Schwarz-Grün, Schwarz-Gelb, Bundesbank, Internet & Pakistan

Votum der Grünen erzürnt SPD und Linke. Auf ihrem Landesparteitag im Saarland haben sich die Grünen deutlich für ein Regierungsbündnis mit CDU und FDP ausgesprochen. Linkspartei und SPD warfen den Grünen Wählerbetrug vor. Die Bundes-CDU reagierte erfreut auf die neue Bündnis-Option. FAZ

Zoff im linken Lager. Matschie kann nicht mit Ramelow. Lafontaine ist Saarlands Grünen ein rotes Tuch – und der SPD sowieso. Persönliche Abstoßreaktionen führen derzeit dazu, dass Rot, Rot und Grün nicht zueinander finden. Doch auf Dauer können Personen nicht gegen gesellschaftliche Tendenzen agieren. Süddeutsche Zeitung

Nicht Lafontaine wars, sondern eher die Erkenntnis, dass für viele Merkels CDU-Wärmestube mehr Geborgenheit verspricht als ein linker Kraut-und-Rübenladen. Ein Experiment mit Strahlkraft wird diese Jamaika-Tour kaum – nicht mit diesem Personal, nicht derart hinterrücks. Aber eines gilt: Vom Linksruck ist Deutschland weiter denn je entfernt. Alle helfen zusammen – nun also auch die Grünen – damit sich eine Republik aufmacht, zum Kanzlerinnen-Land zu werden. Leipziger Volkszeitung (Print)

Tausche Glaubwürdigkeit gegen Macht. Das Ziel der Grünen ist klar. Ohne die Grünen soll kein Regieren mehr möglich sein. Ein Teil ihrer Wähler werden sie verlieren. taz

Grüne als FDP des 21. Jahrhunderts. Die Grünen im Saarland wagen Jamaika. Als erste im ganzen Land. Wird das die Republik verändern? Eine Bündnis von Christdemokraten, Liberalen und Grünen in einem Bundesland, das nicht einmal eine Million Einwohner hat? Sicher wird es das. Handelsblatt

Lafontaine steht Pate für Jamaika: Die Grünen werden im Saarland wohl eine Koalition mit der FDP und der CDU eingehen. Der Grund dafür hat einen Namen: Oskar Lafontaine Die Welt

Zwei neue Ministerpräsidenten aus den eigenen Reihen – dieser Doppel-Erfolg schien für die SPD nach den Landtagswahlen in Thüringen und im Saarland noch vor einigen Tagen schon zum Greifen nah. Und nun? Aus der Traum! WAZ

Labor Saarland. Das Modell von der Saar könnte irgendwann auch im Bund Nachahmung finden. Kölner Stadtanzeiger

Links kein Block. Das erste Bündnis aus CDU, FDP und Grünen zeigt: Einen linken Block gibt es nicht mehr. Tagesspiegel

Lafontaine schadete durch sein Machtspiel nicht nur seiner Linken-Partei: Er schadete auch – mal wieder – seiner ehemaligen Partei, der SPD
. Sie kann jetzt keinen Ministerpräsidenten an der Saar stellen. So wie es wohl auch in Thüringen nicht mit einem SPD-Chefposten klappen wird. NRZ

Riskant ist die Entscheidung, weil Ulrich ausgerechnet dem Wahlverlierer Peter Müller, dessen CDU immerhin 13 Prozentpunkte eingebüßt hat, die Hand reicht
. An der Saar sollen außerdem drei Parteien zusammenarbeiten, die sich bislang in herzlicher Abneigung gegenüberstanden. Speziell zwischen Grünen und FDP sind die Animositäten groß. Berliner Zeitung

Bei Lafontaine wiederum dürfte sich die Trauer in Grenzen halten.
Erstens gibt es an der Saar nichts zu verteilen, weil das Land abgrundtief verschuldet ist. Und zweitens steht in Brandenburg schon die nächste linke Regierungsbeteiligung vor der Tür. Richtig bitter ist die grüne Entscheidung nur für die SPD. Das Verlierer-Image klebt wie Leim an den Sozialdemokraten. Lausitzer Rundschau

Hubert Ulrich hatte mit seiner Strategie Erfolg: Er nutzte die Rückkehr Lafontaines an die Saar auf seine Weise. Doch innerhalb seiner Fraktion wird er nun einige Gemüter beruhigen müssen
FAZ

Liaison ohne Leitspruch. Nie ging es bei Koalitionen in den Ländern so bunt zu wie jetzt. Doch die innovative Farbenlehre überzeugt nicht durch neuartige Inhalte Handelsblatt

Koalitionsverhandlungen

Wandel durch Wandel. Diese Woche wird offenlegen, was die neue Regierung zustande bringt, ob sie einen neuen Kurs zu steuern sich vornimmt. So viel hängt davon ab: wie stark die FDP sich fühlt und noch werden will. Und wie stark die Union einen Wandel durch Annäherung herbeiführen will. Tagesspiegel

Sie will’s nie gewesen sein.
Erst stimmte die FDP für die Rettungspakete, nun schimpft sie über die Verschuldung. Bleibt abzuwarten, wen die Liberalen künftig für Politik verantwortlich machen, an der sie selbst mitwirke Süddeutsche Zeitung

Das Bürgergeld der FDP ist ein Kombilohn. Die Liberalen machen sich einen Slogan der Linkspartei zu eigen – und blockieren in den Koalitionsverhandlungen ihre eigenen Prinzipien. Handelsblatt

Die bösen Vorgänger. Das FDP-Urgestein Otto Solms möchte mit seinen fast 69 Lenzen noch Finanzminister werden. Zumal er viele, viele Jahre darauf gewartet hat. Doch jetzt stellt er fest, dass er auf einen „Scherbenhaufen“ treffen würde. Frankfurter Rundschau

Grundsätzlich ist Vorsicht geboten. Es handelt sich nur um Wasserstandsmeldungen aus den Koalitionsverhandlungen, wenn derzeit zu hören ist, die Koalition prüfe eine Pkw-Maut, wolle Hartz IV überarbeiten oder überlege „Maxi-Jobs“ einzuführen. Kölnische Rundschau

Die neue Bundesregierung braucht wirtschaftspolitischen Ehrgeiz. Denn wer sich die Latte von vornherein niedrig hängt, wird nicht hoch springen. Die Welt

Top-Manager dringen auf Steuerreform. Die Wirtschaftselite in Deutschland hat eine klare Vorstellung davon, welche Themen die neue Bundesregierung zuerst angehen sollte: Steuerreformen und-senkungen. Handelsblatt

Ministeriumsberater halten eine Erhöhung des Kindergeldes für untauglich und teuer.
Aus Geldmangel rückt Schwarz-Gelb nun davon ab. Süddeutsche Zeitung

Die Woche der Wahrheit hat begonnen
: In der zweiten Woche der Koalitionsverhandlungen wird vor allem die FDP Federn lassen müssen. Von den schönen Wahlkampfversprechen wird nichts übrig bleiben Nürnberger Nachrichten

Krieg der Zahlen als Verhandlungstaktik. Die Anweisung tröpfelte aus dem Kanzleramt in die Union. Schreibt schlechte Zahlen auf, lautete der Auftrag von CDU-Chefin Angela Merkel, um die FDP von ihren steuerpolitischen Forderungen herunterzuholen. Ein Geheimpapier wurde lanciert. Wirtschaftswoche

Der Bundeshaushalt 2009 entwickelt sich besser als erwartet. Das geht aus einem internen Kanzleramtspapier hervor. Die Neuverschuldung ist um 20 Prozent geringer als angenommen. Wirtschaftswoche

Rückschritt statt Fortschritt. Es kann kaum Zweifel geben, was die Zukunft dieser Gesellschaft sichern muss: Es sind die Investitionen in die Leistungsträger der Zukunft – unsere Kinder. In den Berliner Koalitionsverhandlungen ist von dieser Erkenntnis leider herzlich wenig zu spüren. Kölner Stadt-Anzeiger

Bundesbank

Sarrazin macht Bundesbankpräsident Axel Weber das Leben schwer: Im Vorstand der Bundesbank sollte es um die Kontrolle von Bargeld gehen, nicht um Migranten. Süddeutsche Zeitung

In der Bundesbank herrscht seit Tagen helle Aufregung
, und sie wird alsbald nicht geringer werden. Präsident Axel Weber will seinem Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin wegen dessen Äußerungen die meisten Kompetenzen wegnehmen. Man muss Sarrazins Meinung nicht teilen, aber seine Courage sollte eine Demokratie aushalten. FAZ

Verlogene Erregung. Der mildeste Befund über all jene, die Thilo Sarrazins Skandal-Interview zu den – von Ausländern verdorbenen – Zuständen in Berlin als seltenes Dokument der Wahrheit verteidigen, ist, dass sie ein schlechtes Gedächtnis haben. Frankfurter Rundschau

Internet

Google, die Indianer des Internets. Der Internetkonzern hat in den Machtstrukturen der Welt inzwischen etwa den Rang eines kleinen Staates erreicht. Wer daran noch zweifelte, wurde am Wochenende eines Besseren belehrt – dank der Videobotschaft der Kanzlerin Financial Times Deutschland

Die Wild-West-Epoche des Internets geht zu Ende. Ohne Freiheit hätte es viele bahnbrechende Neuerungen im Internet nicht gegeben. Die weltweite Vernetzung ist jedoch an einem Punkt angelangt, wo Rechtssicherheit und Ordnung wichtiger sind. Die Welt

Google-Gründer Sergej Brin verteidigte sein umstrittenes Google-Books Projekt nun persönlich New York Times

Pakistan

Die Taliban-Attacke von Islamabad ist eine Warnung an den Westen. Der „rote Knopf“ der Atommacht ist keineswegs vor den Islamisten sicher. Die Welt

Der jüngste Vorfall in Pakistan ist eine Blamage für die Armee. Er hat den Glauben an das pakistanische Militär vehement erschüttert. Süddeutsche Zeitung

… one more thing!!

China’s New Cultural Revolution. The world’s largest country has a long way to go, but there’s no question it’s changing for the better, schreibt Tony Blair in der New York Times

Leitartikel

Es kommt nicht oft vor, dass das Saarland in Deutschland eine Vorreiterrolle spielt. Doch mit der Entscheidung der saarländischen Grünen, Verhandlungen für eine schwarz-gelb-grüne Landesregierung aufzunehmen, wird das Land im Südwesten zum bundesweit beachteten Testfall der politischen Farbenlehre Financial Times Deutschland

Eigentümlich grün. Die Grünen haben eine wahre Erfolgssträhne hinter sich. Seit sie 2005 bundespolitisch in die Opposition gerieten, haben sie in achtzehn Wahlen nur dreimal ein bisschen verloren, und der Rückschlag in der Hessenwahl von 2008 wurde dank der SPD bald mehr als wettgemacht. FAZ (Print)

Statt der „Linken“ schreiben jetzt die Grünen Koalitionsgeschichte, in dem sie erstmals zusammen mit CDU und FDP regieren. Das könnte ihnen in der Zukunft eine neue Rolle im Parteienspektrum eröffnen – als weitere bürgerliche Kraft gegen Rot-Rot. BILD


Einmal mehr bewährt sich Oskar Lafontaine als Königsmacher für die Schwarzen.
Seine Ankündigung, ins Saarland zurückzukehren, sorgt dafür, dass Peter Müller nun Geschichte schreiben kann – mit Jamaika. Frankfurter Rundschau


Es ist das Lieblingsspiel der deutschen Politik: Umverteilung
. Dem einen nehmen, dem anderen geben. Von den Besserverdienern zu den Wenigerverdienern. Von Berufstätigen zu Erwerbslosen, von Berufstätigen zu Rentnern und Pensionären Wirtschaftswoche

Szenen einer Ehe, Christian Thielemann ging fremd, verbot aber selbst Seitensprünge. AZ München

Making the case for a weaker dollar. Imagine a world with a small current account deficit in the US, a somewhat larger deficit in the eurozone and a not too excessive Asian surplus. In the long run, such a world would require significant reform of the monetary system. But in the short term, a fall in the dollar would help. Financial Times

A bubble in Beijing? Not yet. But China will soon look dangerously frothy unless policymakers allow the yuan to rise Economist