ESM-Entscheid, Merkel, Meldegesetz, Junckers, Schuldenkrise & Ägypten

Verfassungsrichter denken das Undenkbare. Ist die Euro-Rettung mit dem Grundgesetz vereinbar? Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, schließt eine schnelle Entscheidung in dieser Frage aus. Karlsruhe belässt es diesmal nicht bei den üblichen Warnungen, sondern zieht anscheinend das bedrohlichste Szenario in Erwägung: den dauerhaften Rettungsschirm zu stoppen, jedenfalls vorläufig. Süddeutsche Zeitung

Talkshow deluxe zur Zukunft Europas. Vor dem Verfassungsgericht kreuzen Gegner und Befürworter der Eurorettung die Klingen. Präsident Voßkuhle bleibt unbeeindruckt. Er will nicht sein „Herz über die eine oder andere Hürde werfen“. Stern

Verfassungsgericht vor seiner schwersten Entscheidung. Bundestag und Bundesrat haben den Hilfen zugestimmt, weil sie die Risiken für geringer einschätzen als die Gefahren des Nichtstuns. Richter können das nicht besser abwägen Frankfurter Rundschau

Euro-Rettung gerät in die Karlsruher Reflexionsschleife. Finanzminister Schäuble drängt, die Richter wollen „ohne Zorn und Eifer“ über ESM und Fiskalpakt entscheiden. Die Kläger argumentieren, die Nervosität der Märkte sei verfassungsrechtlich irrelevant. Die Welt

Markt vs. Grundgesetz. Demokratie braucht den Diskurs, muss Mehrheiten organisieren und prüfen, ob die in Jahrhunderten erarbeiteten Verfassungsgrundsätze dabei auch nicht verletzt werden. Finanzmärkte dagegen reagieren sekundenschnell, verhalten sich bisweilen erratisch, lassen sich oft schon von Gerüchten leiten, handeln allein auf Basis von Angebot und Nachfrage und scheren sich dabei nicht um die Folgen ihres Handelns. Zwei Welten, die in der Euro-Krise aufeinanderprallen. Börsenzeitung

Die Normativität des Praktischen. Das Bundesverfassungsgericht befasst sich mit den Klagen gegen ESM und Fiskalpakt. Obwohl es ein Eilverfahren ist, will sich das Gericht Zeit nehmen. Die Folgen sind alles andere als klar. FAZ

Karlsruhe braucht Zeit zum Prüfen. Das Bundesverfassungsgericht will über die Eilanträge nicht im Ruck-Zuck-Verfahren entscheiden. Der ESM hängt solange in der Luft. Wirtschaftswoche

ESM-Verhandlung endet ohne Eilentscheid. Nach fast elf Stunden endet die Verhandlung über die Eilanträge gegen den Euro-Krisenfonds ESM und den Fiskalpakt. Auch wenn Finanzminister Schäuble sich eine schnelle Einigung gewünscht hatte, lässt das Urteil auf sich warten Financial Times Deutschland

Europa muss Projekt aller werden. Das Bundesverfassungsgericht, hier Präsident Andreas Voßkuhle, verhandelt über Eilanträge gegen den Euro-Rettungsfonds EMS und den Fiskalpakt Foto: rtr
Wer darf noch über Europa entscheiden? Die Politik spricht sowohl Bürgern als auch Verfassungsrichtern jegliche Kompetenz ab. Europa droht zu einem elitären Projekt zu werden. Kölner Stadt-Anzeiger

Der Bundesbankpräsident zweifelt an den ESM-Regeln. Auch Jens Weidmann sollte vor dem Verfassungsgericht seine Sicht auf die Euro-Rettungspolitik erläutern. Seine Skepsis gegen milliardenschwere Rettungsfonds machte er deutlich: „Mit schierer Größe können wir die Probleme nicht lösen“, sagte der Bundesbankpräsident FAZ

Von „kleinen Hausaufgaben“ und „systemrelevanten Banken“ Die Euro-Rettung hängt noch in der Schwebe, und das Verfassungsgericht lässt sich weiterhin Zeit. Zu konkreten Aussagen lässt es sich nicht hinreißen. Kläger und Verteidiger schalten hingegen auf Angriff. Financial Times Deutschland

Der Euro vor Gericht. Die Verfassungsrichter sind um ihre Aufgaben nicht zu beneiden: Wie auch immer sie in Sachen Euro entscheiden – ihr Urteil kann weit reichende Folgen haben. WAZ

Die Angst vor den Märkten. Die Verfassungsrichter sollen über die Euro-Rettung urteilen. Die Entscheidung fällt ihnen schwer. Was Gerichtspräsident Voßkuhle bislang sagte, klingt nicht danach, als werde Karlsruhe sich dem Marsch in die Transferunion in den Weg stellen. FAZ

Merkel in Indonesien

Besser das Übliche als das Üble. In weniger als 57 Stunden hin und zurück: Kanzlerin Merkel besucht Indonesien; ein Land, das zwar wichtig ist, aber keine großen Probleme macht. Verabredungen, auch zur militärischen Kooperation, wurden getroffen, aber so allgemein gelassen, dass sie für die Debatten zu Hause nichts Schlimmes befürchten lassen. FAZ

Panzer-Wunsch bringt Merkel in Erklärungsnot. Der „Leopard 2“ ist begehrt. Anders als von der Bundesregierung dargestellt, scheint Jakarta sehr interessiert an der Lieferung von 100 gebrauchten Panzern dieses Typs. Bei Merkels Staatsbesuch in Indonesien plauderte der Gastgeber munter über einen möglichen Deal. Spiegel

Merkels Auszeit im islamischen Boom-Land. Zum ersten Mal reiste Kanzlerin Angela Merkel nach Indonesien. Der größte muslimische Staat der Welt dient dem Westen als Modell für ein Miteinander von Islam und Demokratie und ist sogar Vorbild in der Finanzpolitik. Indonesien will dagegen am liebsten deutsche Panzer kaufen. Rheinische Post

Leopard-2-Bestellung überschattet Merkels Indonesien-Besuch. Trommelschlagen in einer Moschee, anschließend ein Besuch der christlichen Minderheit: Pfarrerstochter Merkel bemüht sich bei ihrem Indonesien-Besuch um sanften Ausgleich. Doch ein Waffengeschäft wirft seine Schatten voraus. Focus

Bloß nicht wieder mit Panzern erwischen lassen!
Angela Merkel besucht Indonesien. Das Inselreich möchte gerne 100 alte Bundeswehrpanzer kaufen. Doch die Kanzlerin wünscht sich andere Themen auf ihrer Reise. Selbst die Euro-Krise verfolgt sie. Die Welt

Vordemokratische Verhältnisse. Zu den Details des Waffendeals wird wieder einmal geschwiegen taz

Meldegesetz

CSU gibt Kommunen Schuld am Chaos ums Meldegesetz. Weil sie ihre Verwaltung schonen wollten, plädierten die Gemeinden für die Änderungen am Meldegesetz, die für so viel Ärger sorgen. Das sagt zumindest der CSU-Innenexperte Uhl – und reicht damit den Schwarzen Peter vom Bundestag an die kommunale Ebene weiter Financial Times Deutschland

Haben Sie das Meldegesetz vermurkst, Herr Uhl? Bild

Debatte um das Meldegesetz Auf dem Scherbenhaufen der Unkenntnis. Regierung und Opposition machen in der Debatte um das umstrittene Meldegesetz eine ziemlich schlechte Figur. Die Kritik an dem Beschluss aber sprengt dennoch jede Dimension. Faul und korrupt sollen jetzt alle Politiker sein, weil sie das Gesetz in 57 Sekunden durchgewinkt haben. Das hat mit der Realität wenig zu tun. Süddeutsche Zeitung

Meldeämter und Adressbroker sind per Du. Nach der Verabschiedung des umstrittenen Meldegesetzes lodert die Debatte zum Thema Datenschutz neu auf. Adresshändler sammeln tagtäglich Tausende von Adressen, Unternehmensdaten und persönliche Informationen, werten sie aus und verkaufen sie an werbetreibende Unternehmen weiter. Datenbroker können fast aus jeder Information einen Mehrwert generieren. Wirtschaftswoche

In die Krachlederne passt er nicht. Auch der Skandal ums Meldegesetz zeigt: Innenminister Hans-Peter Friedrich ist eine Fehlbesetzung. Den Ränkespielen in seiner CSU ist er nicht gewachsen. stern

EU-Justizkommissarin Reding rügt Meldegesetz. „Einige deutsche Politiker“ stellten „die Profitinteressen von Werbeunternehmen vor das Grundrecht der Bürger auf Datenschutz“, rügt EU-Justizkommissarin Viviane Reding die vom Bundestag geplanten Änderungen beim Meldegesetz. CSU-Chef Seehofer spricht von einem „dicken Fehler“. FAZ

Eurogruppen-Chef Junckers

Junckers außergewöhnliche List beim Postengeschacher. Der Luxemburger Jean-Claude Juncker bleibt Chef der Euro-Gruppe – und kann sogar seinen Landsmann Yves Mersch im EZB-Direktorium unterbringen. Dafür wird ein Deutscher Herr über 700 Milliarden Euro. Die Welt

Schäuble verliert, Deutschland gewinnt. Paris verhindert, dass der deutsche Finanzminister Vorsitzender der Eurogruppe wird. Für Schäuble ist das schade, für Deutschland aber halb so schlimm. Wirtschaftswoche

Junckers Coup. Ein solcher Sieg ist wohl noch keinem Regierungschef auf europäischem Parkett geglückt: Luxemburgs Premier Juncker erkämpfte zwei von drei zu vergebenden Spitzenjobs für sein Land, darunter erstmals einen Platz im inneren Entscheidungszirkel der EZB. Und noch ein weiteres Kunststück gelang dem angeblich amtsmüden Chef der Euro-Gruppe. Süddeutsche Zeitung

Wolfgang Schäuble geht wieder leer aus – vorerst. Kaum ein Politiker engagiert sich so für die Euro-Rettung wie der deutsche Finanzminister. Doch den Chefposten der Euro-Gruppe bekommt er vorerst nicht. Für Gram bleibt ihm aber keine Zeit. Die Welt

Schuldenkrise

Premier Monti erwägt EU-Hilfen für Italien. Italiens Ministerpräsident Monti hat signalisiert, sein Land müsse wegen der Krise eventuell unter den EU-Rettungsschirm. Was will er damit bezwecken? Die Zeit

EU will Sonderregeln für Banken verlängern. Die Banken in der EU bleiben eine Sonderwirtschaftszone. Sonderregeln für staatliche Hilfen sollen bis nach 2012 verlängert werden, so der Vizechef der EU-Kommission, Joaquin Almunia. Handelsblatt

Griechenlands Banken fehlt Geld und Vertrauen. Das größte Problem Griechenlands sind mittlerweile die Banken. Denn nur mit einer funktionierenden Kreditvergabe kommt das Land aus der Rezession. Die Zeit
Die Europäer mögen keine Belehrungen Gegenseitige Belehrungen darüber, was politisch gut und richtig ist, bringen Europa nicht weiter. Im Gegenteil: Die Regierungen lösen damit Reflexe aus, die an die nationale Seele gehen. Tagesspiegel

Die Wut der Professoren. Der Streit um die Euro-Krisenpolitik wird heftiger. Während das höchste deutsche Gericht über die Rechtmäßigkeit des Euro-Rettungsschirms entscheiden muss, streiten Volkswirte über den richtigen Kurs: Die Debatte über den „unkontrollierten Rettungsreflex“ verschärft sich. manager magazin

Machtkampf in Ägypten

Muslimbrüder blamieren Richter und Militär. Demokratische Legitimation gegen Panzer und Volksvertrauen: In Ägypten tobt der Machtkampf zwischen Muslimbrüdern auf der einen und Richtern und Militär auf der anderen Seite. Noch kämpfen die Kontrahenten mit juristischen Mitteln. Das könnte sich aber schnell ändern Süddeutsche Zeitung

Verfassungsgericht stellt sich gegen Mursi. Dutzende Abgeordnete der Muslimbruderschaft haben sich Militärrat und Verfassungsgericht widersetzt und kamen in Kairo zu einer Sitzung des Parlaments zusammen. Das Verfassungsgericht hob das Dekret von Präsident Mursi zur Wiedereinsetzung des Parlaments unterdessen offiziell auf. FAZ

Mursi pocht auf seinen Vorrang. In Ägypten legt sich der neue Präsident mit der Armeeführung an. NZZ

Offene Konfrontation in Kairo ist vertagt. Vom Militär aufgelöst, vom Präsidenten wieder eingesetzt: Das Parlament in Kairo will Klarheit und ruft ein weiteres Gericht an – Atempause im Machtkampf am Nil. Die Zeit

Die Moslembrüder versuchen den Aufschwung. Während Außenminister Westerwelle Ägypten besucht, eskaliert dort der Konflikt zwischen den alten Eliten und den Wahlsiegern von der Muslimbrüderschaft. Vom islamistischen Präsidenten Mursi ist eine pragmatische Wirtschaftspolitik zu erwarten. Wirtschaftswoche

… one more thing!!!

Schutzloser Cyberspace. Cyberangriffe sind eine große Gefahr für die Weltwirtschaft. Doch wie bei der Finanzkrise verschlafen die Regierungen eine wirksame Vorsorge. Das ist grob fahrlässig Financial Times Deutschland

Leitartikel

Zeichen der Ruhe. Dass sich das Verfassungsgericht im Eilverfahren zum Fiskalpakt und dem ESM die nötige Zeit nimmt, ist schon die erste Entscheidung in diesem Verfahren: Es ist ein Zeichen der Ruhe gegen das Diktat europäischer Hektik und chronisch nervöser Märkte. FAZ

Gut, dass es Richter gibt. Tritt das Gericht in Konkurrenz zum Gesetzgeber? Urteile und Rolle des Verfasssungsgerichts. AZ München

Postreform ist überfällig. Man kann die Finanzpolitiker in der Koalition ja irgendwie verstehen: Warum sollten sie für eine Stärkung des Wettbewerbs im Briefgeschäft sein, wenn dadurch der Marktführer Deutsche Post geschwächt wird – und dann die Dividendenzahlungen an den Bund schrumpfen? Financial Times Deutschland

Hemmt Ungleichheit das Wachstum? Um zu verstehen, wie wir eine dauerhafte Erholung von der großen Rezession erreichen können, müssen wir ihre Ursachen verstehen. Und um die Ursachen zu erkennen, müssen wir bei den Tatsachen anfangen. project syndicate

Erfolg der Modernisierer. Der WTO-Beitritt Russlands ist ein starkes Signal für Wandel. NZZ

Euro Zone Eases Budget Demand on Spain. Madrid Gets Until 2014 to Cut Deficit; First €30 Billion Is Pledged for Banks Wall Street Journal

Did Europe’s summit fix anything? A new stabilisation fund with €500 billion is scant comfort in light of Europe’s gaping funding needs, and while a shift towards greater ECB involvement offers some political hope, markets should be disappointed. Business Spectator

Going broke can be true emergency for U.S. cities breakingviews

Christie shows lack of civility. DeWayne Wickham: Bully tactic may play well with GOP, but not quality we want in office. USAToday

George P. Bush: A Dynasty’s Young Hope. He’s a lawyer, a Navy vet, and Latino. He also runs half-marathons. The Atlantic

The GOP’s unconscionable crime. The ploy behind its push for voter ID laws Washington Post

SCOTUS OK’d campaign dirty tricks? An obscure procedural order issued the day after the health care decision got lost in media politico

The Europe Mitt Romney wants to visit is a figment of his imagination. In the Republican’s view, the EU is packed with socialist boondoggles that Obama foolishly wants to emulate. Mitt is about to get a major wake-up call The Week

The Need to Agree to Agree. President Obama challenges Republicans to keep taxes low for most Americans, and he’s right on fairness and the facts. New York Times

Obama’s New Global Posture. The Logic of U.S. Foreign Deployments. Tough economic times are often met in Washington with calls for retrenchment. But for decades, write two former top Pentagon officials, long-term forward deployments of U.S. forces and robust alliances have guaranteed stability and uninterrupted trade, the very conditions the United States needs for economic prosperity. The Obama administration gets it. Foreign Affairs