Koalitionsverhandlungen, Türkei & Banken

Methode Merkel. Das schwarz-gelbe Schreckgespenst liquidieren: Während der Koalitionsverhandlungen dämpfen Union und FDP die Erwartungen bewusst – damit am Ende alles wie ein Erfolg aussieht Süddeutsche Zeitung

Das schwarz-gelbe Projekt: Unschärfe. Die künftige schwarz-gelbe Koalition drückt sich in wichtigen Feldern vor Festlegungen. Damit verspielt sie die Chancen des Neuanfangs Financial Times Deutschland

Hohe Latte für Schwarz-Gelb. Aufgrund der Schleifspuren von Finanz- und Wirtschaftskrise findet die nächste Regierung schwierigere Ausgangsbedingungen vor. Sie wird daher die Abgabenbelastung nicht senken können. Wirklichkeitsfremd aber ist es, wenn die Koalitionäre den Eindruck erwecken, es gänzlich anders machen zu können. Handelsblatt

Marktliberale wollen Betriebsräte und Gewerkschaften stutzen. Ein internes Papier zeigt: Die Wirtschaftsflügel von Union und FDP planen, den Einfluss von Betriebsräten und Gewerkschaften einzudämmen. Die Sozialpolitiker protestieren. Die Zeit

Dauerbaustelle Hartz IV. Union und FDP haben sich darauf geeinigt, das Schonvermögen für Arbeitslose zu erhöhen und ihnen mehr Geld von dem Hinzuverdienten zu lassen. Damit beseitigen sie eine Ungerechtigkeit FAZ

Kaum ist Schwarz-Gelb an der Macht, werden die Hartz IV-Empfänger bessergestellt
. Das ist ein Treppenwitz der Geschichte. Die in ihren Grundzügen richtige Arbeitsmarktreform war einer der Gründe, weshalb der SPD die Wähler in Scharen davongelaufen sind. Märkische Allgemeine

Trotzdem sind viele verärgert, weil die Parteien ein höheres Schonvermögen wie weiße Salbe nutzen, um von den ungelösten gravierenden Probleme bei Hartz IV abzulenken. Das bittere Resumee eines Bezirksleiters: „Wir Politiker sorgen dafür, dass es den Hartz-IV-Leuten besser geht, ohne das es uns etwas kostet.“ Tagesspiegel

Unter Schwarz-Gelb könnten Arme wieder mehr Gehör finden. Schon zum Selbsterhalt wird sich die SPD nun um Sozialverbände bemühen taz

Neue Regierung steht fest – eine neue Politik auch? NRZ

Jetzt merkt es auch Schwarz-Gelb: Für Steuersenkungen ist kein Geld da. Wie wäre es stattdessen mit gewinnbringender Politik? Die Zeit

Sobald es die Wirtschaftslage erlaubt, wird die künftige Koalition auf einen rigiden Sparkurs umschwenken müssen. Die Welt

In der Finanzpolitik ist Schluss mit lustig. Die neue Regierung sollte ihre Versprechen, an die ohnehin kaum einer geglaubt hat, eindampfen und sparen. Die Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen ihr vor, wie es gehen könnte. Handelsblatt

In der Schröder-Falle. Es ist ein Vorteil für Merkel, wenn sie sich im nächsten Jahr als diejenige präsentieren kann, die einer noch unseriöseren Steuersenkungspolitik widerstanden hat. taz

Der schwarz-gelbe Weg zur Bildungsrepublik. FDP und Union wollen Bildung und Forschung zum Generalthema der kommenden Legislaturperiode machen. Es soll das einzige Ressort ohne Finanzierungsvorbehalt sein. Das Ministerium kann mit einem um vier Milliarden Euro höheren Etat rechnen. FAZ

Gute Gründe für die PKW-Maut. Kaum redet in Deutschland jemand von der PKW-Maut, beginnt in den Boulevardmedien das große Geschrei. Dabei würden alle von ihr profitieren Die Zeit

In der deutschen Integrationsdebatte fehlt es an deutlichen Worten an alle Seiten – aber ohne Polemik. Die neue Regierung sollte Abhilfe schaffen Financial Times Deutschland

EU-Fortschrittsbericht zur Türkei

Brüssel beklagt die anhaltende Verletzung der Bürgerrechte, lobt aber Ankaras Aussöhnung mit Armenien. Süddeutsche Zeitung

Tür für Türkei muss offen sein. Die Forderung deutscher Politiker, der Türkei die EU-Tür vor der Nase zuzuschlagen, ist ungefähr so seriös wie das Versprechen umfangreicher Steuersenkungen inmitten der Krise: Wer ernst genommen werden will, kann nicht nach radikalen Schritten rufen – und absehbare Folgen komplett ignorieren Frankfurter Rundschau

Lob und Kritik versucht die Brüsseler Kommission stets so auszubalancieren, dass der Kandidat nicht entmutigt, aber auch nicht selbstzufrieden wird, sondern sich im Idealfall zu weiteren Reformen angespornt sieht. Hannoversche Allgemeine

Die Türkei bekommt im neuesten Bericht zu den Beitrittsverhandlungen die Fortschrittsnoten, die sie braucht, um weiter im Gespräch zu bleiben. Was allerdings nicht in dem Bericht steht und zunächst entscheidend für eine Erweiterung der Union bleibt, ist die Ungewissheit über den Rahmen, in dem dieser Prozess stattfinden soll. Lausitzer Rundschau

Es gibt Dinge, ohne die der Herbst einfach kein Herbst wäre
. Dazu gehören buntes Laub, verregnete Tage, kalte Nächte und die Aufregung über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei. Immer dann, wenn die EU-Kommission ihren jährlichen Fortschrittsbericht über das Land publiziert, fordern Vertreter von CDU und CSU umgehend, die Beitrittsgespräche mit Ankara abzubrechen oder auszusetzen. Berliner Zeitung

Banken

Banken mästen ihre Mitarbeiter. Die Aktionäre vieler Banken fühlen sich zu Recht benachteiligt. Selbst Finanzfirmen, die gute Gewinne einfahren, senken den Dividenden-Anteil, während sie ihr Kapital stärken. Die Angestellten müssen bei ihrer Vergütung nur sehr viel geringere Einschnitte hinnehmen. Das scheint nicht fair zu sein. Handelsblatt

Die Bonusparty geht weiter. Amerikas Banken, viele von ihnen mit Staatsgeld am Leben erhalten, werden ihren Mitarbeitern im Krisenjahr 2009 aller Voraussicht nach höhere Gehälter zahlen als im Boomjahr 2007. Das ist eine Entwicklung, die bedenklich stimmt. FAZ

Ein Jahr nach dem Beinahe-Kollaps des Finanzsystems überbieten sich die Banken wieder mit garantierten Bonuszahlungen. An den Millionen für Investmentbanker beteiligen sich hierzulande Insidern zufolge auch staatlich gestützte Häuser wie Citigroup und Merrill Lynch – oder Landesbanken wie die WestLB. Handelsblatt

When an entire financial system is saved by the state, no bank can claim to have had a “good crisis”. Still, JPMorgan was less reckless than most and kept its head – picking up Bear Stearns and Washington Mutual for peanuts. Notwithstanding the odd billion dollars of one-off trading gains, JPMorgan will continue to glow after Wednesday’d third-quarter results. Net profits jumped by a third versus the previous bumper quarter, dragging shares 3 per cent higher. Financial Times

Vorsicht, die Milliarden sprudeln. Der Eigenhandel mit Aktien ist also die Haupttriebfeder der aktuellen Bankengewinne. Wirtschaftsblatt

Bund zweifelt an HSH-Geschäftsmodell. Er wackelt bedenklich, aber offenbar ist Dirk Jens Nonnenmacher weit davon entfernt zu fallen – spätestens, seit der in die Kritik geratene Chef der HSH Nordbank von Aufsichstratschef Hilmar Kopper öffentlich gestützt wurde. Derweil hält der Bankenrettungsfonds Soffin das Geschäftsmodell der Landesbank offenbar für nicht zukunftsfähig. Handelsblatt

Der Liebe Gott erhalte uns die deutschen Landesbanken!
Und zwar alle neune. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie fade und trostlos es in der Finanzwelt zuginge (und wie langweilig es wäre, eine Finanzzeitung zu lesen), würden die regionalen Spitzeninstitute der Sparkassen eines Tages wirklich wegkonsolidiert. Börsenzeitung

… one more thing!!

Get Nasty or Go Home. The go-light strategy in Afghanistan is a joke. If Obama’s serious about victory, it’s time to start making unpleasant choices. Foreign Policy

Leitartikel

Placebo für die FDP. Die Einigung der Koalitionsunterhändler, einen Stufentarif in der Einkommensteuer einzuführen, bringt herzlich wenig Vereinfachung. Sie dient vor allem FDP-Chef Guido Westerwelle dazu, das Gesicht zu wahren Financial Times Deutschland

Ein bisschen Sozialkosmetik. Punktuelle Verbesserungen beschließt die Koalition für Hartz-IV-Empfänger. Mehr lässt die FDP nicht zu. Mehr setzt die Kanzlerin nicht durch. So schließt sich die Gerechtigkeitslücke nicht. Frankfurter Rundschau

Die Entscheidung der neuen Koalition ist richtig und sozial gerecht. Sie war überfällig. Vor allem in Zeiten, in denen der Staat Banken und Unternehmen mit Milliarden Steuergeldern vor der Pleite bewahrt. So kann Schwarz-Gelb ruhig weitermachen BILD

CSU nervt FDP nervt CDU. In fünf Tagen soll der Koalitionsvertrag stehen. Noch sind viele Fragen offen. Dazu gibt’s jede Menge Ärger: Die FDP erleidet Niederlagen, die CDU will keinen Neuanfang. Die Zeit

Rechnung folgt, die Koalitionspartner sind tatsächlich noch immer im Wahlkampf AZ München

Kuscheln in Berlin. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Diese schlichte Weisheit gilt auch im Fall der Koalitionsgespräche zwischen Schwarz-Gelb. Die drei Parteien gerieren sich als Kämpfer für die Gerechtigkeit. Auch angetrieben von Jürgen Rüttgers, in dessen Bundesland NRW bald Wahlen sind. Kölner Stadt-Anzeiger

Wo steht die Türkei? Sie ist noch nicht reif für einen Beitritt zur EU – aber man darf ihr große Schritte in Richtung echte Demokratie zutrauen. Ankara braucht jedoch Unterstützung Süddeutsche Zeitung

War es richtig, China zum Ehrengast der Buchmesse zu machen?
Ein Land, in dem nach wie vor Zensur herrscht und missliebige Autoren gegängelt oder in Haft gehalten werden? Noch kann keiner eine vernünftige Antwort auf diese Frage geben. Die Welt

Just Don’t Call It Thatcherism. Labour’s announced privatizations herald a revival of some of Margaret Thatcher’s policies, even as both parties work to bury her image. Wall Street Journal

Why It’s Time To Retire the 401(k). Last year’s market wipeout showed the vulnerability of the popular retirement-savings accounts. But the data are telling us that even in the long run, consumers need better options Time