Wahlkampf, CSU, Haushaltskonsolidierung & Afghanistan

Politisches Schweigekartell: Im nächsten Jahr wird die Lage bei den Steuereinnahmen katastrophal. Doch keine Partei sagt, wie teuer die Finanzkrise für die Bürger wird. Einige versprechen stattdessen Wohltaten – und alle machen den Wähler zum Doofmann. Süddeutsche Zeitung

Gewinnt Schwarz-Gelb schon mit 44 Prozent? Ein Wahlsieg dank Überhangmandaten würde das Regieren für Merkel einfacher machen. Tagesspiegel

Anachronismus Erststimme. Das Verhältniswahlrecht bringt im Parteienstaat den Wählerwillen zum Ausdruck. Ein Sieg mit Überhangmandaten wird von der Wählermehrheit nicht als demokratisch legitim angesehen. taz

Gelb-grüne Blockierer. FDP und Grüne haben vier Jahre lang Kritik an der Großen Koalition geübt. Jetzt könnten sie schuld sein, wenn sie verlängert wird. Die Zeit

Der FDP-Parteichef will um jeden Preis den Eindruck vermeiden, Schwarz-Gelb würde sozialen Kahlschlag bedeuten. Recht gelingen will das Guido Westerwelle nicht. Er macht auch klar, dass er Koch sein will, nicht Kellner. Süddeutsche Zeitung

Deutsche Politik hat eine neue Mode: Koalitions-Ausschluss. Ergebnis: Der Wähler wird mit Lagerbildung statt parlamentarischer Spannung eingeengt, bevor er wählen darf. Kölner Stadt-Anzeiger

Demokratie endet nicht im Wahllokal, aber hier hat sie ihren Beginn. Den Gang dorthin mit der Begründung zu verweigern, damit sei ihr am besten gedient, ist nicht nur frivol, sondern dumm. Berliner Zeitung

Seltsam bleibt er, spannend wird er in seinem Endspurt – der Wahlkampf 2009. Seltsam ist zum Beispiel, warum die SPD immer noch auf eine rot-grün-gelbe Koalition hofft: Die FDP hat die «Ampel« am Wochenende endgültig ausgeschaltet; Westerwelle kann seine ebenso riskante wie eindeutige Festlegung auf die Union kaum mehr kippen Nürnberger Nachrichten

NPD fordert Migranten-Politiker zur Ausreise auf. Das Schreiben ist wie ein amtliches Dokument aufgemacht. Absender: Der Ausländerrückführungsbeauftragte Die Welt

CSU

Seehofer spielt auf eigene Rechnung. Was schert uns das gemeinsame Wahlprogramm, wir präsentieren unser Sofortprogramm. Mit ihrem Alleingang baut die CSU vor: Scheitert Schwarz-Gelb erneut an den Wählern, lag es nicht an den kampfeslustigen Bayern. Financial Times Deutschland

Christlicher als die CDU, sozialer als die SPD, liberaler als die FDP, grüner als die Grünen und nachtragender als Lafontaine: Die CSU will sich als Volkspartei behaupten und kämpft um ihre bundespolitische Bedeutung. FAZ

Getrennt marschieren, vereint schlagen. So müssten es CDU und CSU eigentlich halten. Lausitzer Rundschau

Zickenkrieg unter Schwestern, CDU und CSU verwirren den Wähler NRZ

Mittlerweile werden bayerische Profilierungsversuche von der CDU nur noch als Folklore belächelt. Und je verbissener die Christsozialen versuchen, den Norden das Fürchten zu lehren, um so peinlicher wird die Sache. Man merkt die Absicht – und ist belustigt. Nürnberger Zeitung

Haushaltskonsolidierung

Eine Woche vor der Wahl stimmen der Finanz- und der Wirtschaftsminister Bürger auf harte Einschnitte ein – und die Kanzlerin distanziert sich. Das bisschen soll zu viel Ehrlichkeit gewesen sein? Es war zu wenig Frankfurter Rundschau

Die Wirtschaftskrise spielt im Wahlkampf kaum eine Rolle. Die Politik verweigert sich. Die Welt

Finanzminister Steinbrück und Wirtschaftsminister zu Guttenberg drücken sich vor klaren Ansagen über Einsparungen. Uns begründen das auch noch mit Verantwortung vor den Bürgern. Handelsblatt

Der Wahlkampf fand bislang weitgehend abgehoben von den Realitäten statt. Anstatt die desaströse Lage der Staatsfinanzen in Folge der Krise zu thematisieren, verlor man sich auf Nebenkriegs-Schauplätzen – oder machte gar euphorische Steuersenkungsversprechen. Kölnische Rundschau

Überraschend kommt die Botschaft nicht. Jedem Bürger, der eins und eins zusammenzählen kann, war längst klar, dass die milliardenschweren Konjunkturpakete zu Krisenbewältigung auch irgendwie bezahlt werden müssen. Märkische Allgemeine

Kürzlich hat der Finanzminister dem Bundestag die Zahlen zur Haushaltslage mitgeteilt: 86 Milliarden Euro Minus. Spielraum für Steuersenkungen gibt es da kaum noch. Wer es trotzdem tut, riskiert ein Faß ohne Boden. Kölner Stadt-Anzeiger

Die Parteien lügen – egal ob SPD, Union, FDP, Grüne oder Linkspartei -, aber die Lüge ist leicht erkennbar. Steuersenkungen versprechen die einen, umfangreiche Investitionen und höhere Sozialleistungen die anderen. Die Parteien tun so, als sei Geld im Überfluss vorhanden. Doch die Wirtschaftskrise hat riesige Löcher in die öffentlichen Kassen gerissen. Das ist bekannt. Berliner Zeitung

Afghanistan

In einem schonungslosen Lagebericht warnt der Kommandeur der internationalen Truppen in Afghanistan, der amerikanische Heeresgeneral Stanley McChrystal, vor einem Scheitern der Mission und rügt „korrupte“ Praktiken bei der Aufbauhilfe. McChrystal wünscht mehr Truppen, Präsident Obama zögert. FAZ

Obama hat Ärger mit dem Militär: Der neue US-Kommandeur McChrystal will in Afghanistan alles anders machen, warnt vor einer Niederlage – und blamiert den US-Präsidenten. Süddeutsche Zeitung

Diplomaten statt Soldaten. Die zivile Strategie macht Sinn: eine verantwortliche afghanische Regierung schaffen. Doch dies müssten Politiker und Diplomaten machen – und keine Soldaten taz

The leak of a report by General McChrystal puts the president under pressure. New York Times

Obama’s Befuddling Afghan Policy. Why is the president hesitating on more troops to fight his ‚war of necessity‘? Wall Street Journal

Abzugsforderung ist leichtfertig. Künstler und Intellektuelle fordern den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Den Preis dafür aber nennen sie nicht. Die Zeit

US-Präsident Obama

I was actually black before the election, so Obama zu Late-Night Talker Letterman Chicago Tribune

…one more thing!!

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) legt den Finger in die Wunde. Durch die massiven staatlichen Konjunkturprogramme sei es zwar gelungen, die schwerste Rezession seit Kriegsende deutlich zu mildern und Schlimmeres zu verhindern. Doch es sei jetzt an der Zeit, den Blick in die Zukunft zu richten. Börsenzeitung

Leitartikel

Dies ist kein Wahlkampf für die junge Generation. Schuld ist aber nicht ihr Desinteresse: Die Politik hat sie dazu erzogen, nichts von ihr zu erwarten. Frankfurter Rundschau

Zuckerbrot & Peitsche, Horst Seehofer hat keinen Joker mehr in der Hand AZ München

Neue Ideen für Schleswig Holstein entstanden nicht. Doch die Umfragen deuten an, dass die Wähler keine Lust mehr haben auf ein politisches Leben in Barschels langem Schatten. Sie wollen Farbe. Sie wählen bunt. Süddeutsche Zeitung (Print)

War die Entscheidung Präsident Obamas, vorerst auf die Teile eines nationalen Raketenabwehrsystems zu verzichten, die in Polen und in der Tschechischen Republik stationiert werden sollten, jener Knopfdruck auf den „reset button“, den Vizepräsident Biden für die amerikanisch-russischen Beziehungen auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar angekündigt hatte? FAZ

Seit acht Monaten regiert der freundliche Herr Obama. Seine Botschaft: Die USA muss niemand fürchten. Dabei würde einigen Diktatoren und Gewaltherrschern ein bisschen Angst vor Amerika ganz gut tun. BILD

Eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes ist ein sinnvolles Mittel, um der Gefahr einer Kreditklemme zu begegnen. In Maßen eingesetzt ist die Verpackung von Krediten kein Teufelszeug. Financial Times Deutschland

Chinas großer Sprung nach Europa. Teile seiner wirtschaftlichen Expansionsstrategie wendet China jetzt auch in Europa an. Kein Anlass zu völliger Abschottun, doch sollten für China dieselben Standards und Auflagen gelten wie für demokratische Staaten Handelsblatt

Germany retreats to old certainties. Barring a huge upset, Sunday’s elections will see Angel Merkel returned as chancellor, at the head of yet another coalition government. So no change in Germany, then? It would be a mistake to believe that. The tenor of the campaign suggests that the country is changing – in ways that its partners around the table in Pittsburgh may not find very comfortable Financial Times

Obama’s shunning response to the racism debate. The president is smart to simply refuse to talk about whether racism motivates his critics. Los Angeles Times