Präsidentenwahl, FDP, G20, Irans Atomprogramm & Fußball

Im Namen der Bürger Eine Direktwahl des Präsidenten könnte vielleicht das Vertrauen in die Demokratie stärken. Frei von Parteipolitik aber wäre sie niemals. Frankfurter Rundschau

Die Weisheit unserer demokratischen Regeln Es ist nicht viel Gutes gewesen an Horst Köhlers unerklärtem Rücktritt, an dieser Flucht aus dem Schloss Bellevue, dessen destruktive Qualität die des ähnlich abrupten Lafontaine-Rückzugs noch übertroffen hat. Berliner Morgenpost

Wenig Zeit, viel Aufregung Die Kandidaten Wulff und Gauck hatten nicht viel Zeit, doch sie haben sie effektiv genutzt, um für sich zu werben. Märkische Oderzeitung

Das Win-Win-Wunder Die Lösung für Christian Wulff: Aus tiefem Respekt vor dem Bürgerrechtler, dem Älteren, dem Überparteilichen, dem Pastor und Ost-Kandidaten, aus Hingabe an die Bevölkerung, die diesen nunmal liebe und wolle, holt er seinen Hut aus dem Ring. Glückauf, Herr Gauck! Tagesspiegel

Schaulaufen Das Wort „Schaulaufen“ ist leider ein wenig aus der Mode gekommen. Früher, als das Publikum noch den Eisläufern im Fernsehen zuschaute, galt das Schaulaufen der Meister als ein großes Wintervergnügen. Hannoversche Allgemeine Zeitung

FDP

Klausur ohne Besinnung Neuausrichtung Fehlanzeige: FDP-Chef Guido Westerwelle denkt nicht um – und die Parteiführung nicht nach. Tagesspiegel

Die Ein-Mann-Partei Seit ihrem Erfolg bei der Bundestagswahl taumelt die FDP von Krise zu Krise. Mit der Stärkung ihres Frontmanns hat sich die Partei nur eine Pause verschafft. taz

Schein und Sein in der FDP Der Aufstand gegen den Parteivorsitzenden ist ausgeblieben. Er darf der Chef bleiben. Doch wen wundert das überhaupt? So ist das eben in der FDP. Frankfurter Rundschau

Liberal schon, aber nicht blöd Die FDP soll nicht länger herumdümpeln wie eine Arche Noah für Manchester-Kapitalisten. Mit einem neuen Programm will Generalsekretär Lindner den Wirtschaftsliberalismus entradikalisieren. Die Programmdebatte soll der FDP das wiedergeben, was der Parteichef ihr nicht geben kann. Süddeutsche Zeitung

Westerwelles Politik der eingeschlafenen Füße Guido Westerwelle hat verständlicherweise kein Interesse an aufreibenden internen Debatten. Doch ein wenig mehr Selbstkritik wäre angebracht. Die Welt

Kein schneller Wiederaufstieg So steil der Absturz war, so langsam und mühselig wird der Wiederaufstieg sein. Ein Wahlergebnis von annähernd fünfzehn Prozent ist für die Liberalen in weite Ferne gerückt. Auf die Schnelle wird die FDP das Tal nicht verlassen, das weiß auch Westerwelle. FAZ

Die Lage der FDP: Schadensbegrenzung Bei allem vorsichtigen Optimismus der liberalen Parteispitze: Die Demutsbekundung des Guido Westerwelle und eine zweitägige Kurz-Klausur reichen bei weitem nicht aus, um den erheblichen Schaden auch nur annähernd zu lindern, den sich die FDP in den ersten acht Monaten zugefügt hat. Bonner General-Anzeiger

Von einem Steuerfettnapf in den nächsten Steuer senken war einmal, jetzt lautet vereinfachen die Devise. Ausgerechnet bei der Mehrwertsteuer will die FDP ihre neue Linie durchexerzieren. Das wird nicht funktionieren, der Hotelsteuerfluch hängt ihr nach. Financial Times Deutschland

Nicht verstanden
Fasst man Guido Westerwelles Resümee nach der Klausur seines Parteivorstandes zusammen, dann liegt die FDP am Boden, weil sie Fehler gemacht hat. Das klingt nach: Wir haben verstanden. Lausitzer Rundschau

Breiter aufstellen Die FDP wird lange brauchen, um das Fünf-Prozent-Jammertal zu verlassen und wieder an bessere Zeiten anzuknüpfen. 15-Prozent-Ergebnisse wie bei der Bundestagswahl dürfte sie jedenfalls nicht so schnell erreichen. Märkische Allgemeine

G 20

Merkel will Deutschland einflussreicher machen Aus G 8 wird G 20: Die internationale Politik und Wirtschaft werden von mehr Ländern bestimmt als bisher. Deutschland kämpft für seinen Einfluss. Die Welt

Wenn Merkel regiert Außer Spesen nichts gewesen – dieses Urteil trifft es einfach nicht. Wann wäre es einem deutschen Kanzler je gelungen, auf internationaler Bühne ausgerechnet in Wirtschaftsfragen Angelsachsen erfolgreich die Stirn zu bieten? Angela Merkel hat just das in Toronto erreicht. Tagesspiegel

Die Pflicht der Deutschen Die Bundesregierung darf sich nicht hinter einer Sparpolitik verstecken, sie ist zur Kärrnerarbeit verpflichtet. Und sie muss aufhören, Energie auf aussichtslose Alleingänge zu verschwenden, mit denen sie nur die globale Krisenpolitik stört. Süddeutsche Zeitung

Politische Ungleichgewichte Auf dem Gipfel in Toronto haben die Industrieländer versprochen, bis zum Jahr 2016 ihre Haushalte auszugleichen oder sogar mit dem Schuldenabbau zu beginnen. Leider wird nicht jedes Versprechen eingehalten. FAZ

Sparsame Zukunft: Schürze statt Schuhe Die neuen Spartaner ziehen nach Kanada“, so hatte der BBC-Kommentator Gavin Hewitt die sparwilligen Europäer auf ihrem Weg zum G20-Gipfel in Toronto bezeichnet. Berliner Zeitung

Nichts außer Spesen? Toronto Weltwirtschaftsgipfel, G8, UN-Klimakonferenz: Regelmäßig kommen die mächtigsten Staatenlenker in unterschiedlichen Runden zu Gesprächen zusammen. Die Ergebnisse der teuren und zeitaufwendigen Gipfelmanie lassen teilweise zu wünschen übrig. Außer Spesen nichts gewesen? Lausitzer Rundschau

Irans Atomprogramm

Kein Einlenken in Teheran Schon in zwei Jahren könnte Iran in der Lage sein, Atomwaffen herzustellen. Zu diesem Schluss kommt der amerikanische Geheimdienst CIA. Bis zum Jahr 2012 bliebe also noch Zeit, das Land auf diplomatischem Weg zur Aufgabe seines Programms zu bringen. FAZ

Amerikas Optionen Die CIA vermutet, dass Iran in Kürze eine einsatzfähige Atombombe bauen könne. Das sind keine brandheißen Neuigkeiten. Doch sie geben Präsident Obama größeren Handlungsspielraum. Süddeutsche Zeitung

Fußball

Großer Sport, großes Spektakel, große Freude Wie herrlich ist doch der Fußball: Da schreiben sich Reporter tagelang diesseits und jenseits des Kanals die Finger wund und suchen nach den kuriosesten Geschichten und Anekdoten, um ein Spiel in allen Facetten vorzuempfinden. Berliner Morgenpost

Hilflos in die Falle Das 4:1 gegen England resultiert wieder einmal aus einer vorzüglichen taktischen Leistung von Joachim Löw und DFB-Scout Urs Siegenthaler. Vor dem Viertelfinale muss der Bundestrainer aber einen früheren Fehler vermeiden. Süddeutsche Zeitung

Ein Mann, eine Marke Die Fifa sollte um ihre Werbeeinnahmen bangen. Denn Fußballern, die sich als Künstlernamen eine Marke zulegen, winkt das große Geschäft. Financial Times Deutschland

Raus aus der Steinzeit! Bei dieser WM sind die Schiedsrichter ständig in den Fokus der Kritik geraten. Die Rufe nach technischen Hilfsmitteln werden laut. Trotzdem wehrt die Fifa sich gegen höhere Instanzen. Bei Torentscheidungen ist das aber nötig. Kölner Stadt-Anzeiger

Drama, Baby! Die Vuvuzelas nerven, Torhüter greifen daneben, der Ball flattert, die Schiedsrichter sind blind – doch viele Fußballfans sind glücklich, weil die Weltmeisterschaft Dramen bietet. Aber seinem Glück traut der gemeine Fan nicht recht, er redet jetzt vom Videobeweis. Märkische Allgemeine

Gerd schreibt über Thomas Müller ,England weggemüllert‘ habe ich gestern in BILD gelesen und mich an meine Profi-Zeit erinnert. WM-Held Gerd Müller schreibt an WM-Held Thomas Müller. BILD

Deutsches Spiel, deutscher Sang Mein knapp dreijähriger Enkel G. quietscht vor Vergnügen „Mann Cacau“, wenn dieser Nationalspieler über den Bildschirm huscht. Berliner Zeitung

…one more thing!

Seltsame Idee Ein Intelligenztest für Zuwanderer? Interessanter Vorschlag. Aber wie wäre es vorher mit einem Intelligenztest für Abgeordnete in deutschen Parlamenten? Bonner General-Anzeiger

Leitartikel

Wulff gegen Gauck, Papa gegen Pathos Im Duell des Quereinsteigers mit Redetalent gegen den Berufspolitiker ohne Ecken und Kanten hat Joachim Gauck nach Adam Riese keine Chance. Doch selbst wenn Wulff zum Bundespräsidenten gewählt wird: Den erhofften Befreiungsschlag für Merkel wird die Wahl nicht bringen. Süddeutsche Zeitung

Beschämende Wahl Gaucks konservative Ansichten passen auch zur Union. AZ

Was schiefläuft in der FDP Die FDP hat bei der Bundestagswahl fast 15 Prozent der Stimmen erhalten: Doch die Partei hat viele enttäuscht. Wo war die FDP, als die Verfassung der Währungsunion in Brüssel geschleift wurde? Und warum machen die Liberalen plötzlich bei Mindestlöhnen mit? Die FDP nimmt ihr Kernanliegen nicht mehr ernst. FAZ

Verkrampfte Liberale Die FDP müht sich mit ihrer Rolle in der Regierung und ihrem Image ab. Mit Selbstkritik, mit ehrlicher Neuausrichtung hat es wenig zu tun, was die Parteispitze in einer internen Therapiesitzung vereinbart hat. Kölner Stadt-Anzeiger

Wir sind ein Turniervolk Fußball-Party in Deutschland, derselbe Klose, derselbe Netzer, wieder gegen Argentinien. Es gibt indes einen wesentlichen Unterschied zu 2006. Wir sind beim Feiern wieder unter uns. Frankfurter Rundschau

Auf den englischen Sportsgeist!
Sage mir, wie du mit einer Niederlage umgehst, und ich sage dir, wer du bist. Die englischen Reaktionen gestern auf das Aus ihrer Nationalmannschaft in Südafrika, und das ausgerechnet zu Händen der alten Nemesis Deutschland, waren ein Schulbuchbeispiel. Die Welt

Positiver Patriotismus Deutschland ist ein fröhliches Land. Deutschland ist ein friedliches Land. Deutschland ist modern und fantasievoll. Und wir Deutsche verstehen uns als ein Team, das noch viel bewegen kann. Hoffentlich ist dies auch ein Lehrstück für unsere oft zaudernden und allzu zerstrittenen Politiker. BILD

Siemens‘ Lizenz zum Selbermachen
Der Münchner Konzern nutzt das schlechte Image der Banken um ihnen Konkurrenz zu machen. Angesichts des dreisten Verhaltens einiger Geldinstitute ist das verständlich. Financial Times Deutschland

Hail to the new world (cup) order Let us enjoy the role that football plays in relations between global countries. Financial Times

A huge word made small The Holocaust was a horrific atrocity. The meaning of the word is being distorted and demeaned in political rhetoric and casual comparisons. Los Angeles Times

Living in Limbo Confusion over who is or is not a refugee and the sheer numbers involved are causing a breakdown in how the world copes with people fleeing their homes. Time (International)

The Electrifying Edison Thomas Edison helped create the American way of innovation–but today the U.S. is in danger of losing its pre-eminence in science and technology Time (U.S.)

Roberts v. Marshall Elena Kagan’s confirmation hearings have become a trial in absentia for two powerful Supreme Court justices, who personify competing views of American justice. Newsweek (U.S.)