Liborzins-Skandal, SPD, EU, Rundfunkgebühren & Prostitution

Schwieriger Kampf gegen die Gier „Kulturwandel“ hieß das Versprechen. Stattdessen erschüttert ein Skandal nach dem anderen die Finanzbranche – und häufig ist die Deutsche Bank nicht weit. Politiker und Aufseher wollen die Machenschaften der Geldhäuser endlich stoppen. Aber wie? Süddeutsche Zeitung

Misstrauen muss sein Sind die Gesetzesverstöße der Banken bloß bedauerliche Einzelfälle? Oder haben diese Malversationen System? Auf jeden Fall ist Misstrauen angebracht, wenn die Bankchefs Besserung versprechen, findet unser Autor. Frankfurter Rundschau

Völlig von der Rolle Im Zinsskandal hat die EU den Banken eine Rekordstrafe von 1,7 Milliarden Euro verhängt. Unter den Sündern finden sich ehemals hoch angesehene Namen. In den ganzen Bankskandalen hat es wenig Sinn auf Selbstreinigungskräfte zu vertrauen. FAZ

Kuhhandel statt Kulturwandel Mit der Strafe für die Deutsche Bank wegen Zinsmanipulationen wird eine Akte geschlossen, aber nicht die Finanzkrise aufgearbeitet. In Wahrheit kommen die Beteiligten bislang um die Konsequenzen herum. Handelsblatt

Geschäfte in der Blackbox Fünf Jahre nach Lehman ist von einem Kulturwandel im Bankgeschäft nichts zu spüren. Die ungleiche Informationsverteilung zwischen Banken und Kunden bleibt eine Einladung zum Missbrauch. Notwendig ist deshalb noch mehr Regulierung. Tagesspiegel

Werte- und Zinswertewandel Vom Wertewandel zum Zinswertewandel: Die Deutsche Bank propagiert „einen tiefgreifenden Kulturwandel“, zugleich holen sie Fingereien im Handel mit Euro-Zinssatz- und Yen-Zinssatzderivaten ein. Börsen-Zeitung

Banken-Kartell und der Markt Immer weniger Menschen vertrauen der Marktwirtschaft. Das hat zuletzt eine groß angelegte Meinungsforschung des Instituts für Demoskopie in Allensbach ergeben. Das muss einen nicht wundern, die Legitimationskrise der Marktwirtschaft ist hausgemacht. WAZ

Allgemeinheit zahlt mit Einzelne Mitarbeiter sollen es gewesen sein, die der Deutschen Bank eine Strafe von 725 Millionen Euro eingebrockt haben. Man mag es kaum glauben. Wo waren die Kontrollen, warum haben die Alarmglocken nicht geschrillt? Badische Zeitung

Vertrauen zerstört Nach außen hin gaben sich viele Großbanken zuletzt geläutert. Doch mit dem Skandal um manipulierte Zinsen trifft früheres Fehlverhalten die Branche abermals mit voller Wucht. Nordwest Zeitung

Libor losers become EU cartel winners Barclays and UBS escaped $930 mln and $3.4 bln of trust-busting fines for exposing Libor cartels. It’s compensation for taking the reputational hit of settling early with other regulators. When the saga is done, the balance of financial pain may be in the whistleblowers’ favour. Breakingviews

SPD

Gabriel ist kein Zitteraal Die SPD will einen Teil der Gestaltungsmacht zurückgewinnen, um den von der Regierung herbeigeführten Stillstand zu beenden. Gelingt das nicht, sollte sie das Bündnis schnell wieder verlassen. Berliner Zeitung

Darum sagen wir „Nein“ Die politische Zukunft Deutschlands liegt derzeit in den Händen der SPD-Parteimitglieder. Sie entscheiden, ob die Große Koalition zustande kommt. Bei weitem nicht alle Genossen sind dafür. stern

Gabriels gerechter Zorn SPD-Chef Sigmar Gabriel streitet im ZDF mit Moderatorin Marietta Slomka – das zeigt, wie sauer mittlerweile viele Politiker auf Journalisten sind. Denn kein Berufsstand erträgt so harsche Kritik bis zur Selbstverleugnung wie die oft geschmähten Politiker. Süddeutsche Zeitung

Telefone im Willy-Brandt-Haus manipuliert SPD-Mitglieder wurden von einer Nummer aus der Parteizentrale angerufen: Sie sollten an ihre SPD-Karriere denken und besser für die Große Koalition stimmen. Offenbar wurden die Telefone gehackt. stern

EU

Wahlkampfschlager Sozialmissbrauch Deutschland und England wollen die Freiheit begrenzen, überall in der EU zu arbeiten. Ihnen geht es um Massenzuzug aus Südeuropa – und vor allem um die Europawahlen. ZEIT

David Cameron und die „nützlichen Barbaren” der EU Ab 1. Januar 2014 haben auch Bulgaren und Rumänen Zugang zum gesamten EU-Arbeitsmarkt. London, Paris und Berlin wollen dies jedoch beschränken, auch wenn dadurch europäische Werte verletzt werden, beklagt ein Leitartikler aus Sofia. Standart Sofia

Banken-Alarm in London Die Briten denken darüber nach, aus der EU auszutreten. Doch nun merken sie, was das Resultat wäre: Viele ausländische Banken würden dann wohl abziehen. Denn sie sind nicht wegen London in London. FAZ

Auf der Suche nach einer europäischen Identität Obwohl die EU-Länder auf eine heterogene Geschichte zurückblicken und immer weniger Menschen dem europäischen Projekt vertrauen, hat das Staatenbündnis doch alle Voraussetzungen, um eine Gemeinschaft zu bilden. The Irish Times Dublin

Rundfunkgebühren

Die GEZ hortet schwarze Kasse von ARD und ZDF Der neue Rundfunkbeitrag ist offenbar maßlos überkalkuliert. Um bis zu einer Milliarde Euro soll das Gebührenaufkommen steigen – aber erst 2017 zurückgezahlt werden. Eine schwarze Kasse entsteht. Die Welt

Der Ein-Euro-Job Die deutschen Medienpolitiker wollen die Rundfunkgebühr offenbar um einen Euro senken. Die Senkung sollte aber nicht das letzte Wort sein. Eine Reform tut not. FAZ

Geld ist kein Programm! Plötzlich ist sie da, die ungeplante eine Milliarde, die ARD und ZDF durch den neuen Rundfunkbeitrag erhalten. Eine Milliarde mehr ist kein Luxusproblem. Eine Milliarde mehr ist der Zwang, über die Verwendung von einer Milliarde Euro nachzudenken. In diesem Sinne: Wir wollen unser Geld zurück. Tagesspiegel

Umschalten Es fällt schwer, angesichts dieser Diskussion ironiefrei zu bleiben. Da will doch tatsächlich das milliardenschwere öffentlich-rechtliche Rundfunksystem seine Zwangsgebühren senken – um die unglaubliche Summe von einem Euro. Nordwest Zeitung

Sollten wir uns Sorgen machen? Einige Ministerpräsidenten sprechen sich für eine Senkung der Rundfunkgebühren aus – und gleichzeitig steht das südbadische SWR-Orchester auf der Kippe. Wie passt das zusammen? Badische Zeitung

Prostitution in Deutschland

Willkommen im Rotlichtviertel Europas Die rot-grüne Legalisierung von Prostitution war gut gemeint, aber schlecht gemacht. Tausende Freier aus aller Welt werden von „Flatrate Sex“ in die Großstädte der Bundesrepublik gelockt, die Frauen sind zur Wirtschaftsressource ohne jeden weiteren Wert geworden. Der Staat muss gegen Zwangsprostitution vorgehen – und die Betroffenen endlich wie Opfer behandeln und nicht wie Täterinnen. Süddeutsche Zeitung

Im Paradies der Sextouristen Hat das Prostitutionsgesetz Deutschland zur Drehscheibe für Frauenhandel gemacht? In NRW debattieren Politiker mit Prostituierten, Freiern und Bordellbetreibern – auf der Suche nach Verbesserungen im Rotlichtmilieu. FAZ

Die Ware Sex Rot-Grün wollte die Situation von Prostituierten per Legalisierung 2002 verbessern. Das ist gescheitert. Von dem Recht, in die Sozialkassen einzuzahlen, machen derzeit nur 44 Prostituierte Gebrauch. Eine Gesetzesänderung ist dringend geboten. Berliner Zeitung

Käufliche Körper, käufliche Seelen Nicht nur anachronistisch, sondern geradezu frauenfeindlich: Die bekannteste Feministin des Landes, Alice Schwarzer, führt derzeit einen Feldzug gegen die Prostitution. Erschreckend dabei ist ihr Verständnis von der weiblichen Sexualität. Süddeutsche Zeitung

…one more thing!

Die Weltmacht verliert an Selbstgewissheit Mehr Amerikaner als je zuvor finden, dass die Bedeutung ihres Landes in der Welt sinkt. Eine Mehrheit sieht das außenpolitische Engagement skeptisch. Gute Beziehungen zu Europa sind ihnen aber wieder wichtiger. FAZ

Leitartikel

Banker bedrohen das Wirtschaftssystem Razzien bei Frankfurter Großbanken, ein Milliardenbußgeld aus Brüssel, Rekordstrafen in den USA – kaum ein Tag vergeht ohne schlechte Nachrichten aus der Finanzwelt. Für die Marktwirtschaft ist Gefahr in Verzug. Noch ein Skandal, und es wird so viel Regulierung kommen, dass man die Banken auch gleich verstaatlichen kann. Süddeutsche Zeitung

Auf dem richtigen Weg Laut Pisa werden deutsche Schüler besser. Gerade Migrantenkinder schaffen den Aufstieg. Nun darf Bundesländer-Egoismus den Vorsprung nicht wieder verspielen. Gleichwertige Lebensverhältnisse müssen das Ziel bleiben Die Welt

Außenminister im Dienst Bundesaußenminister Westerwelle trifft sich mit Vitali Klitschko, stärkt dem ukrainischen Oppositionsführer den Rücken. Bild

Lawrows Logik Bis zu einer Übereinkunft, die sicherstellt, dass Iran keine Atomwaffen erlangt, sollte die Nato weiter an ihrer Raketenabwehr arbeiten. Auch wenn Russland sie für überflüssig hält. FAZ

Prohibition macht keinen Sinn Prostitution ist eine Realität, die jeder tolerieren sollte, der in einer freiheitlichen Gesellschaft leben will. Sexuelle Ausbeutung nicht – deshalb muss das Gewerbe besser kontrolliert werden. Frankfurter Rundschau

Trennt euch! Niemandem täte eine klare Trennung von Staat und Kirche so gut wie den Kirchen selbst. Es ist an der Zeit, einen klaren Schnitt zu setzen. ZEIT

How to Defuse Ukraine’s Crisis U.S. and European leaders can midwife the formation of an interim unity government to pass reforms and sign the EU agreements. Wall Street Journal