi ist der Beste Der Weg zur Entscheidung mag deprimierend gewesen sein, sie selbst könnte besser nicht sein: Mit Mario Draghi bekommt die EZB den qualifiziertesten aller verfügbaren Kandidaten. Financial Times Deutschland

Der Top-Job Jetzt hat sich auch Deutschland hinter den Italiener Mario Draghi als möglichen künftigen Chef der Europäischen Zentralbank gestellt. Italien macht vor, wie man in Europa erfolgreich Personalpolitik betreibt. FAZ

Ohne Fürsprache von Berlusconi Der Italiener Mario Draghi steht kurz vor der Ernennung zum nächsten Präsidenten der Europäischen Zentralbank. Der italienischen Politik hat er dies aber nicht zu verdanken, schon gar nicht irgendeiner Fürsprache von Silvio Berlusconi. FAZ

…one more thing!

Gerechtigkeit? Von wegen Im Zusammenhang mit Nazi-Verbrechen mag man nicht mehr von Gerechtigkeit sprechen. Denn bei der Bewältigung jener NS-Taten misst der deutsche Rechtsstaat mit zweierlei Maß. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Dr. House in die FDP Mit neuem Personal allein werden die Liberalen keine Wahlen gewinnen. Sie müssen handeln, wie sie es im Wahlkampf versprochen haben und an der Basis eine kulturelle Revolution anschieben. Mehr aber auch nicht. Die Welt

Arbeit für die Liberalen Die FDP verharrt in den Umfragen zwischen 4 und 5 Prozent. Auf dem politischen Markt sollte die Partei aber trotz aller Misserfolge zu vermarkten sein, zumindest als Nischenprodukt. FAZ

Die Tugend der Wahrhaftigkeit Der Eklat um den Nannen-Preis provoziert eine Debatte über ethische Prinzipien in der Medienbranche. Dabei herrscht im Umgang mit hohen Gütern längst Pragmatismus vor. Frankfurter Rundschau

Wer wird Atom-Aussteiger des Jahres? Deutschland spielt wieder „Wünsch-dir-was!“. Beim Atom-Ausstieg sind Grüne für 2017, Greenpeace hält 2015 für möglich und die Linke 2014. Wer das Wort Windrad buchstabieren kann, darf mitbieten! Wer nach Stimmungslage an der Energie-Lebensader dieses Landes herumspielt, handelt unverantwortlich. Bild

Missbraucht Über die Ethik-Kommission zum Atom-Ausstieg. AZ München

Falscher Ansatz beim Thema Griechenland Es ist atemberaubend, wie wenig einige deutsche Politiker gelernt haben. Mittlerweile müsste eigentlich auch dem letzten Verfechter der Droh- und Strafpolitik klar sein, dass diese Strategie im Fall Griechenland krachend gescheitert ist. Financial Times Deutschland

Mord und Totschläger Der U-Bahn Schläger Torben B. wurde immerhin schnell angeklagt – wegen versuchten Totschlags. Zu viel Milde untergräbt das Vertrauen ins Recht. Zeit

Obama’s Running Mate Mitt Romney’s ObamaCare problem. Wall Street Journal