Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung und Arbeitsmarktzahlen

Die Offerte der Vertriebenen-Chefin ist vergiftet. Mit einer Geste hätte sie den Konflikt um die Stiftung lösen können. Die Chance ist vertan, urteilt die Frankfurter Rundschau.

Weil die Bundesregierung Erika Steinbach nicht zum Ratsmitglied der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ bestellen will, soll die Regierung die Mitglieder gar nicht mehr bestellen. Diese Logik kennt man von Kindern, meint die FAZ.

Die Vertriebenenpräsidentin hatte nie eine Chance auf den Beiratssitz in der Stiftung für Vertreibungen. Über Weihnachten ist diese Erkenntnis auch bei ihr angekommen. Sie lenkt zwar viel zu spät ein, trotzdem könnte der unsägliche Streit damit beigelegt werden, vermutet dagegen die Financial Times Deutschland.

Die Pointe besteht darin, dass diesem Vorschlag zufolge genau jener zentralpolitische Einfluss dahin wäre, der von der vergangenen Bundesregierung unerbittlich ausgeübt wurde und den die jetzige vielleicht weiter ausüben möchte. Offensichtlich meint man, ein so konfliktreiches und für viele unappetitliches Projekt wie das „Zentrum gegen Vertreibungen“ sei nur unter strenger Observanz der großen Gouvernante Staat denkbar, mutmaßt Die Welt.

Jetzt ist die Standfestigkeit der Liberalen gefordert, die von Guido Westerwelle vorweg. Es gibt keinen Grund, einen faulen Kompromiss im Sinne Steinbachs zu schließen. Denn wenn es keine Lösung gibt, gibt es auch eine Lösung: Die Vertriebenen benennen Frau Steinbach offiziell, die Bundesregierung stimmt nicht zu. Dann hat der Beirat der Stiftung zwölf Mitglieder, statt dreizehn. Na und? Berliner Zeitung

Westerwelle zeigt Unsicherheit im neuen Amt, in dem er sich durch die Übernahme der polnischen Anti-Steinbach-Position jedes Handlungsspielraums beraubt. Dazu kommt das Zögern der Kanzlerin, so die Rheinische Post.

Ein solches Macht-Spielchen darf sich die Regierung, aber auch ein selbstbewusstes Parlament nicht gefallen lassen – erst recht nicht, wenn es um ein derart sensibles Thema wie die Versöhnung geht. […] Es ist an der Zeit, dass die Kanzlerin aus der Deckung kommt und ihre Position unmissverständlich dar- und klarstellt, fordert die Freie Presse (Print).

Die Personalie beginnt langsam unwürdig zu werden. Zuerst lässt Steinbach mit Rücksicht auf Warschau ihren Sitz im Kuratorium der Stiftung ruhen. Dann erklärt der frisch gebackene Weltstaatsmann Guido Westerwelle nach seiner Polen-Antrittsreise ohne Absprache mit den Koalitionspartnern sein Veto gegen Steinbach. Nun bietet der Bund der Vertriebenen eine Art Brücke für den dauerhaften Verzicht Steinbachs an, und wieder ist von einem Affront die Rede, so die Märkische Allgemeine.

Der Streit um die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ hat sich zu einem solchen Knäuel verdichtet, dass kaum absehbar ist, wie es entwirrt werden kann. […] Gleichwohl bleibt es angebracht, dass Deutschland Jahrzehnte nach der Vertreibung an diese Katastrophe seiner Geschichte mit einem „sichtbaren Zeichen“ erinnert. Zukunftsgerichtet im Geist der Versöhnung, der allerdings die Wahrheit über die Verirrungen des Nationalismus der Vergangenheit – auch der eigenen Rolle daran – nicht unter den Teppich kehrt, so fordert es die Märkische Oderzeitung.

Werden das Gesetz und die nur mühsam gefundene Regelung jetzt wieder aufgeschnürt, dürfte der würdelose Streit über die richtige Form der Erinnerung und des Gedenkens an das Schicksal von Millionen Opfern der Vertreibung heftig weitergehen. Alte Bedenken aus Warschau, neue Winkelzüge der Liberalen – keine guten Aussichten für einen Durchbruch, meint die Schweriner Zeitung (Print).

Arbeitsmarktzahlen

Lehren aus dem Jobwunder. Kürzere Arbeitszeiten statt kopflosem Personalabbau: Die Firmen haben aus Fehlern der Vergangenheit gelernt. Auch deshalb steht Deutschland in der Krise besser da als viele andere, meint die Frankfurter Rundschau.

Der Arbeitsmarkt zeigt sich überraschend krisenfest. Doch wie lange werden die Unternehmen noch an ihren überzähligen Beschäftigten festhalten können, fragt hingegen Die Welt.

Das Krisenjahr 2009 kannte nicht viele Gewinner. Der deutsche Arbeitsmarkt zählte allerdings eindeutig zu den seltenen positiven Überraschungen. […] Sicherheit für die Zukunft lässt sich daraus aber nicht ableiten. […] Aus jetziger Sicht wird das Wachstum in diesem Jahr noch zu schwach sein, damit zusätzlich Beschäftigung entsteht, ahnt die FAZ (Print).

Was man jetzt am Arbeitsmarkt beobachtet, ist der (verspätete) Anteil der Arbeitnehmer am letzten Aufschwung, der kräftige Schluck aus der Pulle, den einige Gewerkschaftsvertreter immer wieder gefordert haben. Ließ die beispiellose Lohnzurückhaltung über mehrere Jahre im letzten Boom die Unternehmensgewinne durch die Decke schießen, verläuft die Entwicklung in der Krise spiegelbildlich, meint das Handelsblatt (Print).

Weder Kurzarbeit noch Konjunkturprogramme taugen als Langzeittherapie, der Nutzen übertrifft nur befristet die Kosten. Und diese Frist läuft bald ab. Deshalb ist es nicht nur im Hinblick auf die aktuelle Krise wichtig, Instrumente wie den Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung weiterzuentwickeln, so die FAZ.

Leitartikel

Was Erika Steinbach jetzt im Mantel des vermeintlich generösen Kompromisses präsentiert, ist tatsächlich eine üble Erpressung. Mit ihrer als Nachgeben getarnten Eskalation will sie alles wieder auf Anfang stellen – und ihre ursprünglichen Maximalforderungen durchpauken. Tagesspiegel

Die Kommunen sind klamm. Die Wucht der Wirtschaftskrise hat die jahrelangen Sparbemühungen der Stadtkämmerer binnen weniger Monate zunichte gemacht.Und die von der schwarz-gelben Bundesregierung durchgesetzte Steuerentlastung schmälert die Einnahmen. Die Welt

Nacktscanner sind nicht das größte Übel in der Sicherheitsdebatte. Es ist die reflexhafte Hysterie, die alle Überlegungen über eine angemessene Reaktion auf Bedrohungen überrollt. Frankfurter Rundschau

Island – Fisch oder Finanzen. Indem Island an der Vereinbarung mit Großbritannien und den Niederlanden rüttelt, stellt es auch seine Zugehörigkeit zum Kreis der ernstzunehmenden Industriestaaten in Frage. Der Bevölkerung scheint dies nicht klar zu sein. Financial Times Deutschland

Die EU-Beamten beharren völlig unbeeindruckt von der Wirtschaftslage in Europa auf einer satten Gehaltserhöhung von 3,7 Prozent. Das ist selbst für Boomzeiten ein kräftiger Schluck aus der Pulle. Mitten in der größten Finanzkrise ist eine solche Forderung schlicht eine Unverschämtheit! BILD

Es fehlt nicht an Stimmen, die den „Burdsch Khalifa“, das (vorläufig) höchste Gebäude der Erde, mit dem Turmbau zu Babel vergleichen. Und tatsächlich: Die Frage, wozu man ein „Haus“ braucht, das sich 828 Meter in den Himmel reckt, ist nur allzu berechtigt. FAZ

Früher, da gab es noch einen richtigen Winter. So einen mit allem Zick und Zack. Weiße Weihnachten, märchenhafte Tannenwälder, rote Kinderwangen – ein verschneiter Traum wie aus einem Bild von Brueghel! Was wir gerne vergessen: Früher gab es auch Autos, die nicht ansprangen. Westdeutsche Allgemeine Zeitung

How Big Finance Bought Uncle Sam. A year after the biggest bailout in US history, Wall Street lobbyists don’t just have influence in Washington. They own it lock, stock, and barrel. Mother Jones

Our view on the tone in Washington: In today’s partisan world, no opportunity is wasted. Shrill politics damage nation’s ability to tackle tough problems. USA Today