FDP, CDU, Atom-Debatte, Libyen, Japan, Tarife & Internet

Das Volkspartei-Rezept Die Atompolitik der FDP-Führung zeugt von panischem Populismus. Wer Kehrtwenden und Ausstiege auf den Tisch knallt wie Trumpfkarten beim Skat, hat schon verloren. Ohne Anstrengungen ist der glaubwürdige innere Wandel nicht zu haben. Volksparteien reden dem Volk nicht nach dem Maul, sondern nehmen die Bürger mit bei ihren Entscheidungen. Süddeutsche Zeitung

Auf der Welle Die FDP will plötzlich ganz schnell raus aus der Atomkraft. Die Spitze der Partei glaubt offenbar, man gewinne an Glaubwürdigkeit, wenn man sich schneller als andere Umfrageergebnisse zu eigen macht. FAZ

Westerwelles fatale Twitter-Politik Tatjana Gsell und ihre Kolleginnen aus den Niederungen des Boulevards haben die gesellschaftliche Maskerade zu völliger Transparenz getrieben. Das Publikum weiß: Nichts ist echt. Fingernägel, Brüste, Lächeln, jeder Satz signalisiert Blendwerk, das den Abend nicht überlebt. Ist ja auch egal. Berliner Morgenpost

Der tiefe Fall des Guido Westerwelle FDP-Chef Westerwelle hat jegliches Vertrauen verspielt: In einer Umfrage machen ihn zwei Drittel der Befragten für die Krise seiner Partei verantwortlich. Doch bringt ein Generationenwechsel die Glaubwürdigkeit zurück? Handelsblatt

Die FDP braucht Mut In der FDP wird von Tag zu Tag die Meinung mehrheitsfähiger, eine Genesung des nicht erst seit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz schwer angeschlagenen Patienten kann nur gelingen, wenn der Chef bald abdankt. Dagegen stehen Guido Westerwelles Steherqualitäten. Der Westen

Ein rechter, rechter Platz ist frei Die Erklärung für den Erfolg der Grünen liegt auf der Hand. Die Wut der Deutschen führt nur deswegen zu linken Stimmengewinnen, weil es noch keine nationalkonservative Partei gibt – doch die FDP ist schon auf halbem Weg dahin. Financial Times Deutschland

FDP in der Krise Liberaler Leistungsträger gesucht Die FDP entscheidet möglicherweise schon am kommenden Montag, wie ihre Führungsmannschaft in Zukunft aussehen soll – und ob Guido Westerwelle den Parteivorsitz abgeben muss. Allein: Es fehlt an einem willigen Erben. Süddeutsche Zeitung

Die FDP muss zurück in die Zukunft Die ganz große Macht war das Ziel. Nun stehen die Liberalen vor einem Trümmerhaufen. Wo Altes klumpt, kann Neues nicht entstehen. Die Jungen müssen die FDP übernehmen. Tagesspiegel

Streitbar und erfahren Nach dem jüngsten Wahl-Debakel ist die politische Galgenfrist für Guido Westerwelle abgelaufen. Er taugt nicht einmal mehr als Brückenbauer in die Zukunft der Partei. Am besten geeignet erscheint dafür nun Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. FAZ

Umfallen als Politikstil Nicht einmal mehr auf Klientelpolitiker ist Verlass. Deutsche Parteien ändern neuerdings nach Stimmungslage die Richtung. Das sollten Wähler nicht durchgehen lassen. Financial Times Deutschland

CDU

Nichts verstanden Die Regierung erklärt ihr Debakel mit den Ereignissen in Japan. Die wahren Gründe liegen jedoch vor allem in Berlin. Zeit

Gönners Niederlage zeigt Merkels Machtverlust Nach der Wahlniederlage emanzipiert sich Baden-Württembergs Landesverband von der Bundes-CDU. Der Arm der Kanzlerin reicht nicht so weit wie bisher. Die Welt

Weibliche Kriege Immer, wenn die CDU sich über etwas zerstreitet, ist das ein sicheres Anzeichen dafür, dass es sich demnächst durchsetzt.Es gilt für die Frauenquote in Chefetagen, die wir – natürlich – in ein, zwei Jahren haben werden. Berliner Zeitung

Atom-Debatte

Endlich eine ernsthafte Wende Die Meinungen, wie Deutschlands Energiewelt künftig aufgestellt sein soll, ändern sich selbst bei führenden Köpfen quer durch die Parteien im Tagestakt. Nun wäre die Chance zur Veränderung da – man muss sie nur nutzen. Kölner Stadt-Anzeiger

Wenn bei Sturm ein Jet abstürzt und der Notstrom ausfällt Deutsche Kernkraftwerke galten bislang als vergleichsweise sicher. Doch seit der Katastrophe in Japan werden alte Fragen neu gestellt: Was ist mit Erdbeben, Terrorangriffen, Flugzeugabstürzen? Fachleute sollen nun klären, welche Meiler nachgerüstet werden müssen. Kritiker sagen, die Prüfung komme viel zu spät. Süddeutsche Zeitung

Al-Qaida als Argument Die heiß erwartete „Checkliste“ der Bundesregierung für die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke liegt nun vor. taz

Röttgens Härtetest Mit viel Tamtam stellte Röttgen die Kriterien vor, anhand derer die Sicherheit der deutschen Rest-Reaktoren geprüft wird. Wenn er jetzt für einen gesellschaftlichen Konsens wirbt, richtet sich das auch an die eigene Koalition. Frankfurter Rundschau

Kein Aprilscherz Schwarz-Gelb will ernst machen mit dem Atomausstieg – eine solche Meldung wäre noch vor einem Jahr als Aprilscherz durchgegangen. Inzwischen kann es einem schwindlig werden bei dem Tempo, das die neuen Kernkraftgegner in der Koalition hinlegen. Märkische Allgemeine

Lehren ziehen Die Risiken, die auf deutschen Kernkraftwerken lasten, müssen klar benannt werden. Mitteldeutsche Zeitung

Die Schönste der Maschinen In den achtziger Jahren baute man in Hamm-Uentrop, Nordrhein-Westfalen, an einem Wunder: einem sicheren Reaktor. Bis die Katastrophe von Tschernobyl kam – da wollte man ihn plötzlich nicht mehr. Und riss den vielversprechenden Brückenkopf in die Zukunft wieder ab. FAZ

Libyen-Einsatz

Flucht des Außenministers erschüttert Gaddafis Macht Libyens Außenminister Mussa Kussa wechselt die Seiten. Seine Flucht in den Westen könnte anderen Getreuen Gaddafis Mut machen, den Diktator ebenfalls zu verlassen. Die Welt

Fragwürdige Waffenhilfe Gaddafi mag durch die Luftangriffe geschwächt sein; nichts deutet aber darauf hin, dass er bereit wäre aufzugeben. Seine Gegner werden ohne fremde Hilfe keinen Erfolg haben. FAZ

Entfremdung im Bündnis Die Operation in Libyen ist ein Einschnitt für die Nato. Zum ersten Mal ist die westliche Allianz in einen Krieg gezogen, ohne dass eine Gefährdung für das Bündnisgebiet vorlag. Dass Deutschland aus der Reihe tanzt, kommt nicht überraschend. FAZ

Ein fataler geheimer Bodenkrieg Amerikaner und Briten sind offenbar bereits in den Bodenkrieg in Libyen verwickelt. Aus politischer Sicht ist der Einsatz aber ein großer Fehler. Er könnte in der arabischen Welt, deren Repräsentanten bislang die Luftschläge gegen das Gaddafi-Regime billigen, wieder die Angst vor der westlichen Besatzungstruppe nähren. Berliner Zeitung

Japan

Experimentieren an ramponierten Reaktoren Kontaminiertes Wasser abpumpen, Kunstharz sprühen und Zelte über den Reaktorblöcken: Die Maßnahmen im Unglücks-AKW wirken planlos. Doch Besseres ist derzeit kaum möglich. Zeit

Strahlung in Fukushima verhindert Bergung von Erdbebenopfern Tokio Auch drei Wochen nach dem gewaltigen Erdbeben muss Japan mit der Gefahr eines Super-Gau im Atomkraftwerkwerk Fukushima leben. Die Lage in der Ruine bleibt extrem gefährlich, noch immer tritt Radioaktivität aus. Lausitzer Rundschau

Geigerzähler im Einkaufskorb taz

Unterschätzt die japanische Tragödie nicht Viele Volkswirte meinen, das Desaster aus Erdbeben, Tsunami und Atomunfall sei ähnlich schnell zu bewältigen wie frühere Katastrophen. Sie irren sich. Das dreifache Unglück wird die Herausforderungen für die Weltwirtschaft verschärfen. Financial Times Deutschland

Tarifabschluss in der Chemieindustrie

Hoffnung auf mehr Lohn war verfrüht Für die ganze Gewerkschafter-Szene ist das eine herbe Enttäuschung. Dennwenn jemand den Unternehmen ein sattes Lohnplus abringen könnte, dann die Chemiegewerkschaft, hatte man dort gedacht. In keiner anderen Branche sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für einen hohen Tarifabschluss so exzellent. Berliner Zeitung

Kein Wettrennen um den höchsten Lohnzuwachs Die Mitarbeiter der Chemiebranche erhalten 4,1 Prozent mehr Lohn. Das gibt anderen Branchen Auftrieb für anstehende Tarifverhandlungen. Doch es darf nicht zu einem Wettlauf kommen. Handelsblatt

Deutliches Signal Das Händeringen der Arbeitgeber gehört zum routiniert eingespielten Ritual: An die „äußerste Grenze des Verkraftbaren“ sei man gestoßen, barmte der Verband der Chemieindustrie angesichts des mit 4,1 Prozent höheren Löhnen und Gehältern durchaus ansehnlichen Abschlusses für die 550 000 Beschäftigten. Bonner General-Anzeiger

Der Aufschwung kommt an Der Abschluss für die Chemie-Beschäftigten mit einem nominalen Zuwachs von 4,1 Prozent zeigt erneut, dass die wirtschaftliche Erholung auf die Gehälter durchschlägt. Allerdings geht es der Chemie besser als anderen Branchen. Kölner Stadt-Anzeiger

Internet

„Wir brauchen das nicht!“ Während der Berliner Datenschutzbeauftragte Dix Front gegen das Web 2.0 macht, helfen sich die Jugendlichen bei „isharegossip“ selbst. Dabei wird deutlich: Wenn jemand die von Dix geforderte Unterrichtung in Medienkompetenz braucht, dann ist er es selbst. Tagesspiegel

In der Vertrauensfalle Persönliche Empfehlungen werden im Internet dank Google und Facebook zur Leitwährung. Das Netz verliert langsam eine seiner größten Stärken – das Chaos. Frankfurter Rundschau

Verurteilt Fan sein ist heutzutage einfach. Im Internet klickt man auf das Bild des Lieblingsgetränks, der angesagten Klamotte oder des Schützenvereins. Plädoyer für einen offenen Umgang mit Dörrobst. Märkische Allgemeine

…one more thing!

Der Brennwert des Papiers Barack Obamas Energiesparpläne sind ehrgeizig. Trotzdem werden viele seiner durchweg pragmatischen Vorschläge einen schnellen Tod sterben. Denn im Kongress regiert der Rotstift. Süddeutsche Zeitung

Leitartikel

Zapper der Politik Weitsichtigkeit war der Markenkern der CDU. Mit Prinzipientreue haben Konrad Adenauer und Helmut Kohl gegen gefühlte Mehrheiten Wahlen gewonnen. Angela Merkels Koalition setzt das aufs Spiel Die Welt

Bedingt bündnisfähig Über den Militäreinsatz in Libyen lässt sich streiten. Die Abkehr Deutschlands aber erfolgte aus den falschen Gründen. Das ist unwürdig und behindert das transatlantische Verhältnis. Frankfurter Rundschau

Obamas Angebot Die Präsidentschaft Barack Obamas hat ein überragendes Thema: die innere Erneuerung Amerikas. FAZ

Zahnloses Hundegesetz Zahnlos, folgenlos. So ist es, das Berliner Hundegesetz. Vorschriften gibt es genug, nur: Die Halter halten sich nicht daran. Sowohl auf Seiten der Bürger als auch der Behörden fehlt das nötige Verantwortungsbewusstsein. Tagesspiegel

Islam and the Arab revolutions Religion is a growing force in the Arab awakening. Westerners should hold their nerve and trust democracy Economist

In search of the Obama Doctrine Obama’s foreign policy is evolving toward Bush’s. Washington Post

The Mellon Doctrine A Republican report argues that slashing government spending and employment in the face of a deeply depressed economy would actually create jobs. New York Times

Florida GOP: No Talk of Wombs on Statehouse Floor Since when is it dirty to say „uterus?“ Mother Jones