Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, FDP und Terrorismusbekämpfung

So geht Versöhnung. Eines muss man Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach lassen: Sie versteht es meisterhaft, den Ball ins gegnerische Feld zu kicken – und dort schleichen Kanzlerin und Außenminister nun verzagt um ihn herum, so der Tagesspiegel.

So kann es nicht weitergehen. Der gordische Knoten im deutsch-polnischen Verhältnis, der um die Stiftung geschnürt wurde, muss durchgehauen werden. […] Angela Merkel ist aufgerufen, das unwürdige Hickhack zu beenden und die deutsch-polnischen Beziehungen vor einer Verschlechterung zu bewahren, fordert die Berliner Morgenpost.

FDP

Die Ausschließlichkeit, in der die FDP gestern defensiv und rückwärtsbezogen auftrat, ist für eine Partei ihrer Größe seltsam. […] Was sie mit ihrer neuen Stärke anfangen will – wie sie also Bildung, Bürgerrechte und Aufstiegschancen für fleißige und leistungsbereite Bürger stärken wollen: Dazu sagten die Liberalen wenig, kritisiert die Badische Zeitung.

Das Land kann ein bisschen neuen Schwung gebrauchen. Auch ein wenig mehr Optimismus könnte nicht schaden. Und noch schöner wäre es, die Gesellschaft sähe sich in der Lage, große Dinge anzupacken und zu lösen, ohne jene Großmannssucht auch nur zu streifen, die einmal ein negatives Synonym für Deutschland gewesen war. Weil das so ist, kann man Guido Westerwelle in fast allem zustimmen, was er am Mittwoch auf dem Dreikönigstreffen der Partei im Stuttgarter Staatstheater gesagt hat, so Die Welt.

Die Krise: Sie passt nicht in die schöne Welt von Freiheit, Minimalstaat und Stufentarif, die sich die Liberalen in der Oppositionszeit zurechtgelegt haben und die sie nun in die Regierungszeit übertragen wollen. […] Die Argumente vom Staat, der sich zurückziehen soll, klingen nämlich hohl in einer Krise, in der der Staat mehr gefragt ist denn je, meint die Süddeutsche Zeitung.

Mehr Netto vom Brutto. Diese Parole ist aus dem Sprachgebrauch der Koalitionäre auf wundersame Weise verschwunden, bemerkt die Berliner Zeitung.

Enttäuschenderweise kam von Westerwelle auch inhaltlich so gut wie gar nichts zum liberalen Megaprojekt des Bundestagswahlkampfs, der großen Steuerreform. Westerwelle erwähnte weder, wie ein Stufentarif aussehen könnte, noch machte er Vorschläge zur Gegenfinanzierung, kritisiert das Handelsblatt.

Die FDP muss sich die nachhaltige Gunst der Wähler erst noch erarbeiten. Dazu zählt auch die Abkehr von Anmaßung und hochtrabender Floskelhuberei, meint der Bonner General-Anzeiger.

Terrorismusbekämpfung

Obamas Reaktion auf die Panne ist lobenswert. Doch jetzt ist die Zeit gekommen für anderes. Er […] muss den Mann austauschen, den er vor einem Jahr eingesetzt hat, „Hinweise zu verbinden und zu verstehen“: den obersten Geheimdienstkoordinator Dennis Blair, fordert die Süddeutsche Zeitung.

Gerade weil der Eindruck entstanden ist, das Terrorthema stehe unter Obama nicht mehr an erster Stelle, sieht der Präsident sich jetzt in Schwierigkeiten. Zwar kann er darauf verweisen, dass manche der Anschlagsplaner im Jemen noch von Bush aus Guantánamo entlassen wurden und auch die offenbar gewordenen Systemfehler schon unter seinem Vorgänger bestanden. Aber die Serie von Schlappen, die die US-Dienste in den letzten Wochen einstecken mussten, zeigt eben auch, dass die Wachsamkeit in der US-Regierung nachgelassen hat, meint Die Welt.

Im Grunde reagiert Obama so, wie eine Regierung nach einem nur durch Glück gescheiterten Terroranschlag reagieren muss: Er lässt Fehler analysieren, Sicherheitslücken prüfen, Kontrollen verschärfen. […] Nicht vorwerfen aber kann man Obama blinde Vergeltung. Anders als Bush macht dieser US-Präsident keine Politik mit der Angst, urteilt die Frankfurter Rundschau.

Organisierter Wildwuchs. Nach dem Krisentreffen zur Sicherheitspolitik im Weißen Haus wird klar: Es gibt keine Patentlösung, aber eine Erkenntnis: Das System der Schlapphüte erstickt an seiner eigenen Organisation. […] Das System ist augenscheinlich zu unhandlich geworden. Es muss verschlankt werden, stellt das Handelsblatt fest.

… one more thing

Die Vb-Wetterlage ist das Härteste. Ein seltenes Tief bewegt sich am Freitag auf Deutschland zu – es heißt „Daisy“ und trifft vor allem Berlin, warnt der Tagesspiegel.

Leitartikel

Westerwelles Wende. Der FDP-Chef will das Image seiner Partei ändern. Das neue Schlagwort heißt: mitfühlender Liberalismus. Die Programmdebatte soll auch die Kanzlerin aus der Deckung locken. Frankfurter Rundschau

Westerwelle wikll zuviel. Das Überlaufbecken bürgerlichen Unmuts und verprellter Sozialdemokraten kann sich schnell wieder leeren. Die FDP wäre dann nicht mehr gewesen als ein zeitlich befristeter Ort der Zuflucht. Westdeutsche Allgemeine Zeitung

71 Tage ist die neue Regierung heute im Amt. Da wird es langsam Zeit, sich mal am Riemen zu reißen. Und zu REGIEREN – statt sich ständig zu fetzen. BILD

Schwer erträglich. Die AZ-Redakteurin Anja Timmermann über das aktuelle Auftreten der FDP. Abendzeitung

Erika Steinbach ist für die Versöhnung mit den östlichen Nachbarn ungeeignet. Weil sie das weiß, richtet die Präsidentin des Vertriebenen-Verbands noch größeres Ungemach an. Die Vertriebenen kapern den politischen Betrieb und machen Jahre europäischer Verständigung zunichte. Süddeutsche Zeitung

Die Verantwortung der Banken. Die Panne bei den Bankkarten erinnert frappierend an den Kreditkartenskandal vom November. Und wie damals drücken sich die Kreditinstitute vor ihrer Verantwortung. Financial Times Deutschland

Welche Ironie. Nun profitieren Trennungskinder vom Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Immerhin wächst deren Zahl. Weil das Gesetz, das die Wirtschaft ankurbeln soll, auch Kinderfreibeträge steigen lässt, werden Unterhaltszahlungen kräftig erhöht. Tagesspiegel

Die Amerikaner, so hieß es 2003, haben den Irak-Krieg allein des Erdöls wegen geführt.Sie wollten sich die Bodenschätze des Nahen Ostens unter den Nagel reißen; alle anderen Kriegsgründe – Massenvernichtungswaffen, Menschenrechte, der ganze Bimbam – seien nur vorgeschoben gewesen. Die Welt

Merkels kleine Machtmusik. Bei Schwarz-Gelb geben FDP und CSU den Ton an. Die Kanzlerin lässt sie Krach machen. Das ist schwer erträglich. ZEIT

Why Iceland Does Not Want to Pay The British first contributed to Reykjavik’s banking collapse and now demand half of the island’s GDP to pay for the damage. Wall Street Journal