Jobcenter, CDU, Hartz IV, Zentralrat, SAP & Ukraine

Dem Ziel so fern. Für einen klitzekleinen Moment und mit viel Optimismus konnte einem die neueste Nachricht im Kampf um die Jobcenterreform den Glauben an das Gute in der Politik zurückgeben. Financial Times Deutschland

Zentral-föderal. Die Union hat sich in Sachen Jobcenter mühsam sortiert. Nun will sie doch Bund und Kommunen über eine Grundgesetzänderung direkt zusammenspannen, um die Betreuung langzeitarbeitsloser Hartz-IV-Empfänger „aus einer Hand“ gerichtsfest sicherzustellen. Dass sich viele Beteiligte damit schwertun, ehrt sie. FAZ

Dämpfer für von der Leyen. Das Grundgesetz soll geändert werden, um die Jobcenter zu legalisieren. Für Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bedeutet das vor allem eines: Sie ist angeschlagen. Süddeutsche Zeitung

Ein Sieg der praktischen Vernunft. Im Streit um die Jobcenter haben die Unions-Ministerpräsidenten sich gegen die eigene Fraktion durchgesetzt. Für die Arbeitslosen ist das gut. Die Zeit

Jobcenter-Reform erinnert an Große Koalition. Wenn Arbeitsministerin von der Leyen die Jobcenter retten will, muss sie mit der SPD verhandeln. In diesem Fall ist es das Klügste. Wirtschaftswoche

Hessische Retourkutsche. Die Einigung bei den Jobcentern ist pragmatisch. Und ein später Sieg für den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. Frankfurter Rundschau

Kompromiss mit Zoff-Potenzial. Dass Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) so schnell klein beigeben und von ihren erst im Januar vorgestellten Plänen zur Reform der Jobcenter abrücken würde, hat überrascht Nürnberger Zeitung

Späte Wende. Die Wende ist überraschend und dennoch überfällig. Zwei Jahre lang wurden Gesetzesvorschläge in der Großen Koalition hin- und hergeschoben. Am Ende stellte sich die Fraktionsspitze der Union stur: einfach das Grundgesetz ändern, weil die Organisationsstruktur der Jobcenter gegen die Verfassung verstößt? Mit uns nicht! Hannoversche Allgemeine

Atom-Streit in der CDU

Eine alte Rechnung. In der CDU gibt es Streit über die Zukunft der Atomkraft. Doch was wie eine Fachdebatte wirkt, hat tiefere Gründe: Kauder hält nicht viel von Röttgen. Denn der Umweltminister wollte ihn als Fraktionsvorsitzenden ablösen – manche sprechen von einem Putschversuch. FAZ

Jetzt stehen die Grünen auf Merkels Speisekarte. Mit Norbert Röttgens Vorstoß gegen die Atomkraft nähert sich die Union den Grünen an. Selten hat eine Partei so geschickt ihre einstigen Gegner aufgesogen wie die CDU unter Angela Merkel. Die SPD hat dies zu spüren bekommen, und die Grünen stehen als Nächste auf der phagozytischen Speisekarte.  Die Welt

Merkel unterstützt Röttgen im Atomstreit. Die Bundeskanzlerin sieht den Vorstoß des Umweltministers im Atomausstieg im Einklang mit dem Koalitionsvertrag. Die FDP vermutet dahinter einen schwarz-grünen Flirt. Die Zeit

Unverbindlichkeit in Person. Vieles spricht dafür, dass Röttgens Unverbindlichkeit Strategie ist.  taz

Verfassungsgericht entscheidet über Hartz-IV

Rasche Anhebung der Hartz-Sätze nicht in Sicht. Deutschland blickt mit Spannung nach Karlsruhe: Die Verfassungsrichter werden sich an diesem Dienstag zu der Frage äußern, ob der Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger korrekt ermittelt wird. Schon vor dem Urteil hat das Bundesarbeitsministerium klar gemacht: Mit einer raschen Anhebung der Sozialhilfe ist nicht zu rechnen. FAZ

Mehr Geld für Hartz-IV- Familien? Hartz IV auf dem Prüfstand! Karlsruhe entscheidet: Bekommen ALG II-Kinder zu wenig Geld? Auch die Regelsätze für Erwachsene könnten kippen! Bild

„Wir verlangen keinen Luxus“. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über Hartz-IV-Regelsätze für Kinder. Geklagt hat auch eine Familie aus Bayern. Im Interview begründet ihr Anwalt die Klage. Die Zeit

Zentralrat der Juden

Ein Lehrstück über soziale Dynamik. Generationswechsel, Machtkampf und ein Selbstbild im Wandel: Im Zentralrat der Juden zeichnen sich etliche Konfliktlinien ab. Frankfurter Rundschau

Repräsentant eines neuen Judentums. Vieles spricht dafür, dass Dieter Graumann bald den Zentralrat der Juden führt. Er spricht fast visionär von einem „pluralen neuen deutschen Judentum“. Aber bei aller gewünschten Vielfalt ist für ihn die politische Einheit nicht verhandelbar. FAZ

Notwendige Zäsur. Der Zentralrat der Juden steht vor einem Neustart. Und der ist auch nötig. Als neuer Vorsitzender und Modernisierer würde sich Dieter Graumann anbieten. Er hat Geschick und ist sich nicht zu schade, auch den eigenen Laden zu kritisieren. Kölner Stadt-Anzeiger

„Wir brauchen Fantasie statt Rituale“ Portrait Dieter Graumann Tagesspiegel

Weg vom brummigen Dauerwarner. Dieter Graumann, bislang Vizepräsident des Zentralrats der Juden, gilt als Favorit für die Nachfolge von Charlotte Knobloch. Süddeutsche Zeitung

SAP-Chefwechsel

Hasso Plattner zieht die Reißleine. Der SAP-Gründer fürchtet um sein Lebenswerk und trennt sich deshalb von dem glücklosen Vorstandssprecher Léo Apotheker. SAP wird künftig wieder von einer Doppelspitze geführt. Der Konzern hat früher schon Erfahrungen mit Führungsduos gemacht, aber unter ganz anderen Vorzeichen. FAZ

Zurück am Steuer. Long time no see“ – lange nicht gesehen, eröffnet Aufsichtsratschef Hasso Plattner die Telefonkonferenz zur Wachablösung bei SAP. Er gratuliert Léo Apotheker zu seinen Verdiensten um den Walldorfer Softwarekonzern. Kein Nachtreten, lautet die Devise.  Börsenzeitung

Niederlage für Hasso Plattner. Mit dem Chefwechsel bei SAP sind die Probleme des Softwareherstellers keinesfalls vom Tisch. Die beiden Nachfolger des geschassten CEO Léo Apotheker müssen verärgerte Kunden und verunsicherte Mitarbeiter wieder hinter sich bringen. Scheitern sie, ist auch SAP-Aufsichtsratschef Hasso Plattner ernsthaft beschädigt. Manager Magazin

SAPs Gottvater geht zu weit. Mit dem Abgang Léo Apothekers als SAP-Chef wächst der Einfluss von Hasso Plattner auf das Tagesgeschäft. Dabei sollte der legendäre Gründer seinen Machtwillen lieber zügeln. Financial Times Deutschland

Apothekerlypsed. A mix of bad luck and bad decisions brings down the boss of SAP, a software giant Economist

Ukraine

Ukraine bleibt uneinig. Ost-West-Spaltung mit ihrem kulturellen und sozialen Zusammenhang ist eines der ukrainischen Probleme. Frankfurter Rundschau

Reifeprüfung für die Demokratie. Fünf Jahre nach der „Orangen Revolution“ hat die Präsidentenwahl in der Ukraine demokratischen Standards genügt. Der Sieg von Janukowitsch ist nicht schön, aber auch keine Katastrophe. Wenn Julija Timoschenko ihre Niederlage nun anerkennt, erwiese sie ihrem Land den größten Dienst. FAZ

Wahlfälscher wird neuer Präsident Aus für die Orangene Revolution in der Ukraine: Ex-Kommunist Janukowitsch hat die Präsidentenwahl gewonnen – Comeback eines Wahlfälschers Bild

Ukraine wählt problematischen Janukowitsch. Einen Mann des Ostens. Einen Mann mit Vorstrafen! Zu übergroßer Besorgnis besteht dennoch kein Anlass. Janukowitsch ist lernfähig. Und in der Ukraine wurden, anders als in den Nachbarländern, Konflikte meist friedlich geregelt. Die Welt

Antiheld Janukowitsch ist zurück. In dem verzweifelten Wunsch nach Stabilität haben die Ukrainer den dubiosen Wiktor Janukowitsch gewählt. Politisch ruhigere Zeiten verspricht das nicht. Die Zeit

Ukrainer wählen das kleinere Übel. Er gilt als planlos und hölzern, ist vorbestraft und verwechselt zuweilen Fremdwörter. Trotzdem haben die Ukrainer Viktor Janukowitsch zum neuen Präsidenten gewählt. Wirtschaftswoche

Orangene Revolution war gestern. Immerhin: Die Menschen hatten eine Wahl. taz

Kiew richtet sich auf Tauziehen ein. Nur hauchdünn hat Viktor Janukowitsch die Stichwahl in der Ukraine für sich entschieden und zieht nun, mit fünf Jahren Verzug, ins Amt des Präsidenten ein. Doch auf die erhoffte Stabilität wird das Land wohl weiter warten müssen. Handelsblatt

Ukrainian U-turn? Financial Times

Orange squashed. Viktor Yanukovich seems the likely winner of Ukraine’s presidential election Economist

…one more thing!!

Ein Schweinchen namens CDS. Griechenland, Portugal und Spanien kämpfen um Vertrauen. Händler von Kreditderivaten erschweren das – nicht nur, weil sie den angeschlagenen Euro-Ländern einen unschönen Spitznamen verpasst haben. Financial Times Deutschland

Leitartikel

Der liberale Lebertran. Steuern runter, verordnet die FDP, und das Volk rennt weg. Die Konsequenz der Partei ist eigenwillig. Nicht die Rezeptur ihres Wundermittels wird überdacht. Sie verstärkt die Dosis. Frankfurter Rundschau

Wer wann mit wem gegen wen. Sie waren mal schnell unterwegs. In einem Cabrio anno 2001. Guido Westerwelle saß am Steuer, Angela Merkel nebendran. Jetzt will Westerwelle wieder Geschwindigkeit aufnehmen. Diesmal nicht, um an die Macht zu kommen, sondern um eine mächtige Krise zu meistern. Tagesspiegel

Änderungsbedürftig. Ein Armutszeugnis für unser bestehendes Sozialsystem. AZ München

Dunkles Land. Dass Kinder sich das Leben nehmen, ist ein Alarmsignal für eine ratlose Gesellschaft. Längst geht es nicht mehr um Einzelfälle. Deutschlands Jugend sieht schwarz – und dagegen muss schnell etwas getan werden. Kölner Stadt-Anzeiger

Sexualität und Glaube gehören zusammen, weil Sexualität und Religion im Tiefsten berühren. Sexualität und Macht – das gehört getrennt, strikt getrennt. Weil die katholische Kirche nur dann glaubwürdig vertreten kann, dass Eros und Liebe zusammengehören. Und weil der Schritt von der Macht zur Gewalt so klein ist. Süddeutsche Zeitung (Print)

Zurück zu den Wurzeln. Seit 1953 regieren in Baden-Württemberg Ministerpräsidenten der CDU. Es gab den frommen Oberschwaben Gebhard Müller, den umtriebigen und liberalen Lothar Späth und den wertkonservativen Erwin Teufel. FAZ (Print)

Das Vertrauen ist weg, seit feststeht, dass Griechenland sich die Euro-Zugehörigkeit mit Lug und Trug erkauft hat. Mit gefälschten Statistiken und geschönten Zahlen – amtlich abgesegnet von der griechischen Regierung! […] Jetzt zeigt sich, dass der Euro zu schnell und zu leichtfertig auf Länder ausgedehnt worden ist, die den harten Kurs gar nicht stemmen können. BILD

Das kleinere Übel. Zwar hat in der Ukraine der Vertreter des alten Systems gewonnen. Dennoch muss sich der Westen keine Sorgen über die demokratische Entwicklung in dem Land machen – noch nicht Financial Times Deutschland

Der prorussische Oppositionschef Viktor Janukowytsch wird neuer Präsident – EU bietet Unterstützung an. Die Welt

Oranges and lemons in Ukraine. Rather than tut-tut at dissipation of hopes, Europe’s leaders should look at own responsibilities Financial Times

It started with King George III. Americans‘ distrust of government has deep roots. Los Angeles Times